Zwischen „Das sollte man“ und „Ich kann das“ liegen bei mir auf jeden Fall Welten. ‚Eigentlich‘ weiß ich ja, dass ich gut bin, wie ich bin. Aber ich projiziere, um bei Deiner Wortwahl zu bleiben, Hibbelanna, doch gerne mal die Gedanken …
Das ist nun mal eine Folge/Symptom von ADHS was höchstwahrscheinlich auch bei frühster Diagnose immer etwas vorhanden bleiben wird.
Nur als unerkannter ADHSler weiß man nicht warum es so ist und das ist echt mal voll suboptimal.
Ich weiß nicht ob du „pauschal“ meinst als ADHSler oder durch ADHS gibt es keine Anerkennung und Wertschätzung ?
Ich habe diese sehr wohl bekommen und bekommen sie auch jetzt. Es wäre undankbar all den Mitmenschen und Situationen gegenüber , die dies mir geben oder gaben, nicht zu sehen und ebenso anzuerkennen.
Vergiss nicht das man Anerkennung und Wertschätzung oft einfach auch zur Orientierung in seiner ADHS-Struktur benötigt und nicht nur mangelnder Selbstwert danach trachtet. Vergiss nicht das man diese so manches mal bekommt aber gar nicht als solche Wahrnimmt.
Wenn mir ein grader Weg bevorsteht, wo mir keiner Steine auf den Weg gelegt hat, aber ich nunmal alle Schmetterlinge und Eichhörnchen sehe und nach dem Kacken im Wald aus dem Wald nicht mehr zurückkomme, weil es gerade spannender ist dem Flußlauf zu folgen, oder mit den Bibern einen Damm zu bauen oder den Vögeln zu lauschen, dann kann da keiner was für.
Schleppe ich schwere Brocken der Vergangenheit im Gepäck, die mich lähmen, dann hat mir aber keiner diese Brocken erneut auf den Weg geschmissen.
Von denen in meine Umfeld wo ich meine, die könnten ADHS haben, sind dies wertgeschätzte und anerkannte Leute, zum Teil in studierten Berufen und keiner spricht davon den falschen Beruf gewählt zu haben. Einer ist in Frührente, da er grundlegend im Druck der Arbeitswelt nicht klar kam und macht gar Hobbymäßig in seinem Job weiter.
Und doch haben alle ADHS-typisch stark zu kämpfen, und die, die auch ohne „Diagnose“ etwas erkannt haben versuchen halt einen gesunderen Weg zu finden. Oder aber andere Krankheiten zwingen quasi dazu, oder machen leider so weiter .
Ich bekomme sehr wohl Anerkennung und Wertschätzung genug positive Rückmledung, es ist alles vorhanden das ich mein Potential weiter entfalten könnte. Es liegt an mir und meiner Situation, es ist ein Teil meiner Prägung aus der Vergangenheit und mein ADHS was mich lähmt. Da kann keiner was für. Nur ich kann meinen Weg finden der mit meinen Bedingungen möglich ist
Dieses Suchen nach Anerkennung und Wertschätzung ist ja ein wenig wie ein Faß ohne Boden. Als ich Begriff das man dadurch einfach auch vergebens nach Orietierung und Halt in seinem ADHS sucht , kehrte darin mehr Ruhe ein. Plötzlich sah ich deutlicher wo ich überall Anerkennung und Wertschätzung bekam , aber diese manchmal einfach nur ungefiltert durch mich durch ging. Nun sehe ich sie besser und kann mir selbst nun mehr Halt darin geben oder es verstehen wenn es wieder in mir danach sucht.
Ich möchte dich von dem Trugschluss befreien das Anerkennung und Wertschätzung und vielleicht auch noch grader Weg mit richtigem Studiengang eine trotzdem nicht von der ADHS-Problematik all dem anderen Scheiß erlösen. Es ist aber natürlich grundlegend schöner so wenn der äußere Rahmen stimmt, aber es ist so scheiße wenn man es nicht richtig in sich verankern kann.
Wir müssen auch immer aufpassen ob wir nicht auch Anerkennung und Wertschätzung gar übersehen oder weil man schon zu negativ denkt nur noch das negative rausfiltert.
Vielleicht ist Winkler ja auch ein guter Beweis, dass er eben trotz dieser Laufbahn auch „kämpfen“ muss. Deswegen versteht er vielleicht auch ADHS so gut. ???
Du siehst es ja schon richtig, dass du irgendwie deinen Frieden damit nicht finden kannst.
Ja und das Wünsche ich dir , dass dir das gelingt und du deinen Frieden damit findest. Denn ansonsten nimmst du dir Energie für dein Potential im Hier und Jetzt.
Was hinsichtlich Anerkennung, Ego etc. nun auch ein Problem ist, man vergleicht sich ständig mit anderen Menschen. Fear of Missing out, die Angst, etwas zu verpassen, das hat in Zeiten von Social Media noch mal ganz andere Ausmaße angenommen. Und wenn die Facebook-„Freunde“ (nutzt heutzutage eigentlich noch irgendwer Facebook?, der Hype ist auch vorbei schon längst wieder) die tollen Bilder aus Südafrika oder aus Bolivien oder der Mongolei posten, dieses Gefühl, etwas zu verpassen <LINK_TEXT text=„Google … gws-wiz-hp“>fear of missing out - Google Suche</LINK_TEXT> , das ist das eigentliche Problem und nicht, dass man weder in Bolivien noch Mongolei war (mein Bruder schon und ich kenne die Postings und die Gefühle dabei auf Facebook) . Z. B. habe ich gemerkt, dass ich natürlich sehr gerne reise, dass aber der Reiz dabei nicht von einem spezifischen Reiseziel kommt, sondern von den neuen Eindrücken insgesamt. Da ist es egal, ob ich das erste Mal über die Bucht von Neapel blicke oder auf die Golden Gate Bridge und die San Francisco Bay. Erstere war ich schon, letztere nicht. Was für mich am Ende zählt, sind die Eindrücke. Bucht von Neapel, für Facebook oder Instagram haut das nicht so vom Hocker wie die Weite der Mongolei oder die Taklamakan Wüste in Xinjiang in China wie mein Bruder. Ein wenig mehr Bescheidenheit (der Satz passt zum Thema Minimalismus ) im Sinne von Fernreisen auch auf Social Media ist vielleicht ein positiver Nebeneffekt der Corona-Krise…
Als AD(H)Sler im fortgeschrittenen Alter sollte man eigentlich verinnerlicht haben, dass man sich mit den „Normalos“ nicht vergleichen kann bzw. sollte. Daher ist eines meiner Lebenscredos
[size=150]„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit.“[/size]
Søren Kierkegaard
(1813 - 1855), Søren Aabye Kierkegaard, dänischer Philosoph, Theologe und Schriftsteller
Ich finde die chinesischen Taoisten cool, die grade das Gegenteil anstreben, nämlich die Erde so zu verlassen, wie sie war, als sie auf die Welt gekommen sind. Also genau keine Spuren zu hinterlassen…
Für mich passt dieses Ziel sehr gut zur Umweltschutz und Klimaschutzdebatte und @Overthesky eigentlich passt dein Lastwagenfahren irgendwie auch dazu, jetzt nicht vom Umweltschutzaspekt, aber von dem Aspekt der Bescheidenheit, einen Beruf nicht nur wegen des Ansehen machen zu wollen.
Ich wünsche dir, dass du mit deiner bisherigen Biographie etwas mehr Frieden schließen kannst… auch hier könnte mein allseits empfohlenes Allheilmittel Meditation, innere Einkehr, helfen… ich sage nur… Insight Timer … und dann wiederhole ich mich an dieser Stelle nicht länger…
Ja, das würde ich mir wünschen, Frieden, innerlich wie die Situation gesellschaftlich. Jedoch ist eine generelle Rastlosigkeit und Unzufriedenheit und ein genereller Unfrieden ziemlich häufig bei ADHS zu finden, egal ob die Person glücklich ist oder nicht. Ich bin nicht unglücklich btw, aber ich spüre diese permante Unfähigkeit, mit dem Status quo zufrieden zu sein, diese Rastlosigkeit und Statik statt Dynamik als Horrorvorstellung. Ziemlich viele ADHSler bleiben bis zum Lebebsende rastlos. Das ist nicht unbedingt negativ. Man kann auch seinen Frieden in der Rastlosigkeit finden…
… und es würde mich nicht wundern, wenn mein Sohn auch damit anfängt, sobald er den Lappen hat…
Tja und ich kriege Panik, wenn ich monoton geradeaus fahren muss… leider hat die Medikation nicht geholfen, wie meine Ärztin vermutet hatte… ich fahre gerne, solange ich ständig schalten, abbiegen, einparken oder sowas im Stadtverkehr machen muss…
So geht es mir auch. Mein ADS lähmt mich einerseits, aber es gibt mir andererseits auch die Kraft und die Fähigkeit, aus allem das Beste zu machen und die Chancen, die sich mir bieten, zu nutzen.
Ein ehemaliger Chef, der von meinem ADS wußte, hat mir mal gesagt, dass ich manches nicht, aber dafür anderes umso besser und sogar perfekt könne. Und genau diese Talente hat er gefördert und genutzt, während er über alles andere wohlwollend hinweg sah. Eben der ideale Chef für einen AD(H)Sler!
@Nono:
Wir hatten jedoch eine sehr schweren Start und ich musste ein Jahr kämpfen, aber danach war es dann super. Wobei ich dazu sagen muss, dass er eine Adoptivtochter hat, die sehr stark von ADHS betroffen ist und er mich irgendwann ganz unvermittelt fragte, ob ich ADHS hätte. Von daher hat er schon ein gewisses Grundverständnis für die Problematik.
Neulich über Minimalismus bei ADHS und Minimalismus insgesamt nachgedacht und reflektiert: es gibt neben Minimalismus auch Minimal-Maxismus. Echter Minimalismus wäre ein tatsächliches weniger ist mehr, Minimal-Maxismus dagegen wäre mit möglichst wenig Einsatz zeitlich, persönlich, finanziell, Aufwand maximal viel heraus zu holen. Da habe ich auch mich selber reflektiert… ich war jetzt seit letztem Sommer in 9 (mit Durchfahrt nur sogar 12) europäischen Hauptstädten, habe in einem Jahr 55.000 km mit dem Auto abgefahren durch halb Europa, habe ganz viel im Auto geschlafen auf den Touren oder wenn meine Freundin mit dabei war, dann Hostel oder maximal low-budget Hotel, habe fast jedes Wochenende ne Tour im Schnitt von 200 km Entfernung pro Tag gemacht, habe alles mögliche in den letzten Jahren nachgeholt, was in 8 meist eher schlechten Jahren Würzburg in einem Studium, das weder Zeit noch persönliche Freiheiten ließ, zu kurz kam… das ist zumindest in meinem Fall nicht immer, aber sehr oft Minimal-Maxismus und kein echter Minimalismus.
Echter Minimalismus, weniger ist mehr, das wäre weniger zu erleben, aber die Momente stärker wahrzunehmen, kein Sightseeing a la Asiaten heute morgen in Neuschwanstein und heute Nachmittag schon im Hofbräuhaus in München und morgen früh dann mit dem Bus nach Mailand zu Scala und Duomo. Echter Minimalismus, das wäre 2 Wochen wandern für wenig Geld mit Zelt statt Hotel in Südtirol (materielle Aspekte von Minimalismus) mit 1 oder 2 guten Freunden oder allein durch die Berge von Südtirol und dabei viel weniger zu sehen, aber die Bergwelt, die Eindrücke von Natur, Licht und Schatten, Wetter, Wind und Gerüche und Geräusche intensiver und nachhaltiger wahrzunehmen.
So abgedroschen es klingt, echter Minimalismus beinhaltet Gemächlichkeit und Muse, immer schön „slow“ und tatsächlich weniger…
Ich bin tatsächlich Meisterin darin mit wenig Aufwand viel zu schaffen. Ich kann zum Beispiel sehr gut delegieren und meine Arbeit gerecht unter Kollegen zu verteilen, ohne das sie es merken. Auch unser Haus habe ich so eingerichtet, dass das Ganze in zwei Stunden blank geputzt ist. Beim Reisen schaffen wir auch in wenig Zeit viel zu sehen. Weiß nicht, aber ich glaube es hat viel mit Prioritäten setzen können zu tun.