Was nervt euch am meisten an ADHS?

Brauch ich mich nicht zu fragen. Die Antwort könnt ihr euch denken :wink:

Ich bin 50, männlich, und habe erst letztes Jahr erfahren das ich ADS habe. Was mich an meisten nervt ist meine Unverlässlichkeit. Und das allem und jedem gegenüber. Ich habe die Schule in der 12. Klasse abgebrochen. Ich habe keine Berufsausbildung gemacht. Dennoch habe ich ein starkes interesse an Computern und habe mich selbständig machen können. Ich hatte zeitweise Mitarbeiter und Umsätze von mehr als 30.000 Euro pro Monat. Man könnte meinen: Cool! Aber nein! Durch impulsivität bei Geldausgaben, prokastinieren von wichtigen Dingen wie die Steuererklärung und einfach alles anstrengende beiseite zu schieben, habe ich einige meiner Kunden enttäuscht und bin jetzt letztendlich mit über 200.000 Euro Schulden in der Privatinsolvenz gelandet. Auch bin ich schon mein ganzes Leben übergewichtig (aktuell ca. 150Kg). Ich weiß genau, wie alles funktioniert: Finanzen, Business, Programmierung, Ernährung… hilft nur nicht.

Jetzt bin ich in einer Festanstellung und bekomme seit 3 Monaten Medis, wobei ich verschiedene Marken und Dosierungen ausprobiert habe. Ich denke ich habe jetzt ein gutes Mittel gefunden. Es hilft mir sowohl dabei, bei der Sache zu bleiben, als auch Aufgaben anzufangen und zu beenden. Ich war selber überrascht, als ich in die Küche ging und alle Dinge, die ich benutzt habe, auch wieder aufgeräumt habe. Ohne nachzudenken!

Ich habe viele Systeme entwickelt, um besser zurecht zu kommen (z.B. meine gesamte Post an einen Dienstleister weiterleiten lassen und dort Einscannen, oder das Türschloss per Handy öffnen zu können, Handy Kalender um keine Termine zu vergessen, etc.).

Ich weiß, das ich im ganz großen Stil an meinem Potential vorbei gerauscht bin. Denn wenn ich sehe, was ich schon so habe erreichen können, frage ich mich natürlich, was gewesen wäre, wenn ich diese Info mit dem ADS vieleicht schon 30 Jahre früher gehabt hätte.

LG aus dem Norden,
Marco…

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Hey Marco,

Danke fürs teilen!

Auch wenn es dir nichts bringt: zumindest hast du Mal an deinem Potenzial geschnuppert, mit deiner Firma :wink: aber ich kann mir vorstellen, dass man das als adhsler nicht so richtig genießen kann, weil man den Absturz evtl. Schon ahnt. Wäre bei mir so. Deshalb bin ich nie so großes Risiko eingegangen.

Klingt auf jeden Fall super mit deinen Systemen, die du dir geschaffen hast. Manche von diesen Strategien können zwar auch nerven, aber ich finde, da kann man auf jeden Fall stolz drauf sein.

Ich hab oft den Gedanken gehabt, dass ich einen kongenialen nicht adsler an meiner Seite bräuchte, mit dem ich mich ergänzen kann, um mein Potential zu nutzen. aber so richtig hat sich nie was ergeben und ich hab immer für mich allein gewurschtelt oder bin quasi Lohnarbeiter in irgendeiner Firma gewesen mit nem Job, den x andere auch hätten machen können…

Genau das hab ich heute bei Herrn Lachenmeier gelesen.

ich glaube, mich nervt am meisten mein Chaos zu Hause, dass ich es einfach nicht schaffe, Ordnung zu schaffen und dann auch zu halten. Bzw. erst mal auszumisten, um überhaupt Platz zu haben für den ganzen Kram. Und mein fehlendes Selbstcommitment/meine fehlende Selbstfürsorge, dass ich Termine mit mir/für mich nicht ernst nehme und immer wieder schiebe, meine Vorsätze (aufräumen z.B.) nicht umsetze, z.B. zwar für andere koche, aber mich selber oft mit irgendwas zufrieden gebe, …

Vielleicht kommt daher auch die Idee :smile:

Danke für deine Antwort, Sören. Naja, geahnt habe ich es nicht, da ich ja, wie gesagt, erst seit letztem Jahr davon weiß. Davor habe ich mich oft einfach für Unfähig gehalten. Ich hatte auch einen Burnout, weil ich versucht habe viele Bälle in der Luft zu halten um den Absturz in die Insolvenz zu vermeiden.

Nichts desto trotz ist einer meiner eigenschaften, niemals aufzugeben. Wenn ich mit der Insolvenz durch bin, werde ich es noch einmal mit der Selbständigkeit angehen und eine Menge „Learnings“ mitnehmen. Unter anderem einen Service beanspruchen, der mir die Einkommensteuer bereits von den Einnahmen abzieht und beiseite legt :slight_smile: Gibt es alles, man muss aber erst einmal seine schwachstellen herausbekommen.

Was Risiko angeht… das ist etwas, das mich selten von etwas abgehalten hat, wenn ich etwas wollte. Mein Motte ist „Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.“

Gott wo fange ich an, wo höre ich auf…

Es ist echt ein ambivalentes Verhältnis.

Zum einen liebe ich daran meine Kreativität und dass ich über den Tellerrand schauen kann, mir Dinge auffallen, die andere übersehen…

ABER:
Mich fuckt ab, dass ich trotz Medikamenten keinen gescheiten Reizfilter habe.
Dass ich oft schnell von allem überfordert bin, vergesse zu essen, oft einfach nicht aus’m a… komme…

Dann dieses (nach wie vor, auch wenn ich es schon deutlich reduziert habe) ewige maskieren und nach wie vor dieses Stigma in der überwiegend intoleranten Bevölkerung…

Dass ich ein Gedächtnis wie ein Sieb habe, mich kaum auf Dinge konzentrieren kann die mich eben nicht so interessieren, ich mich mit allem neuen wahnsinnig schwer tue, dass ich 3 x am Tag Elvanse nehmen muss um halbwegs für einen gewissen Zeitraum zu funktionieren, dass ich trotzdem nur einen GdB von 40 bekommen habe, die ganzen Begleiterscheinungen wie Depressionen oder RS…

Dass es kaum gescheite Fachärzte gibt, andere Ärzte und Personen das ganze relativieren / ignorieren / nicht ernst nehmen…

Ganz zu schweigen von dem Selbsthass, der Unsicherheit und so weiter bevor ich überhaupt davon wusste…

Und über allem schwebt immer latent diese verdammte Erschöpfung…

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Ich schreibe hierzu nichts, weil ihr ja schon alles aufgezählt habt.
Nur soviel, dass ich auch wütend bin, wenn ADXS so auch von Bezugspersonen relativiert wird.
Oft nur durch die Blume oder es kommt ein Augenrollen: kommt der schon wieder mit seinen Ausreden! Er kann doch, wenn er will.
Ja, trallalla, geschenkt!

Ihr schreibt genau das, was ich auch so empfinde.
Momentan oder seit einiger Zeit, diese masslose Erschöpfung. Verbitterung und Traurigkeit.

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@Hypoborea ich drück dich mal :adxs_trost:
Kann alles sehr frustrierend sein, verstehe ich absolut :worried:

Du bist auf einem guten hoffnungsvollen Weg, zumindest habe ich das in einem anderen Beitrag gelesen und ich hoffe natürlich das ist immernoch so. Gib nicht auf, du hast auf jeden Fall uns

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Ich kenne das von mir auch, ich Frage mich allerdings bei mir ‚warum nervt mich eigentlich mein unaufheräumter Schreibtisch?‘ ich will nicht sagen, dass ich Ordnung nicht zu schätzen wüsste, aber eigentlich ist es mir oft auch schnurz. Ich glaube bei mir ist es so, dass die meisten Sachen in diese Richtung, die mich nerven, wie du sagst, auf fehlendes sekbstcommitment zurück fallen. Wenn man sich vorgenommen hatte, den Schreibtisch aufzuräumen, ist jeder Blick auf den unaufgeräumten Schreibtisch ein Beleg für meine unfähigkeit.
Auch 'termin mit mir selbst ’ oder Selbstfürsorge sind so ein Ding. Ich kann mich an viele Situationen im Leben erinnern, wo mir eine winzig kleine innere Stimme gesagt hat ‚du hattest dir eigentlich was anderes vorgenommen‘ oder ‚das wäre der Moment, Strategie xy anzuwenden‘ aber da kommt dann wohl Exekutive Dysfunktion ins Spiel oder so. Wahrscheinlich läuft viel auf die Verzweiflung beim Kampf mit mir selbst hinaus…

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Oder einfach nur blankes unverständnis bei Bezugspersonen.
‚wie? es strengt dich ALLES an?‘
Das scheint vorstellungskräfte zu übersteigen.

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@MikaLaura: Ich hab dir noch gar nicht geantwortet, entschuldige!
Erstmal finde ich es stark, dass du deinem Chef ggü. deine ADHS offen kommunizierst und ihr darüber reden könnt, wenn dir gerade z.B. die Konzentration schwerfällt. :muscle: Dazu gehört Mut, weil ADHS (und mentale Erkrankungen) immer noch stigmatisiert wird. Kann deine Frustration aber so nachvollziehen!! :neutral_face: Ich hab das z.B. grundsätzlich bei Meetings, ob intern oder extern mit Kunden - ich weiß hinterher einfach nicht, was besprochen wurde. Obwohl ich da sitze und zuhöre. Es kommt nicht richtig an, bleibt nix hängen , zumindest in den allermeisten Fällen. Ich will schon gar nicht mehr an Kundenterminen teilnehmen. Es ist unangenehm während des Termins und unfassbar peinlich danach, weil ich beim Projektmanagement nochmal alles nachfragen muss. :dotted_line_face:

Von Gesprächen - ob privat oder bei der Arbeit - kenn ich das auch. Einfach nicht folgen können, obwohl man doch zuhört. Hab da auch schon oft von meinem Freund ne beleidigte Rückmeldung bekommen: „Du hörst überhaupt nicht zu“ oder: „Interessiert dich das überhaupt?“.

Mit dem Gespräche im Kopf führen meinte ich noch etwas anderes. Ist mir echt nen bisschen peinlich, aber ich führe total häufig am Tag gedankliche Gespräche, die in der Realität aber nie stattfinden werden. :face_with_hand_over_mouth: Ganz oft nach Konflikten oder generell, wenn ich in einem Moment nicht das loswerden konnte, was ich gerne gesagt hätte - entweder, weil ich mich nicht getraut habe, es anzusprechen, oder weil es mir in dem Moment nicht eingefallen ist. (Vielleicht hat das auch gar nix mit ADHS zu tun, sondern mit einem meiner anderen Störungsbilder. :thinking: Oder weder noch und es ist einfach „normal“.) Ich find’s jedenfalls sauanstrend, dass mein Kopf den ganzen Tag labert und labert, oft eben in Form von fiktiven Gesprächen, und ich mich schlecht auf das konzentrieren kann, was in dem Moment tatsächlich außen passiert. Bitte sagt mir, dass irgendwer hier das noch kennt. :see_no_evil:

Zum Thema Imposter Syndrom: Hierzu kann ich leider nichts Fundiertes beitragen, da ich mich noch nicht eingelesen habe. Persönlich, als Laie, erklär ich mir das so, dass wir mit unserer ADHS-Struktur naturgemäß Schwierigkeiten mit Fokus und Konzentration haben, also die Erfahrung machen, dass Dinge nicht so klappen oder extreeem schwerfallen. Und das zerrt natürlich am Selbstwert und -vertrauen. Und die meisten von uns haben wahrscheinlich im Laufe ihres Lebens oft negative Rückmeldungen bekommen, dass sie etwas nicht schnell genug/präzise genug machen, dass sie sich mal mehr anstrengen sollen, dass sie schludrig sind usw. usf. Und das beides zusammen - Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung - führt wahrscheinlich dazu, dass wir an uns selbst und unseren Fähigkeiten zweifeln?!?

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Oh man, ja. Das fühl ich alles so sehr! Und es macht mich richtig traurig und tut mir in der Seele weh, zu lesen, wie auch andere Menschen darunter leiden. :mending_heart: Also, unter den Symptomen selbst, aber vor allem auch an der Ignoranz und/oder dem Unverständnis aus dem Umfeld.

ADXS kann uns auch ganz tolle Erfahrungen bringen (ich mein damit zB. den positiven Hyperfokus, die Kreativität etc.) Aber ich finde es total wichtig und auch angemessen, das Leid anzuerkennen, dass es eben auch für einen Menschen bedeuten kann.
Insbesondere Stigmatisierungen und immer wiederkehrendes Unverständnis aus dem Umfeld tun einfach verdammt weh!

Glaub, das ist für mich persönlich der größte Pain: dass ich mich so oft unverstanden fühle und wie ein Marsmensch, der iwie von seiner Umwelt abgeschnitten ist. :slightly_frowning_face:

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Diese ewige Planlosigkeit.
Mache ich keine Pläne oder mache ich mir welche, die ich vermutlich nich einhalten werde?
Schaffe ich mir eine Routine und kann ich die einhalten?
Denke ich wieder zuweit und bin schon bei Punkt drei ohne Punkt 1 oder 2 überhaupt erdacht zu haben?
Oder denke ich solange an Punkt 1, dass ich gar nicht dazu komme, mich um alle anderen Punkte zu kümmern?
Ich will lernen, aber ich weiß nicht wie viel Zeit es in Anspruch nimmt. Und dann bin ich gestresst, weil „ich müsste ja mal damit anfangen“ und dann tue ich es nicht, weil ich gestresst bin, was mich dann stresst, weil ich ja auch noch andere Dinge machen muss, die ich zeitlich nicht spüren kann. Und mache dann gar nichts.
Dieses „nicht planen können“ wie viel Zeit welche Aktivität in Anspruch nehmen wird, macht es mir unmöglich alles unter den viel besagten Hut zu bekommen. Ich plane zu viel, weil ich denke, dass ich für alles nur wenig Zeit brauche und sitze dann am Ende des Tages da ohne irgendwas geschafft zu haben und fühle mich schlecht… „warum kriege ich nichts hin?“
Oder alles geht viel schneller als erwartet und am Ende meiner Pläne ist noch so viel Tag übrig. Und die Zeit will gefüllt werden. Nur…womit? Doom-Scrolling, Essen oder Schlafen? You never know.
Die Zukunft ist ein zeitliches Mysterium.

Und diese riesige Hürde, etwas zu tun. Gehemmt durch so viele negative Emotionen aus der Vergangenheit, in der ich „nichts auf die Kette kriege“ und „ein versager bin“, weil ich mich auf nichts konzentrieren konnte. Ich nehme Medikamente, das Ursprungsproblem ist nicht mehr da. Ich kann mich konzentrieren. Aber meine Ängste fressen mich auf, weil ich Angst vor den Gefühlen habe, die ich immer beim Versuch „durchzuziehen“ verspürt habe. Ich könnte jetzt „durchziehen“, aber das kommt in mir nicht an.

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Du bist definitiv nicht allein. Ich „ackere“ in Gedanken auch jedes Gespräch durch, die vergangenen und die, die anstehen. Die zukünftigen Gespräche auch gerne in verschiedenen Ausführungen. Es könnte ja alles mögliche passieren. :rofl:

Generell kann ich mich in verschiedenen Abstufungen eigentlich allen Aussagen anschließen. So doof es ist, dass es so viele Beeinträchtigungen gibt, so schön ist es, nicht damit alleine zu sein.

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Klar. Ist das nicht normal :joy:
Also, ohne Witz: ja, kenne ich gut :slightly_smiling_face:

Das erklärt ganz gut, warum ich trotz medikinet immer noch viel mit ‚ich weiß, da gibt es etwas zu tun, aber ich mach es nicht‘ zu kämpfen habe. Was für riesen widerstände gegen nichts. Ich hoffe, da fruchtet irgendwann die Therapie :pensive:

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Und das EWIGE Gefühl, dass niemand mich mag.
Zu viel negatives Feedback hat mich ganz klein gemacht. Ein Schrumpfer.
Das ist nicht alles RSD.
Ja, Selbsthass, weil ich ewig meinen Anforderungen hinterherhinke, und von anderen als Faul, Dumm und Inkonsequent betitelt wurde.
Keiner sieht wie ich mich anstrenge. Aber alle sehen meine Fehler.

Das soll kein Mimimi sein, aber wenn ich so höre, anderen geht es auch nicht gut, bekomme ich das :face_vomiting:

Ich habe momentan das Gefühl, ich kann nur noch im Hyperfocus funktionieren! Einkaufen, Sport, Haushalt…
Alles hintereinanderweg ohne Pause, denn mache ich eine, komme ich nicht mehr hoch.
Kein Wunder, dass ich immer so Erschöpft bin.

Danke Lea!!!:+1::heart:

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Noise cancelling Kopfhörer.

Kann ich dir nur empfehlen.

Hilft mir dass mich Dinge wie einkaufen oder Menschenmengen nicht mehr so maßlos überfordern und fertig machen.

Gehe nicht mehr ohne aus dem Haus…

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