Der Hintergrund war, dass beim betroffene Fahrer aufgrund der Einnahme von Elvanse der Drogentest positiv auf Amphetamine angeschlagen hat. Soweit so logisch. Nimm ein amphetaminhaltiges Medikament und dann wirst du unter Umständen positiv getestet. Er hatte es ja ärztlich verordnet also erstmal kein großes Problem. Allerdings hat er die für Amphetamine typischen Ausfallerscheinungen (oder wie man es eigentlich nennt „drogentypische Ausfallerscheinungen“) gezeigt. Das hat zum Entzug der Fahrerlaubnis geführt. Und aufgrund ebenjener Argumentation wurde der Eilantrag abgelehnt und der Entzug der Fahrerlaubnis war soweit erstmal rechtens. Natürlich war da dann auch noch anderes KlimBim im Hintergrund aber primär ging es um die Ausfallerscheinungen. Wie das dann allerdings weiter ging und ob er dann letztlich vor das OVG gezogen ist, ist soweit ich mich da bisher informieren konnte nicht überliefert. Falls allerdings ein entsprechendes Verfahren anhängig ist dauert das noch eine weile. Im Endeffekt sieht das VG Koblenz Elvanse aufgrund seines Wirkstoffes erstmal als Droge die zumindest grundsätzlich an der Fahreignung zweifeln lässt. Dabei genügt auch eine einmalige Einnahme, da es sich um eine „harte Droge“ handelt. (Wie sich das bei ärztlicher Verschreibung verhält kommt dann weiter unten).
Es ist also wie es immer ist in der Juristerei: Es kommt drauf an.
Wenn man beispielsweise die Rechtsprechung des VG München und auch des BayVGH so anschaut wird es richtig wild. Die zweifeln sogar unter gewissen Umständen die generelle Fahreignung von Menschen mit ADxS an und haben ein Fahreignungsgutachten angeordnet. Auch hier wieder der juristische O-Ton: Es kommt darauf an.
VG München, Beschluss v. 02.01.2020 – M 26 S 19.4757
Ein Beispiel was passiert, wenn man die geforderten Nachweise nicht vorweisen kann findet sich hier:
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 12.05.2020 - 9 K 4276/19
Ich bewege mich dummerweise in dieser „Blase“ und bin daher einfach extrem vorsichtig, weil ich richtig Probleme bekommen könnte. Ich bin dadurch aber entsprechend fachlich zumindest etwas bewandert in der Thematik. (Gott klingt das bescheuert und überheblich…sorry
)
BtMG und Straßenverkehrsrecht sind kein Pflichtstoff.
Ich war in der Zwischenzeit noch im juristischen Seminar recherchieren. Nicht, weil ich klugscheißen will, sondern, weil ich der Meinung bin, dass das durchaus der Klärung bedarf.
Soweit mein Stand:
Haus, Krumm, Quarch Nomos Kommentar zum gesamten Verkehrsrecht, 3. Auflage 2021:
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Zu § 11 FeV Rn. 59:
Eine Dauerbehandlung mir Arzneimitteln kann im Einzelfall die Fahreignung ausschließen, wenn es zu einer Vergiftung (Nr. 9.6.1 Anlage 4 FeV) - Einschub: Vergiftung bedeutet in diesem Kontext Überdosierung - oder einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen eines Kraftfahrzeugs unter das erforderliche Maß (Nr. 9.6.2 Anlage 4 FeV) führt. Die Einnahme von Ritalin kann die Fahrtüchtigkeit ausschließen. - Verweis auf VGH München Beschl. vom 31.5.2007 - 11 C 06.2695.
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Zu § 11 FeV Rn. 51: (sinngemäß, weil zu lange)
…eine Droge die unter Nr. 9.1 FeV fällt und dadurch die Fahreignung grundsätzlich ausschließt, ist zu differenzieren, ob diese als Medikament von einer hierzu befugten Person (vgl. § 13 I 1 BtMG, §§ 2 ff. BtMGVV) verschrieben wurde. Ist dies der Fall ist sie aus dem Anwendungsbereich der Nr. 9.1 FeV auszuklammern…wenn diese in Übereinstimmung mit der ärztlichen Verschreibung eingenommen werden und die Fahreignung des Betroffenen unberührt lassen. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine begleitende ärztliche Überwachung gewährleistet ist, das verordnete Betäubungsmittel nur in einer Dosis eingenommen wird, bei der es auch auf längere Sicht zu keinen fahreignungsrelevanten körperlichen und psychischen Veränderungen kommt und der Patient zwischen therapeutischer Einnahme des Betäubungsmittels und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennt.
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Anhang zu § 2 StVG Rn. 35b: (sinngemäß)
Die FEB ist nur dann zur Anordnung eines Gutachtens verpflichtet, wenn Hinweise auf eine missbräuchliche Einnahme des Medikaments besteht. Sie kann allerdings beim Verdacht mangelnder Eignung auch nach Ermessen ein Gutachten anordnen (da ändert sich nur die Ermächtigungsgrundlage) …Formalia… Zur Abklärung der durch die bestimmungsgemäße Einnahme psychoaktiver Arzneimittel hevorgerufenen psychophysichen Leistungseinbußen… ist nicht ein ärztliches Gutachten… sondern eine medizinisch psychologische Untersuchung anzuordnen.
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Anhang zu § 2 StVG Rn. 36:
Nimmt der Kraftfahrer vom Arzt verschriebene Medikamente ein, die die Aufmerksamkeit beeinträchtigen können darf die FEB durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten abklären, ob der betroffene verantwortungsvoll damit umgeht und damit zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet ist.
Münchener Kommentar zum Straßenverkehrsrecht, Band 1 2016:
- zu § 14 FeV Rn. 81-81: (sinngemäß)
Dies betrifft auch Fälle, in denen zum Beispiel morphinhaltige oder cannabishaltige Medikamente eingenommen werden. Dabei geht es bei der Einnahme psychoaktiver Stoffe als Medikament um die Frage, ob eine verkehrsrelevante Grunderkrankung vorliegt, die unbehandelt die Fahreignung ausschließt, ob das Medikament die Fahreignung herstellt oder, ob das Medikament die seinerseits zu Leistungseinbußen oder Nebenwirkungen mit verkehrsrelevanten Auswirkungen führt… Ferner dürfte erheblich sein, ob die Medikamenteneinnahme hinreichend überwacht wird und ob das Gefährdungspotential des Betroffenen hinreichend eingeschätzt wird.
Beck´scher Kurzkommentar zum Straßenverkehrsrecht 46. Auflage 2021:
-zu § 2 StVG Rn. 65a:
Zur Abklärung der durch bestimmungsgemäße Einnahme psychoaktiver Arzneimittel hervorgerufenen psycho-physischen Leistungseinbußen und etwaiger Kompensationsmöglichkeiten ist nicht ein ärztliches Gutachten, sondern eine medizinisch-psychologische Begutachtung anzuordnen.
…und so fort. Wenn ich alles wiedergebe wird es glaube ich wirklich etwas viel.
Klar gilt das auch für MPH aber wie @Justine bereits treffend sagte ist es im Gegensatz zu Amphetamin nicht per einfachem Drogentest nachweisbar. Zeigst Du allerdings Ausfallerscheinungen bekommst Du auch hierbei Probleme. Diese Wirkstoffe sind nun einmal Betäubungsmittel und damit Drogen nach Anlage 3 BtMG. Daran ändert auch die Verkehrsfähigkeit oder ärztliche Verordnung erstmal nichts.
Die ärztliche Bescheinigung ist super, wenn der Drogentest anschlägt und man keine Ausfallerscheinungen zeigt oder das Medikament mitführt und kontrolliert wird. Das spart Ärger und die Bescheinigung bewahrt einen im Zweifel davor direkt in diese in Nr. 9.1 Anlage 4 FeV Schublade gesteckt zu werden wonach schon bei einmaligem Konsum die Fahreignung generell angezweifelt und entsprechend die Fahrerlaubnis eingezogen wird. Die Bescheinigung ist aber kein Freifahrtschein die einen von jeglicher Verantwortung a la " der Arzt hat es mir verschrieben deshalb darf ich alles machen" befreit. Sinn, Verstand und eine objektive Selbsteinschätzung sind da extrem wichtig.
Der Entzug der Fahrerlaubnis ist primär nicht als Strafe gedacht, sondern ein polizeirechtliches Mittel zur Gefahrenabwehr. Wenn XY nach der Einnahme von Elvanse die für Amphetamin typischen Ausfallerscheinungen aufweist besteht eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und daher wird zum Schutz der Allgemeinheit die Fahrerlaubnis einbehalten.
Ich will Elvanse auf keinen Fall verteufeln. Es ist ein wunderbares Medikament das vielen Menschen Lebensqualität gibt. Ich habe persönlich auf diesen potenziellen KlimBim einfach keine Lust mit der FEB und der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Zumal das alles, wenn es richtig dumm läuft sogar strafrechtlich relevant werden kann.
Richtig. Dürfte ich nicht, wenn ich Ausfallerscheinungen zeigen würde. Aktuell habe ich keine entsprechenden Ausfallerscheinungen. Dennoch fahre ich nicht mit dem Auto durch die Gegend bis ich eine passende Dosis gefunden habe und etwaige auf das Medikament zurückzuführende Ausfallerscheinungen zuverlässig ausschließen kann. Ich brauche aber zum Glück auch eher selten ein Auto daher ist das jetzt nicht so die Herausforderung.
So: Bitte nicht schlagen.
Falls es doch nach Klugscheißerei klingt, war nicht mit Absicht und ich bitte um Verzeihung. Wahrscheinlich ist es sowieso so lange, dass es keiner liest. Falls doch: Du hast es endlich ans Ende geschafft. 