In stressigem Job konzentrierter, noch jemand?

Ihr Lieben,
ich wollte in die Runde fragen, ob jemand unter Hochauslastung und in stressigen Arbeitssituationen auch wesentlich besser funktioniert, als in einer entspannten?
Wenn richtig Aktion ist habe ich sogar manchmal das Gefühl wesentlich mehr zu leisten, als meine Kollegen und es fällt mir dann auch nicht schwer und ich vertüdel mich kaum. Falls doch finde ich total rasch Lösungen!

Geht es noch wem so?
Ich arbeite derzeit Nebenberuflich in der Gastronomie und wer die Branche kennt, weiß wie hektisch das dort zugehen kann.

Ich habe das Gefühl dann zu rasen und wie ferngesteuert voll gut abzuliefern. Bin dann aber auch entsprechend danach mehr als kaputt! Dann geht nix mehr.

Ist das sowas wie Hyperfokus in dem Moment?
Manchmal hatte ich Zweifel ob ADS überhaupt zutrifft, wenn ich das dann auf einmal so super hinbekomme, aber wenn’s ruhig ist ich so vieles vertüdel.

Liebe Grüße,
Erbse

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Moin @Knallerbse

Es kommt immer ganz darauf an, was für eine Art Stress das ist.

Gibt ja positiven und negativen.

Unter positivem Stress funktioniere ich erheblich besser als normal.

Bei negativem macht mein Kopf dicht.

Ich habe lange Jahre aufm Schiff gearbeitet.
Hochgradig stressig und anstrengend.
Aber ich habe Höchstleistungen gebracht.

Warum?
Positiver Stress!

Mit Ruhephasen, vor allem wenn sich Stress und Ruhe immer wieder abwechseln, komme ich kaum mit klar.

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Es handelt sich auch bei mir um absolut positiven Stress! :blush:
Danke dir schon mal. Ich dachte deshalb schon ich hab gar kein ads. Aber ich merke ja außerhalb dieser Situationen ja leider oft genug. Konnte es nicht einordnen.

Schon okay :slight_smile:

Deswegen sind wir doch alle hier.
Um Fragen zu stellen und Feedback zu bekommen :wink:

Und mit dem zweifeln passiert mir auch noch regelmäßig…
Gerne gefolgt / begleitet von anderen negativen Emotionen :no_mouth:

ADHS ist die Folge von verringertem Dopamin und Noradrenalin.
Die Details, ob tonisch / phasisch / extrazelluär erspare ich dir jetzt mal.

Akuter (bewältigbarer) Stress erhöht Dopamin und Noradrenalin.
Unbewältigbarer schwerer und chronischer Stress verringern (zumindest tonisch / extrazellulär) DA und NE und verstärken ADHS-Symptome weiter.

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Genauso ist es. Deshalb sind die besten Notärzte auch die, die ADHS haben.

Ich arbeite auf einer Intensivstation - ideale Arbeitsumgebung für ADHSler.

Den Vortrag von Heiner Lachenmeier finde ich auch gut dazu:

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@Knallerbse
Mir geht es ebenfalls so. Melde dich mal per PN wenn du magst.

Ich denke, hier zeigt sich auch der gestörte Switch zwischen Default-Mode-Network (DMN) und Task-Positive-Network (TPN). Die Stressituation führt zu mehr Dopamin und Noradrenalin. Die Folge ist, dass wir erkennen, was zu tun ist:

  • die Reizfilter funktionieren (unwichtiges wird rausgefiltert, wichtiges verstärkt)
  • die Abläufe sind klar
  • was zuerst getan werden muss, wird erkannt
  • man wird handlungsfähig und fühlt sich sicher

Das TPN kann funktionieren, ohne dass das DMN dazwischenfunkt. Wahrscheinlich wird es auch in diesen Situationen nicht adäquat heruntergefahren, aber die Situation ist so »laut«, dass das DMN nicht gehört wird.

Dann ist der Stress bewältigt und der TPN-Modus fährt herunter. Nun sollte man sich im DMN-Modus entspannen:

  • sich erholen
  • an was Schönes denken
  • zufrieden mit der eigenen Leistung sein
  • positiv in die Zukunft schauen
  • kreativ werden
  • whatever

Aber im ADHS-DMN-Modus läuft das anders:

  • man kommt nicht zur Ruhe
  • das Gedankenkarussel rotiert wieder
  • wenn eine Arbeit auf den letzten Drücker (mal wieder) erledigt wurde,
    fragt man nach dem Warum, was möglich gewesen wäre, hätte man früher
    und besser vorbereitet angefangen, bezweifelt die Qualität der Arbeit (Impostorsyndrom)
  • die Defizite bei Impulskontrolle und Emotionsregulation sind wieder da
  • körperliche Unruhe
  • whatever

Letztendlich benötigen wir den Stress, um uns gut zu fühlen, weil wir uns in den Pausen und bei normalen Anforderungen schlecht fühlen. Umgekehrt wäre es gesünder. Auf Dauer betreiben wir Raubbau mit unseren Energien, kennen unsere eigenen Bedürfnisse und Grenzen nicht und das Selbstwertgefühl geht weiter den Bach runter.

Und da helfen uns auch die Psychostimulanzien, weil die den Dopamin-Noradrenalin-Haushalt regulieren, ohne dass wir uns von einer Stressphase zur nächsten hangeln müssen. Das gelingt natürlich nur, wenn wir optimal eindosiert sind und wir daran arbeiten, unsere ADHS-Funktionsweise und unsere Bedürfnisse zu verstehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Ein langer Weg …

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Ich danke euch sehr für eure wertvollen Erfahrungen.
Und boah, wie gut du erklärt hast @ads66 :flushed:
Das macht alles völlig Sinn!

Ich werde ab August eindosiert und bin gespannt, ob es das alltägliche Berufsleben dann reguliert, ohne dauerhaft unter Strom sein zu müssen. Ich mache manchmal Stress, wo keiner sein müsste und nerve damit andere, ohne es zu wollen! Dafür schäm ich mich oft genug. :sweat:

Ich habe ein wenig die Befürchtung meine „Superkräfte“ in stressigen Momenten dann zu verlieren oder nicht mehr so toll vorzupreschen, wie es jetzt möglich ist. Es zerrt die Energie völlig auf, leider wahr und ich habe alle paar Monate einen „Mini-Burnout“ (meine Hausärztin war ratlos, bis ich sie selbst auf mögliches ADHS aufmerksam machte. Die jagte mich sofort zur Diagnostik.), aber dennoch finde ich diese „Kräfte“ manchmal sehr wertvoll!

Habt ihr da Erfahrungen mit Medikamenten? Vorher und nachher?

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Yessssss…
Das ist der Ansatz, weshalb ich bei ADxS.org so auf ADHS als chronische Stressregulationsstörung rumreite. (Edit: nur als eine mögliche Sichtweise / Ebene von vielen)
:adxs_winy:

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Darum haben wir ja auch fast alle Puls und Blutdruck. :triumph: :exploding_head:

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Klassisches Beispiel von mir:

Damals aufm Schiff (ist jetzt bald 10 Jahre her), hatte ich immer wieder mit Menschenmassen zu tun.
Ich habe perfekt funktioniert.

Heute machen mir ein Bruchteil davon bereits massive Probleme, da ich jetzt erst merke wie anstrengend das ganze wirklich ist.

Heute auch wieder beim Einkaufen.
Ich war noch nicht ganz im Laden drin, da habe ich direkt die noise cancelling Kopfhörer aufsetzen müssen. War mir zu laut / zu unruhig / zu viel gedränge. Zudem war ich noch platt vom arbeiten.

Früher ging auch das leichter weil ich nicht gemerkt habe wie anstrengend das alles ist.

Ist schon irgendwie ein Wahnsinn dass sich die Menschen das Leben durch diesen unnötigen Stress so absurd schwer machen…

Not my species :alien:

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Darum kaufe ich meine TK-Pommes im Bioladen. Da isses schön leer. :grimacing:

@ads66 was macht man gegen diese Stresssucht? Deine Erklärung ist echt super :+1:

Es müsste ne Möglichkeit geben, dass DMN vom negativen Ballast zu befreien. Ich denke, es wäre nötig, negative Glaubenssätze und Überzeugungen, die sich aufgrund früher Erfahrungen entwickelt haben, zu bearbeiten. Letztendlich Traumabewältigung mit EMDR, Wingwave, Emoflex, Schematherapie. Ich glaube, ich frag mal Martin Winkler, ob er so ein Vorgehen für sinnvoll hält. Mir erscheint es irgendwie logisch, habe aber keine praktischen Erfahrungen damit.

Was meint ihr?

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Das wäre schön, aber ich vermute, dass Therapie eher anders wirkt.

Meines Erachtens ist die DMN-Daueraktivität eine Folge davon, dass Nervenzellen überreagibel sind:

Ein super Buch dazu, das das sehr lesbar sehr viel ausführlicher erklärt: Grawe, Neuropsychotherapie.

Ich habe lange nach Studien gesucht, die neurophysiologische (positive) Veränderungen durch Psychotherapie belegen. Da sieht es leider ganz, ganz mau aus. Zu Meditation und Achtsamkeit gibt es solche Untersuchungen, und die zeigen, dass Achtsamkeit die (neurophysiologische) Erregbarkeit senkt. Zu anderen Therapieformen habe ich leider bisher wenig gefunden.

Ich glaube, dass die meisten Therapieformen (insbesondere kognitive Verhaltenstherapie) eher den Top-Down-Prozess steuert, also die Kontrolle des PFC auf die Hemmung der unbewussten Impulse verstärkt, indem die sie den PFC „trainiert“, aber die Bottom-Up-Prozesse (also die unspezifische (Über-)Erregbarkeit der Nervenzellen und die unbewussten Reaktionen) damit leider nur indirekt und nicht unmittelbar dämpft.

Falls zu dazu Ideen, Daten, Fakten hast, gerne auch komplett konträr, würde ich mich super freuen…

Unabhängig von Studien habe ich selbst für mich die Erfahrung gemacht, das eine Art Achtsamkeitsbasierte kognitive VT da am allermeisten geholfen hat!!

Im Grunde gehen ja auch die 12 Schritte Gruppen in eine ähnliche Richtung. Damit habe ich mich nur theoretisch beschäftigt und war einmal bei einem Meeting EA. Studien gibts da sicher keine- aber irgendwie scheint es ja erfolgreich zu sein.

Eben. Finde das absolut logisch und ich habe es auch so erfahren.

Das kenne ich sehr gut . Ob ich nun in der Hotel Patisserie gearbeitet habe wo eine Veranstaltung die nächste jagte , oft mehrere am Tag , oder als Gärtner… Ich war nur am flitzen und machen … Laub harken , Rasen mähen ,Vertikutieren, Sääen ,Hecke schneiden. Alles fokussiert unter Hochdruck. Oder auch im Taxi in der Großstadt… Touren reissen bis zur totalen Erschöpfung. Die Kollegen und Kolleginnen haben nach Feierabend noch Kurse besucht und waren bei weitem nicht so Erschöpft wie ich…

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… denke auch das ich durch diesen ,positiven " Stress das wegsacken in meine Tagträume verhindern wollte . Sobald der Stress vorüber war und ich zur Ruhe kam kehrte das Kopfkino zurück und ich vertrödelte Stunde um Stunde , Tage , Wochen und viele Jahre inzwischen :woozy_face::sleepy::face_vomiting:

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Meinst du bewusst?

Erinnert mich an meine Schulzeit. In den ersten Jahren war ich so schüchtern das ich mich nicht am Unterricht beteiligen konnte. Ohne das eigene aktiv sein bin ich aber vollkommen weggeräumt und hab nix mehr mitbekommen.

Viel später hab ich aktiv mitgemacht, wenn mich etwas interessierte - bin jedoch immer impulsiv reingeplatzt und konnte mich nie melden. Aber nur durch die eigene Aktivität und Spannung konnte ich am Ball bleiben.

Jetzt bei der Arbeit benötige ich ein gewisses Aktivitätslevel um gut zu funktionieren. Wenn es zu ruhig ist geht mein Antrieb in den Keller und ich bin wieder im Kopfkino oder am Handy (im Forum zum Beispiel).
Dann vergesse ich die wenigen Aufgaben die ich machen muss.

Und dann steht man blöd da, wenn man seine Arbeit nicht gemacht hat, OBWOHL es so ruhig war :see_no_evil:

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