Reizüberflutung mit Panikreaktion bei vielen Menschen+vielen Eindrücken und viel Bewegung um einen herum

Hallo,

ich schreibe seit längerem mal wieder hier im Forum, vorgestellt hatte ich mich mal, war aber länger nicht hier.

Ich möchte fragen, ob ihr das kennt: Wenn ich draußen unterwegs bin in der Stadt und irgendwo bin, wo sehr viele Menschen rumlaufen - z.B. eine sehr belebte Fußgängerzone in einer Großstadt - dann gerate ich oft in einen Zustand, wo alles um mich herum zuviel ist - so viele Bewegungen, Menschen laufen in alle Richtungen, Geräusche ohne Ende, überall Geschäfte, Schrift usw. - ich habe dann irgendwann das Gefühl, dass alles um mich herum schneller wird und ich mich durch dieses Chaos nur noch wie ein Roboter manövrieren kann und mit jedem Blick erfasse ich so vieles, dass ich gar nicht mehr denken kann. Ich komme dann oft an den Punkt, wo ich panisch werde und einfach rausrenne, mich an eine Hauswand stelle oder in einen Eingang oder in eine Nebenstraße flüchte.

Kennt ihr das?

Möchte noch dazu sagen: wenn viele Menschen da sind, aber statisch, dann habe ich keine Probleme. Aber diese vielen sich bewegenden Menschen um mich herum setzen mich sehr unter Stress.

Mit meinem Freund bin ich öfters in der Freizeit unterwegs und da kommt es dann zu solchen Situationen, allein würde ich mich nicht in solche Umgebungen begeben, wenn es sich vermeiden lässt. Mit ihm zusammen mache ich aber gern Ausflüge und suche manche Orte auch gern immer wieder auf, weil sie mir vertraut sind und es da viel Schönes gibt, und dass es dort wieder zu dieser Situation kommen kann, nehme ich in Kauf. Ich muss sagen, dass ich ihm manchmal quasi weglaufe (nicht vor ihm weg, aber vor der Situation) und für ihn ist es natürlich auch stressig, wenn er immer Sorge haben muss, dass ich plötzlich „weg“ bin. Das ist aber nicht das Thema, sondern sollte nur erklären, warum ich in solche Situationen überhaupt gerate und dass ich da dann auch nicht allein bin. Natürlich gibt es solche Situationen aber auch mal unvorbereitet.

Ich würde mich freuen, wenn ihr auf den ersten Absatz eingeht und nicht auf den zweiten, der nur der Erklärung dient.

Danke und Gruß,

Dreamy

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Huhu @Dreamy :wave:
Ich erlebe Menschenmassen und Gewusel nicht so extrem wie du, da ich die Großstadt gewohnt bin, aber ich muss sagen, dass mich der ganze Trubel auch oft erschöpft.
In der city kommt aus jedem Laden andere Musik, die Leute drängeln, telefonieren laut, dann dazu die Straßennusiker (je nach Musik bei uns sehr nervig), die Touristen usw… ja, es ist manchmal schon ganz schön anstrengend :wink:

Allerdings hat sich bei mir noch nie Panik breit gemacht, so wie du es beschreibst. ich bin eher manchmal genervt von dem Trubel in der City. Bei uns hat jeder Vorort eine eigene Mini-City, das gefällt mir dann schon besser.

Wobei es Tage gibt, da schaue ich mir das Gewusel in der Stadt gern an. Dann geniessen wir den Trubel mit Kaffee in der Hand und schauen einfach zu, lassen uns treiben.

Ich glaube bei Adhs ist urbanes Großstadtleben aufgrund der ständigen Reizüberflutung eher ungünstig, es sei denn man liebt es abgöttisch. Als junger Mensch direkt nach dem Abi habe ich in der Innenstadt gelebt und fand es toll. Heute wäre mir die City dauerhaft viel zu laut, dann doch eher am Stadtrand, aber immerhin stadtnah …bisserl Stadt muss sein :wink:

Liebe abendliche Grüße :last_quarter_moon_with_face:

Doch das kenne ich auch, Lärm und gewusle von Leuten plus Stimmengewirr, Gesprächsfetzen von anderen mitanhören, währenddessen selbst in ein Gespräch verwickelt zu sein und dann vielleicht im Hintergrund noch Strassenlärm von Autos, Tram ect. stresst mich extrem, ich bin dann nur schwer fähig mich auf das Gespräch mit meiner Begleitung zu konzentrieren weil mich das drum herum so stark ablenkt das ich die Eindrücke nicht ausblenden kann, und das eben vorallem wenn ich selbst in Bewegung bin, also zum Beispiel durch die Innenstadt laufe. Sitze ich hingegen irgendwo im Hintergrund in einem Strassen Cafe, dann ist es besser, dann fühle ich mich weniger stark gestresst.

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Oh ja, total!
Kommt auf die Tagesform an - wenn ich eh schon gestresst bin, kann mir eine Menschenmenge den Rest geben. Und auf die Situation. Bei Konzerten, wo ich freiwillig hingehe und alle den gleichen Fokus haben, macht es mir nur wenig aus.

Ja, da könnte was dran sein. Je nachdem, was die Bewegung ist und ob ich mich drauf einlassen kann. Wenn es wie ein geordneter Verkehr ist, in den ich mich einreihen und mitschwingen kann, klar, aber wenn es zu chaotisch ist, dann ist das halt eher wie Gegenverkehr.

Es muss auch Ausweichmöglichkeiten geben. Heute im Supermarkt hätte ich fast zuviel gekriegt, als sich von hinten jemand an das Regal drängte, vor dem ich stand - vorne und zur Seite war blockiert. Vermisst hier noch jemand die Abstandsregeln?

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An dieser Stelle möchte ich einfach Mal einwerfen wie schön das im lockdown war!

Alles hält Abstand, trägt Maske und es wird prinzipiell NICHT gedrängelt…

Ich will einfach den lockdown zurück :cry:

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Hi ging mir :100: genauso!! Aber mittlerweile geht es mir besser, ab und zu wenn die Tagesform schlecht ist dann kann ich auch nicht alleine aber ansonsten schon :slight_smile: aber ich habe trotzdem ab und an dann so eine gewisse Orientierungslosikkeit…
Wichtig ist, hab ich für mich gemacht, mehr zu atmen…
Ach und das ganze klappt auch erst seit dem ich mit neurofeedback losgelegt habe.
#neurofeedback ist wirklich eine Mega Sache!!!
Ich kann selbst nicht glauben wie das mein Leben verändert hat!!

Alles Gute dir :wave::wave::sunny::sunny:

Bei mir sind es Geräusche, die mich in den Wahnsinn treiben. Wenn da meine Grenze erreicht ist, dann kommt die visuelle Reizüberflutung dazu, anschließend taktile Reize und damit kommt die Panik.
Meine Lösung sind activ-noise-Canceling-kopfhörer und -earplugs.
Deiner Beschreibung nach, fängt die Reizüberflutung bei dir mit visuellen Reizen an. Könnten dir vielleicht als equivalent eine Sonnenbrille helfen?

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Vielen Dank für eure Antworten!

@AbrissBirne Du hast es gut beschrieben. Und unterhalten geht für mich dann auch nicht.

@Maxmalwieder Ja, ich vermisse die Abstandsregeln. Ich hatte das so empfunden, dass es endlich mal so war, wie es meinem Empfinden nach eigentlich schon immer hätte sein sollen und immer sein sollte.

@Wolkenbraut Ich bin sehr empflich bezüglich Geräuschen, ich trage, wenn ich allein draußen bin, immer Noice Cancelling Kopfhörer, aber in Gesellschaft nicht.
Ja, visuelle Reize überfordern mich auch schnell.
Ich denke, in einer Situation wie der von mir beschriebenen kommt alles zusammen, aber du könntest recht haben, dass da das visuelle überwiegt. Das mit der Sonnenbrille ist eine Überlegung wert. Ich bin Brillenträger und kann daher nicht einfach eine Sonnenbrille aufsetzen, aber es ist wohl doch die Investition wert, mir eine Sonnenbrille mit Sehstärke anzulegen, da ich auch sehr lichtempfindlich bin. Danke für diesen Tipp!

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Ich habe dieses Jahr meine erste Brille bekommen und mir direkt einen Blaulichtfilter und eine Tönung (braun, 20%) einbauen lassen. Ich bin zwar am schnellsten durch Geräusche überreizt aber bin auch sehr lichtempfindlich, vor allem bei künstlichem Licht.
Die Brille hilft mir ein wenig, wenn ich zB vorm PC sitze oder in Umgebungen bin, in denen ich keinen Einfluss auf die Beleuchtung habe.

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Kenne ich auf jeden Fall, mir wird in solchen Momenten schwindelig. Wenn es ganz schlimm ist, verknicke ich mir die Füße oder rempel andere an, weil ich keine Abstände mehr erfasse. Es verschwimmt alles, ich stehe wie im Zentrum eines Karussels. Schlimm sind für mich auch Gerüche, vor allem süßliche Parfums oder Rasierwasser.
Wenn ich zu einer Party gehe, muss der nächste Tag frei sein. Ich fühle mich, obwohl nüchtern, dann wie betrunken und habe am nächsten Tag einen"Kater".
Klamotten kaufen ist ein Graus, ich gehe immer ins gleiche Geschäft. Wenn es dort nichts gibt: Flucht nach Hause.
Als ich jünger war, habe ich nicht so darunter gelitten. Kopfhörer helfen, aber ich vergesse sie ständig zu Hause.

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Eine tolle Idee!

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Hallo, ich möchte fragen, wie ihr mit diesen Situationen umgeht?

Ich bekomme vor allem in S- und U-Bahnen schlimme Panikattacken, weil mich die vielen Reize komplett überfordern. Die umher wuselnden Menschen, der Lärm, die Unmengen an abstoßenden und unterschiedlichen Gerüchen, Menschen die null Distanz halten. Das wird mir nach nur wenigen Minuten zu viel und ich brauche lange, um mich davon zu erholen.
Ich habe aber noch keine Strategie gefunden, um damit gut umzugehen. Im Moment meide ich es so gut wie möglich, Bahn fahren zu müssen. Das schränkt mein Leben sehr stark ein, so dass auch das zur Last wird. Und manchmal habe ich auch einfach keine Wahl und muss es auf mich nehmen…

Meine bisherigen Strategien, wenn ich Bahnfahren muss/möchte: Verkehrsarme Zeiten wählen, was leider nicht immer geht. Gegen Lärm helfen Noice-Cancelling-Kopfhörer. Maske filtert ein paar Gerüche und grenzt mich ggü anderen etwas ab. Außerdem versuche ich mich auf etwas zu konzentrieren… zähle irgendwas oder spiele ein Spiel auf dem Handy. Trotzdem habe ich Panikattacken und bin ich nach 2h Fahrt tagelang erschöpft.

Was könnte noch helfen? Ich würde mich über Ideen freuen, die ich testen kann.

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Hi Merve, hast du schon den psychotherapeutischen Weg eingeschlagen. Wenn nicht, wäre das mein erster Ansatzpunkt. Da kann rausgefunden werden, woran es liegt und dir taugende, entsprechende Methoden entwickelt werden.

Bei mir sind es keine Panikattacken. Ich mag einfach keine Menschenmassen und deren Geräuschkulisse. Da helfen mir meine Kopfhörer schon ganz gut. Aber sonst fällt mir in deinem Fall nichts ein. :face_with_diagonal_mouth:

Hallo Pedro, ja da bin ich dran. Ich konnte aber noch keinen geeigneten Therapieplatz erhalten. Ich suche deshalb nach Strategien die ich testen kann, um die langen Wartezeiten zu überbrücken.

Hi @Merve
ich kenne die Überforderung bei zuvielen Eindrücken, allerdings nicht so ausgeprägt wie Du. Was ich noch mache: Sonnenbrille aufsetzen. Handy etc spiele ich nicht, da ich doch immer abschweife und mich auf die Leute ringsum fokussiere. Zudem spiegeln manche Screens und erhöhen noch den ungewollten Input. Ich bin ganz klassisch unterwegs mit Stift und Papier zum Kritzeln, zudem habe ich immer Noice-cancelling Kopfhörer auf und ja, die Masken haben dabei echt geholfen. In meiner Tasche ist auch noch ein 4x4 Rubik und etwas zum kauen. Das innerliche Zählen ist verschwunden, seit ich Medikamente nehme und die Belastung durch Außenreize ist deutlich geringer.

Ich kann dir nur empfehlen, es trotzdem immer wieder zu machen, vielleicht auch mal selbst gewählte kurze Strecken… also nicht erst, wenn du musst…

Mein Problem beim Zug fahren (oder Bus, Tram usw.) sind die geschlossenen Türen… Ich kann nicht aus der Situation gehen… Das hatte sich durch die ständige Vermeidung zu einer Phobie entwickelt. Inzwischen kann ich mich zwar überwinden, aber nicht allein, weil eine Panikattacke in der Öffentlichkeit auch schnell mal zu Missverständnissen führt.

Dann drücke ich dir die Daumen dass du da schnell was findest.

:heart:

Ansonsten fiel mir ein: Sich immer wieder gezielt in diese Situation zu begeben, wird bei Ängsten gerne empfohlen sowie zu versuchen zu verstehen, dass die Ängste unbegründet sind und nichts passieren kann. Auch mit den Gedanken, dass dir doch die letzten x Male nichts zugestoßen ist.

Es kann auch helfen sich auf die Atmung zu fokussieren. Also schon vorher einen inneren Dialog zu starten, mit Zahlen oder sagen was man tut („Ausatmen, einatmen…“)

Auf jeden Fall leichter gesagt, als getan. Vielleicht begleitet dich da jemand Vertrauter bei den gezielten Aufsuchen dieser für dich aktuell noch unangenehmen Situation.

LG Pedro

Ich kenne das leider auch.
Musik auf den Ohren hilft mir schon mal sehr. Die optischen Reize, sofern sie Zuviel sind, kann ich leider auch nur durch Nebenstraßen „Pausen“ langsam verarbeiten.

Wenn es euch draußen mal total Zuviel wurde und ihr ggf eine vertraute Person dabei habt, ihr die Überforderung eures Hirns nicht rechtzeitig erkannt habt, lasst ihr euer Chaos manchmal an der vertrauten Person aus? Ich wurde schon mehrfach ungewollt wütend im Ton, wenn mich z.B. mein Freund begleitet und ich nicht rechtzeitig merke, dass es mir Zuviel wurde. Kennt das jemand die Lage auf Personen zu projezieren? Ich dachte dann auch er mag mich nicht mehr und ist nur bei mir, weil er es mir zuliebe macht und nicht weil er es will (Gefühl von Ablehnung). Ich weiß aber dass nur ich das so wahrnahm.

Mir passiert das nur in solch überfrachteten Momenten. Jemand das selbe?

Sorry, ich habe es prokrastiniert, hier zu antworten.

Dabei waren viele gute Gedanken und Anregungen dabei, die ich ausprobieren werde und auch schon ausprobiert habe. Ich habe sie mir jedenfalls aufgeschrieben und den Zettel in die Jackentasche gesteckt. Hoffe, dass ich ihn da bei der nächsten langen U-Bahn-Fahrt (morgen und gleich 2x :no_mouth:) finde.

Es hilft es schon etwas, dass es anderen Menschen ähnlich geht. Ich fühl mich wie ein Alien, der immer negativ auffällt. Die Panikattacken on-top machen es nicht besser, wenn ich andere schon wieder um Rücksicht und Verständnis bitten muss… das nervt mich.

@Knallerbse Ich projiziere meine Überforderung nicht unbedingt auf andere, aber bin wirklich oft unfreundlich geworden. Vor allem, wenn die andere Person nach meinem Empfinden nicht schnell genug reagiert hat oder zuerst ihre eigenen Bedürfnisse erfüllt hat, bevor sie Rücksicht genommen hat. Beides absolut legitim, aber das habe ich in diesen Momenten nicht gesehen. Meinst du so etwas?
Mittlerweile kommt das seltener vor. Ich müsste aber länger darüber nachdenken woran das liegt… weiß ich jetzt gar nicht.

@Lupine

Das innerliche Zählen ist verschwunden, seit ich Medikamente nehme und die Belastung durch Außenreize ist deutlich geringer.

Das macht mir Hoffnung, danke! Darauf setze ich auch ein bisschen… :smiling_face: