Ja die Anfangsphase mit Concerta und Venlafaxin war bei mir damals in meiner Situation kurz vor dem Nervenzusammenbruch schon so was wie ein „Honeymoon“, beim allerersten mal als ginge die Sonne auf, dass werde ich nie vergessen.
Trotzdem passierte was immer passiert, nach einer gewissen Zeit merkt man das auch solche Medikamente nur begrenzt wirken, und dann wird man sehr schnell wieder von der Realität eingeholt.
Und dann merkt man schliesslich, jedenfalls in meinem persönlichen Fall, dass man trotz Concerta und Venlafaxin trotzdem immer noch depressiv bleibt, dass die anfangs positive Wirkung ständig immer mehr nachlässt.
Dann fängt man an hoch zu dosieren, weil man ja eben dieses Gefühl des „Honeymoon“ zurück haben möchte, dann geht es wieder eine Zeit lang besser, bis halt auch das dann sehr schnell nicht mehr wirkt.
Ausserdem fällt einem immer mehr auf, dass man in Wahrheit immer noch am strampeln ist, dass man trotzdem immer noch Sachen vergisst, sich trotzdem immer noch To Do Listen schreiben muss, die Konzentration trotzdem noch zu wünschen übrig lässt.
Und man merkt das diese Medikamente halt auch keine Wunderpillen sind, denn zu einem anderen Menschen machen können mich ja diese Medikamente auch nicht.
Und dann wird mir entgültig klar, ich muss eben schon selbst an mir arbeiten, wenn ich an mir was zum positiven verändern möchte.
Dann dosiert man wieder runter, dabei fällt einem dann auf das dass bei Venlafaxin keine gute Idee ist, man spürt sofort sowas wie einen Entzug.
Und die Depressionen kommen doppelt und dreifach zurück, du möchtest nur noch in einem dunklen Zimmer auf dem Bett rum liegen, und kurz gesagt: es geht dir so richtig beschissen.
Und plötzlich merkst du, da stimmt was nicht, diese Symptome sind Anzeichen für eine Sucht, und dann begreifst du das du im Begriff bist in eine Sucht von einem Anti-Depressiva rein zu rutschen.
Und dann ärgerst du ich, weil dir bewusst wirst, dass das was du anfangs als „gut“ für dich angesehen hast garnicht „gut“ für dich ist.
Sondern ganz im Gegenteil, dass du nun sogar dadurch eine neue Sucht entwickelst, und verdammte Sch**sse, dass ist etwas was ich überhaupt nicht gebrauchen kann, im Grunde ist dass das schlimmste was es für jemanden wie mich mit einer „Suchtveranlagung“ gibt.
Ausserdem hast du inzwischen Bluthochdruck bekommen und das ist alles andere als ein Spass.
Also beschliesst du zuerst mal das Venlafaxin langsam auszuschleichen, was sich für dich zu einer echten Tortur entwickelt.
Die Depressionen kehren zurück, und Juhu, sogar noch um ein Vielfaches schlimmer, als bevor du diese Medikament einnahmst.
Und plötzlich wird dir klar was für eine Sch**sse du dir da eigentlich aufgehalst hast, aber jetzt musst du da durch, dass Zeug langsam ausschleichen, und dann entgültig absetzen, und nachher nie mehr so was nehmen, dass wurde mir dort schlagartig klar.
Und mein Blutdruck bleibt immer noch hoch, die Depressionen sind wie gesagt wieder voll zurück, alles in allem, eigentlich nur beschissen.
Also hilft nur eins, entgültig die Reissleine ziehen und auch das Concerta absetzen, denn immerhin bin ich inzwischen über fünfzig, und ich möchte gerne noch ein Weilchen leben, und nicht bevor ich meine Rente erlebe in einer Schuhschachtel drin liegen, dann lieber auch das Concerta absetzen.
Und dann kam die härteste Zeit die ich nach meinem Burnout durchgemacht habe.
Durch den Entzug von Venlafaxin kamen meine Depressionen doppelt und dreifach zurück, ich war nur noch ein Häufchen Elend, am Boden zerstört, und das sehr lange und sehr heftig.
Ohne das Concerta verstärkten sich wieder meine Adhs Symptome, besonders die Impulsivität und die Konzentrationsschwäche war wieder zurück.
Aber auch meine Antriebsschwäche war zurück, ich musste mich wieder extrem aufraffen um überhaupt irgendwelche Sachen hinzubekommen.
Und meine Aufschieberitis war so schlimm wie in meinem ganzen Leben niemals zuvor.
Alles in allem habe ich drei Jahre gebraucht um aus diesem Sumpf wieder raus zu kommen, mich wieder an die Oberfläche zu kämpfen, ich bin buchstäblich durch die Hölle gegangen.
Und das ganz allein, ohne irgend jemand der mir dabei hätte helfen können.
Ich wollte aber auch alles alleine machen, da meine Lebenserfahrung schon sehr früh gezeigt hatte: „verlässt du dich auf andere, dann bist du verlassen“, also klemme deine Po Backen zusammen und kämpfe dich wieder nach oben.
Und das ist mir gelungen, und ich bin verdammt solz darauf das ich inzwischen wieder gut klar komme, und das auch ganz ohne Medikamente.
Von daher: ich brauche dieses Gefühl des „Honeymoon“ inzwischen nicht mehr, ganz im Gegenteil, denn ich habe gelernt mit mir selbst Frieden zu schliessen.
Ich bin wie ich bin, ich mache Fehler, ich bin nicht perfekt, ich vergesse mal was, ich schiebe Dinge auf, und bla bla bla diese ganzen Adhs Symptome die ich halt habe, aber im Grunde habe ich eigentlich nur das was vermutlich sieben Milliarden andere Menschen auf diesem Planeten auch betrifft, ich bin halt einfach nur ein Mensch. 