Es tut mur Leid was du erlebst. Ich hatte im Sommer ein Burnout und dann kurz später die Diagnose ausgeprägte ADHS bekommen. Wir haben gemeinsam mit meinem Arzt den Direktor und meine direkt Vorgesetzte informiert. Er meinte er fände es wichtig, dass ich das Team darüber informiere. Habe ich getan.
Ich warte seit über 1 Jahr auf ein Pflichtenheft. Nun hab ich das zum 5. Mal angesprochen und erklärt dass ich das aufgrund meiner ADHS brauche. Habe ihm einen ganzen Text geschrieben mit Erklärung, angelehnt an das Buch « Erfolgreich im Beruf mit ADHS » von Lachenmeier.
Hier ein Ausschnitt von meinem Text:
Wer bin ich und wie funktioniere ich?
Es geht mir nicht darum, einen Freipass für alle ungewöhnlichen Verhaltensweisen im Zusammenhang mit ADHS zu fordern. Vielmehr soll durch das Erkennen und Verstehen typischer Abläufe gangbare Wege gefunden werden, damit mein ganzes Potenzial bei X AG nutzbar wird. ADHS ist individuell unterschiedlich und ich möchte mich auf meine spezifischen Stärken und Herausforderungen konzentrieren und eine gegenseitige kreative Anpassung vornehmen. Durch die Diagnose habe ich sehr viel Zeit damit verbracht, auf meine Person einzugehen und weiss, was ich brauche, um erfolgreich arbeiten zu können, sodass ich gesund und zufrieden bleibe.
Überkompensation durch Unsicherheit
Ich habe festgestellt, dass bei mir eine grosse Unsicherheit entstanden ist, die sich leider verstärkt hat, seit ich bei der X AG arbeite. Diese Unsicherheit führt zu quälenden Selbstzweifel und einer verzerrten Wahrnehmung meines eigenen Wertes. Ich zweifle zunehmend an meinen Fähigkeiten und mein Vertrauen in meine eigene Leistungsfähigkeit nimmt ab. Die Unsicherheit resultiert vor allem daraus, dass ich nicht genau weiss, welche Rolle ich bei der X AG einnehme:
Ich bin unsicher, welche Aufgaben wirklich zu meinem Verantwortungsbereich gehören, ob mir Aufgaben zu Unrecht übertragen werden und ob ich mich dagegen wehren darf. Dadurch habe ich zunehmend Schwierigkeiten, mich abzugrenzen, Nein zu sagen und mich durchzusetzen oder zu verteidigen. Die genauen Inhalte und Grenzen meiner Aufgaben verschwimmen mit der Zeit immer mehr. Aus Unsicherheit übernehme ich dann zu viel Verantwortung, was mich überfordert und unter Stress setzt.
Bei chronischem Stress neige ich zur Überkompensation: Ich versuche, alles perfekt zu erledigen, um Entscheidungen darüber zu vermeiden, was wichtig ist und was nicht. Diese Perfektion erfordert jedoch enormen Energieaufwand, was auf Kosten meiner Zeit und Energie für mein Privatleben geht – insbesondere für Beziehungen und Hobbys.
Meine Vorschläge für die Arbeitsgestaltung
Eine klar definierte Rolle
reduziert Impulsivität, reduziert Ablenkbarkeit, reduziert Stress und Unsicherheit
Eine klar definierte Rolle würde meine Unsicherheiten reduzieren und mir helfen, mich auf meine Kernaufgaben zu konzentrieren. Dadurch könnte ich meine Arbeitslast besser steuern und mich sicherer in Bezug auf meine eigenen Aufgaben fühlen. Das würde verhindern, dass ich fremde Aufgaben übernehme, meinen Stress reduzieren und meine Position sowie Gelassenheit stärken.
Ein Pflichtenheft, inkl. Verantwortungsbereiche
reduziert Unsicherheit, unterstützt Selbstorganisation, verhindert Überlastung und Missverständnisse
Eine meiner Stärken liegt darin, mich besonders gut an klaren Strukturen und Leitlinien zu orientieren, sofern ich sie als sinnvoll empfinde und mit ihnen übereinstimme. In solchen Kontexten kann ich sehr effizient und langfristig leistungsfähig arbeiten, da ich mich durch die klare Ausrichtung voll auf meine Aufgaben konzentrieren kann, ohne Energie für unnötige Entscheidungen oder Umwege aufzuwenden. Ein Pflichtenheft würde mir klare Orientierung bieten und helfen, Erwartungen in einem nachvollziehbaren Rahmen zu setzen, der mir Struktur gibt.
Schwerpunktbereiche
reduziert Ablenkbarkeit, steigert Aufmerksamkeit, steigert die Motivation und die Konzentration
Ich bin ein sehr leidenschaftlicher und emotionaler Mensch und tue das, was ich tue, mir grosser Überzeugung. In Bereichen, in denen ich mit gut auskenne, erkenne ich viel schneller Zusammenhänge und kann somit treffende Entscheidungen fällen. Ich blühe auf, wenn ich die Freiheit habe, Aufgaben kreativ anzugehen und Entscheidungen selbst treffen zu können. Das steigert meine Motivation und hilft mir, den Fokus zu behalten. Ich arbeite ausserdem besonders gut, wenn ich mich Aufgaben widmen kann, die mich interessieren. Andere Aufgaben, die mich weniger interessieren, monoton oder wenig motivierend sind, können mich schnell ablenken. Wird mein Aufgabenbereich so definiert, dass ich zwischen kreativen und analytischen Aufgaben abwechseln kann, wird meine Aufmerksamkeit gesteigert.
Mithilfe meiner Hard-Skills und Soft-Skills, sowie meinen Interessen, habe ich Aufgaben definiert, die ich ab Januar (wieder) übernehmen möchte.
So und jetzt seine Antwort drauf:
« Dein Text hat mich sehr beunruhigt, ich weiss nicht was ich denken soll, kannst du denn arbeiten? Ich gebe dir kein Pflichtenheft, sonst wirst du dich nur auf diese Aufgaben beschränken und das geht hier nicht! »
Ich weiss auch nicht mehr weiter und würde mich gerne erkundigen, ob ich ihn wegen Verletzung der Fürsorgepflicht verklagen kann.