Das kenne ich auch.
Was mir hilft, ist eine klare Abgrenzung zwischen mir und dem, was ich selber beeinflussen kann, und den anderen.
Heißt zum Beispiel, dass ich zu Hause Strukturen schaffen kann, die dann zum Beispiel mit Unterstützungssystemen eingehalten werden können.
Auf Arbeit kann ich meinen Arbeitsplatz so gestalten, dass er für mich passt.
Was dir Anderen tun, muss mir egal sein. Solang es nicht meinen Bereich betrifft, geht mich das nichts an.
Ich könnte innerlich in die Luft gehen, wenn ich an bestimmte Arbeitsweisen meiner Kollegen denke und das geht meiner Kollegin genauso. Aber wir haben gelernt, dass Einmischen, und sei es in den besten Absichten, nur als unangenehmer Bumerang zurück kommt. Also atmen wir, denken uns unseren Teil und gut. So lang wir nicht Chef sind haben wir da auch nichts zu sagen. Dafür denken wir uns mit einem innerlichen Grinsen oft “Völlig klar, dass du dieses Problem hast, wenn du immer so und so arbeitest”, wenn Kollegen sich beschweren oder ganz verwundert sind, wenn was nicht läuft.
Man muss wirklich lernen, sich abzugrenzen.
Im Straßenverkehr werde ich auch mal lauter und bin entrüstet, wenn mich jemand in Gefahr bringt oder mich knapp zum Ersthelfer macht. Für sowas habe ich schlicht keine Zeit und da rege ich mich schon mal über dumme Aktionen auf. Ist denke ich auch normal.
Wenn jemand dumme Fragen stellt denke ich immer an den Spruch meines Mannes: “Jeder ist irgendwo inseldumm.”
Gegen laute Umgebung nutze ich inzwischen sehr oft Kopfhörer mit LoFi Musik. Beruhigt mich sehr und hilft mir, mich zu fokussieren.
Es ist auch absolut ok, sich mal raus zu nehmen und eine Pause zu gönnen. Je gestresster ich im allgemeinen bin, je mehr Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf mich abgeladen werden oder ich mir auflade, desto dünnhäutiger werde ich.
Wenn ich das bemerke, müssen dringend ein paar Rahmenbedingungen geändert werden. Dann klappt das kompensieren auch wieder besser bzw. stören dann manche Dinge gar nicht mehr.
Als Mutter hat es mir geholfen, vor einer Reaktion erst zu atmen, in dieser Zwangspause kurz zu reflektieren, ob die eben geschehene Sache jetzt wirklich schlimm ist, und erst dann zu reagieren. Manchmal ist es nämlich so, dass man nur denkt, eine Sache wäre schlimm oder man müsse jetzt schimpfen, weil die Sache angeblich nicht ok ist. Dann stellt man fest, dass das vielleicht die Aussagen der eigenen Mutter sind und man selber das alles eigentlich ganz anders sieht.
Und wenn Dinge kaputt gegangen sind muss ich immer an ein zufälliges Gespräch mit einer alten Dame denken. Sie hat gesagt “Meine Mutter hat nie geschimpft, wenn wir Kinder etwas zerbrochen haben. Sie ist mit ihrer Familie geflohen und der Krieg hat alles zerstört. Unsere Familie hat schon so viele Dinge verloren. Was macht da diese eine Tasse? Tassen kann man nochmal kaufen. Wichtig war immer, dass wir alle gemeinsam am Tisch sitzen konnten.”
Diese Geschichte hat mich als junge Mutter tief berührt und begleitet mich noch heute. Ich habe mich von da an viel weniger geärgert. Auch, weil ich es immer so blöd fand, wenn meine Mama über verlorene/zerbrochene Dinge geschimpft hat. Weg ist weg, was will man machen? Und ich selber habe meine Kindern mit solchen Schimpftiraden auch nichts gutes getan. Tut mir heute noch leid. Aber auch ich wusste es nicht besser und musste noch lernen.
Also ja, ich kenne die Probleme und habe mich auch oft aufgeregt, wenn auch oft nur innerlich und niemand hat gesehen, wie es mir eigentlich geht. Und wenn ich es rausgelassen habe, war es auch nicht immer von Vorteil.
Ich musste lernen zu unterscheiden, wo es sinnvoll ist mal energisch zu reagieren und wo nicht.
Ich hoffe, du kannst dir irgendwo aus meinen Erzählungen was raus picken, dass mit dir resoniert