(edit: sorry for the wall of text!)
Diese Rechen- und Gedächtnistest sind in zweierlei Hinsicht berechtigt. Da die Tests normalerweise in einem Rutsch durchgeführt werden, zeigt sich nach einer Weile schon eine gewisse Konzentrationsschwierigkeit. Entweder indem man anfängt vermehrt Flüchtigkeitsfehler zu machen, oder indem man anfängt langsamer zu werden. Die Tests sind deshalb so pipifax, weil eben jeder sie lösen können soll. Wenn manche an dem Schwierigkeitsgrad scheitern, würde das das Ergebnis verfälschen.
Es geht also nicht darum, deine Mathefähigkeit zu testen, sondern darum, deine Konzentration über einen längeren Zeitraum zu testen. Denn das ist wiederum sehr wohl aussagekräftig.
Und ja, wenn man in einem Bereich besonders begabt oder trainiert ist, dann kann das ebenso verfälschen, wie zum Beispiel eine Entwicklungsstörung, aber die anderen Tests sind immer noch aussagekräftig.
Zudem kommt ja ein Selbstauskunftsbogen sowie einer, den deine Frau ausfüllt mit dazu, die ebenso in die Bewertung mit einfließen, wie das psychologische Gespräch, in dem man seine Probleme schildert.
Beim Thema Aufräumen würde ich dir raten allen Dinge, die ihr so habt, einen festen Platz zuzuweisen. Entweder ihr habt dann eine Liste oder ein Lageplan oder ihr beschriftet die Schrankfächer oder ähnliches. Gleiches zu gleichem und themenbasiert in Kisten packen, die entweder durchsichtig oder beschriftet sind. Wenn man den Schrank dann ausräumt, weil man etwas bestimmtes sucht, dann kann man alle nicht benötigten Kisten einfach direkt wieder reinräumen ohne dass es sofort explodiert.
Und nutze Apps oder ein Journal, in welche du deine to dos schreiben und nach Erledigung abhacken kannst. Otto-Normal-Gehirn-Inhaber nutzen die genauso und du nutzt bestimmt auch einen Kalender für Arzttermine und co. Ja, manche haben ein riesengroßes Arbeitsgedächtnis - hatte ich früher auch - aber Stress, Schlafmangel, Hunger und Co verkleinern dieses und man braucht sich doch nicht zu stressen, nur um sich selbst was zu beweisen.
Führe sie und wenn du sie im Normalfall nicht brauchst, herzlichen Glückwunsch, aber dann sind sie da, WENN du gestresst bist. Vor allem nimmt es einfach einen Teil des Stresses weg, weil diese immer währende Angst, in eine stressige Situation zu kommen und dann nix mehr auf dje Reihe zu bekommen, wegfällt. Also win-win-win…
Ein Gedanke noch - in meiner Schul- und Studienzeit hatte ich eine enorme Auffassungsgabe, ein enorm gutes Gedächtnis und eine extrem hohe Arbeitsgeschwindigkeit, so mich ein Thema denn interessiert hat. Das ist mit dem Leben mit Kindern und Mann deutlich weniger geworden - einfach weil sie einen enormen Teil meiner Kapazitäten belegen. Es ist ständig unruhig um mich herum und ich habe nicht mehr die Zeit oder die Möglichkeit meine ganzen Kompensationsstrategien von früher durchzuziehen, durch die ich früher funktioniert habe. Das zu akzeptieren war hart, aber hilfreich… Indem ich aufgehört habe, mich mit mir selbst unter (für mein Gehirn optimalen Bedingungen) zu vergleichen und mein jetziges Sein als defizitär zu betrachten, konnte ich neu darauf gucken, was mir wirklich wichtig ist. Wenn ich nämlich könnte, würde ich meine Familie eben gerade NICHT gegen mein Hochleistungsgehirn von damals austauschen. Und es gibt nun mal kein cherry-picking. Ich kann nur versuchen unter den jetzigen Bedingungen die für mich optimalen Lösungen zu finden.
Eine „Lösung“ war es grundlegend darüber zu reden, wenn ich jetzt nicht kann und „was auch immer“ eben nicht trotzdem zu tun. Vorher gab es nämlich auch diese Situation, in denen ich dann versucht habe, den Ansprüchen und Wünschen von allen gerecht zu werden und die Situation dadurch, sagen wir mal, verkantet ist. Also sage ich jetzt nein, wenn ich eh schon weiß, dass das jetzt nix wird. So werden sehr viel weniger Sachen "weg"geräumt und dadurch die dadurch entstandenen Streits sowie das Gefühl, alles doppelt und dreifach machen zu müssen, fallen weg. Rede vorher mit deiner Frau darüber, dass du das ab jetzt so handhaben wirst und versuche sie mit logischen Argumenten auf deine Seite zu bringen. Sage ihr, dass du manches nicht an dir ändern kannst, aber bemüht bist Lösungen zu finden, die zu dir passen.
Und last but not least - ich muss hier auch noch mal eine Lanze für die medikamentöse Therapie brechen. Das, was sie verändern, ist, dass dein Gehirn durch sie zumindest vorübergehend ein wenig „normaler“ funktioniert. Du bist dann eben auch einfach stressressistenter - wobei "einfach hier nicht das richtige Wort ist…
Langfristig kann man dann ja auf ein Leben hinarbeiten, in dem man sie nicht mehr braucht, aber das ist eben die Entscheidung, die du bzw ihr als Familie treffen müsst - wollt ihr euer Leben an die ADHS anpassen und andersherum… Beides ist okay. Die Frage, die ihr euch stellen müsst, ist, ob beides aktuell für euch möglich bzw wünschenswert ist.