Suche ADHS-Patienten als Zeugen (Uniklinik Jena, 2017 Feb/März)

Liebe ADHS-ler,

ich suche einen männlichen ADHS-Patienten, der mit mir im Feb./März 2017 im Uniklinikum Jena war (Psychiatrie).

Der junge Mann (damals ca. 25-35 Jahre alt), sagte ich hätte ADS („hypoaktiv“) und ich solle mich mal in Bad Arolsen (Fachkrankenhaus) melden. Die Ärzte in Jena könnten mir nicht helfen. Damals hab ich ihn nicht ernst genommen; die Psychiater im Uniklinikum haben mir eine Bipolar-Diagnose gegeben. 7 Jahre später stellt sich heraus, dass der Patient Recht hatte. ADHS stimmt; Bipolar war eine Fehldiagnose.

Lieber Mitpatient von damals: Danke, dass du mir damals die Wahrheit gesagt hast. Und entschuldige, dass ich dir nicht geglaubt habe.

Ich möchte jetzt das Krankenhaus und ggf. weitere Therapeuten verklagen. Wäre schön, Kontakt mit dem jungen Mann herstellen zu können.

Kann mir jemand dabei helfen?

Liebe Grüße,
Rebecca

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Liebe Rebecca,

ich war es nicht.

Die Erfolgschance einer Klage dürfte sehr sehr gering sein. Die Ärztinnen damals haben dir vermutlich die Diagnose gegeben, die ihrem Weltbild entsprach (und vielleicht auch noch entspricht).

Der Rechtsstreit entzieht dir auch Kraft, die du für dich jetzt brauchst, würde ich sagen. Von Geld will ich gar nicht sprechen.

Herzlich willkommen im Forum! :adxs_knuddel:

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Lieber Falschparker,

danke für die schnelle Antwort und die Sorge um mein Wohlbefinden.

Ich sag’s mal so: Mein Leben ist inzwischen komplett zerstört durch jahrelange Fehlbehandlung. Ich hab nichts mehr zu verlieren. Mir geht’s um’s Prinzip. Ich will’s drauf ankommen lassen. Vielleicht kann ich zumindest einen kleinen juristischen Sieg verbuchen, der unserer Community in Zukunft weiterhilft.

Ganz lieben Dank nochmal für dein Mitgefühl.

Gute Nacht,
Rebecca

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Liebe Rebecca,

Herzlich willkommen im Forum :adxs_winy:!

Ich kann Dir leider nicht helfen, wünsche Dir aber viel Erfolg für Dein Vorhaben und drücke Dir die Daumen, dass Du Unterstützung erhältst und Dein Ziel erreichst.

Schön, dass Du jetzt endlich eine Diagnose hast. Hier sind sehr viele Menschen, denen Einiges erspart geblieben wäre, wenn sie früher diagnostiziert worden wären und deren begründeter Verdacht sogar von Ärzt:innen mit mangelnder Expertise nicht ernst genommen wurde.

Ich finde es achtenswert, dass Du den Mut hast, nicht nur darüber zu trauern, sondern auch diejenigen in die Verantwortung zu ziehen, die sie eigentlich tragen sollten. Ich hoffe, Du hast einen guten Rechtsbeistand, der Dich dabei beraten kann, und dass Du den Weg nicht alleine gehen musst.

Ganz liebe Grüße

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Das ist keine Antwort auf Rebeccas Frage. Außerdem geht es ihr vielleicht auch gar nicht ausschließlich darum, „Erfolg“ zu haben, sondern selbst Frieden zu finden, ein Zeichen zu setzen, o. Ä… Die Entscheidung, zu klagen, hat sie bereits getroffen und die sollten wir m. E. respektieren, ohne ihr gleich wieder den Mut zu entziehen, den sie dafür braucht.

Und wenn das alle deren betroffenen Patient:innen stillschweigend hinnehmen, wird sich daran auch nichts ändern…

Vielleicht GIBT es ihr auch Kraft? Menschen ticken nicht alle gleich. Man sollte nicht immer nur aus der eigenen Perspektive heraus, und lediglich auf Basis eines einzelnen Forumsbeitrags darüber urteilen, wie es einer Person geht oder wahrsagen, wie es ihr ergehen wird. Ob der Rechtsstreit Rebecca „Kraft entzieht“, darf sie selbst entscheiden - jetzt und auch später.

Auch über ihre finanziellen Möglichkeiten, die Kosten und das Verhältnis zum Nutzen, der sich aus dem Prozess (für Rebecca) ergibt, wissen wir nichts. Auch das war nicht Gegenstand ihrer Frage.

Ich finde es unterstützenswert, wenn Jemand den Mut und die Energie aufbringt, Behandler:innen in die Verantwortung zu nehmen. Wenn das öfters geschehen würde, würden vielleicht einige Ärzt:innen nicht so gleichgültig mit Halbwissen über das Schicksal von Patient:innen entscheiden und wir müssten nicht so oft „Bullshit-Bingo“- Beiträge posten.

Es ist absolut in Ordnung, wenn Jemand das nicht kann oder möchte - aus welchen Gründen auch immer. Wenn aber Jemand willens ist, aktiv zu werden und den Beschluss gefasst hat, sehe ich mich. (und Dich) nicht in der Position, mit demotivierenden das wird sowieso nicht funktionieren - Botschaften zu kommen, die lediglich die persönliche Haltung widerspiegeln. Zwischen Schwarz und Weiß gibt es auch eine Menge Grautöne.

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Hallo RebeccaEpicson,

es tut mir leid zu hören, dass du so etwas erleben musstest. Leider ist es in der Psychiatrie oft so, dass bei Entwicklungsstörungen wie ADHS und oder ASS Fehldiagnosen und Verlegenheitsdiagnosen vorkommen – das liest man auch in der Fachliteratur. Bei mir wurde anfangs eine Emotionale Instabile Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, aber über ein Jahrzehnt später stellte sich heraus, dass ich Autist mit ADHS bin, zusätzlich mit komorbider Angststörung und Depression.

Ob man in so einem Fall juristisch vorgehen sollte, um der Gerechtigkeit willen, weiß ich nicht genau. Meines Wissens nach ist es fast unmöglich, Entwicklungsstörungen wie ADHS oder ASS physisch zu beweisen, was einen Rechtsstreit vermutlich schwierig macht.

Eine sehr helfende und einfühlsame Person in meinem Leben nach der Diagnosestellung sagte mir einmal: „Diagnosen sind für die Krankenkassen“ und „Diagnosen verändern sich“. Das hat mir geholfen zu verstehen, dass Diagnosen eher eine Annäherung an den tatsächlichen Symptomkomplex sind. Als jemand, der oft schwarz-weiß denkt, fiel mir das anfangs schwer zu akzeptieren und tut es auch immer noch.

In meinem Fall wurde es mir wichtiger, meine „Krankheitsgeschichte“ besser zu verstehen und entsprechend behandeln zu können. Ich lerne immer mehr nach vorne zu blicken um mir ein lebenswerteres Leben zu schaffen – was ein langer Prozess ist, der eine große Portion Selbstakzeptanz erfordert.

Ich wünsche dir auf jeden Fall ganz viel Kraft, falls du juristisch vorgehst, und hoffe, dass du den Patienten finden wirst.

Liebe Grüße
Schlingelprinz

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Ich kann deinen Frust verstehen, ich möchte zu deiner Idee meine Einschätzung und Meinung nicht äußern , weil letztendlich benötigst du eine rechtliche Antwort was überhaupt möglich wäre, wenn du diesen Weg wirklich gehen willst .

Von daher würde ich mal bei der Psychotherapeutenkammer nachfragen wie so ein Prozedere verlaufen würde und du solltest auch einen Anwalt zu rate ziehen. Du musst im Vorfeld wissen was da ggf. auf dich zukommen würde und ob du dazu dann bereit bist und was bestenfalls wenn überhaupt dabei rauskommt.

Du könntest auch der Klinik einen Brief schreiben oder um einen Termin zu einer Klärung bitten und sehen wie die darauf reagieren.

Wir spätdiagnostizierten kämpfen fast alle mehr oder weniger mit dem „Ach hätte man nicht alles andere sondern das doch eher festgestellt !“

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Hallo Rebecca,

vermutlich wollte Dich die Person auf Beatrix ( Dr. phil. Beatrix Blocks - Schön Klinik)aufmerksam machen, die sich auf Erwachsene spezialisiert hat.

Wegen des Kontaktes melde Dich unter Erwachsene mit ADHS und anderen Formen von Neurodivergenz - Selbsthilfe in Jena.

Meines Wissens kommen aus unserer Community drei Personen in Frage, was wir aber per E-Mail klären.

LG aus Jena

Stefan

Es gibt konkrete Ansätze zu Kunstfehlerprozessen, die jedoch auf der 2018-er Leitlinie basieren.
Das ist sehr komplex und nur mit guter Dokumentation machbar.

„gute Dokumentation“ und ADHS sind m.E. sowas wie ein Paradox :wink:

:adxs_winy: Willkommen in unserer bunten Truppe hier…

Da scheint Kommissar Zufall in Form von @Zappelhirn dir zu Hilfe zu eilen, toll :adxs_daumen:

Als ich dir mein :four_leaf_clover: wünschte, habe ich sehr gehofft, es möge sich jemand melden, aber erwartet eher nicht, vor allem nicht so schnell…

Dein Ansinnen kann ich von ganzem Herzen nachvollziehen :adxs_jamma: mir fehlen auch zehn Jahre Leben, dafür die ein oder andere lebensverkürzende Erkrankung geschnappt…

:adxs_peace: von ganzem Herzen Kraft, weiterhin den Mut, durchzuziehen was auch immer du dir vornimmst :four_leaf_clover: :four_leaf_clover: :four_leaf_clover:

Es wäre schön, wenn du weiterhin hier berichten würdest, es könnte ja auch eine
Mut-mach-Geschichte werden.

Herzliche Grüße :adxs_wink:

Ach mir geht’s da sehr ähnlich wie Dir @RebeccaEpicson. Lange Geschichte mit Klinik Ärzten und Diagnosen.

Das Wissen über ADHS in Erwachsenalter ist halt leider in weiten Bereichen der Fachwelt noch sehr mangelhaft.

Was das Thema „Kunstfehlerklage“ ich bin mir nicht sicher aber ich glaube, dass sowas nur ein paar wenige Jahre möglich ist.

Im Psychobereich kann man halt leider alles mögliche im Nachhinein behaupten und ruminterpretieren. Der rein physische Medizin dürfte dahingehend (zumindest im Vergleich) leichter die Möglichkeit bieten, aufgrund der Datenlage, im Nachhinein eine fahrlässige Falschbehandlung nachzuweisen.

Mir persönlich hätte die richtige Behandlung bestimmt 10 Jahre an grausamer Falschbehandlung, nicht abgeschlossen Studium und enormen finanziellen Nachteilen erspart.
Und das erst seit es mir irgendwann so extrem schlecht ging, dass ich den Schritt wagte mir „Hilfe“ zu suchen.
Ich weiß, dass es sehr vielen Spätdiagnostizierten so geht!

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Eben das berichten sogar die „jungen Spätdiagnostizierten“. D.h. junge Leute in unserer SHG berichten, dass sie von ihren Eltern bei „Fachleuten“ vorgestellt wurden, die jedoch die Existenz von ADHS oder dem Asperger-Syndrom in Abrede stellten.
Es bestanden nach Bericht der Betroffenen hinreichende Merkmale.

Weiterhin ermöglicht m.E. die 2018-er Leitlinie auch dem ungeübten Mediziner/Therapeuten eben einen „Leitfaden“ für die Diagnostik.
Trotzdem werden vor allem Frauen auch seit 2018 mit „Bullshit-Diagnosen“ versehen und dem folgend nach nicht passenden Leitlinien als Depressiv oder Borderline usw. behandelt.

M.E. sind ADHS und Asperger-Syndrom heute so umfangreich beschrieben, dass sich Akademiker bei etwas gutem Willen, die Inhalte drauf schaffen sollen könnten. „Nicht genug drüber bekannt.“ konnte man vlt. vor 15 Jahren noch sagen ohne rot zu werden. Heut nicht mehr.

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Eben. Eine Ärztin bei uns aus der SHG meinte, man könne auch heute noch problemlos seinen Facharzt machen, ohne dass einem ein einziges Mal ADHS über den Weg laufen würde. Man muss scheinbar selbst Interesse entwickeln und sich die Informationen holen.
Das ist für die Patienten so, als ginge man zum Orthopäden, der dann keine Ahnung von Knien hat und sagt, kommen Sie wieder, wenn was mit der Schulter ist.

Auch da könnte ein wegweisendes Urteil sicher mal ein Signal in Richtung der Ausbildungsstandards senden.

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Das könnten sie in so vielen Bereichen. Aber zu viele machen es nicht.
Und gerade wenn es um Frauen geht.

Ich musste nicht nur 51 Jahre alt für die ADHS-Diagnose werden, sondern habe mir kurz vorher mit knapp 50 auch meine Endometriose selbst diagnostiziert, nachdem mir 30 Jahre lang jede(r) Gyn erzählt hat, da wäre nix zu finden und denen nichts anderes eingefallen ist, als mir ein Rezept für die Pille in die Hand zu drücken…

Ich glaube so schnell keine (Nicht-)Diagnose mehr, die ich mir nicht selbst gestellt habe - ohne Medizin studiert zu haben.

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Dazu ist in 2025 eine Studie geplant. Zwei Forscherinnen aus dem Das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit haben dazu einen Antrag gestellt, der noch nicht be-/entschieden wurde.

Ich bin „Erfahrungsexperte“ (Patientenvertreter) für Halle-Jena-Magdeburg - Das Deutsche Zentrum für Psychische Gesundheit, wo ich die Interessen der Betroffenen vertrete.

Ich schreibe noch mal einen separaten Artikel zum DZPG. Dort erfährt man mehr zu partizipativen Forschung.

Schaut mal hier:
Partizipative Forschung in der Neuro-/-Psychologie - ADHS - medizinisch, neurologisch, therapeutisch* - ADHS-Forum von ADxS.org

Naja alles behaupten im Nachhinein kann man nicht. Es besteht eine Dokumentationspflicht.