Hallo ihr Lieben,
ich habe vor einigen Wochen ein ADHS diagnostiziert bekommen, von einem erfahrenen Psychiater. Ich bin 32 Jahre alt, weiblich und wie bei vielen hier habe ich vorher schon einigen Zickzack hinter mir. Die „Idee“, es könnte ADHS sein, kam von dem Psychiater selbst, im Rückblick hat dann auf einmal meine gesamte Lebensgeschichte irgendwie Sinn gemacht, was eine große Befreiung war. Ich stelle mich auch nochmal richtig vor, der Text ist aber noch nicht fertig und ich würde gerne schon Mal ein bisschen Beistand bezüglich meiner Medikation und der Situation bekommen.
Ich nehme jetzt seit 1,5 Wochen Medikinet retard. Erst 10 mg morgens, dann nach ein paar Tagen 10 - 10 - 0. Die ersten Tage waren angenehm. Es war kein ganz extremer Unterschied, aber ich war ruhiger, in meinem Kopf war es nicht mehr so laut und die Geräusche um mich, zb im Zug, haben mich nicht mehr so schnell kirre gemacht. Ich war nicht aufgedreht, eher müde, ganz angenehm. Ich habe dann, als ich nur 10 morgens genommen habe, immer nachmittags gemerkt, wenn das Medikament nachgelassen hat, dann hab ich mich noch nervöser gefühlt als sonst und hab ein bisschen Kopfschmerzen gehabt. Am ersten und zweiten Tag mit 10-10-0 war das besser, da kam das Gedankenkarussell erst wenn ich ins Bett gegangen bin bzw in den Stunden vorher wieder. Es war wie gesagt eine sehr sehr subtile Wirkung, ich hab mich einfach etwas ausgeglichener gefühlt und hab neue Hoffnung geschöpft.
Dann fing letzte Woche meine PMS an. Ich hab die Mal mehr Mal weniger stark. Zeigt sich 5-10 Tage vor der Blutung, schlechte/gedrückte Stimmung, Krankheitsgefühl, extrem müde, Verdauungsbeschwerden, Wassereinlagerungen usw… Und wenn ich sie dann bekomme liege ich oft einen Tag richtig flach mit starken Krämpfen. Ich hätte sie Freitag bekommen müssen, gestern Abend kamen sie dann endlich. Die Tage davor ging es mir aber noch schlechter als sonst. Druck im Kopf, starke Nackenverspannungen (die ich sonst auf oft habe, aber nicht in der Intensität), zum Teil Kopfschmerzen, auch hinter den Augen, Schwindel, ein Sausen und Fiepen im Ohr. Und ich hatte ständig das Gefühl, zu unterzuckern. Heißhunger habe ich oft in der Zeit, aber ich bin teilw eine Stunde nach dem Essen schon richtig zittrig geworden und hatte das Gefühl, dringend was Essen zu müssen. Vieles davon kenne ich auch im Zusammenhang mit PMS, aber es trat verstärkt auf, ich hab mich richtig krank gefühlt bzw fühle mich immer noch krank, das Sausen ist immer noch da und die Verspannungen. Ich fühle mich einfach elend.Ichh hab zwischenzeitlichen schon überlegt, ob ich wirklich krank bin, aber das wäre ja jetzt schon ein großer Zufall. Meine Gedanken sind (wie man auch an dem Text hier sieht) auch wieder ziemlich chaotisch. Ich merke also gerade nicht wirklich eine positive Wirkung.
Ich hab jetzt total Angst, dass ich das Medikament doch nicht vertrage. Und das führt mich immer wieder zu dem Gedanken, dass ich vielleicht doch keine ADHS habe und deshalb das Medikament gar nicht wirken kann. Und das nimmt mir wieder jede Hoffnung, besser an mir arbeiten zu können und endlich mein Leben in den Griff zu bekommen. Ich muss dazu sagen, dass ich im Laufe der Zeit immer häufiger mit Ängsten zu tun hatte. Ich hab immer das Gefühl gehabt, irgendwas ist grundlegend anders bei mir, was ich nicht greifen konnte, aber komorbide habe ich sicherlich auch eine Angststörung, die mir in einer Therapie, die ich zuletzt gemacht habe, auch diagnostiziert wurde. Das Chaos im Kopf habe ich aber nie in den Griff bekommen. Ich hab ein Studium geschafft (mit vielen Schlenkern und Tiefen und mehreren Wechseln) und bin eigentlich immer schon sehr leistungsorientiert gewesen, mir hat das glaub ich auch die gute Grundintelligenz geholfen, aber immer und immer wieder an meine Grenzen gekommen, weil ich es nicht schaffe, mich zu organisieren, ständig Flüchtigkeitsfehler mache, alles gleichzeitig wahrnehme, nervös bin, Sachen vor mir herschieben, nicht zuende bringen kann, tausend Ideen habe, immer zu schnell ja sage und wichtige nicht von unwichtigen Aufgaben unterscheiden kann usw… Nach der Masterarbeit, die eine Vollkatastrophe war (hat sich über 1,5 Jahre hingezogen, ich hab mich immer wieder komplett verzettelt, alles wie immer vor mir hergeschoben und mich selbst dafür fertig gemacht) hab ich vor etwa zwei Jahren angefangen, selbständig in einem sehr anspruchsvollen Bereich komplett ohne äußere Struktur zu arbeiten, was im Grunde von Anfang an nicht geklappt hat. Ich bin immer mehr ins Burnout gerutscht. Solche Punkte hatte ich schon mehrfach im Leben, aber noch nie so extrem. Im Grunde hab ich komplett blockiert zuletzt und es ging gar nichts mehr. Ich hab versucht, trotzdem weiterzumachen, hab jetzt aber erstmal eine Pause eingelegt. Es muss nun aber irgendwie weitergehen, ich brauche einen festen Job und ich hatte so sehr gehofft, durch das Thema jetzt noch einen neuen Ansatz zu haben, einen gangbaren Weg zu finden.
Ich hab Mittwoch einen Termin bei meinem Psychiater. Ich habe jetzt total Angst davor. Ich hatte so gehofft, endlich eine Krücke gefunden zu haben. Dass ich mich selbst so unter Druck setze, macht es natürlich auch nicht besser. theoretisch hab ich letzte Woche gedacht, dass ich gerne nochmal steigern würde, aber wäre das jetzt nicht verrückt?
Ich bin gerade sehr verzweifelt und glaube ich auch noch sehr im Hormonchaos. Eigentlich glaube ich immer noch, dass die Diagnose passt. In den Tests gab es wohl auch keine Zweifel. Aber ICH zweifel jetzt wieder an allem.
Das Lesen hier im Forum hat mir schon sehr sehr gut getan. Ich finde mich sehr, sehr häufig in euren Berichten wieder.
Vielen Dank für’s Lesen!
Viele Grüße
Louisa