Symptome verstehen

Hallo,

es geht um meinen Sohn (fast 10) und folgendes Verhalten, was ich verstehen möchte.

  1. Er ist permanent entweder am pc/Handy oder lesen. PC Zeit wird eingeschränkt, am liebsten würde er ständig dran sitzen. Sobald pc aus ist, hat er ein Buch vor der Nase. In letzter Zeit selbst beim Essen. Er ist sozusagen in seiner Welt.
    Es war eine zeitlang mit Medikamenten besser, da hat er auch gespielt und andere Sachen gemacht.
    Jetzt wieder nicht mehr, als ob er in die pc/Bücherwelt flüchten würde.
    Kennt das jemand? Ist es eine Überreizung? Soll man ihn lassen oder versuchen dem entgegenzuwirken? Einerseits denke, er sollte ja lernen klarzukommen, andererseits wenn ihn alles so stresst, ist es für ihn wahrscheinlich der einzige Ausweg.
    Und wenn er mal aus seiner Welt „auftaucht“ spricht er überwiegend davon. Keine Ahnung, ob es Hyperfokus ist oder schon autistisch ist.

  2. Langeweile. Ich habe schon gelesen, dass Langeweile bei adhs ganz schlimm ist. Aber sooo schlimm? Er ist manchmal kurz vor dem weinen, wenn es ihm langweilig ist. Früher, wo er kleiner war, konnte man ihn schnell für irgendwas begeistern, kochen, backen, Garten, basteln etc. nun ist alles langweilig. Ich kann aber auch nicht ständig was neues herzaubern.

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Wenn wir darauf bestehen, ohne Buch zu essen, nimmt er sich das Marmeladeglas oder was gerade auf dem Tisch steht und fokussiert sich darauf.

Die Therapeutin meinte natürlich gar nicht damit anfangen, so wie Handy am Tisch - geht gar nicht, die üblichen Erziehungstipps. Nur anscheinend braucht er irgendwas, um sich darauf zu fokussierten.

Kommt mir bekannt vor.
Bei mir war (und ist es immer noch) ein Fluchtverhalten.
Raus aus dem unbequemen / unangenehmen / fremden, rein in etwas vertrautes.

Generell sind Bücher nichts schlechtes.
Oftmals lernt man sogar was dabei.

Dadurch habe ich schon relativ früh gelernt, mich entsprechend auszudrücken.
Verstehe daher nicht so ganz warum (sofern ich das richtig verstanden habe) ihr ihm die Bücher sanktionieren wollt.

Und dass er dann von diesen Welten berichten möchte ist völlig verständlich.

Wie gesagt, kenne es von mir noch sehr gut.

Bücher waren grade in schwierigen Zeiten ein Rettungsanker.
Sozusagen der Hafen in den ich mich flüchten konnte wenn die See zu rau wurde :slight_smile:

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Nicht Bücher an sich sanktionieren, sondern Bücher beim Essen, damit er am Leben teilnimmt, Tischmanieren kennt etc.

Okay, klar.

Ne das ist gut und wichtig.

Wie wäre es, wenn er für den Anfang sein Buch mit an den Tisch nehmen darf (damit er im Zweifelsfall etwas hat worauf er sich fokussieren kann und damit es vielleicht leichter fällt), aber sich aufs Essen konzentrieren soll. Und sobald er fertig ist, darf er weiter lesen.

Zusätzlich könntet ihr versuchen ihn in seiner Welt abzuholen.

Fragen worum es Grade geht, was er darüber denkt (reflektieren und so).

Das wären zumindest Dinge die ich mir rückblickend betrachtet gewünscht hätte :flushed:

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Danke @ZappelPhilipp

wir haben bisher so gemacht, dass er ohne Buch isst und den Nachtisch dann mit Buch.
Wenn er alleine was isst, da habe ich aufgegeben und ihn mit Buch essen lassen.

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Und damit gibt es jetzt Schwierigkeiten?

Ich muss zugeben dass es mir phasenweise deutlich schwer fällt ohne Ablenkungen zu Essen.

Aber das sind oftmals Phasen in denen es mir nicht gut geht.

Vielleicht verhält es sich bei ihm ähnlich.

Denn irgendwas löst diese Flucht aus… :man_shrugging:

Wünsche euch auf jeden Fall dass ihr mit ihm eine gemeinsame Lösung findet mit der ihr alle klar kommt.

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Liebe @grübeln ich kenne das was Du beschreibst, eins meiner Kinder ist autistisch, wie und in welchem Umfang weiss ich bis heute ehrlich gesagt noch nicht.

Bis zum heutigen Tag liegt zwar eine Doppeldiagnose von Adhs und Autismus vor, allerdings ist es aber anscheinend so, dass das Autismus Spektrum die Symptome von Adhs doch überwiegt, aber „wie genau“, dass müssen wir noch mal sehr explizit abklären lassen.

Dafür möchte ich Fachpersonen kontaktieren die speziell auf Autismus spezialisiert sind, weil ich einfach schon zu lange merke, dass eine Adhs Diagnose für seine Symptome nicht ausreichend sind, sondern ziemlich eindeutig, eben vielmehr im Autismus Spektrum liegen, statt bei Adhs.

Vermutlich wird das noch ein langer Weg, da kompetente Fachleute nicht nur für Adhs Abklärungen Mangelware sind, heisst es zu wenig Experten gibt, sondern genauso wenn es um eine Autismus Abklärung geht.

Aber trotz allem lasse ich mich nicht entmutigen, schliesslich geht es um Hilfe für eines meiner beiden Kinder, deshalb werde ich alle Wege gehen die sich eröffnen um meinem Kind in seinem weiteren Leben so gut als es mir möglich ist zu helfen.

Ich kenne das auch gut von mir. Ich kann nicht beim Essen sitzen bleiben ohne dass ich was anschaue oder lese. Es geht einfach nicht. Also habe ich mir das genehmigt. Bin nun aber auch erwachsen …

Als Kind habe ich mich wirklich gequält. Vor allem wenn Small Talk am Tisch gesprochen wurde. Habe deshalb immer schnell reingeschlungen und bin aufgestanden und gegangen.

Fakt ist, so wie es bei anderen Kindern funktioniert oder man in Ratgebern liest funktioniert meist nicht. Man ist eben anders, funktioniert eben anders. Ich hoffe ihr findet einen Kompromiss der für alle gut ist.

Notfalls redet ihr halt über die Spezialinteressen wenn du das schaffst :blush:

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Das könnte 1 zu 1 ich sein!! Sowohl damals als auch heute. Okay, heute ist es eher Netflix als ein Buch, aber ich brauche einfach diese - wie meine Mutter es immer so schön ausdrückt - Berieselung.
Damals war es wohl schon eine Art Flucht, denn mein Bruder war gemein, die Schule war schlimm (sowohl lernen als auch das Mobbing).
Und ich mochte es noch nie, allein zu essen. Zu langweilig.

Das finde ich cool. Was liest er denn? Sind es eher Romane oder Sachbücher? Wenn ich mir vorstelle, jemand würde sich beim essen mit mir über mein Lieblingsbuch unterhalten das fände ich klasse. Aber natürlich nur, wenn ich nicht gerade erst aufgestanden bin :wink:

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Meistens sind es Romane, die er schon mehrmals durchgelesen hat. Sachbücher liest er nur zwischendurch, wenn er ein neues Interesse hat.

Dann versuche ich mal, über die Bücher zu sprechen.
Bei PC spielen wird es schwieriger, er spricht schon morgens, direkt nach dem aufstehen davon, ich werden damit überrollt, ob ich will oder nicht. :exploding_head:

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Was für Spiele sind das denn dann?

Oh das verstehe ich gut! Zum einen, das Verhalten des Kleinen, zum anderen euer Bestreben, ihm „Manieren“ beizubringen.

Bei mir war’s Fernsehen beim Essen und jede Art von Zeitschrift. Mich hat das beruhigt. Essen war immer nur „rein schlingen“, schnell weg. Das ständige still sitzen am Tisch, furchtbar!

Heute „darf“ ich am PC oder vorm TV essen oder das Tablet neben den Teller stellen. Mein Schatz versteht das :grinning: es ist befreiend!

Und Multitasking? Null Problemo, ist quasi von Klein auf gelernt :smile:

Insoweit, aus der Sicht eures Kindes ist das Lesen und Beschäftigen mit dem Marmeladenglas beruhigend.
Lasst euch nicht stressen dadurch, der Kleine wird trotzdem Tischmanieren lernen, weil er clever ist! Er kann essen und lesen gleichzeitig, das ist Multitasking und heute im Berufsleben essentiell, von daher ist es mMn nicht so schlimm.

Ich kann auch artig am Tisch sitzen und Smalltalk beim Essen mit Chefs und Kollegen halten, mag mein Handy beim Essen aber ehrlich gesagt lieber :smile: was will man machen :wink:

Alles Liebe für euch, das wird sich einpendeln, werdet ihr sehen … euer Kind ist toll! :smiling_face_with_three_hearts:

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Was war denn die Begründung der Therapeutin?

Ich habe das Thema queergelesen und bin selber nur von ADHS betroffen. Mein Partner und eines meiner Kinder haben aber einen autistischen Anteil. Aber wie gesagt, alles mit Vorsicht was ich hier zusammen reime.

Also bei der Behandlung von ADHS kann ein Baustein sein, dass Essen bewusst wahrzunehmen und Ablenkung dabei zu vermeiden. So etwas klappt nur nach längerem Üben und ggfs. auch nie ganz. Das erfordert eine moderierte Begleitung und bewusstes Nachspüren. Die dabei entstehende Unruhe, Langeweile etc. ist gewollt und soll dabei wahrgenommen und ausgehalten werden.

Wirklich funktioniert hat das bei uns nicht. Wir haben aber das Essen zum Familien Event erklärt und es bestand früher Medienverbot für alle in der Küche. Wir haben das mit Feedback Runden überbrückt. Wie geht es Euch? Was habt Ihr vor? Was war das schönste am heutigen Tag…

Ich muss aber einschränken, dass das bei meinem Kind mit autistischen Anteil nur bedingt funktioniert hat. Aktiv erzählt wurde nichts, aber zumindest gab es Reaktionen auf die Redebeiträge der anderen.

Insgesamt finde ich es durchaus sinnvoll, in gemeinsamen Situationen Regeln zu definieren. Die müssen dann aber auch für die Erwachsenen gelten und eingehalten werden.

Ansonsten fanden wir Fernsehen, Smartphone und PC immer problematisch, insbesondere bis zur weiterführenden Schule. Um den Kindern das aber nicht völlig zu entziehen, haben wir alte Filme und Serien gekauft. Ich kann berichten das Silas oder Luzie, der Schrecken der Straße dafür sorgten, dass manchmal die Kinder auch aus der Nachbarschaft bei uns fernsahen. Löwenzahn und Wissen macht Ah war auch okay. Lesen haben wir nie eingeschränkt.

VG

Das ist gut geschrieben und sehr wahr :blush::+1:

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Eine zeitlang war es Minecraft, jetzt sind es unterschiedliche bei Roblox, immer so paar Wochen lang, kaum bin ich im thema drin, kommt ein neues Spiel

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Wenn man damit anfängt, dann wird es zur Gewohnheit. Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, Familienzeit etc. Das klassische halt

Mir geht es auch um bewusstes Essen. Durch Medikamente ist sowieso alles durcheinander und wenn er dann noch so nebenbei isst, habe ich etwas bedenken.

Da ich es selber nicht habe, wollte es wissen, wie das so ist. Scheint bei einigen so zu sein, dass sie was für den Kopf brauchen.

Es ist auch nicht so einfach zu unterscheiden, zwischen Grenzen austesten und dies zu brauchen. Da er schon alles mögliche liest, dachte ich, dass er es braucht und nicht „einfach so“ fordert.

@Lea
Deine Worte geben mir Hoffnung

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Ich war als Kind so und als Teenager. Manchmal durften wir nicht mal reden beim Essen, ich habe es so gehasst.

Wenn ich alleine bin, lese ich immer beim Essen. Ihr nicht?

Wenn ich mit anderen Menschen esse, reiß ich mich natürlich zusammen. Bestehe auch darauf, dass meine Kinder und ich beim gemeinsamen Essen nicht mit Büchern oder dem Handy/ Switch beschäftigt sind. Wir essen auch nicht vor dem Bildschirm.

Es kommt uns ein bisschen vor wie Zeitverschwendung, haben wir festgestellt, obwohl natürlich zusammen reden und erzählen keine Zeitverschwendung ist, aber man könnte theoretisch mehr Aktivitäten in den Zeitrahmen bekommen.

Mein 13jähriger liest auch wahnsinnig viel und suchtet Serien und zockt Minecraft, Animal crossing, Smash Bros… So lange er noch ab und zu Bock hat, seine Kumpels zu sehen, Rad fahren zu gehen, Lego zu spielen… finde ich das okay. Der Schultag stellt ordentlich Anforderungen, soll er sich doch beschäftigen, wie er mag, so lange wir im Gespräch bleiben, er seine Aufgaben erledigt und sich bewegt.
Mein subjektiver Eindruck ist, dass es noch im Rahmen ist.
Ist mir lieber als würde er draußen rumhängen und Leute anpöbeln oder sowas.

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Also wenn ich alleine bin lese ich auch beim Essen, in Gesellschaft nicht, finde das einfach unhöflich, auch während dem gemeinsamen Essen aufs Handy starren finde ich extrem unhöflich, man behandelt seine Tisch Nachbarn nicht wie Luft.

Ich habe sowas selbst nie gemacht und erlaube sowas an meinem Tisch nicht, das haben meine Kinder von klein auf gelernt, deshalb gibt es sowas bei uns zuhause einfach nicht, da bin ich Knall hart.