Moin an Alle!
Ich bin seit Dezember stille Mitleserin.
Kurz vorweg: Ich weiß selbst nicht, was meine ‚Erwartungen‘ an euch da draußen ist. Vielleicht Trost und Zuspruch - rational betrachtet weiß ich, dass ihr mir zumindest rein physisch nicht helfen könnt.
Meine ADHS Diagnose habe ich pünktlich zu Weihnachten am 23.12.24 gestellt bekommen, für knapp 400€ als Selbstzahlerin in Hamburg. Die Adresse werde ich auch in der Tabelle ergänzen. Hätte ich vor einem Jahr schon realisiert, wie unrealistisch es in Hamburg und Umland ist, einen Termin zur Diagnostik zu erhalten als Kassenpatient - vermutlich hätte ich dann schon eher kapituliert und den Weg des Selbstzahlers gegangen.
Allerdings hat sich jede Zelle in mir dagegen gewehrt, weil ich als freiwillig gesetzlich Versicherte ohnehin schon 980€ im Monat (!) für meine Krankenversicherung zahle und es dann natürlich nicht einsehe, noch mehr Geld in die Hand zu nehmen für eine Leistung, die mir eigentlich zusteht und für die ich auch monatlich einzahle, damit Andere sie in Anspruch nehmen können… Ich habe keinerlei Vorerkrankungen, und bin im durchschnitt vielleicht ein Mal in 2 Jahren mal beim Arzt - und dann ist es meistens akut (starke Schmerzen nach Sturz oder so), und da war bisher leider auch meiner Erfahrung so, dass ich höchstens als Selbstzahler noch eine Chance habe…
Zurück zum Thema. Nachdem ich mir also die Diagnostik auf eigene Rechnung ‚gegönnt‘ habe, eröffnet sich mir das neue Problem: Ich finde keinen Neurologen/Psychiater, der
a) Neupatienten aufnimmt
b) BTM-Rezepte ausstellt.
Ich habe inzwischen die gesamte ADXS-Exeltabelle abtelefoniert.
Dazu kommt, dass ich bei Praxen im Umland dahingehend eingeschränkt bin, weil ich kein Auto habe (und wegen meiner ADHS auch Angst vorm Autofahren entwickelt habe) und daher auf ÖVPN angewiesen bin. Wenn man dann Medikamente bekommt, muss man bei BTM ja persönlich für neue Rezepte vorbeikommen, und auch bestimmte Untersuchungen (EKG? Blutbild) regelmäßig machen lassen, ich fürchte das werde ich nicht schaffen, wenn ich dafür monatlich pendeln muss.
Die 116117 hat sich in meinem Fall unbrauchbar gezeigt. Es werden Notfalltermine vermittelt, die Praxen kassieren auch mehr Geld pro Patient, der einen Dringlichkeitscode hat - aber weisen mich dann schon bei der Anmeldung darauf hin, dass die Aufnahmestopp haben, und daher keine Pharmakotherapie bei mir machen können, weil sie auch keine Kapazitäten haben für die Voruntersuchungen und die regelmäßige Nachsorge.
Parallel zu dieser Misere, versuche ich seit Monaten auch einen Therapieplatz für Psychotherapie zu bekommen - vergeblich.
Ich war heute wieder bei einer Praxis, die mich vorher aufgefordert hat, ihren Online Fragebogen auszufüllen (106 Fragen!) und mich dann noch mal mit dem Dringlichkeitscode für ein Gespräch herzitiert hat, nur um mir schon in der ersten Minute mitzuteilen, mein Test sei auffällig, aber man habe keine Kapazitäten.
Es ist derzeit ganz, ganz schlimm für mich. Dieses, sich permanent vor fremden Menschen nackig machen und 60minuten lang erzählen, teilweise sehr persönliche Fragen zu beantworten (wie ist ihre Libido? Haben sie einen Partner? Warum nicht?) und dann trotzdem keine Hilfe zu bekommen.
Heute hatte ich wieder so einen gescheiterten Versuch über die 116117. Irgendwann, in der 50sten Minute habe ich einfach angefangen zu heulen, vor Verzweiflung.
Die Therapeutin meinte daraufhin, dass mir eine Verhaltenstherapie sicherlich gut täte, weil ich „so stark depressiv“ sei, dass ich davon ADHS Symptome hätte - die sich dann automatisch bessern würden, wenn die Depression behandelt werden würde.
Ich habe mir sämtlichen Kommentar verkniffen, weil ich wusste, es ist zwecklos zu diskutieren. Fakt ist, dass ich schon 2010 mit citalopram, 2012 mit Venlafaxin und 2016 mit Duloxetin behandelt wurde - und es hat an meiner Verpeiltheit rein gar nichts geändert.
Überhaupt, es macht mich fertig diese ganzen Therapeuten abzugrasen, die mir dann sagen, dass ich eine „schwere depressive, rezidive Episode“ durchmache, und mich dann freundlich zur Tür begleiten. Es ist, als würdest du permanent hören, dass du Krebs hast, aber leider keine Chemotherapie. Dann will Ichs lieber gar nicht wissen, wenn mir nicht zu helfen ist. Versteht ihr, was ich meine?
Ich bin unheimlich erschöpft von dieser Odyssee - gerade weil ich sowieso schon so ein Motivationstief habe, die letzten Energiereserven dafür mobilisiert habe, und immer noch am Anfang stehe.
Als ich heute gefragt wurde, ob ich Sui*idgedanken habe, musste ich gestehen, dass oft passive Gedanken daran kommen, also der Wunsch, dass ich bei einem Unfall ums Leben komme. Absurderweise denke ich dann schnell, dass das bitte nicht ausgerechnet HEUTE passieren darf, weil ich mich so sehr dafür schäme, wie meine Wohnung derzeit aussieht. Würde man dort eine Entümplung starten, würde meine ganze Familie und mein Freundeskreis erfahren, dass ich tief im inneren ein unglücklicher Mensch war, der bis zum Schluss in einem Saustall gelebt hat. Diese starke Scham ist es, die auch dazu führt, dass ich niemanden zu mir einlade und mir auch keine Partnerschaft vorstellen kann - weil ich mir meist zwei Tage urlaub nehmen muss zum vorherigen Putzen und es mich so sehr stresst, dass ich dann nichts positives mehr mit diesen Treffen verbinde.
Ich bin weiblich, 33j alt, habe einen dementen Hund aus Rumänien adoptiert, und bin Freiberuflerin - alleinstehend.