Ich habe beim durchstöbern des Forums einen Post von @UlBre gelesen, wo beschrieben wird, dass bei akutem Stress Noradrenalin und Dopamin ausgeschüttet werden.
Mir sind dabei Situationen eingefallen in denen ich mich mit jemanden gestritten habe. Das ist ja auch Stress, je nachdem wie schwerwiegend der Streit ist.
Unabhängig von der Thematik war ich bei jedem krassen Streit plötzlich ein ganz anderer Mensch, wie ausgewechselt. Was ja logisch ist haha, empfindet eigentlich ja jeder normale Mensch bis zu einem gewissen Grad auch so. Mir geht es aber darum, dass ich auf einmal von meinem normalen ADS Zustand sehr plötzlich extrem fokussiert und konzentriert geworden bin. Meine Wahrnehmung war in dem Moment total anders, ich empfand das als ob ich gerade „wach“ geworden bin.
Wie gesagt, jeder gesunde Mensch ist bei einem Streit anders drauf. Ich empfinde aber diese radikale Änderung in der Wahrnehmung in diesen Momenten von total unaufmerksam zum extremen Fokus sehr intensiv. Für mich klingt das wegen der vermehrten Ausschüttung von Dopamin und Noradrenalin irgendwie plausibel und würde das im Nachhinein als Zeichen auf ADHS sehen. Oder interpretiere ich in das Ganze zu viel hinein? :lol:
Mich würde interessieren wie ihr das seht und ob ihr sowas auch bei euch oder anderen beobachtet bzw. festgestellt habt?
…Je nachdem bin ich in der Situation meistens auch sehr ruhig und kann deutlich viel klarer denken. Wenn der Streit vorbei ist, ist es danach unabhängig vom Streit so, als ob ich wüsste was jetzt zu tun ist, als ob ich einen Plan habe den ich durchziehen muss. Schwer zu beschreiben :lol:
Sobald ich mich aber nach ca. 30 Minuten „beruhigt“ habe bin ich wieder der alte… Das ganze ist fast schon deprimierend :oops: …
Ich glaube, dass das bei mir auch in bestimmten Situationen passiert, dann ist das sowas in Richtung Hyperfokus… solange ich aber nicht zugleich Rejection Sensitivity empfinde… dann funktioniert es nicht…
Und ich meine, dass es bei meinem Mann etwas ähnlich ist… tritt Rejection Sensitivity auf, ist es dahin mit dem Fokus und deshalb will er zB prinzipiell keine Beziehungsgespräche… ich fand das zwar zunächst merkwürdig, aber auch wieder angenehm.
Wir müssen eben unsere Beziehungsgespräche als Sachthemengrspräche getarnt führen, was eigentlich auch wieder gut ist, weil es sachlicher bleibt…
… und wieviele Beziehungsgespräche drehen letztlich doch um Sachthemen… die irgendjemanden nerven… :mrgreen:
Also um zu deinem Post Topic zurück zu kommen… ich finde, das ist ein sehr interessanter Punkt, über den wir uns hier noch nicht ausgetauscht hatten!
Ich glaube, bei mir ist es eher umgekehrt, zumindest bei einem richtigen Streit mit persönlicher Beteiligung, dann bin ich emotional schnell am Limit und kann gar nicht mehr klar denken.
Anders ist es bei Streitgesprächen über Sachthemen, da gerate ich schnell in einen Hyperfokus und kann mein Gegenüber sprichwörtlich in Grund und Boden reden. Da in meiner Familie einige so sind, geht es bei Familienfeiern oft ziemlich hoch her.
Ich denke dass ist selbiges Phänomen wenn es irgendwo Chaos oder extreme Situation gibt (Rettungssanitäter) und wir ADHSler plötzlich ganz ruhig werden und besonnen und überlegt die Sache managen, während der Rest von Stress aus der Spur gehauen wird.
Ich empfinde solche Situationen schon fast wie die Wirkung von MPH.
Durch MPH habe ich irgendwie genauer Wahrnehmen können, dass es da doch sehr unterschiedliche Abläufe im Gehirn gibt und es auch Stress gibt der sich vom ADHS abgrenzt.
Ich hatte einige Zeit mit einem PTBS bedingten Trigger zu kämpfen der mich von einer Sekunde zur anderen im ganzen System hochfuhr. MPH fährt einen ja eigentlich runter und da verstärkte MPH das alles noch mehr :shock:
Ohne der ADHS Diagnose und eben der Kontrawirkung von MPH wären wir der Sachen wohl gar nicht so konkret auf die Schliche gekommen.
Dann hatte ich auf der Arbeit eine typische Stresssituation, die ich unter MPH nicht meistern konnte. Ich merkte richtig, wie mein Gehirn verlangsamt war und gar nicht auf mein typisches Handeln zurückgreifen konnte. Ich habe dann einige Tage MPH ausgelassen und dann ging es.
Ich denke das deckt sich dann je ein wenig mit meinen Erfahrungen . Kommt Rejection Sensitivity mit rein sind es andere Transmitterabläufe die angestossen werden. Ich kenne in Konflikten mit meinem Partner auch beides. Meist ist es jedoch das es mich eher ruhig macht.
Vielleicht kann man Sagen es gibt Stress mit MPH ähnlicher Wirkung oder es löst das Gegenteil aus.
Aber im Bezug zu Stress durch PTBS da habe ich deutliche gespürt das da ganz andere Abläufe in mir aktiviert sind, die dann wohl bei jedem Menschen gleich sind. Da ging es jedoch auch darum das ich selbst in einer Gefahrensituation war was ja eh anderer Stress ist.
Meine Ärztin in der Trauma-Ambulanz sagte, dass was mit mir los war nur durch eine PTBS bedingt werden kann also wenn es ein solches Ereignis gab.
Ich frage mich ja immer, ob man bei ADHS nach diesem singulären Ereignis suchen muss oder ob viele kommulierte Mini-Traumen denselben Effekt haben können.
Das Thema Dissoziation ist ja auch ein Thema bei ADHS, nicht nur bei Trauma.
Ich muss mir da nochmal das Video von Neuhaus zu diesem Zusammenhang ansehen…
Wir haben nicht direkt danach gesucht , es kristalisierte sich nach und nach heraus und war mit ein wesentlicher Auslöser, der den BurnOut stark mit begünstigt hat. Es war aber auch ein Ereigniss was mir als Erwachsen passierte.
Es hatte bloss keiner dieses zusätzliche singuläre Ereigniss Ernst genommen, weil man eben zu sehr den Fokus auf die andere Möglichkeiten gelegt hatte.
Pierre Rossi bringt es hier finde ich gut auf den Punkt.
Das habe ich ja auch und dann noch ne Ladung anderen Müll.
Die Ärztin war echt die Einzige die in diesem ganzen Gewusel das singuläre Ereigniss erfassen konnte und Ernst nahm und mich behandelte. Es sind wirklich einige Sachen endlich besser geworden und Rückblickend hat es vieles doch mehr beeinflusst wie man es vermutet hat.
Das was da in mir ablief war wirklich nicht mit all den anderen Dingen zu vergleichen. Morgens z.B. auf der Arbeit half MPH und wenn ich Mittags noch einen Termin bei ihr hatte und je mehr das Thema näher rutschte um so mehr wirkte MPH kontra.
das hatte ich so extrem in all meine anderen Schweren Themen im Rahmen von Therapie nicht.
Diese Trigger bezogen auf das singulare Erigniss brachten mich in einen Zustand was ich sonst so nie an mir kannte, das hebelte mich komplett aus.
Ich habe vier Arztberichte von ihr, die genau den Behandlungsablauf wiedergeben und vor allem was sich Schritt für Schritt besserte.
Das schräge an der Sache ist, es ist wie bei der KontroversenADHS Diskussion. Es meinen trotzdem noch Fachleute besser zu wissen , dass das so nicht sein kann. .
Dissoziationsähnliche Zustände hatte ich bei der PTBS auch, was ich so nicht kannte. Es war nur in dem Zusammenhang so aufgetreten.
Die Ärzte mussten aber immer lachen, wenn ich sagte: " Das mit den Dissos fand ich gar nicht so schlecht, da war wenigsten mal Ruhe in meinem Kopf!"
Als ich damals die Ärztin konsultierte und all den anderen Müll auch im Schlepptau hatte und ihr sagte das alle immer nur den Fokus darauf richten, das sagte Sie sinngemäß.: „Das mag ja alles sein , aber man muss Ihnen bei der einen Sache doch trotzdem helfen und meine Aufgabe ist es die anderen Sachen mit im Blick zu haben und die Behandlung darauf abzustimmen. Dann dauert es vielleicht einfach nur etwas länger!“
Es gab auch mal ne Sitzung da war ich vorher schon so voller Input aller ADHS und ich schreib ihr kurz vorher noch ne Mail das es so ist und dann hat sie echt richtig gut ihre Gesprächsführung darauf abgestimmt.
Ich glaube es gilt zum einem diese Mini-Trauem zu erfassen die man sehr ernst nehmen muss, die meines Erachtens gerade im Bezug zu ADHS sehr viel beeinflussen und dann muss man halt schauen ob es noch "Schwere"Traumen gibt die sich von den Mini-Traumen abgrenzen, weil da psychisch noch mal was anderes abläuft.
Das bedarf halt einer guten differential Diagnostik , was wenige glaube ich wirklich können.
Bin ein stinknormaler ADHS Fall das andere war halt einfach dazugekommen.
Es gibt vielleicht traumatisch Komponenten die ADHS begünstigten , die Ereignisse sollte man schon finden und ggf. bearbeiten. Das ändert aber nichts an dem ADHS an sich sondern hilft nur damit besser klar zu kommen, so wie bei Menschen ohne ADHS auch.
ICh finde es bringt nicht als zu viel zu schauen was ADHS ausgelöst haben könnte, weil man muss ja trotzdem mit beidem Umgehen lernen.
Ob ich jetzt z.B. ein Bein durch ein Fahrzeug verliere , oder irgendwo stecken blieb oder es abgequetscht wurde. Ab ist ab und man muss sehen was man benötigt um damit klarzukommen.
Alles gut! ich wollte es auch nur noch mal so deutlich erklären , weil ich das Thema Stress und ADHS sehr wichtig finde und leider in meinem Falle so klare Unterschiede spüren konnte.
Je mehr man seinen akuten Stress zuordnen kann um so hilfreicher. Mir hat dass besonders in der Wiedereingliederung geholfen.
Vorsorgen ist das eine.
Es zuordnen können ist das andere.
Vielleicht kannst du genauer fragen wo an welcher Stelle du das meinst.
Stress ist ja sehr spezifisch. Es fängt ja schon da an ob ein Ereigniss überhaupt als Stressor wahrgenommen wird.
Dann gibt es mehrere Stufen wie mit dem Stressor umgegangen wird und ob man Strategien hat den Stressor zu regulieren.
Nehmen wir mal Gewitter!
Der eine verkriecht sich schon beim ersten Grummel unter den Tisch, der nächste stellt sich auf den Balkon und freut sich über das Naturereigniss.
Der unterm Tisch kann wiederum unterschiedlich damit umgehen.
Der eine weiss, ach ich bin ja im Haus mir kann nix passieren und kommt wieder hervor.
Der nächste kauert sich immer mehr zusammen und zuckt bei jedem Donner
Der nächste wiederum entwickelt so viel Angst und Stresssymptome das sein Herz nachweisslich beginnt zu Rasen und der Angstschweiß nur so rinnt.
und in all den Prozessen geht wiederum jeder anders mit sich um.
So in den Sonntag hineingedümpelt und mich im Forum gleich mit Kaffee verfangen. :roll:
Ich merke wie mein inneres Stress Sytsem immer mehr hochfährt wenn ich auf dei Uhr schau weil ich noch ein paar andere Dinge tun möchte, und kann mich trotzdem so schwer hier lösen obwohl ich diesen Stress spüre und auch weiß , wenn ich nun den Absprung hier nicht für ein paar Stunden hin bekomme, dann Stresst mich auch noch alles was ich noch machen wollte.
Ich merke am schreiben das meine Finger und Gedanken nur so fliegen und weiß ich sollte vielleicht auch mal meine Medis nehmen , weil das auch besser für mich wäre und es Stresst mich dass ich den Absprung nicht bekomme und es stresst mich hier zu bekunden wie ich mich gerade mit dem scheiß selbst stresse und zur gleichen Zeit im Kopf habe was ich in einem anderem Thread auch noch schreiben wollte und gleich noch schaue ob noch einer was neues gepostet hat und es stresst mich weil ich dann nicht weiß ob mich das nicht auch wieder einfängt :lol:
und habe in diesem Moment nachgeschaut und zum Glück ist nichts neues da :lol:
Und es Stress mich zugleich nun für mich zu sorgen und mich selbst mal wieder hier zu blocken aber dann weiß ich das es mir gleich besser geht.
Es gibt Stressoren, die ich zuordnen kann, wie z.B. den Lärm meiner Kinder. Das ist offensichtlich.
Aber dann stresst mich z.B. an Wochenende die Tatsache, dass ich am Montag wieder arbeiten muss. Und zwar ohne Grund. Ich habe das noch nie verstanden und finde es sehr belastend, da ich so am Wochenende nie richtig abschalten kann. Das würde ich sehr gerne wegbekommen.
AD(H)S wird nicht (extrem selten) durch singuläre Ereignisse/Erlebnisse verursacht. Eine Summe von (Mikro-)Traumata ist viel typischer um die AD(H)S-spezifische Überreagibilität der Stresssysteme zu verursachen.
Das ist Stand der Stressmedizin. Auch schön beschrieben bei Grawe (2005): Neuropsychotherapie.
Falls gewünscht kann ich noch Seitenzahl nachliefern und Zitat einstellen.
Ich sag mal auf Basis meiner individuellen Erfahrung: Vergiss es… oder hör auf zu Arbeiten. :mrgreen:
Und verweise dabei auf Deine Signatur .
Jetzt ernsthaft - kann es sein, dass Du am Wochenende eine ADHS-Unruhe spürst - alleine aufgrund der Tatsache, dass Du eben nicht durch Arbeit abgelenkt bzw. strukturiert bist - und diese als Stress vor dem Montag interpretierst?
Ich frag das mal so, weil ich Weltmeisterin im „Umwidmen“ meiner ADHS-Anspannung bin… und meist leider in Richtung Angst.
ich finde es, ähnlich wie @Nelumba_Nucifera belastend und anstrengend, nie in der Situation selbst zu sein, sondern immer gleichzeitig auf einer Meta-Ebene oder in der Zukunft. Momentan sitz ich bei der Arbeit und hoffe, dass die Zeit reicht, wobei dieses an die Zeit Denken mich am Arbeiten hindert und damit nur Zeit kostet. Gestern konnte ich - nach langer Zeit wieder - im Prozess versinken und die anfliegenden Meta-Gedanken einfach wegschieben. Das klappt leider nur selten…
Aber wenn das so ist: Woher weiß ich denn, was zuerst da war: die ADHS oder der Stress? Schließlich ist die Stresstoleranz bei ADHS gering und sie zeigt sich doch besonders unter Stress?