Wechsel von Medikenet zu Elvanse (Rechtfertigung vor der Krankenkasse)

Hallöchen, ich bin ganz neu hier und bin noch nicht ganz durchgeblickt, wie ich am besten einen Beitrag erstellen kann oder in welche Kategorie ich ihn packen sollte. (sorry, falls es diese Frage schon gibt, ich habe sie nicht gefunden).

Erstmal zu mir als Person, ich bin weiblich, 23 Jahre alt, Studentin und vor ein paar Wochen mit ADHS diagnostiziert worden, nachdem ich mich mein ganzes Leben wie ein Alien gefühlt habe. Nun macht alles erst einmal Sinn und ich habe mittlerweile auch einen Therapieplatz bekommen und eine Psychiaterin gefunden.

Bei ihr war ich am Donnerstag das erste Mal und sie hat mir Medikinet (retardiert, 5mg, 1-0-0)verschrieben.
Nach einer Woche soll ich auf 2-0-0 umsteigen.

Nun ist es so, dass ich bereits Ritalin und auch Elvanse ausprobiert habe von einer Bekannren, die adhs hat und schon lang medikamentös behandelt wird.

Kurz vorher: ich weiß, dass mich womöglich einige dafür verurteilen werden und ich weiß auch, dass das nicht sehr vernünftig von mir war, aber ich hätte nicht gedacht, dass ich Hilfe bekommen werde, weil alles mit so langer Wartezeit verbunden ist und man so oft nicht ernst genommen wird. Ich war verzweifelt und musste einfach wissen, ob es hilft.

Ich habe Medikinet und Ritalin (in verschiedenen Dosen) nicht so gut vertragen. Ich hatte das Gefühl, meine Symptomatik würde teils verstärt, und ich war innerlich angespannt unruhig. Konnte mich nich weniger konzentrieren, war schlapp und vergesslicher. Ich war zwar etwas ruhiger und manchmal konnte ich mich konzentrieren, aber das verflog schnell wieder. Ich wollte nicht mit Menschen sprechen und lag nur im Bett. Es war ein auf und ab und ich hatte trotz Nahrungsaufnahme vorher und Verzicht auf Koffein wie einen Stein im Magen und nur Magen-Darm-Probleme.
Bis auf diese auf und abs habe ich aber die meiste Zeit so gut wie nichts gemerkt. Es fühlte sich nicht wie normale Nebenwirkungen an, sondern als würde ich das Präparat körperlich nicht gut vertragen. Ich habe eine Binge-Eating-Störung, die seit Einnahme von Medikinet deutlich schlimmer geworden ist und mein ganzer Alltag ist durcheinander. Durch die Uni und meinen werkstudentenjob habe ich jeden Tag unterschiedliche Zeiten. Manchmal muss ich um 5 aufstehen und manchmal muss ich um 5 ins Bett gehen. Die unkontrollierte und gefühlt fast willkürliche Wirkung macht es gefühlt unmöglich, durchgehend professionell zu bleiben, da ich noch stärkere Schwankungen habe.
Ich arbeite mit Kindern und Jugendlichen und wir kochen z.B. oft gemeinsam sehr aufwändige Gerichte und essen diese gemeinsam. Währenddessen gehe ich mit den Kindern ins Gespräch. Da konnte ich nicht mehr mitmachen, weil ich dann noch eine Tablette nehmen musste und ich vorher schon was essen musste. Oder z.B. versuchte ein Jugendlicher mir etwas anzuvertrauen und ich konnte physisch nicht da stehen und zuhören. Ich wollte wegrennen und nie mehr mit Menschen sprechen.
Ich studiere dazu soziale Arbeit und alles was ich in meinem Leben mache, setzt enorm viel soziale Interaktion voraus und das kann ich nicht mehr so.

Bei Elvanse war es anders. Ich habe das erste mal 50 mg genommen (ich weiß, ihr dürft mit dem Kopf schütteln…)
Ich hatte minimale Nebenwirkungen. Nur einen etwas trockenen Mund und ein biiiisschen weniger Appetit. Dafür waren ALLE meine Symptome um einiges weniger stark. Es hat sich richtig angefühlt. Mein Herzschlag war genau wie vorher, ich habe alles regelmäßig kontrolliert. Ich habe mich das erste mal in meinem Leben gefühlt, als könnte da mehr sein als sich nur durchs Leben zu schleppen- als nur zu existieren. Ich war geerdet in meinem Körper. Ich konnte mich wieder mit Freunden treffen und diesen zuhören. Meine Hobbies, mein Klavier, meine Bücher- Dinge, die ich so sehr liebe, konnte ich konzentriert ausführen und Geniessen, da ich bei der Sache war. Jedes Symptom ist so viel besser geworden. Ich habe mich gefühlt wie vorher, aber als hätte ich endlich eine Krücke für mein metaphorisch gebrochenen Fuß bekommen.

Ich habe der Psychiaterin alles ehrlich erzählt, diese war natürlich auch nicht begeistert. Aber ich hatte die Hoffnung, dass ich mit elvanse beginnen kann (da es auch unabhängig von meiner „heimlichen“ Erfahrung viele Argumente gibt, dass dieses Präparat für mich besser geeignet ist, (auch gesundheitliche)) und ich mich sehr wahrscheinlich schlecht fühlen werde mit Medikinet.

Lange Rede kurzer Sinn: ich habe wie oben geschrieben Medikinet bekommen und es geht mir genauso wie ich es erwartet habe. Ich habe mich krankgemeldet und nehme die Medikamente trotzdem, damit ich ihr zeigen kann, dass ich es ausreichend versucht habe. Aber es geht mir sehr schlecht damit.

Aber ab wann wurde es ausreichend getestet? Sie sagte, elvanse müsse sie vor der Krankenkasse rechtfertigen. Ich frage mich, wie das beurteilt wird, ab wann ich es quasi offiziell nicht vertrage.
Es ist ja alles noch so frisch und ich weiß, ich bin nicht richtig eindosiert und das brauch Zeit.
Aber ich fühle mich nicht falsch dosiert, sondern so, als würde ich eine körperliche Unverträglichkeit haben.
Ich hab Ansgt, dass sie das jetzt erst ein paar Monate hochdosieren will, dann vielleicht auf Ritalin umsteigt und ich mich so lang nicht gut fühle.

Am 23.1. bin ich wieder dort und frage mich, ob ich so schnell schon umsteigen könnte und ob alles was ich oben beschrieben habe als Rechtfertigung reichen würde ?

Habt ihr damit Erfahrungen ? Denkt ihr, ich habe gute Chancen ? Viele haben geschrieben, sie bekommen direkt Elvanse, einige sagen, es wird sogar fast schon verteufelt. Ich steigere mich gerade auch total rein und bin in einer Art wartemodus gefangen.

Ich entschuldige mich im Voraus für diesen langen Text und ich hoffe, er ist nicht zu unstrukturiert. Ich habe noch nie in einem Forum geschrieben und mein Chaos im Kopf hat den Text jetzt einfach so ausgespuckt. Ich bin so durcheinander.

Ich bedanke mich im Voraus für eure Antworten und Erfahrungen

Viele liebe Grüße

Julie

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Elvanse bzw. LDX ist mittlerweile sogar als Generika erhältlich und natürlich zahlt die Kasse das.

Wird für Erwachsene sogar eher empfohlen als MPH. Warum wird es verteufelt?

Bei Methylphenidat finde ich auch eher Kinecteen und concerta sowie deren Generika besser, die wirken gleichmäßig

Medikinet ist ein einziges Dosis Chaos.

Ansonsten gibt’s noch einige andere hilfreiche Medikamente wie Atomoxetin, Bupropion, Guanfacin, Clonidin, Imipramin bei ADS, teilweise auch Buspiron, da kann theoretisch auch der Hausarzt helfen.

Psychiater sind meiner Erfahrung nach sehr kompliziert und oft dominant und kennen sich leider auch längst nicht alle besonders gut aus. Ich lese alle Dinge immer gründlichst selber nach und musste einige Psychiater ausprobieren, bis ich endlich jemand Fähigen und Sympathischen gefunden habe, die meine Wünsche berücksichtigt und mir nicht „sinnlose“ Medikamente auf „zwingt“ und mir Dinge erzählt, die jeder Literatur widersprechen

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Hi @Julie1 und herzlich willkommen! :adxs_wink:

Ich lese bei Dir ganz viel negative Erwartungshaltung und die kann Dir natürlich auch einen Streich spielen - das nennt man den Nocebo-Effekt.

Isst Du denn ausreichend direkt vor der Einnahme von Medikinet retard?
Lässt Du Koffein konsequent weg?
Isst und trinkst Du genug über den Tag verteilt?

Das wird die Ärztin entscheiden. Die Krankenkassen wollen, dass erst Mal das günstigere Methylphenidat auszuprobieren ist, bevor sie das teure Elvanse bezahlen.

Wenn du wöchentlich hochdosieren sollst, wirst Du nicht ein paar Monate bei Medikinet hängen bleiben. Sie wird dich nicht bis zur Tageshöchstdosis von 80 mg in 5 mg-Schritten „durchlaufen lassen“, bevor etwas anderes probiert wird, wenn Du damit nur Probleme hast.

Es kann aber gut sein, dass sie Dir nicht gleich Elvanse verschreibt, sondern erst noch Ritalin oder Concerta oder Kinecteen… Die Eindosierung ist leider kein Wunschkonzert und jeder Arzt fährt seine eigene Strategie.

Ich verstehe total, dass Du frustriert bist. Mein Arzt wollte unbedingt, dass ich als erstes Atomoxetin probiere und ließ sich nicht davon abbringen. Ich habe mich richtig mit ihm gezofft deswegen - er blieb dabei. Habs dann ausprobiert, ging in die Hose, danach gabs was anderes.

Vermutlich wollen die Ärzte auch erst mal testen, ob Du Dich an ihre Anweisungen hältst. Stimulanzien sind halt keine Lutschbonbons. Gerade wenn Du schon in Eigenregie herumprobiert hast, kann ich die Zurückhaltung Deiner Ärztin durchaus verstehen, Dir jetzt genau das zu verschreiben, was Du unbedingt haben willst.

Du wirst Dich da wohl in Geduld üben und evl. noch anderen Medikamenten eine Chance geben müssen, bevor Du ein Rezept für Elvanse in den Händen halten darfst.

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Du hast Recht. Sorry für meinen Beitrag. Ich bin unter MPH derzeit so überdreht, manchmal schwer nachzudenken, was ich eigentlich schreibe.

Frage mich allerdings, warum nicht Kinecteen und Retardierungen dem Medikinet vorgezogen werden, die Eindosierung und Handhabung von Medikinet ist ja wirklich das Komplizierteste, was man an Methylphenidat geben kann und die Wirkung höchst instabil.

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Medikinet ist das einzige Retard-Präparat, was ab 5 mg erhältlich ist. War jedenfalls für meinen Arzt der Grund, warum ich das nach Atomoxetin bekam (habe natürlich wegen der Esserei schon wieder rumdiskutiert :adxs_zwinker:).

Man kann halt ganz klein anfangen und in kleinen Schritten hochdosieren, das geht mit Ritalin oder Concerta nicht so gut. Als ich bei 10-5-0-0 angekommen war, konnte ich auf Kinecteen (18 mg) umsteigen und damit weitermachen.

Bei Kindern fängt man üblicherweise mit unretardiertem MPH an - wirkt nicht so lange, die Tabletten sind teilbar und so kann man in kleinen Schritten die passende Dosis rausfinden. Unretardiertes MPH ist aber blöderweise für Erwachsene nicht zugelassen und könnte nur off-label verschrieben werden. Da es aber andere zugelassene Medis mit dem gleichen Wirkstoff für Erwachsene gibt, wirds halt für die Eindosierung nicht verschrieben.

Eine off-label-Verschreibung muss begründet werden - was schwer wird, wenn noch nichts anderes probiert wurde. Dass dieses Zulassungsgedöns in dem Fall total bescheuert ist, darüber brauchen wir wohl nicht zu diskutieren. :adxs_rolleyes:

Sehr ungewöhnlich.

  1. wenn du das essen nicht punktgenau triffst, hast du bei Wirkungsende heißhunger, das kann durch aus sein. Also im zusammenhang mit binge eating störung.

  2. unmöglich zu sagen wie du das verbessern kannst ohne genauere daten über deinen gesundheitszustand

klingt gut. frage:

ist das bei 4 wochen lang nehmen auch so?

das weißt du nicht.

erzähl mal was du an dem tag des elvanse experiments gegessen hast. deine fitness.
was du gemacht hast. wie es dir abends ging. wie ging es dir am nächsten tag.

binge eating und elvanse und medikinet ist en heißes thema. kann komplett erfolg sein oder arg in die hose gehen, aus verscheidenen sehr interessanten, sehr komplizierten gründen.

grundsätzlich sehe ich hier die schangse zum erfolg.

lass dich nicht beirren. das ganze ist ein long game, viele, sehr viele haben anfänglich keinen erfolg, und probieren es monatelang, und haben dann die lösung.

Der laberflash ist unwiderstehlich, einfach nur eine pest. kann ich verstehen. macht nix.

Danke für deine Antwort!
Ja, einen guten Psychiater zu finden ist echt nicht leicht.
Auch telefonisch bei der Praxis wollte man mir keine Auskunft geben, was ich nun machen soll. Also ob ich absetzten oder erhöhen soll. (Fahrt dahin leider 2h)
Ich warte jetzt einfach (nicht meine Stärke) :joy:

Danke für deine Antwort!

Das kann gut möglich kein. Ich bin so fixiert darauf, endlich eine Besserung wahrzunehmen.

Mittlerweile sind die Nebenwirkungen etwas weniger geworden, also die körperlichen, aber ich fühle mich depri und ängstlich. Zwar minimal ruhiger, aber nur zwischendurch mal.
Will gar nicht mit Menschen sprechen und mein Antrieb ist bei 0. gehe nicht mal auf Toilette, wenn ich muss :sweat_smile:

Ja, Koffein habe ich komplett gestrichen und ich habe vor jeder Einnahme und auch danach ausreichend gegessen und getrunken, auch wenn ich morgens nicht viel runterbekommen habe

Da hast du Recht. Ich warte einfach mal bis zum nächsten Termin. Geduld kann ich leider nicht zu meinen Tugenden zählen haha.

Darf ich fragen, was du mittlerweile nimmst und wie das Atomoxetin bei dir gewirkt hat?

Danke für deine Antwort!

Langfristig habe ich bei elvanse natürlich keine Erfahrungswerte, aber ich denke, dass es schonmal ein gutes Zeichen ist, wenn man trotz keiner richtigen Eindosierung eine erhebliche Verbesserung der Symptome mit fast keinen Nebenwirkungen hat. Habe an einem Tag der Einnahme gearbeitet und am anderen war ich spazieren und hab hier und da etwas erledigt. 3x gegessen (ausgewogen)

Bei Ritalin und Medikient hab ich mich beim ersten Mal direkt komisch unwohl gefühlt. Und fühle mich mit medikinet immer noch seltsam, schwer zu beschreiben. Aber nicht gut.

Körperlich bin ich bis auf ein paar orthopädische Geschichten komplett gesund und im Normalgewicht.

Ja, das stimmt. Vielen Dank.

Der Hauptgrund dafür, dass Medikinet so viel verschrieben wird, dürfte die PR Abteilung von Medice (Hersteller) sein.

Die machen n echt guten Job.

Auch wenn ich persönlich von denen, außer Abstand, nicht wirklich was halte🤷‍♀️

Absolut korrekt.

Zumal Elvanse auch den Vorteil hat, dass es (theoretisch) deutlich länger wirkt als MPH Präparate. Dazu kommt noch, dass du es theoretisch sogar nüchtern einnehmen kannst (ist für mich persönlich bspw ein wahnsinniger Pluspunkt).

Wie geht es dir denn bisher mit Elvanse?

Aber Kinecteen ist doch auch von denen, könnten sie doch dafür die Werbetrommel rühren…
Seltsam alles

Mit kinecteen habe ich persönlich keine Erfahrungen gemacht.

Müsste mich erst einlesen.

Wenn es aber vom selben Hersteller ist, werde ich mein Leben lang n sehr weiten Bogen drum machen nachdem wie es mir mit Medikinet ging :zipper_mouth_face:
(Bin da echt gebranntmarkt bei dem Thema)

Es ist halt weiterhin Methylphenidat in anderer Galenik. Ähnlich wie Concerta und Generika halt

28% unretardiert, 72% retardiert in langsamer Freisetzung. Unabhängig vom Essen

Medikinet ist 50% unretardiert und 50% retardiert aber vom Essen abhängig.

Ändert für mich persönlich halt nichts an der Tatsache, dass ich mit Medikinet sehr negative Erfahrungen gemacht habe :wink:

Aber generell gut zu wissen.

Ja, das Medikinet dass (aktuell?) das einzige ADHS Medikament am Markt ist, was vom essen abhängig ist, ist leidlich bekannt.

Wie gesagt, gebrannt🙈