Hallo zusammen,
nach wochenlanger Recherche auf den Seiten und Forne von ADxS.org wende ich mich heute direkt an euch, weil ich langsam am Verzweifeln bin und mir Klarheit durch eure Erfahrungen erhoffe.
Meine Kernfragen:
- Gibt es tatsächlich irgendeine Richtlinie, irgendeine Vorgabe, die eine medikamentöse Behandlung von ADS (ohne H) ausschließt?
- wie relevant ist tatsächlich das Diagnose-Zusatzkriterium „die Symptome können nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden“ zum Ausschluss von AD(H)S, wo doch Erfahrungen durch AD(H)S-Symptomatik eben in solchen Störungen münden können?
Kurzer Umriss meiner Leidensgeschichte:
Ich war seit meiner Kindheit sehr lange „introvertiert“ (dachte ich), zurückgezogen, sozial ängstlich (insbesondere gegenüber des anderen Geschlechts) mit ganz spitzen Interessen, die ich dann aber extrem intensiv verfolgt habe.
Seitdem ich denken kann ungeheure Probleme morgens aufzustehen, wenn kein externer (Termin-)Druck besteht. Schule war gut, da musste ich bis 8 Uhr anwesend sein. Später im Job täglich Gleitzeit bis 11 Uhr auf die Minute genau ausgereizt. Immer schon sehr große Schwierigkeiten gehabt, mich selbst zu organisieren und Aufgaben entspannt zu bearbeiten. Mündet immer in Stress und Erledigen in allerletzter Sekunde.
Irgendwann durch blöde Zufälle und Angst, keinem Arbeitgeber mehr zu genügen, in die Selbständigkeit gerutscht. So lange Geldnot da war (=Druck) habe ich ziemlich gut funktioniert. Seitdem das Unternehmen funktioniert, tue ich es nicht mehr.
Vor drei Jahren in schwere Depression gerutscht. Mehrmonatiger Klinikaufenthalt. Anschließend ambulante Verhaltens-Therapie. Stimmung gut, Arbeitsfähigkeit nicht. Hangle mich so durch, muss immer mehr Abstriche machen, zuletzt alle Mitarbeiter entlassen. Gehe in Tagesklinik, erfolglos, weiter vollstationär - man diagnostiziert mir eine komplexe PTBS (körperliche und emotionale Gewalt, Vernachlässigung, Isolation, …). Anschließend tiefenpsychologische ambulante Therapie.
Therapeuthin stellt erstmals Verdacht auf AD(H)S. Und ich bin direkt Feuer und Flamme - gibt es etwa eine Erklärung für all das, was mich mein Leben lang plagte? Ich verschlinge Bücher und Online-Literatur und finde mich zu 100% wieder. Und plötzlich wird mir klar, dass viele meiner Verhalten oder Nicht-Verhalten, die ich bisher als normal angesehen hatte, durch AD(H)S erklärbar wären.
Es folgen Testungen bei meiner Therapeuthin (gleichzeitig offiziell Ärztin für Psychiatrie aber nicht mehr praktizierend). WURS-k 30/46, , ASRS-V1.1 4/6 und IDA-R 6/9 (Aufmerksamkeitsstörung) aber 0/9 Hyperaktivität/Impulsivität. Außerdem 2/3 akzessorische Merkmale in der Kindheit stark ausgeprägt, was den Verdacht auf ADHS mit emotionaler Dysregulation ergibt.
Gleichzeitig ADP-IV Test zur Erfassung von DSM-IV-Persönlichkeitsstörungen. Und hier nun der Knackpunkt: Der ergab bei mir den „dringenden Verdacht einer kombinierten Persönlichkeitsstörung […] der die vorliegende ADHS-Symptomatik ausreichend erklären kann, sodass die die Diagnose einer komorbiden ADHS bei vorliegendem klinischen Verdacht und dafür sprechenden Testergebnissen nicht gestellt werden kann.“
Meine Ärtztin/Therapeutin kann/will mir deshalb keine Diagnose geben. Sieht aber Potential, den Verdacht durch einen „Test“ mit Medikamenten zu untermauern. Diesen Test müsste ich jedoch mit einem praktizierenden Psychiater unternehmen, um auch Blut & Co. regelmäßig kontrollieren zu können.
Nach ewiger Suche eine Praxis gefunden, die noch neue Patienten aufnimmt (meine alte Praxis wollte ich aufgrund einiger Vorkommnisse nicht mehr konsultieren) - nur um da die nächste Enttäuschung zu erhalten.
Hier wurde mir gesagt, dass eine reine ADS-Symptomatik ohne Hyperaktivität angeblich weder mit Methylphenidat noch mit Amphetaminen behandelt werden dürfte. Mir wurden dann auch entsprechende Fachinformationen vorgelesen, welche ausschließlich von ADHS sprechen. Angeblich würden Praxen regelmäßig geprüft werden und Probleme bekommen, wenn die Medikamente nicht für einwandfreie Diagnosen herausgegeben würden (leuchtet natürlich ein, weil Betäubungsmittel).
Daher meine eingangs gestellten fragen:
- wie soll ich eine möglicherweise meinen Problemen zugrunde liegende Symptomatik behandeln können, wenn dadurch resultierende Symptome an der Diagnose hinderlich sind?
- gibt es tatsächlich irgendeine Grundlage, weshalb man mir in der Konstellation nicht mit entsprechender Medikation helfen kann?
Mir geht es auch gar nicht darum, auf Teufel komm raus unbedingt Stimulanzien oder Amphetamine zu mir nehmen zu wollen. Ich möchte nur endlich richtig behandelt werden - und AD(H)S ergibt für mich erstmals zu 100 Prozent Sinn.
Der Test von ADxS.org ergab übrigens eine deutlich höhere Übereinstimmung (36/43) - vielleicht aber auch nur, weil ich mein Verhalten inzwischen etwas realistischer einschätzen kann.
Ich freue mich sehr auf den Austausch mit euch.