Könnte es AuDHS sein? - Ein Einblick in mein Leben

Hallo liebes Forum,

Bin männlich, 21, und vermute, dass ich AuDHS haben könnte, bisher allerdings ohne Diagnose.

Was meint ihr, sollte ich mir einen Therapeuten suchen und mich auf den Weg der Diagnose begeben? Ich habe das Gefühl, dass es anderen Menschen bestimmt schlechter geht als mir, doch gleichzeitig ist meine aktuelle Situation nicht so, wie ich es mir wünschen würde. Ich habe bisschen was über mich geschrieben… (bisschen viel um genau zu sein :sweat_smile:)

Habt ihr sonst noch irgendwelche Tipps für mich? Könnte meine Vermutung stimmen? Was sind eure Erfahrungen als AuDHS-ler? Habt ihr lesenswertes Infomaterial? :hugs:


Das mit der Auffälligkeit ist ja immer so eine Sache. Man kann Besonderheiten bzw. Symptome ignorieren, kleinreden und sich nichts dabei denken – oder aber in Banalitäten etwas hineininterpretieren, wo eigentlich gar nichts ist.
Ein in jedem Fall wundervoller Sohn, wie meine Mutter mich beschreiben würde – so, wie Mütter es wohl immer tun. Nicht auffällig in der Kindheit, wobei: Dass ich etwas „ganz Besonderes“ sei, sei ihr schon immer bewusst gewesen.
Für Diagnosen ist in der Regel ein Leidensdruck erforderlich. Doch was ist das genau? Ich habe die Schule mit einem 1,0-Abitur abgeschlossen, bin ausgezogen, studiere – zwar etwas ungewöhnlich, aber ziemlich erfolgreich. Meine Mutter bewundert mich für meine Selbstständigkeit. Ein scheinbar perfektes Leben? Von außen betrachtet vielleicht tatsächlich. Gleichzeitig kommen Selbstzweifel auf, ich bin unzufrieden mit mir selbst. Aber gehört das nicht auch einfach manchmal zum Leben dazu?

Im Oktober erzählte mir eine langjährige gute Freundin aus frühen Schulzeiten, dass sie den Verdacht auf ADHS und/oder Autismus habe. Einige Monate später das Ergebnis: gesichert ADHS, eine Autismusdiagnose steht bisher noch aus. Von ihr habe ich viel Grundlagenwissen über diese beiden „Störungsbilder“ erhalten – wobei ich ehrlich gesagt ein Problem mit der Begrifflichkeit Störung habe. Neurodivergent und neurotypisch werden mittlerweile auch häufig verwendet – Begriffe, mit denen ich mich deutlich besser identifizieren kann. Fände ich die Vorstellung doch gar schrecklich, dem Mainstream zu entsprechen. Anders, nicht falsch. Eben etwas „Besonderes“, wie ja auch schon meine Mutter zu sagen pflegte.

Seitdem recherchiere ich immer mal wieder intensiver zum Thema Neurodivergenz. Nicht so intensiv wie meine Schulfreundin, aber doch intensiver als die meisten – wenn nicht alle – Personen in meinem direkten Umfeld. Und ich entdecke immer mehr Eigenheiten bei mir, die größtenteils auf ADHS, Begleiterscheinungen wie das Cognitive Disengagement Syndrome (CDS) oder auch auf Autismus hindeuten könnten.
All diese gesammelten Erkenntnisse helfen mir, mich selbst besser zu verstehen. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, seit diesen Erkenntnissen anders zu denken, mich anders zu verhalten. Bin ich dabei, Stück für Stück meine Maske abzulegen und zurück zu mir selbst zu finden – oder rede ich mir Probleme ein, wo gar keine waren?
Gleichzeitig war das letzte halbe Jahr, seit ich von Neurodivergenz erfahren habe, auch die psychisch anspruchsvollste Zeit. War es die Rettung, um mich nicht noch weiter von mir selbst zu entfremden – oder hat dieses Bewusstsein überhaupt erst meine Probleme ausgelöst?
Zumindest versuche ich, weniger wie alle anderen zu sein. Vielleicht hat das auch gleichzeitig dazu geführt, dass meine Probleme stärker sichtbar geworden sind.
Und eigentlich mag ich mich auch genau so, wie ich bin! Die Schwierigkeit ist eher, mich mit Menschen zu umgeben, die das genauso sehen (und mir das auch zeigen), und meinen Alltag für mich so konfliktarm wie möglich zu gestalten. Ersteres ist schon schwer genug – doch gerade Letzteres scheint mir manchmal unmöglich.

Der wohl größte Leidensdruck, den ich verspüre, ist das Gefühl, nicht dazuzugehören. Zwar war es mir möglich, mir einen guten Ruf zu erarbeiten, und ich gelte in gewissen Kreisen als unersetzlich – zum Beispiel in einer Band, bei der ich lange Zeit Gitarre gespielt habe und mittlerweile die Tontechnik bei Auftritten übernehme. Generell hilft mir mein Können vielerorts, um Anschluss zu finden. Und dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – fühle ich mich manchmal einsam.
Stets habe ich das Gefühl, dass Menschen den Kontakt zu mir, wenn überhaupt, aus sehr zweckmäßigen Gründen suchen, mich als Person aber nicht oder nur sehr begrenzt wahrnehmen und wertschätzen.
Eine Zeit lang wünschte ich mir eine Freundin, wobei mir bewusst geworden ist, dass wirklich gute Freundschaften eigentlich mindestens genauso viel wert wären.
Eine Bekannte (oder war sie zu dem Zeitpunkt schon eine Freundin?), machte mich darauf aufmerksam, dass man selbst auf Menschen zugehen bzw. sie zu Aktivitäten einladen müsse. Wir sind einige Wochen danach übrigens zusammengekommen – und generell teilt sie viele Erfahrungen und Merkmale meiner Persönlichkeit, hat Schwierigkeiten in ähnlichen Lebenssituationen wie ich und vor allem: Sie scheint mich zu verstehen.
Ihr Tipp, selbst aktiv an Freundschaften zu arbeiten, war dennoch nur mäßig hilfreich – er hat mir zwar ein überraschend klares Bewusstsein für den Auslöser meines Problems geliefert, nicht jedoch für die Ursache. Bei der überwiegenden Zahl an Menschen habe ich das Gefühl, mich verstellen zu müssen, um Anschluss zu finden – zu „maskieren“ – was tatsächliche Freundschaften verhindert.

Im letzten halben Jahr hatte ich vor allem zwei größere Zusammenbrüche – zum Glück gab es jedes Mal Menschen, die mich aufgefangen haben. Ein paar wundervolle Menschen, die mich verstehen, gab es zum Glück eben doch immer.
Den ersten Zusammenbruch hatte ich zum Jahreswechsel – ich hatte das Gefühl, an Depression oder Burnout zu leiden. Meine Schulfreundin hat es geschafft, mich wieder aufzubauen, und ich zog Konsequenzen, um Stress in meinem Alltag zu reduzieren.
Der zweite Zusammenbruch folgte drei Monate später in der Klausurenphase – ich hatte das Gefühl, eine Prüfung nicht zu schaffen und meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Hier war es meine Freundin, die mich aufgefangen hat.
Daneben gab es kleinere Instabilitäten, wie beispielsweise ein emotionaler Kontrollverlust nach einem anstrengenden Tag – den man durchaus auch als Meltdown interpretieren könnte.

Ich hatte eine erstaunlich unauffällige Kindheit. Klar, nicht jeder Tag war purer Sonnenschein, und gelegentlich musste meine Mutter mich aufbauen. Die wahren Probleme kamen aber erst nach der Schule so richtig zum Vorschein – als die durch Schule von außen auferlegte Struktur wegfiel.
Oft habe ich es erst nach dem Mittagessen geschafft, das Haus zu verlassen und zur Uni zu fahren. Gleichzeitig sind mir viele Dinge aufgefallen, die bereits meine gesamte Kindheit geprägt haben – und mit ADHS in Verbindung stehen könnten.
Schon in meinem Grundschulzeugnis wurde ich mit „lenkt sich und andere ab“ beschrieben. Hausaufgaben zogen sich ewig – später habe ich sie dann meistens einfach nicht mehr gemacht, da Aufwand und Ergebnis in keinem Verhältnis standen.
In der Oberstufe habe ich während Stillarbeitsphasen lieber mit dem Lehrer geredet – oft auch übers Thema, aber eben nicht in der dafür vorgesehenen Form. Für Prüfungen habe ich grundsätzlich erst am Abend vorher angefangen zu lernen – beim Abi immerhin ein paar Tage vorher. Trotzdem hatte ich fast immer Top-Ergebnisse. Zum Glück bin ich mit dem Schulsystem größtenteils dann doch gut klargekommen.

Ich hatte – und habe – extrem vielfältige Interessen. In der Grundschule waren es zum Beispiel Stop-Motion-Lego-Filme. Mit 12 bis 14 habe ich mit meinem besten Freund einen 30-minütigen Spielfilm gedreht. Während des Homeschoolings habe ich mir Java und das Programmieren von Android-Apps beigebracht. Ich brauche kreative Tätigkeiten als Ausgleich – und wenn mich etwas fesselt, dann komplett. Dann kann es passieren, dass ich erst um 16 Uhr frühstücke, weil ich vorher einfach völlig versunken war.
Dieser Fokus funktioniert leider nicht, wenn mir Aufgaben von außen auferlegt werden. Priorisierung war – und ist – nicht gerade meine Stärke. Ich schiebe Dinge oft bis zum letzten Moment auf. Ich komme fast immer zu spät oder gerade noch so pünktlich. Gleichzeitig kann es passieren, dass ich den ganzen Tag nichts tue, weil am Nachmittag ein Termin ansteht – und dann ist „eh keine Zeit mehr“.
Wenn ich etwas tun muss, obwohl ich es eigentlich gar nicht will, fällt es mir unfassbar schwer, mich zu motivieren – ist es aber mein eigener Wille, kann ich unglaublich produktiv sein.

In der Uni führt das leider dazu, dass ich erst kurz vor der Prüfung versuche, das gesamte Semester aufzuholen. Ich studiere in Regelstudienzeit, habe aber das Gefühl, während des Semesters eigentlich gar keine richtige Zeit fürs Studium zu haben – oder sie mir nicht zu nehmen.
Damit komme ich irgendwie von den Noten her ganz gut durch – wobei der Druck gleichzeitig Spuren hinterlässt.
All diese Eigenheiten lassen ADHS für mich wahrscheinlich erscheinen.

Für Autismus ist das Bild ganz und gar nicht so eindeutig. Oft fällt es mir schwer, mich mit den im Internet beschriebenen Symptomen zu identifizieren. Gleichzeitig fühlt es sich manchmal auch wie das letzte fehlende Puzzleteil an, um mich vollständig zu verstehen – zumal sich die Verhaltensweisen von ADHS und Autismus bis zu einem gewissen Grad von außen betrachtet gegenseitig auslöschen können.
Dass ich mich in fremden sozialen Gruppen unwohl fühle, keinen Anschluss finde und mir Smalltalk schwerfällt, sind solche Merkmale. Dadurch fällt es mir schwer, neue Leute kennenzulernen. Wenn ich etwas sagen möchte, plane ich die Konversation oft im Kopf vor und spreche eher langsam – und manchmal auch gerne zu laut, ohne es zu merken. Auch das Konzept von „Abends feiern gehen“ habe ich nie verstanden.

Während ich diese Worte schreibe, bin ich gerade mit einer Gruppe von 14 Leuten für 5 Tage in Frankreich – von denen ich viele vorher noch gar nicht kannte.
Da ich nur selten von Bekannten zu gemeinsamen Aktivitäten eingeladen werde, habe ich natürlich direkt zugesagt. Die Auszeit vom Unistress tut mir gut. Gleichzeitig merke ich aber gerade in diesen Tagen, wie anstrengend es für mich ist, von Menschen umgeben zu sein, die ich nicht näher kenne bzw. die nicht auf dieselbe Art wie ich „anders“ sind.
Gleichzeitig muss ich vom Rest der Gruppe als Einzelgänger wahrgenommen werden – suche ich doch häufig Abstand und „Me-Time“.
In all den Tagen hat sich nie jemand näher für mich näher interessiert oder mehr als ein paar einzelne Worte gewechselt – wobei das wohl auf Gegenseitigkeit beruht. Von einigen kenne ich am Ende des Urlaubs noch nicht einmal den Namen.


…ich könnte noch viel mehr über mich schreiben, aber irgendjemand muss dass ja auch noch lesen wollen :wink:

Liebe Grüße :))

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Willkommen! :adxs_wink:

Also eigentlich könnte man deinen Post mit 3 einfachen Worten beantworten: mach die Diagnostik!

Aber um es ausführlicher zu erklären: du schreibst, du hast keinen Leidensdruck, berichtest aber von bereits zwei Zusammenbrüchen. Für mich ist das schon Leidensdruck. Auch dein soziales Leben scheint Leidensdruck zu beinhalten, liest sich jedenfalls so.
Hast du hier schon die Tests von ADxS.org gemacht?

Und ich empfehle dir diese beiden Threads, um dich vielleicht in den Geschichten der Leute hier wiederzufinden. Vllt hilft dir das auf dem Weg zur Klarheit. Viel von dem was du schreibst, finde ich jedenfalls auch bei mir (vor allem das Gefühl nirgends dazu zu gehören und ja nicht mainstream sein zu wollen), mir hat unheimlich geholfen zu wissen, dass es Menschen gibt, die das gleiche erleben wie ich, hoffe das hilft dir auch.

Grüße :cherry_blossom:

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Hallo,

um eine Idee zu bekommen, ob, wie stark und mit welcher Ausprägung du ADHS haben könntest, kannst du den ADHS-Symptomtest auf ADxS.org machen. Es handelt sich um ein Onlinescreening. Eine richtige Diagnostik kann immer nur ein erfahrener Arzt oder Therapeut machen.
Viele User hier im Forum kennen den Test, sodass das Ergebnis hilft, deine Beschreibung besser einzuordnen.

Dort gibt es auch einen ASS-Test.

Viele Grüße

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Hi, erstmal vielen Dank für die lieben Antworten :slight_smile:

Ich habe mal die Onlinetests gemacht:

  • ADxS.org Symptomtest V5 ergab Hinweise auf 29 von 43 möglichen Symptomen.
    (DSM 5 Unaufmerksamkeit: 9 von 9 Symptomen, DSM 5 Hyperaktivität/Impulsivität: 4 von 10 Symptomen)

  • Du hast 30 / 57 Fragen (50 %) so beantwortet, wie es für ASS typisch ist.

Hallo,

Du kannst bei ADxS.org Adressen von Ärzten und Therapeuten mit Bezug zum Thema ADHS anfordern, sofern du zusagst, deine eigenen Erfahrungen mit den von dir kontaktierten Adressen später zurückzugeben.
ADxS führt über 34.000 Adressen in Deutschland (von rund 2.500 wissen wir, dass sie ADHS behandeln oder diagnostizieren; die weiteren 31.500 könnten dies anhand ihrer Fachrichtung tun). Daneben führen wir mehr als 800 Adressen in Österreich und knapp 300 Adressen in der Schweiz, die ADHS behandeln oder diagnostizieren.

Du musst dort eine existierende PLZ angeben, dann bekommst du die 90 nächstgelegenen Adressen zugemailt.

Hier ist der Link zur Anleitung:

Viel Erfolg :slight_smile:

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Hi ich habe gerade ein Deja vu.
Hast du diesen Post schon mal gestartet?
Ich habe eben einen langen Text bzgl meines Sohnes geantwortet. Er ist genau in deinem Alter.

Adhs Diagnose im Kindesalter und für mich als Mutter fehlen da Puzzleteile. Ich denke für ihn auch..
Ich kann dich Mal verlinken, vielleicht gibt es wiedererkennungsmomente?
Ich würde dir auch raten mach die Diagnostik, jedoch hast du keinen Leidensdruck, was mich erstaunt. Aber ASS ist ja ein Spektrum und scheinbar gibt es Autisten die relativ gut klar kommen.. ich denke vielleicht geht es jetzt noch, aber je mehr Anforderungen im Leben desto belastender kann eine Neurodivergenz werden.
Bei ADHS ( einzeln ) auch so.
Ich verlinke dich nun mal

Alles herzlich Gute beim Finden eines Diagnostiker ohne geschlossene Warteliste und einem der sich wirklich auskennt., scheinbar die grösste Hürde, Lg

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AuDHD ist geprägt von dem innerem Konflikt, den beide Besonderheiten mit sich bringen. Neben einzelnen klassischen Symptomen von ASS und ADHS.

Ich habe am Anfang auch meine Probleme darin gehabt das auseinanderzuhalten und mich wiederzuerkennen, da es ja recht wenig Material zu der Kombination gibt.

Es gibt ein paar wenige gute Videos, die das sehr gut beschreiben (super Kanal aus meiner Sicht!):

Das hier ist ein neuer Kanal, der sich nur mit AuDHD beschäftigt und das Gefühl auch sehr gut beschreibt. Schau dir mal alle Filme von ihr an:

Wichtig zu verstehen ist, dass man mit AuDHD weder bei den „reinen“ ADHSlern noch bei den Autisten sich zu 100% wiederfindet. Es ist eine ganz eigene Erfahrung.

Falls du dich in den o.g. Filmen wiederfindest ist die Wahrscheinlichkeit jedenfalls sehr sehr hoch. Kannst mich auch gerne direkt fragen, wenn etwas unklar ist, ich bin zwar nicht all zu aktiv hier im Forum, aber habe mich jetzt etwa ein dreiviertel Jahr intensiv mit der Thematik auseinandersetzen müssen, um genau dieses Gefühl, in beide Bilder nicht so ganz reinzupassen klären zu können.

Aber wie immer gilt auch hier: Kennst du einen AuDHDer kennst du halt einen! Es darf nicht verallgemeinert werden.

Grüße!

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Nachtrag: Ich dachte anfangs auch dass ich keinen Leidensdruck hätte… Autsch!

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Hallo,
ich kann mich nur anschließen.
Lass Dich testen!
Und vergiss den IQ Test nicht!!!
Ich habe erst mit Mitte 40 den Mut gefunden zum Psychiater zu gehen…nun habe ich echt viel zu verarbeiten.
Stück für Stück kann ich meine „Besonderheiten“ aber akzeptieren und auch immer mal darüber schmunzeln.
…und noch ein Rat am Rande: lass die Erkenntnisse in Ruhe reifen. Die Diagnostik machst Du für Dich - für niemanden sonst!
Du wirst auf verdammt viele Vorurteile stoßen.
Viel Erfolg!

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Hallo ich habe deinen Text gelesen und vielleicht möchtest du dich mit mir austauschen? Ich habe beide Diagnosen und bin zusätzlich hochbegabt. Ich hab mich vor allem in deinem Lernverhalten wiedergefunden. Bin auch durch die Schulzeit und das Studium immer gut durchgekommen.

Schreib mir gerne eine Nachricht, ich bin neu und finde diese Funktion nicht.

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Herzlich willkommen im Forum, @Kolibri93 - ich meine, dass die PN erst nach 5 Beiträgen für Dich nutzbar wird. Aber da fehlt ja nicht mehr viel :grinning_face:

Danke das der Thread mal wieder aufgeweckt wurde, ich erzählte mal wie es seit dem ersten Post weiter ging:

Gar nicht so viel später habe ich spontan einen Termin für die AD(H)S Diagnostik bekommen. Das Ergebnis war für mich eigentlich schon von vornherein klar, jetzt hatte ich es allerdings schwarz auf weiß: Ich hab ADS.

Jedoch konnte die Praxis, die mich getestet hat, mir keine Therapiemöglichleiten anbieten. Gleichzeitig begann für mich eine schwierige Zeit. In meinem 6. Semester wollte ich eigentlich nur noch die letzten zwei fehlenden Module absolvieren und meine Bachelorarbeit schreiben. Jedoch fühlte ich mich zunehmend ausgelaugt, sodass ich erst einen geplanten Job für die Vorlesungsfreie Zeit absagte und später auch meine Bachelorarbeit vorerst aufgeben musste. Zwar konnte ich die letzten 2 Module erfolgreich absolvieren, jedoch verursachten auch diese viel Leid und raubten mir ungewohnt viel Kraft obwohl ich doch eigentlich viel weniger als in den Semestern zuvor zu tun hatte. Dinge für die Uni tun schien oft wie eine unüberwindbare Hürde, je mehr ich es versuchte desto schlechter ging es mir. Auch verlor ich die Freude an meinen Hobbys, war oft traurig und verzweifelt. Auch wenn es sich vermutlich immernoch um verhältnismäßig leichte depressive Phasen gehandelt hat, war es ein ungewohnt hoher Leidensdruck für mich.

Und dann ergab sich vor wenigen Wochen unverhofft doch noch die Möglichkeit auf einen Therapieplatz. Auch wenn meine Therapeutin sich nicht näher mit AD(H)S auskennt, so habe ich nach den ersten Wochen das Gefühl, dass sie mir sehr dabei hilft, das Tief hinter mir zu lassen und wieder ins Gleichgewicht zu finden.

Vielleicht reicht bereits das aus, um trotz ADS - wie die vielen Jahre davor - wieder einigermaßen gut durchs Leben zu kommen. Und wenn nicht wäre es mir dank der Diagnose nun auch möglich, mich unterstützend um eine medikamentöse Behandlung zu bemühen…


Und ist es jetzt AuDHS?

Ich weiß es nicht, und eigentlich ist es auch irgendwie egal.

Die ADS Diagnose erklärt viele meiner Probleme im Alltag, ich hab mich in zahlreichen Büchern über AD(H)S wiedergefunden und kann mich insgesamt total mit der Diagnose identifizieren. Ich spüre zwar, dass da irgendwie noch Teile meiner Persönlichkeit existieren, die nicht typisch ADHS sind sondern Irgendwie anders sind. Sind es autistische Züge? Vielleicht. Vielleicht aber auch bei weitem nicht ausgeprägt genug, als das man es als solches bezeichnen würde…

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Hallo @a-random-username - schön, dass Du Dich wieder gemeldet hast.

Das was Du beschreibst, kann ich alles extrem gut nachfühlen.

Das ist wahnsinnig mühsam.

Ich glaube, dass es leider ganz vielen so geht und zum Glück hast Du die Idee gehabt, eine ADHS Diagnostik anzugehen.

Auch den Aspekt mit den autistischen Zügen kenne ich allerbestens.

Nur weil mein Sohn eine ASS Diagnose tatsächlich hat, habe ich - leider - Jahre später erst den hiesigen Autismusverein aufgesucht.

Zuvor hatten die ADHS Ärzte mühselig tausende Medikamentenkombinationen versucht, um Sachen „wegzubekommen“, die schlicht „autistisch“ waren.

Dadurch haben wir so viel wertvolle Zeit verloren.

Es ist einfach so, dass die, die sich gut mit ADHS auskennen, so ausgelastet sind, dass sie nicht auch noch ein feines Verständnis für Autismus hinkriegen und einen dann diesbezüglich nicht ausreichend beraten können.

Und dann ist es einfach auch wahnsinnig diffizil und kompliziert und überlappend!

Ich möchte Dich ermutigen, auch ohne Diagnose zu einem Autismusverein zu gehen und umzuschauen, ob Du Dich bei den Treffen dort aufgehoben und verstanden fühlst.

Bei unserem hiesigen Verein ist es so, dass man auch ohne Diagnose völlig ernst genommen wird und mitmachen kann, weil es ja eben ein Riesenproblem ist, überhaupt an eine Diagnose zu kommen. Egal wie auffällig es ist. Der Leidensdruck ist für viele da. Und die realen Probleme auch.

Insofern könnte es auch dir einfach gut tun, wenn du dort auf Menschen triffst, die verstehen, wovon du sprichst.

Und wenn es nicht so ist, dann war es den Versuch doch zumindest wert.

Ich persönlich habe festgestellt, dass es sogar mir gut tut, dort im Zusammensein einfach mehr sein zu können, wie ich bin. Dadurch ist mir es klar geworden, dass ich doch auch ziemlich maskiere.

In meinem Alter spielt es aber nicht mehr so die Rolle, Nachteilsausgleiche zu bekommen. Doch als junger Mensch ist es eklatant wichtig, dass du weißt, was mit dir ist und wonach du fragen könntest und was dir zusteht.

Wenn der Autismus stark genug erscheint, dann lass dich dran erinnern, dass die jetzige Diagnose nicht heißen braucht, dass du gar keinen Autist bist. Du warst vielleicht eben bei einem, der das ADS gut erkannt hat. Sei froh, dass es schon mal der erste Schritt - wie viele bekommen nicht mal die ADS Diagnose, obwohl sie viele Probleme haben?

Also gegebenenfalls setz dich auf eine Warteliste für eine Autismus Diagnose und vielleicht auch mit etwas Anfahrtweg.

Denn für die Diagnostik musst du vielleicht zwei dreimal hin und danach aber nie wieder, weil ja meistens nach der ASS-Diagnose erstmal gar nichts passiert, wenn man nicht gerade ein dreijähriges Kind ist, was nicht spricht und wirklich ganz stark betroffen ist.

Das ist jedenfalls meine Erfahrung, dass an den Unikliniken und insgesamt eher nach den stark behinderten Kindern geschaut wird, was ja auch verständlich ist ,denn je früher man fördert und die Eltern berät, desto mehr kann vielleicht doch noch erreicht werden.

Man darf sich da nicht in Ärger und vielleicht auch noch Selbstmitleid verlieren. Das System hat seine Grenzen und es fehlt an allen Ecken und enden.

Pass gut auf dich auf und gib nicht auf!

Es ist wunderbar, dass du eine Therapeutin hast, die dich emotional begleiten kann und mit der du eine Wellenlänge hast.

Das ist jetzt in dieser Lebensphase für Dich wichtig und wertvoll.

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@a-random-username Mir geht es ähnlich.

Seit ich auf Elvanse sauber eingestellt bin, kommen mehr und mehr (vmtl / offensichtlich) ASS Anteile durch.

Des weiteren gibt es diverse Punkte, die zusätzlich darauf hinweisen (bspw. kein Reizfilter trotz Medis usw…).

Bin selbst auf mehreren Wartelisten zur Diagnose und warte bereits seit knapp 2 Jahren. Dazu kommt noch die Info von unzähligen Praxen, dass Wartelisten geschlossen sind / gar nicht mehr existieren / alles nur stark regional begrenzt ist :zipper_mouth_face:

Wichtig ist jedoch, dass du eine Therapeutin hast, die dich versteht und mit der du klar kommst. Das ist extrem wertvoll.

Diese Verbindung ist wichtiger, als die Expertise in ADHS. Denn letzteres kann man lernen. Ersteres lässt sich hingegen nicht erzwingen / künstlich erzeugen :wink:

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Guten Abend, wie schön, dass Du eine für Dich für Therapie gefunden hast :slight_smile:

Sollte zu einem späteren Zeitpunkt die Frage AuDHD wieder auftauchen kann ich gerne versuchen, mit meinen Erfahrungen aus der späten Diagnose (AuDHD+Hochbegabung) zu helfen.

Mein Lebenslauf ist sowohl was Akademia als auch Krisen anbelangt sehr ähnlich. Vielleicht ist ein Austausch ja hilfreich für Dich.

Alles Gute,

Flo