Man wird doch mal wütend werden dürfen....

Was ist aber wenn es nicht mehr aufhört?
Mit der Coronakrise explodierte auch mein Sohn aus jeder Pore. Er schlug, zerstörte, und das so unvermittelt dass ich oft nicht mehr weiter wusste. Man hat sich nur kurz umgedreht und schon war etwas kaputt. Er ist ein ganz süßes, zartes Kind von dem man nie erwarten würde wieviel Wut darin steckt.
Wie man schon lesen konnte wurde er auf Atomoxetin eingestellt und verträgt es eigentlich auch gut. Endlich konnte sich das Kind auch mal hinsetzen und spielen. Die Impulsivität ist viel besser geworden und er fällt nicht mehr vom Stuhl. Tagsüber ist er etwas appetitlos, das ist etwas doof weil er auch schnell unterzuckert und dann blöd wird, das ist bei mir selbst aber auch nicht anders :wink:
Aber: die richtige Wut kommt nun doch zurück. Sie lässt sich meist irgendwie abfedern und abbremsen, stellt aber langsam wieder ein größer werdendes Problem dar. Es sind so Sachen wie dass es beim Spielplatzausflug nicht den Keks sondern ein Knäckebrot gibt und der Wutzwerg steigert sich so rein dass er schließlich speiend zusammenbricht und der restliche Tag mit Migräne gelaufen ist. Besonders schlimm ist es wenn wir mit anderen zusammen sind. Die Bedürfnisse anderer Menschen schmeißen ihn völlig aus der Bahn. Ein anderes Kind möchte mit der Freundin spielen? Anfall, und ich kann grad so verhindern dass das Kind nicht noch mit einem Stecken aufgespießt wird.
Man fährt mit dem Rad geradeaus statt gleich rechts? Weltuntergang, schreien, brüllen, beißen.
Das Gebäck gibt es erst zu Hause weil Einkäufe heimgebracht werden müssen? Zeter und Mordio, Kind rennt schließlich weg und lässt mich mit Rädern und Einkäufen stehen (zum Glück ist er nach Hause gerannt).

Wie bekomm ich in dieses Kind denn endlich mal einen Funken Frustrationstoleranz? Wir haben morgen einen Kipsy Termin, mal sehen was der bringt. Ich habe ja schon die Befürchtung dass es dann doch wieder auf einen Wirkstoffwechsel hinausläuft.

Tja, ich würde mal behaupten, die Erlangung von Frustrationstoleranz und die Abkehr vom Egozentrismus sind für viele ADHSler Lebensaufgaben, da braucht man als Eltern einen seeeehr langen Atem und mancher wird es vielleicht nie schaffen.

Medikamente können allerdings die Spitzen nehmen, das Hineinsteigern verhindern und schließlich den sozialen Lernprozess kognitiv unterstützen.

Ja, diese Lebensaufgabe muss ich tatsächlich auch noch begreifen lernen. Meine große Angst ist dass er sich selber damit isoliert und in einen blöden Kreislauf gerät. Die wenigen Freunde tolerieren das noch, aber selbst da kam schon ein „ich mag dich nicht mehr einladen weil du mir zu aufgedreht bist“. Darüber hat er bestimmt zwei, drei Wochen immer wieder geweint.

Hallo,
habe nochmal deine Beiträge gelesen und da kam von @Addy_Haller der Hinweis auf Elvanse.

Hierzu möchte ich auch noch mal bekräftigend anmerken, dass mein Sohn und ich ausgezeichnete Erfahrungen damit gemacht haben.

Es ist einfach sehr ungewöhnlich, dass nach MPH gleich schon als nächstes Atomoxetin verschrieben wird.

Klar kann der Arzt gute Gründe haben, die wir hier nicht wissen.

Aber unsere Erfahrungen hier im Forum gehen eher in die Richtung, dass immer noch nicht alle Psychiater Elvanse kennen und manche das noch nicht mitbekommen haben, wie viel Potential in diesem Mittel steckt.

Lies mal in der Suchfunktion und nature adxs.org zu dem Mittel…

Zu deinem Post hier im Thread wird mir nicht ganz klar, ob die beschriebenen trotz Atomoxetin fortbestehen…?

Mein Sohn hatte eine Phase, in der er mit MPH Aggressionen entwickelte. Die waren dann bei Elvanse weg.

Also die Effekte der Mittel sind wirklich so unterschiedlich, dass man, wann man noch nicht zufrieden ist, durchaus den Arzt deutlich darauf hinweisen sollte. Dann kann man ja nochmal schauen, ob ein anderes Mittel, zB Elvanse, in Frage kommt.

Ich kann dem nur zustimmen.

Atomoxetin wirkt nachweislich schlechter als MPH und Elvanse und hat mehr Nebenwirkungen.

Zudem kommt, dass bei deinem Sohn die klassischen ADHS-Probleme im Sozialkontakt, nämlich Aggressivität und Aufgedrehtsein, ja gar nicht besser zu sein scheinen?

Was spricht also dagegen, es tasächlich mit einem anderen, nachweislich wirksameren Wirkstoff wie Elvanse zu probieren?

Danke für eure Hinweise, ich spreche den Kipsy darauf an.
Auf jeden Fall waren die Aggressionen erst mal viel besser und in einem „normalen“ Rahmen; allerdings verschlechtert sich das jetzt wieder.

Ich kann auch bestätigen, dass Elvanse noch wenig bekannt ist und ich aber die Erfahrung gemacht habe, dass mein Arzt bei dem Wort „Erstlinientherapie“ sehr schnell von Elvanse überzeugt war.

Für Erwachsene ist Elvanse „Erstlinie“, aber soweit ich weiß, ist es bei Kindern noch zuerst MPH, danach Elvanse und danach mit großem Abstand erst Atomoxetin und Guanfacin…

Zingaro, du hattest geschrieben

Kannst du darüber mehr schreiben? Was genau, welche Dosen, wie häufig, wie lange und welche Nebenwirkungen und welche Wirkungen (nicht)?

Also, das ist jetzt ein bisschen her, leider bin ich auch etwas vergesslich, deshalb kann ich auch nicht so detailliert schreiben. Er bekam MetylpheniTAD, beginnend mit einer halben Tablette. Ich glaub das waren 5mg Tabletten, dann nach ein paar Tagen die ganze.
Das auffälligste war dass er sehr große Schwierigkeiten mit dem schlafen hatte. Wir hatten langsam aufdosiert, (ich weiß nicht mehr was nach den 5mg kommt), sind dann nach Absprache mit dem Arzt wieder zurück auf 5mg aber es besserte sich nicht. Dazu kam eben auch viel Übelkeit und Kopfweh.
Im Verhalten gab es keine Änderungen im Vergleich zu vorher.

Ich war heute beim Kipsy und wir haben nochmal darüber gesprochen. Die Entscheidung für Atomoxetin beruht auf der Schlafproblematik die laut ihm bei Elvanse wieder eine Gefahr werden könnte. Wir probieren es also noch ein bisschen.
Im Grunde genommen ist trotzdem vieles besser geworden und die Medikation ist laut Arzt noch in der Einstellungsphase. Er nimmt seit etwa fünf Wochen 25mg. Zwischendurch war er sogar super entspannt, kann auf einem Stuhl sitzen ohne runter zu fallen, spielt jetzt selbständig; schreibt schöne Buchstaben, ist viel klarer aufgestellt. Auch die Impulsivität ist viel besser, vorher könnte man nicht den Raum verlassen ohne das was passiert ist.
Meine Angst beruht aktuell vor allem darauf dass es mit der Wut wieder schlimmer wird weil sich entsprechende Anfälle wieder häufen. Vielleicht hängt das aber auch noch an der Corona-Belastung; viele „normale“ Kinder ticken momentan auch immer noch rum. Er geht erst seit kurzem wieder in den Kindergarten und vieles ist noch sehr anders.

Möglicherweise reicht auch die Dosis nicht mehr, wenn sich Probleme, die weg waren, wieder häufen. Kinder wachsen ja…

Ach Leute, ich bin grad so geknickt und muss das kurz von der Seele schreiben. Wir hatten das mit der Wut einigermaßen in den Griff bekommen, dafür wurde das Gewicht ein unüberwindbares Problem.
Unter der Medikation nahm er immer mehr ab und selbst ein Zurückfahren der Dosis hat nichts gebracht. Jetzt ist das Söhnchen gewachsen und in starkes Untergewicht geraten und wir müssen die Tabletten erst mal absetzen.
:expressionless:

Oh weh!!!
Hoffentlich hat die zwischenzeitliche einigermaßen-Ruhe ein wenig Kraft ins Leben gebracht, von der er jetzt profitieren kann.

Ojeee… nicht gut!!

Hat er weiterhin Atomoxetin genommen und dann abgenommen?

Das wollte unser KJP meinem Sohn verschreiben, weil er unter Elvanse gar nicht mehr zunahm.

Er meinte zwar, Atomoxetin könnte auch Appetitminderung bewirken, aber nicht immer.

Ich habe dann erwirkt, dass wir von Elvanse zurück zu Concerta gehen. Da war der Appetit minimal besser, aber auch so wenig, dass wir ihn in den Sommerferien vier Wochen lang ohne Medikamente gelassen haben. Da hat er etwas zugenommen, dann wieder abgenommen, sobald wir nicht ständig ein Auge aufs Zunehmen hatten. Nun ja, ich glaube, er hat unterm Strich doch ein Kilo zugenommen oder so…

Weil er es gut fand ohne Medikamente, lassen wir ihn jetzt am Wochenende immer ohne Medikation. Es ist auch gsd. viel besser erträglich als früher…

Langer Rede kurzer Sinn… vielleicht könnte man statt einem Spiegelnmedikamentes, was Atomoxetin ja ist, zu Methylphenidat oder Elvanse wechseln und gelegentliche Pausen machen, sei es am Wochenende oder vielleicht auch schon mal ab Freitag bis Sonntag… oder so…

Wie lange dauert eigentlich das Ausschleichen?

Mich würde es sehr interessieren, ab wann er anfing, zuzunehmen und wiviel?

Ich denke dass man es durchaus „schnell“ innerhalb von vier, fünf Wochen ausschleichen kann.
Wir haben die Dosis aber schon seit längerem runtergefahren in der Hoffnung dass er dann zulegt und wir wieder höher dosieren können. Freitag gibt es dann pünktlich zur Einschulung die letzte Tablette :jammer
Der Zwerg ist bereits vorher sehr dünn gewesen und durch das Wachstum ist es jetzt viel zu wenig; für einen neuen Medistart braucht er aber grundsätzlich erstmal Gewicht.
Leider ist er im Verlauf des Jahres auch sehr wählerisch geworden und wenn ihm das Essen nicht passt verzichtet er lieber drauf, egal ob ihm dann schlecht wird oder wie absurd die Forderung ist (z.B. bei einer Wanderung im Wald verlangt er dann statt dem mitgenommenen Vesper Spätzle).

Ja dieses Wählerische kennen wir auch…

Aber sag doch mal, mit welchem MPH-Medikament habt ihr nochmal angefangen, in welcher Dosierung? Und wie schnell in welchen Schritten gesteigert? Das würde mich jetzt doch mal interessieren…


Wie wäre es mit großem Mengen an ungesundem und Fettreichem zu später Stunde? Kern Scherz!

Es gibt bei uns zB dann abends auch später noch mal Chips und sowas… aber er isst die auch nur in Maßen, das Gleiche mit Süßigkeiten…

Wenn es so einfach ginge, wäre es nicht so schwierig…

Hm, die genaue Dosierung weiß ich nicht mehr, das ist zu lange her und ich bin zu vergesslich. Es fing für ein paar Tage mit einer halben Tablette an, dann die ganze und dann mein ich die nächste Stufe. Auf jeden Fall war das damals auch sehr langsam in der Steigerung (er war ja schon immer untergewichtig) + zurückfahren der Dosis in der Hoffnung dass die Nebenwirkungen sich erledigen (Metylpheni TAD)

Über die Chips am Abend muss ich mal nachdenken.
Prinzipiell finde ich eine ausgewogene Ernährung schon sehr wichtig und wir kochen auch sehr abwechslungsreich und „hochwertig“. Ich versuche natürlich entsprechend Kalorien in das Kind hinein zu bekommen und es gibt gern auch mal Lieblingsessen. Hatte er aber mit drei Jahren noch locker fünf Crêpes gegessen ißt er jetzt nur noch einen.
Süßes isst er gar nicht so sehr, von den Naschereien zu den üblichen Anlässen werfen wir üblicherweise 2/3 irgendwann weg. Am liebsten hätte er jeden Tag Fleisch mit Fleisch, da muss ich mich aber entschieden weigern.


… und wenns genau das ist, was er braucht?
Mir fiel es auch schwer - aber es ist einfach auch ein sehr hochwertiges Nahrungsmittel und in das Kerlchen gehen sicherlich keine Unmengen rein…
Man kann es ja ab und an mit Spätzle anreichern :lol: Warum lässt Du Dich da nicht drauf ein? - abends könnte es halt wegen der Verdauung schwierig sein…

Ich hatte damals auch so ein fleischfressendes Pflänzchen, das sich aber zwischenzeitlich zum Vegetarier entwickelt hat… das kann sich also irgendwie alles auswachsen.

Süßigkeiten und Kohlehydrate: Vertrage ich seit der Medikamentierung auch nicht mehr so, das fühlt sich einfach nicht gut an…