Hallo, ich bin schon lange stiller Mittleser im Forum und würde mich gerne etwas über Diagnose und Erfahrungen mit Ärzten auslassen 
Kurz zu mir, ich bin männlich 27 und habe mich mein Leben lang schon etwas anders gefühlt - vor 1 1/2 Jahren habe ich bemerkt, dass es nicht nur ein Gefühl ist sondern ich tatsächlich was „haben“ muss. Nach monatelangen Googeln hat alles auf ADHS gedeutet und mittlerweile habe ich auch die Diagnose…aber was für eine TORTUR es ist, haut mich immer noch um. Es ist zum heulen. Es sollte doch im Interesse der Gemeinschaft sein, Menschen mit mentalen Problem den Hürden für Hilfe so leicht wie möglich zu machen?
Zuerst war ich bei zwei Therapeuten, da ich vor 2 Jahren am Ende meines Studiums leicht depressiv wurde. Bereits dort merkte ich immer wieder in Terminen, dass man mir anscheinend selten wirklich zuhören will und sich stattdessen direkt auf die Schlagworte „Cannabis -und Alkoholkonsum“ versteift. Ich habe mit 24 das erste mal einen Joint geraucht und bemerkt, dass es mich beruhigt. Zuvor hatte ich zum abschalten Alkohol konsumiert (nur am Wochenende). Naja, also zack am Wochenende abends mit den Kumpels statt die 1-2 Bierchen eher zu Joints gegriffen. Das habe ich in der Therapie angesprochen und anschließend sollte ich zur Suchtberatung meiner Stadt gehen weil man davon ausging, der Konsum sei für meine Depression zuständig. Was zum Teufel? Ich habe noch mehrfach versichert, dass ich in Klausurphasen der Uni auch 1 Monat oder länger nichts angefasst habe, also welche Sucht? Bei der Suchtberatung hat man natürlich nur müde gelacht, wenngleich sie auch sagen mussten jeglicher Konsum kann schädlich sein. Ja, ich verstehe, in der Welt sollte es auch keine Gewalt und Ungerechtigkeit geben, aber nun sind wir hier… Habe dann die Therapien nach jeweils 5 Sitzungen beendet.
Anschließend einen Termin beim Neurologen gemacht, weil im Netz stand, die können ADHS diagnostizieren. Gehe hin und nach 5 Minuten Gespräch heißt es „Naja ADHS mal hingestellt, sie machen doch einen frischen Eindruck, egal welche Diagnose sie haben, sie sollten sich davon nicht verunsichern - hier haben sie mal Bupropion und hier ist ein kleiner ADHS Diagnosebogen, in einem Monat bringen sie Zeugnisse und den Bogen mit und wir sehen weiter“ Naja, das Bupropion hat nur 2 Tage geholfen, danach hat es mich nur wütender gemacht, Zeugnisse und ausgefüllte Bogen zum nächsten Termin mitgenommen, dort dann der nächste Mist: Neurologin schaut sich die Diagnosebogen nichtmal eine Sekunde an, in den Grundschulzeugnissen steht in jedem Jahr etwas ähnliches „nett und aufgeschloßen…lässt sich ständig ablenken, Interesse ändert sich tagesweise etc.“ darauf sagt die Neurologin „Sehen sie, sie waren nett, das kann kein ADHS sein, hier die doppelte Menge Bupropion und in einem Monat sehen wir uns wieder…achso lassen Sie das Cannabis, das macht Sie so unruhig“ Ich habe mich so beschämt gefühlt. So wütend. Wieso hört mir keiner zu? Muss ich erst ausrasten, einen Burnout haben und in der Klinik landen damit sich mir einer annimmt?
Ja, ich mache einen sehr gepflegten Eindruck und mein Studium und Lebenslauf schauen gut aus, um das zu schaffen bin ich aber fast wahnsinnig geworden!!! Ich schreie nach Hilfe, suche mir Hilfe aber werde durch mein junges Aussehen als „Junge, du rauchst zu viel Cannabis, du hast nichts“ runter reduziert. Geschafft haben diese ganzen Menschen tatsächlich nur, dass ich mich fortan abends mit dem Joint am Wochenende wie ein Verbrecher angefangen habe zu fühlen. Jetzt fragt man sich: Wieso konsumierst du gar nichts. Gute Frage. Ich brauche was zum abschalten und versucht habe ich alles. 3 Monate täglich meditieren, jeden Tag 30 Minuten laufen gehen (mache ich immer noch) und andere Dinge…aber diese Unruhe in mir verlässt mich nie!
Daraufhin habe ich bei einer Klinik mit ADHS Ambulanz angerufen - Termin in 6 Monaten. Okay besser als nichts. Es kommt der erste Termin und ich gehe zur Psychiaterin (bewaffnet mit Grundschulzeugnissen und Lebenslauf), die eine Voruntersuchung macht. Sie meint, sie sieht es mir schon sehr stark an und Zeugnisse + Lebenslauf sagen das gleiche aus, also soll ich 5 Termine insgesamt für die Diagnose einplanen…nächster Termin ist dann in 4 Monaten! Was??? Aber ich werde doch wahnsinnig gerade! „Ja und bitte rauchen Sie kein Cannabis 2 Monate vor der Untersuchung!“ Okay…von mir aus, kein Ding. Die 5 Termine verlaufen gut, Intelligenztest, Tap-Computer Test, mehrere Gespräche…ja, der Junge hat ADHS und es fällt nicht auf, weil er das mit seiner Intelligenz gut vertuschen kann. „Sie haben ja in einer Woche wieder den Termin bei der Psychiaterin, die kann Ihnen dann MHP verschreiben“
Der Termin mit der Psychiaterin war heute, ihre Aussage „Ich brauche erst noch EKG, Blutwerte der letzten Monate und sie dürfen jetzt kein Cannabis rauchen bis zum nächsten Termin“ Wann ist der nächste? Äh, so in 2 Monaten. DAS IST DOCH ALLES EIN SCHEI** WITZ!!! Konnte der diagnostizierende Arzt mir nicht sagen ich soll diese Dinge bereits erledigen und zum nächsten Termin mit ihr direkt mitbringen? Wieso denken sich diese Menschen uns macht es nichts aus einfach nochmal 2 Monate zu warten? Wieso werde ich durch diese Dinge an jeder Ecke erinnert, dass ICH der jenige bin, der falsch tickt. Würde ich diese Bude leiten würde ich das meinen Patienten sagen „Haltet X und Y bereit, dann kann ich euch schneller helfen!“
Der letzte Punkt: Die Psychiaterin hat mir gesagt aufgrund meines Cannabiskonsums kann sie mir MHP nur verschreiben, wenn ich zufälligen Drogenscreenings zustimme. Ich könnte echt heulen. Ich reiße mich mein ganzes Leben zusammen, werde von Termin zu Termin geschubst, gebe einen Vertrauensvorschuss indem ich meinen Konsum schildere, dass ich schon seit Monaten auch nicht rauche, dass ich erst mit 24 Cannabis geraucht habe, aber dass ich eigentlich gerne mit meinen Kumpels ab und an am Wochenende schon noch gerne eine Tüte rauchen würde, statt 2 Bier zu trinken. Nein. „Sie könnten süchtig werden“ Ich bin einen Millimeter davor alles hinzuschmeißen und die hier praktizierende psychische Medizin den Rücken zu kehren. Bisher hat sie mir null geholfen. Ich werde jetzt zufällig nach Drogen gescreent. Ich, der einen tollen Job im Büro hat, 5 Sprachen spricht, sich seine Schwächen ständig bewusst macht, täglich Sport treibt, viele Hobbies hat und eine glückliche Beziehung - alles war soooooo schwer mit dem ADHS aufzubauen…aber letztendlich werde ich wie ein Kind bevormundet.
Ich erwarte keine Hilfe - ich wollte nur bisschen meinen Leidensdruck nieder schreiben und die Luft rauslassen. Vor der Diagnose habe ich mir solche Erfahrungsberichte selber gerne durchgelesen, deshalb wollte ich was zurück geben. Danke an jeden für die tollen Beiträge bisher!!!