Vielleicht doch eher ADHS

Hi Liebe Community,

Bei unserem großen Sohn steht schon seit längerem fest: er hat ADHS. Er war schon immer anders in seinem Verhalten und wir hatten daher schon früh den Verdacht, dass irgendwas nicht stimmt. Damals, als er noch sehr klein war, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, dass ich vielleicht auch bestroffen sein könnte :see_no_evil:. Aber je mehr ich mich mit dem Thema befasse , desto mehr habe ich die Befürchtung. Allein schon diesen Text zu schreiben fällt mir schwer, weil ich nicht weiss wo ich anfangen soll, es am besten zu erklären, dass mich auch jeder versteht. Ich habe gedanklich oft ein mega Chaos im Kopf. Bin getrieben von einer innerern Unruhe. Einen ganzen Sonntag zu hause zu sitzen fällt mir unglaublich schwer. Ich brauch immer was zu tun. Ich habe schon lange die Diagnose ,rezidivierende Depression und Angsterkrankung , wobei ich mich immer falsch verstanden gefühlt habe. Die Angstzustände kommen immer dann zu Tage , wenn ich das Gefühl habe, die Kontrolle zu verlieren. Ich bin ein total ordentlicher Mensch. Alles muss immer an seinem Platz sein, wobei ich oft nicht weiss wo ich Dinge hingelegt habe. Meine Wahrnehmung ist enorm. Betrete ich einen Raum oder eine Situation, wird alles abgescannt. Ich bekomme jegliche Stimmung mit und auch von den Gesprächen am Nebentisch bleibe ich nicht verschont. Ich schaffe es kaum ruhig zu bleiben, und bin in einer Sekunde von null auf hundert. Mich überreizen dann diese stressigen Situationen so sehr, dass ich , obwohl ich mich total anstrenge , trotzdem jedes mal Wütend werde. Und dann ist der Tag im Ar… und hat auch keine Chance mehr gut zu werden. Ach und von Aufschieberitis bin ich auch bertroffen. Ich habe schon die halbe Wohnung nach meinen Grundschulzeugnissen abgesucht, aber natürlichen weiss ich nicht mehr wo sie sind. Ich kann mich aber noch sehr gut daran erinnern, dass ich in der Grundschule ein echt mieses Stück war. Ich habe meine Mitschüler erpresst und ihnen Dinge weg genommen. Heute schäme ich mich dafür. :pensive: ich bin zum Glück auch nicht mehr so. In der weiterführenden Schule hatte ich wenig Freunde und wurde gemobbt. So richtig gute Noten und Motivation hatte ich eigentlich erst im Fachabi.

Meine Kinder tun mir leid, weil sie meine Stimmung oft abbekommen. Und natürlich ist die Situation mit meinem großen auch nicht immer einfach.
Manchmal glaube ich, dass die Depris und die Angsterkrankung nicht besser werden, weil ebend ADHS nicht erkannt und behandelt wurden. So richtig depri fühle ich mich auch eigentlich nie. Ich bin nur oft unzufrieden, weil mein Bedürfniss nach Perfektion nicht erfüllt wird. Bei mir muss immer alles 150 % perfekt sein.

Ich war schon auf der Suche nach Diagnostikern und Therapeuten. Aber alle Wartelisten, wo man so eine Diagnostik durchführen lassen kann, sind geschlossen.

Kennt jemand von euch diese Gefühle und Gedankengänge?
Und kann auch eine normale Psychotherapeutin so einen Diagnostik durchführen?

Liebe Grüße :raising_hand_woman:t3:

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Willkommen!
Erstmal: Ja, jeder Psychotherapeut kann so eine Diagnose erstellen. Theoretisch. Praktisches Problem ist, dass du jemanden brauchst der das a) überhaupt macht, b) auch noch bei Erwachsenen und nicht nur für Kinder und sich dann c) auch noch damit auskennt, und nicht nach alten Stereotypen schaut. Der ADXS Verein hat eine Liste mit Anlaufstellen, die kannst du per Mail anfragen.
(Wenn du aus dem Raum Hamburg/ Berlin/ Köln kommst und Interesse hast kannst du dich ja vielleicht auch mit dem User Luca verbinden, der sucht gerade nach jemandem wie dir mit ADHS Verdacht aber Problemen bei der Diagnosestellung.)

Ich kann deine Gefühle nachvollziehen, mir geht es in vielen Fällen genauso. Hut ab, dass du es so weit geschafft hast, und dann auch noch mit Kind.

Ich danke dir sehr für deine antwort. Ich habe drei Kinder. Der mittlere ist zwar stur zeigt aber sonst zum glück keine anzeichen. Die kleine ist 7 monate und ein total aufgewecktes und ausgeglichenes Mädchen.

Ich gebe mir die größte Mühe eine gute Mutter zu sein. Aber manchmal fühle ich mich wegen meiner Eigenarten schlecht und habe das Gefühl , ich würde ihnen Schaden zufügen. Das habe ich so auch noch niemanden gesagt. Weil ich immer denke die leute halten mich für bescheuert.

Die Angst davor, den Kindern durch die eigenen „Mängel“ zu schaden, kann ich gut verstehen. Davor habe ich auch angst, obwohl ich noch keine Kinder habe. Ich möchte das vorher soweit wie möglich aufarbeiten.
Die Wahrheit ist: Vermutlich wirst du Fehler machen, vielleicht hängen sie mit dem zusammen, was du Eigenheiten nennst. Menschen erziehen nicht perfekt und die meisten Kinder, auch wenn sie ihre Erziehung als grundsätzlich gut bewerten würden, haben am Ende ein paar Dinge, die sie selbst mal anders machen wollen. Dafür machen die bei ihren Kindern dann wieder andere Fehler.
Wichtig ist mMn ein offener Umgang und Ehrlichkeit. Sich selbst eingestehen, wenn man etwas nicht gut kann/ besser können sollte, und dann entsprechend daran arbeiten. Sich entschuldigen, wenn die Impulskontrolle mal nicht so gut geklappt hat, das ganze aber nicht als Ausrede nutzen, um nicht mehr dran zu arbeiten.

Wie wird denn dein Sohn therapiert? Gibt es da eventuell Ressourcen, auf die du in der Zwischenzeit zugreifen könntest? Wir haben auch einen Stammtisch für Eltern von und mit ADHS, vielleicht möchtest du dort mal reinschauen.

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Sehr tolle Worte. Ich entschuldige mich auch oft. Und bin ja selber auch in Behandlung und kann mich eigentlich auch gut reflektieren.

Unser Sohn bekommt Methylphenidat ubd Ergo. Allerdings gibt es zur Zeit vermehrt Probleme im sozalen Bereich im Umgang mit seinem Bruder. Da bin ich aber morgen beim kinder und jugendpsychiater und werde über die Medikation sprechen.

An dem Stammtisch würde ich gern teilnehmen.

Hallo Lolly 67

Ja aus deinem Beitrag Kommt mir sehr vieles bekannt vor
Ich bin ebenfalls sehr ordentlich und alles mussan seinen Platz
Eigendlich verlege ich nicht viel nur immer Dinge wie z. B Weihnachtsschmuck den man nur einmal im Jahr braucht, Zeugnisse und Lebenslauf den man für Bewerbungen braucht halt auch nur gelegentlich
Aber ich weiß auch teilweise nicht mehr welche Hosen, Schuhe und Tshirts ich im letzten Jahr getragen habe und wo ich sie genau aufbewahrt habe
Dinge die ich häufig brauche verlege ich so gut wie nie
Treffen und Versammlungen mit vielen Personen machen mich total kirre und wirr im Kopf so dass ich danach mehrere Stunden für mich brauche um das zu verdauen was ich erlebt habe
Daher sind für mich grosse Familietreffen wie zu Weihnachten der blanke Horror
Häufig haue ich dann während des Treffens etwas total unpassendes und für andere beleidigende heraus weil ich ich bei dem Stress nicht reflektieren kann ich habe auch schon im Vorfeld total schlechte Laune weil ich solche Treffen hasse und Smaltalk liegt mir sowieso nicht
Ich bin 54 und habe meine Diagnose erst seit 2 Jahren durch einen Burn Out bekommen

Hallo,

um eine Idee zu bekommen, ob, wie stark und mit welcher Ausprägung Du AD(H)S haben könntest, kannst Du den AD(H)S-Symptomtest auf ADxS.org machen. Es handelt sich um ein Onlinescreening. Eine richtige Diagnostik kann immer nur ein erfahrener Arzt oder Therapeut machen.
Viele User hier im Forum kennen den Test, sodass das Ergebnis hilft, Deine Beschreibung besser einzuordnen.

Viele Grüße

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Danke Ulbre, ich habe die Test beide gemacht. Bei Test 5 hatte ich 53,5 % und bei dem 4 hatte ich 67,39% der Symptome.

Bei meiner Mutter und meinem Mann, die die Fragen über mich beantwortet haben, waren die Tests allerdings unauffällig.

:woman_shrugging:t3:

Hallo @LOLLY87 ,

ich bin gerade in der Diagnostik und schwanke zwischen „das kann doch nur ADHS sein“ und „hör auf, dir so nen Blödsinn einzureden und komm mit deinem Leben klar“.
Ende März habe ich wohl Gewissheit.

Ich wollte dir nur mitteilen, dass ich den Test hier mit 38 von 46 Punkten beantwortet hatte. Also recht eindeutig, wie ich meine.
Meine Frau hat die Fragen zu mir immerhin noch mit 18 von 46 Punkten beantwortet.
Und meine Mutter kam auf sage und schreibe 7 von 46 Punkten.

Ich denke, gerade meine Mutter hat die Fragen nicht „ehrlich“ beantwortet. Vielleicht, weil eine Mutter dazu neigt, ihr Kind zu idealisieren?

Ich wünsche dir und deiner Familie jedenfalls, dass du die Diagnostik durchlaufen kannst und das euch, vor allem dir, nachhaltig geholfen werden kann.

P.S. Ich konnte die Wartezeit auf die Diagnostik verkürzen, indem ich mich als Selbstzahler angemeldet habe. Wäre das finanziell machbar? Wie ich es hier mitbekommen haben, liegen die meisten Selbstzahler bei etwa 400 €?

Liebe Grüße

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Wenn du schreibst in welcher Stadt du wohnst kann dir hier vielleicht jemand helfen bezüglich Diagnose.

Das machen nur wenige Psychiater und dann gibt es noch ADHS Ambulanzen an den Unikliniken.

Hier kannst du auch eine Liste anfordern:

Es gibt nur wenige Psychotherapeuten welche die Diagnostik machen - muss man auch meist selbst zahlen. Nach der Diagnostik brauchst eh einen Psychiater.

Danke für die lieben Wünsche, die kann ich nur zurück geben. Vielleicht hast du, was den Punkt mit der Mutter angeht recht. Ich habe mir auch gedacht, dass sie vielleicht gar nicht die Probleme wahr haben wollen.

400 euro ist ne stange Geld für jemanden in Elternzeit. Aber ich würde es auf mich nehme und bin dankbar für jeden Tipp.

Ich komme aus Bochum. Die Liste hab ich mir schon angesehen. Die LWL Klinik hat Aufnahme Stop. Das wäre meine erst Anlaufstelle gewesen.

Liebe Grüße

Aber im Ruhrgebiet gibts doch noch viele andere Möglichkeiten.

LWL Klinik Herten.

Uniklinik Münster wäre auch möglich.

Essen

https://www.contilia.de/einrichtungen/fachklinik-kamillushaus-heidhausen/psychiatrische-institutsambulanz-pia.html

Knappschaftskrankenhaus Lütgendortmund

Und LWL Klinik in Dortmund.

Super, vielen Dank. Hab ich mir grad alle rausgesucht. Werde mich gleich morgen mal dran setzen. :pray:

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In Dortmund die LWL wäre noch ne Stelle und in Essen haben die in der LVR Klinik ebenso eine Spezialsprechstunde für ADHS. Diagnostik machen die dort auch.

Vielleicht wollen sie die Probleme nicht wahrhaben, vielleicht nehmen sie sie aber auch gar nicht wahr. Und dabei ist ihnen vielleicht nicht mal ein Vorwurf zu machen. Niemand kann in jemand anderes Kopf schauen und das Chaos dort sehen, das man über die Jahre hinweg gelernt hat zu kaschieren. Von den wenigen Menschen mit denen ich über meine Probleme geredet habe, waren alle überrascht und hätten mich als sehr ordentlichen und durchorganisierten Menschen eingeordnet. Aber keiner von Ihnen wusste oder weiß welch hohen geistigen Energieaufwand ich dafür betreibe, wie das stresst und warum ich das eigentlich mache. Denn ohne Zettel, Ordnung und Terminplaner würde ich nichts mehr auf die Reihe bekommen. Und sie sehen auch nicht den ganzen unerledigten Krempel. Von daher verlass dich weniger auf das Urteil anderer, sondern rede mit jemandem, der sich damit auskennt. Viel Erfolg bei der Suche!!!