(Kopie eines OT-Beitrages von mir an anderer Stelle, entschuldigung für die Verdopplung)
Der ADHS Arzt meines Sohnes hat aus meinen Antworten im Autismus Fragebogen keine Notwendigkeit zur Diagnostik gesehen. Damals war mein Sohn 11.
Die Schule hatte mich schon angesprochen auf das Autismusthema, als er 8 war. Ich habe dazu nachgelesen und konnte mir nun auf einmal viele seltsame Verhaltensweisen erklären. Und übrigens konnte ich die Problematik in der Ehe meiner Eltern verstehen und auch Besonderheiten meines Mannes.
Man kann auf einmal vieles verzeihen…
Mein Sohn bekam dann mit 11 erstmal ADHS Medikamente und eine Schulbegleiterin, die nach ein paar Tagen rückmeldete, es müsste unbedingt eine Autimusdiagnostik gemacht werden. Haben wir dann gemacht. Das Ergebnis war zwar ein hochfunktionales. Aber es war eine eindeutige Diagnose.
Der ADHS Psychiater sagte noch zweimal im darauffolgenden Jahr, dass er es echt nicht glauben könne, dass er diese Diagnose hat.
Damals war mein Sohn 11… und nun, mit 14 zweifelt es überhaupt niemand mehr an, weil in dem Alter ein gewisses reiferes Verhalten definitiv bei den meisten Jugendlichen ausgebildet worden ist. Auch sein Arzt zweifelt nun nicht mehr.
Unser Sohn hat immer noch null Zeitgefühl, es ist ihm ein Rätsel, den Tag zu planen und wann er essen oder trinken sollte, weiß er auch nicht von selber. Zum Glück ist er ja meist mit anderen Menschen zusammen, und kann sie dann sozusagen „imitieren“.
Apps wie Tiimo oder Structured kann er sich nicht selber einstellen.
Wir sind froh, dass es die Möglichkeit gibt, über ein Smartphone seinen Kalender auch untertägig aus der Ferne einstellen und anpassen zu können.
Er hat eine Smart Watch als Zusatz zu seinem Smartphone, die am Handgelenk vibriert und dann anzeigt, dass er essen oder trinken sollte, damit er keine Krise kriegt, wenn er dehydriert oder unterzuckert ist.
Er weiß nicht, wie es geht, Freundschaften anzuknüpfen.
Wir müssen ihm quasi das Vokabular beibringen für Unterhaltungen. Denn er wechselt ja immer, wenn man mit ihm spricht, mitten in einem Gesprächsprozess, der noch nicht abgeschlossen ist, völlig unvermittelt mittendrin zu seinem Spezialthema. Dabei unterbricht er auch Unterhaltungen anderer, zB am Esstisch.
Ich habe ihm beigebracht, dann zu sagen „jetzt fällt mir grade was ganz anderes ein“ oder „ach, übrigens mal was ganz anderes…“ und sowas.
Nur wegen solcher Verhaltensweisen im Gespräch würde einen keiner diagnostizieren uns das mit dem Zeitgefühl würde auch keinem auffallen.
Ebensowenig würde ein Englischlehrer verstehen, weshalb er keinen Ablauf einer Unternehmung mit Freunden vom letzten Wochenende beschreiben kann, um die Zeitangaben „After“ „then“ „finally“ und sowas einzubauen, wenn der Arbeitsauftrag nicht heißt, dass es ein fiktiver Tagesablauf sein darf. So eine Aufgabe misslingt einfach und es gibt eben keine Punkte für nicht verwendete Zeitwörter, die er nicht anwenden konnte, weil er am letzten Wochenende nichts mit Freunden unternommen hat.
So, ohne eine Diagnose wird es immer wieder schlechte Noten geben. Mit der Diagnose kann man Lehrer bitten, bei der Aufgabenstellung solche Feinheiten zu berücksichtigen. Dadurch hat ja keiner einen unberechtigten Vorteil.
In Deutsch wird ein Autist Schwierigkeiten haben, Gefühle und Zwischenmenschliches aus einem literarischen Werk herauszulesen. Auch hier darf man versuchen, etwas angepasste Aufgabenstellungen zu finden.
Da ADHS ja teilweise ziemliche Überlappungen mit dem Autismusspektrum hat, ist es wichtig, ggf rechtzeitig eine Autismusdiagnose anzustreben, damit der junge Mensch weiß, was mit ihm los ist und die Lehrer auch!!! Und die dürfen sich nicht rausreden, sie seien nicht dafür ausgebildet. Sie müssen deswegen ja keinen Hand- oder Kopfstand vollführen…