Hallo, zum Thema Impulsivität fällt mir ein, das ein paar wenige Milligramm (ES-)Citalopram (SSRI), helfen kann, eine starke Impulsivität zu begrenzen. 2 - 3 mg können da schon deutlich helfen.
Das wäre mE deutlich weniger heftig als 2 x 40 mg Atomoxetin am Tag.
Aber wenn es auch so geht, ist ja gut.
Ob jemand im Alter impulsiver oder weniger impulsiv wird, ist wohl individuell unterschiedlich.
Ich habe gerade von einem Fall gehört, dass Atomoxetin tageweise augmentierend (ergänzend) zu Elvanse genommen wird und gut hilft, die Tagesabdeckung* zu erreichen (*dass der ganze Tag abgedeckt ist). Ich hatte Atomoxetin bisher immer eher als Pegelmedikament auf dem Schirm, das teilweise sehr lange eindosiert werden muss (bis zu einem halben Jahr). Dass es - zusammen mit Elvanse - auch innerhalb von Stunden hilfreich sein kann, und an manchen Tagen genommen und an anderen gelassen werden kann, war mir neu. Funktioniert dort aber recht gut.
Insofern dürfte auch das ausdosieren sehr unterschiedlich sein. Wenn man es lange eindosieren musste, sollte man es auch langsam ausdosieren.
Grundsätzlich habe ich es oft genug wahrgenommen, das Medis über ein paar Jahre genommen wurden und dann weggelassen werden konnten. Nach ein paar Jahren der Pause waren sie dann aber wieder erforderlich.
Ich habe mir dafür zwei Erklärungen zusammengereimt:
- Bei AD(H)S sind Medis Voraussetzung dafür, lernen zu können. Lernen meint nicht nur Vokabeln, sondern grundsätzlich die Adaption an Lebensumstände. Ein paar Jahren Medis können also die Adaption an die in dieser Zeit bestehenden Lebensumstände sehr erleichtern. Werden sie dann abgesetzt, ändern sich die Lebensumstände ja nicht sofort, aber, wie es so ist, ständig und mal mehr und mal weniger. Nach einiger Zeit haben sie sich jedenfalls ein gutes Stück wegentwickelt von dem, was zur Zeit der letzten Medieinnahme noch war. Da in der Zwischenzeit das Lernen (die Lebensumstandsadaption) mangels Medis schlechter läuft, steigt auch wieder der Stress mangels geeigneter Anpassung.
- AD(H)S ist keine Konstante. Bei Menschen, die es extrem haben, wird es wohl immer und ewig sehr belastend sein. Aber gerade bei Menschen, die ein AD(H)S so gerade an der Kante zwischen Persönlichkeitsveranlagung (ohne Störungscharakter) und leichter Störung haben, wechselt mit dem Auf und Ab der Verfassung und der Stressresistenz (wie sie jeder Mensch in seinem Leben hat) auch die Störungsqualität.
Es gibt hübsche Untersuchungen, die bei verschiedenen Störungen, dass Betroffene, die ein volle Diagnose hatten, nach 3, 4 Jahren plötzlich die Diagnosekriterien nicht mehr erfüllten. Das gab es bei (AD(H)S, aber sogar auch bei Borderline, bei dem das mal als ausgeschlossen galt, dass es jemals wieder weggehen könnte). Ich erkläre mir das so, das die Lebensumstände, die ja immer mal mehr, mal weniger angenehm oder stressig sind, ihren Beitrag dazu geben, und ein latentes AD(H)S (so im Bereich um die Diagnoseschwelle) mal in den unkritischen Bereich und mal in den belastenden (störenden) Bereich schieben können. Hormonwechsel, zusätzliche Krankheiten, Nahrungsmittelunverträglichkeiten und eben auch reichlich Sport oder no Sports kommen und gehen können - und eben dann ihren Beitrag dazu leisten, ein latent vorhandenes AD(H)S (Borderline, Schizophrenie, wasauchimmer) in einen kritischen Bereich oder aus diesem heraus zu holen.
Falls Du Dich insgesamt fragst, ob ein Leben mit einem Partner mit einem (latenten) AD(H)S erstrebenswert ist oder sein kann - dann lautet die Antwort: absolut.
Und: wie bei jedem Menschen und jedem Partner kommt es darauf an, ob es passt.
AD(H)S kann bereichernd sein , weil eine höhere Intensität da ist (im schönen wie im weniger schönen), es kann belastend sein, wenn jemand ständig aus der Kurve fliegt.
Was es nicht sein wird ist - völlig unproblematisch und pflegeleicht.
Und was selten funktioniert: es ignorieren.
Ein Partner eines AD(H)S-Betroffenen wird sich mit AD(H)S beschäftigen müssen, um den Partner zu verstehen.
Natürlich muss sich ein Betroffene er noch viel intensiver damit beschäftigen. AD(H)S bietet viele Möglichkeiten für Abstürze - aber auch viele Möglichkeiten für großartige Erlebnisse.
Was selten funktionieren wird, ist, wen ein Partner das ASD(H)S seines Partners einfach ignorieren will. Und noch weniger funktioniert es, wenn der Betroffene es selbst ignorieren will.
Ich habe dafür noch ein anderes Bild:
Es kommt nicht so sehr darauf an, ob ein Mensch in „gesunden“ Normen lebt - sondern wie er damit umgeht. Was (für mich) gar nicht geht, ist, wenn jemand sein eigenes Problem ignoriert und es damit zum Problem anderer macht. Jemand der außerhalb der „Norm“ angesiedelt ist, und dadurch zuweilen intensiver lebt, kann sehr bereichernd sein - aber eben auch anstrengender. Es kann das Leben bunt machen und vielfältiger. (Das bunte Zebra ist nicht rein zufällig das Wappentier von ADHS Deutschland).
Wichtig ist für mich vor allem, dass Betroffene ihr eigenes Problem nicht anderen zuweisen (das ist gerade bei Borderline oft der Fall, weil dort Schuld und Scham ein sehr große Rolle spielen, die das Eingestehen der eigenen Problematik verhindern). AD(H)S ist da deutlich weniger anfällig, aber ich kenne da auch Fälle, die ihr stark impulsives AD(H)S völlig skrupellos an ihrer Umwelt auslassen und so tun als wären die andren Schuld - das sind toxische Menschen. Meide sie.
Umgekehrt können Menschen, die mit ihrem eigenen Problem offen und angemessen umgehen und es nicht anderen zuweisen, eine Offenbarung sein, weil sie von Menschen nicht erwarten, dass sie perfekt sind. Das eröffnet eine Tiefe, die sonst fehlen kann.
Letztendlich ist es eine Frage, was Du willst und was Dir gut tut.
Manche wollen einen Schoßhund, manche einen Husky.
AD(H)S ist eher weniger Schoßhund ;-).
Grundsätzlich würde ich Nichtbetroffenen, die nicht bereit sind, sich mit dem *** ihres Partners zu beschäftigen genau so von dieser Beziehung abraten wie dem ***-Betroffenen von einer Beziehung mit so einem Partner. In so einer Konstellation sehe ich für Beide wenig Land.
*** kann AD(H)S sein, aber auch jede andere Störung, Krankheit oder spezifische Eigenart.
Wenn man akzeptiert, was ist, und das Beste daraus macht, ohne dem anderen etwas zuzuweisen, das das eigene Thema ist, ist das eine wunderbare Sache, die als Grundmodell für viele Lösungen tragen kann, die man überall im Leben braucht,