Masking - verstecken offenbar schon Kinder ihr ADHS-/ASS-Verhalten…?!

Meine Tochter (13, Verdacht auf ASS, ADS bestätigt) fährt ganz bewusst ihr Masking runter, wenn sie es bemerkt und erkennt, dass es ihr nicht gut tut.
In anderen Situationen entscheidet sie sich bewusst dafür.

Beispiel A: Treffen mit mehreren Freundinnen plus Übernachtung. Will sie dabei sein, plant sie, weiß, dass das schwierig wird, entscheidet sich für Masking um teilhaben zu können.
Übernachtungen hat es früher zwar schon gegeben, aber mit viel internalisiertem Stress.

Anderes Treffen sagt sie ab und benennt ehrlich gegenüber der Freundin den Grund, dass sie gerade zu ausgelaugt für ein Treffen ist.

Beispiel B: Theateraufführung. Will teilhaben, überschreitet dort absichtlich Grenzen, überwindet Ängste, zieht sich „kompetente Maske“ über.

Musikwettbewerb. Entscheidet sich dagegen, weil zu unbekannte Variablen, zu viel Druck, zu anstrengend, selbst für die „kompetente Maske“.

Beispiel C: Stimming. Zu Hause erlaubt bzw. sogar erwünscht.

In der Öffentlichkeit je nach Situation unterdrückt oder abgewandelt, manchmal aber auch bewusst zugelassen. Kommt auf das Stimming und das Setting an.

Diese Entwicklung ist neu und erst seit der Verdachtsdiagnose ASS möglich und aus meiner Sicht sehr gesund. Seit sie über Masking Bescheid weiß erkennt sie es bei sich immer öfter. Sie kann punktuell schon entscheiden, dass sie maskieren will, plant dann aber schon im Vorfeld Erholungsphasen ein.
Ebenso die Schule betreffend. Dort maskiert sie noch relativ viel und weiß dann auch, dass das für den Nachmittag und das Wochenende Einbußen bedeutet. Das hätte sie gerne anders, aber es fehlen ihr noch Strategien das Masking in der Schule weiter runter zu fahren. Da muss noch ein Weg gefunden werden. Hier spielen aber auch noch mehr Komponenten eine Rolle.

Wichtig ist aus meiner Sicht bei Kindern, die stark maskieren, dass sie das einschätzen lernen. Sie müssen ihre Grenzen und Fähigkeiten kennen lernen und in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden. Das eigene Ich anerkennen, Gründe für anderes Empfinden kennen und schließlich Kompetenz für sich selber entwickeln.
Hohe Ziele, aber aus meiner Sicht unverzichtbar.
Ist es doch gerade die Ungewissheit und das nicht-wissen-warum, das uns immer so belastet.
Psychoedukation ist unverzichtbar.

Zumindest kann ich in Bezug auf meine Tochter sagen, dass sie seit der Beschäftigung mit dem Thema Maskieren bzw. Camouflaging sehr viel stabiler ist. Es gibt keine Panikattacken mehr, die damit zusammen hängen. Sie akzeptiert sich auch mehr als vorher und hat nicht mehr dauernd das Gefühl, sich ändern oder anpassen zu müssen.

Luft nach oben ist noch viel, es gibt noch viele Baustellen. Aber die Erkenntnis und das Wissen darüber, was Masking und Camouflaging ist, hat hier unmittelbare positive Veränderungen mit sich gebracht.

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Finde das sehr interessant was Du schreibst. (Auch wenn ich keine Kinder habe)

Freut mich sehr für Deine Tochter daß es ihr besser geht z.B keine Panikattacken mehr hat.
Aber so wie Du es schilderst geht sie auch toll damit um und hat mich auf jeden Fall animiert, vieles bei mir mehr in die Hand zu nehmen und bewußter klare Entscheidungen zu treffen!!!(inkl Berücksichtigung der Konsequenzen und Einplanen von Erholungsphasen)

Du schreibst ja gleich im ersten Satz über Bewußtheit. Und das ist wohl auch der Anfang wenn man sich dessen bewußter ist hat man auch viel mehr Möglichkeiten des Umgangs und der Selbstwirksamkeit.
Danke sehr für den Bericht

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Hallo Nono,

ich finde das Thema auch interessant. Ich wurde ja jetzt erst mit 41 diagnostiziert, aber eben auch mit ADS (ja, alter Begriff, ich weiß). Mein jüngster Bruder wurde in der Grundschule mit ADHS diagnostiziert. Warum? Weil er die hyperaktive Komponente hatte und Wutausbrüche, die waren echt spektakulär.
Ich war in der Grundschule sehr gut, fiel nicht wirklich negativ auf, außer dass ich eben gerne mal unkonzentriert und eigenwillig war. Und mein Zimmer sah immer aus wie Dresden 45… (mein Vater hatte da mal die Schnauze voll und meinte, wenn ich jetzt nicht mein Zimmer aufräume geht er hoch, macht das Fenster auf und schmeißt alles in den Hof, das da rum liegt…).
Ich würde auch sagen, dass ich schon als Kind sehr sozial angepasst war. Mein großer Bruder (ich vermute da auch ADS) hat in der Schule wahnsinnig Probleme gehabt, mein nächst-jüngerer Bruder benötigte auch Aufmerksamkeit, da er nicht geredet hatte (ging dann auf einen speziellen Sprachheilkindergarten und -grundschule → ich vermute hier ASS und vielleicht auch ADS), dann der jüngste, der dann eben völlig aufgeweckt war mitsamt Ausraster (der bekam dann tatsächlich eine Diagnose). Das war aber halt auch alles in den 90ern! Andere Zeiten!
Aber ich als Kind hab das alles mitbekommen und wollte ein „braves Mädchen“ sein und meinen Eltern keine Sorgen bereiten. Kinder sind ja auch sehr feinsinnig. Und da kann durchaus schon ein gutes Masking entstehen, wie bei dem von dir zitierten Fall.

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Ich freue mich, wenn unsere Erfahrungen dir helfen und dich ermutigen!

Ich wünsche dir dabei viel Erfolg!

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Mal ne Frage zwischenrein: maskieren nicht alle Menschen? Ich meine, für mich ist das normal das zu tun auch wenn es mir erst seit kurzem bewusst ist, aber wo ist der Unterschied zu neurotypischen Personen? Vielleicht, dass die es nicht so anstrengt, oder dass sie es einfach besser machen? Oder einfach nicht so viel drüber nachdenken wie sie wirken? Oder es eher wissen?

Ich habe aktuell ein akutes Problem denn ich brauche ein Porträt von mir mit dem ich mich vermarkten muss.
Aber ich weiß nicht welche Maske ich aufsetzen soll. Es kommt mir so unehrlich vor. Aber ohne Maske kann ich mich nicht fotografieren lassen und sähe vermutlich auch echt komisch aus weil ich dann halt so vor mich hin starre mit leerem Gesichtsausdruck oder irgendwie genervt.

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Wenn ich mich beobachte würde ich sagen daß ich weniger maskiere (oder wie immer man das nennen mag) wie die neurotypischen. Bin unkonventioneller, halte mich nicht an Small Talk Etiketten, und überhaupt offener Freigeist. Einige finden mich deshalb lustig erfrischend oder sind peinlich genervt.

Allerdings z.B kontrolliere ich in der Arbeit oft 3mal alles nach aufgrund des Kopfnebels und damit mir nicht alles entfällt schreibe ich zu allem und jedem einen Zettel. Beides versuchte ich aber so einzubauen das es niemand merkt

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Allerdings habe ich während meiner Schulzeit keinen Mucks gesagt und getan . Das war wohl starke Maskierung. Vielleicht schon eine Ahnung daß ich aus der Rolle fallen könnte.
Aber später bin ich ziemlich aufgetaut.

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Auch wenn das schon etwas her ist, wie hast du deiner Tochter das Masking erklärt?

Ich habe sie die CAT-Q und M-Q Fragebögen ausfüllen lassen.
Darüber sind wir ins Gespräch gekommen.
Später haben wir uns zusammen Videos darüber angeschaut. Ich meine von “I’m autistic now what”.

Da meine Tochter schon 13 war und gut Englisch spricht war das auf diesem Wege alles kein Problem.

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Ich habe mich schon immer unbewusst an andere angepasst- ich wollte überalldazupassen und nicht auffallen. Ic h übernehme z.B.: Dialekte und andere Verhaltensweisen wenn ich in einer anderen Region oder Land bin. Bin (noch) nicht diagnostiziert- lerne mich mit 32 erst gerade selbst kennen und warum ich so bin wie bin :face_with_peeking_eye:

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Oh ja… :face_with_peeking_eye:

Ich passe mich auch sprachlich dem Bildungs- und Ausdrucksniveau meines Gegenübers an. War ziemlich übel, als ich in Elternzeit war. Da fiel mir dann schon das umswitchen schwer, wenn ich mal mit nem Erwachsenen geredet habe. :see_no_evil_monkey:

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