Wenn man feststellt, dass der Partner ADHS hat

Hallo Julia,

nein, wir machen bei meinem Mann bisher nichts. Ich habe mich damit noch nicht befasst, schätze aber, dass nur Medikamente einen echten Effekt haben würden.
Zwei unserer drei Kinder haben AD(H)S und bei einem sind wir mit der Medikation nun zufrieden, beim anderen starten wir erst. Es ist beeindruckend, wie die richtigen Medikamente wirken.

Bei meinem Mann scheint es im Gegensatz zu unseren Kindern aber kaum Leidensdruck zu geben. Bei der Arbeit läuft es. Er ist Informatiker und kommt mit den Aufgaben klar. Allerdings beklagt er sich gern, dass ihm in Meetings keiner zu Ende zuhöre und er nicht ausreden dürfe, obwohl er noch gar nicht die Frage richtig beantwortet habe. Ich unterbreche ihn aber auch, weil er minutenlang reden kann und man dabei nicht das Ende absehen kann. Aber davon abgesehen, scheint es bei der Arbeit keine Probleme zu geben. Ich bin aber sicher, dass er sein Potential nicht ausschöpft und sich bei den Aufgaben an Kleinigkeiten festbeißt und zu viel Zeit braucht.

Ich überlege - auch angeregt durch die Kommentare hier (Danke dafür!) - das Thema nochmal anzusprechen.
Klingt blöd, aber ich will irgendwie nicht die meckernde Ehefrau sein und ihm seine Defizite vorhalten.

Viele Grüße
Katha

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Oh Manno was zum Geier hat das mit „meckernder Ehefrau“ oder „Defizite vorenthalten“ zu tun wenn man seinem Partner die Möglichkeit eröffnet sich weiterzuentwickeln?, rein garnichts!, dabei sollte es genau darum gehen, dass ER was lernt, sein eigenes Verhalten und die resultierenden Folgen direkt zu spüren bekommt und seine Verantwortung dafür selbst übernimmt, nicht mehr, nicht weniger.

Im Gegenteil!, wenn der Partner aus seiner jetzigen Situation in der er sich ab und zu vielleicht fast wie ein kleines Kind vorkommen muss rauskommen soll, indem er lernt das seine Partnerin ihm vertraut, dass er seine Angelegenheiten selbst regeln kann, auch wenn es nicht immer „sofort“ oder „perfekt“ ist, er seine Angelegenheiten aber trotzdem „alleine“ regeln kann, ohne eine „Aufpasserin“ im Rücken die ihn bei der geringsten Verfehlung „massregregelt“, dann gewinnt der Mann vielleicht auch wieder Vertrauen in seine eigenen Leistungen.

Denn Sorry wenn ich das so sage, aber ich habe hier gelegentlich ein bisschen den Eindruck, dass er eventuell egal was er macht, es vielleicht einfach nicht immer nicht „perfekt“ genug macht?.

Das jedes kleine Ding das mal liegen bleibt sofort zum „Problem“ hoch stilisiert wird, und Wehe dem wenn das „perfekte Heim“ durch seine „unperfekte“ Art, oder seinem vermeintlichen chaotischen Lebensstil verunstaltet wird?.

Ich weiss nur aus eigener Erfahrung, dass junge Mütter durchaus in einen Perfektionismuswahn verfallen können der leicht all zu schnell ins unrealistische abzudriften droht, was sich glaube ich auch Nestbau Instinkt nennt.

Klar möchte man seinem Kind Sicherheit, ein schönes, sicheres, sauberes Zuhause bieten, aber eben wenn es in einem unrealistischen Lebensbild endet das einfach fernab jeglicher Realität endet, spätestens dann geht es definitiv zu weit.

Keine Ahnung, aber ich selbst war nie so perfektionistisch das ich meinem Mann die Sachen die er für seinen Job gebraucht hat, oder hätte gebrauchen können, hinterher getragen hätte, ich habe mich da nie eingemischt, weil das schlicht und einfach „seine eigenen Angelegenheiten“ waren, genauso wenig wie er sich in meine Job Angelegenheiten eingemischt hatte, sowas gab es nie zwischen uns.

Und im Privatleben haben wir versucht uns unsere Ämtli nach unseren Fähigkeiten und Vorlieben zu teilen, mal hat es geklappt, mail nicht, mal besser mal schlechter, mehr kann man nicht machen, es geht eben immer auf und ab, so ist das Leben.

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@AbrissBirne, ich stimme dir da zu, wobei es scheinbar klang, als ginge es um Perfektionismus. Hier „addieren“ sich die Posts von Julia und mir gedanklich und der Eindruck entsteht wohl unabsichtlich.

Das war ein Missverständnis. Es ging um „Defizite vorhalten“ nicht „vorenthalten“.

Ich finde das Thema schwierig, weil das in die Richtung abrutscht, die schon bei dir ankam: als würde ich meinen Mann wie ein Kind behandeln oder maßregeln. Das ist ja genau das, was ich weder tue noch möchte und daher ist ein „lass uns mal die ADHS-Diagnostik machen, weil es nicht rund läuft“ ein sensibles Gesprächsthema. Aber ja, es eröffnet Möglichkeiten.

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Also das ist in einer Ehe wirklich ein ganz ganz heikles Thema… manchmal ist es einfach so, dass es Zeit braucht, vielleicht auch Jahre, vielleicht wird der Partner auch einfach beim nein bleiben.

Mit Adhs Kindern im Boot ist es sowieso schwierig, eine „Ehe“ zu führen. Bei uns ist es fast mehr so wie ein Erziehungsteam, ein Hortteam… eine Ehe würde ich das fast schon gar nicht mehr nennen bei uns…

Eine „Ehe“ zu führen, oder führen zu sollen, das würde uns regelrecht überfordern.

Nun ja aber bei uns spielen bei beiden Kindern auch andere Probleme als nur ADHS eine Rolle.

Und da mein Mann eigentlich bisher so viel Sinnvolles und Hilfreiches beiträgt zu unserem Haushalt, im Beruf auf jeden Fall klar zu kommen scheint, wäre es aus meiner Sicht wirklich eine Bevormundung, ihn zu einer Diagnostik zu zwingen.

Es war ja sogar so, dass, als ich mich diagnostizieren lassen wollte, er meinte, das sei Quatsch. Daraufhin habe ich ihm nichts von meiner Diagnostik erzählt, erst heimlich und dann immer weniger heimlich meine Medikamente genommen und irgendwann war es dann einfach so das ich meine Medikamente nahm. Ich hab dann auch gesagt, dass ich ohne diese Medikamente einfach überhaupt nicht mehr funktionieren würde.

Aber all das hat ihn eben nicht dazu bewogen, selber eine Diagnostik anzustreben.

Wir sind eigentlich beide inzwischen einig, dass mein Mann auf jeden Fall genügend Asperger Eigenschaften hat, die noch stärker ins Gewicht fallen als das ADHS. Und eine Autismus Diagnostik brauchen wir jetzt nicht, weil ASS ja sowieso nicht gezielt mit Medikamenten behandelbar ist.

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@Katha tut mir leid, ich bin im Moment wahrscheinlich gerade emotional übersensibilisiert, was weder Dir noch @Julia1986 in diesem Moment gerecht wurde, was tatsächlich damit zu tun hatte, dass ich heute ein emotional aufwühlendes Telefonat geführt habe, ich hätte danach nicht auf dieses Thema antworten dürfen, deshalb Sorry, dass war ohne Frage falsch von mir. :bouquet:
Wie auch immer, trotzdem halte ich aber daran fest, dass ein Partner, egal ob Mann oder Frau, der: die in einer Partnerschaft seine eigenen Baustellen nicht vollständig übernehmen kann, dies selbständig lernen „muss“, zu seinem eigenen Wohl, es kann und darf nicht sein, dass diese Person aufgrund dessen, dass andere, auch wenn es noch so gut gemeint ist, nicht selbst lernt für sich selbst zu sorgen, so in etwa jedenfalls meine ich das, denn der: die Partner:in der: die diese Aufgaben „zusätzlich“ übernimmt, wird am Ende deswegen früher ausgepowert sein, als der: die Partner: in der: die das „eigentlich“ lernen sollte, was wichtig für die eigene Entwicklung ist, und sich erst dann zum Wohle aller entwickelt, wenn diese Person das entgültig verstanden hat, so in etwa war das gemeint, und auf keinen Fall böse oder irgendwie negativ zu verstehen, hoffe das kein Missverständniss irgend einer Art entstanden ist. :heart:

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Ja da ist schon auch viel wahres dran, Abrissbirne, dass ein Partner dem andern nicht alles komplett hinterher tragen darf über Jahre und Jahrzehnte. Das ist schon ein wichtiger Punkt, den du da machst.

Bei uns ist es so, dass ich einzelne Sachen „hinterhertrage“, aber nicht so viel.

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Guten Morgen zusammen,
erst einmal vielen Dank für die interessante Diskussion! Ich schätze den - wenn auch kritischen - Austausch sehr und glaube man kann immer den ein oder anderen Denkanstoss mitnehmen.

Dennoch verstehe ich nicht wieso man als Ehefrau /Partner teilweise bei bestimmten Themen als perfektionistisch oder überstrukturiert dargestellt wird. Bitte nicht falsch verstehen; ich reflektiere mich viel selbst und schreib mich nicht von allem frei (!) aber die Interpretation / Reaktionen auf einige Beschreibungen von Katha und mir finde ich teilweise nicht gerecht.

In einer Partnerschaft geht es doch immer um gegenseitiges unterstützen, gemeinsam wachsen, den Alltag einpendeln - dies unabhängig von ADHS.
Mein Mann z.B. liebt es zu kochen und liebt alles was damit zu tun hat z.B. einkaufen. Für mich ist es ein notwendiges Übel und stresst mich eher im Alltag also übernimmt er es meistens … er entspannt dabei, das Essen schmeckt nachweisslich allen besser :slight_smile: und ich bin auch zufriedener mit der Situation! Natürlich werden sich meine Kochkünste dadurch aber auch nicht wesentlich besser, trotzdem werden die Kinder und ich nicht verhungern wenn mein Mann mal nicht da ist. Lernen tut man dennoch etwas - auch beim Zuschauen.

Wieso wird das teilweise bei ADHS also immer negativ ausgelegt wenn man den Partner unterstützt? Mir ist bewusst, dass es nicht in alle Lebensbereiche immer einseitig sein kann (einer macht alles und der andere lässt sich „treiben“), aber dennoch finde ich es nicht falsch auch den ADHS Partner zu unterstützen und würde das nicht immer direkt so interpretieren, dass ich ihm dadurch die Chance nehme zu wachsen. Ganz im Gegenteil: Ich z.B. schau ja auch beim Kochen zu und lern was.

Genau so wie wir ADHSlern nicht jede „Vergesslichkeit“ vorwerfen sollten, sollten wir auch den Partner nicht jede normale partnerschaftliche Fürsorge als „Perfektionismus“ oder „Bemuttern“ vorwerfen!

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@Julia1986 ich glaube, dass hier ein Missverständnis vorliegt - vielleicht können sich nicht alle das genaue tatsächliche Ausmaß vorstellen, in dem Du seine Sachen mit kompensiert.

In einer Ehe mit Kindern ist es ja in vielen Bereichen so, dass bestimmte Dinge zwischen den Partnern aufgeteilt werden und nicht alle alles gleich gut können und gleich gerne machen. Oder man sortiert sich zeitlich…

Bei uns kauft auch mein Mann liebend gerne ein und er kocht inzwischen auch ganz oft.

Und ich kümmere mich eben um die therapeutischen, diagnostischen Sachen - das will ja alles gut vor- und nachbereitet sein. Und das kann auch nur einer alles vorhalten und sich einlesen.

Und ich bin durch das Herumgeeiere mit den Kindern auch ganz oft in pädagogische Fragen involviert. Warum klappt dies mit Kind 1 nicht und das bei Kind 2 nicht?

Wie setze ich die Ratschläge der Therapeuten um? Warum wirk das Medikament jetzt so und so oder wirkt es nicht, wann hätte man es besser genommen? Wie ausdrücklich muss ich nörgeln, damit mal ein anderes probiert wird…? Will ich das denn oder welches Medikament würde ich mitgehen…!

Wo passt welcher Termin noch in den Kalender? Stundenpläne der Kinder, Sonderveranstaltungen,… Wann kann man überhaupt bei diesem einen Arzt einen Termin ausmachen, wenn der immer nur kann, wenn das Kind eigentlich Schule hat? Und Fahrt zum Kieferorthopäden, wenn das andere Kind eigentlich da und da hin muss und aber vielleicht dann vergisst, loszugehen? Und an dem Tag morgens aufpassen, dass der und der seinen Hausschlüssel mit hat und der und der sein Handy dabei hat und man dem und dem spätestens zwei Tage vorher von dem bestimmten Termin erzählt, damit er nicht zickt und überhaupt mitkommt…

So einen Kalender zu führen, das liegt meinem Mann nicht. Und wenn er einen Fahrdienst außer der Reihe machen muss, dann muss ich ihn auch am Tag vorher nochmal dran erinnern. Regelmäßige Fahrdienste klappen aber super.

Ja… also wie gesagt, man teilt es sich so gut es geht auf… Google Kalender, Küchenkalender in Papier führen, aktualisieren, kommunizieren… das tue halt ich… dafür macht mein Mann gerne alles Technische… Auto… Kindersicherung bei den Handies… Handwerkeln mit den Jungs…

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Guten morgen liebe @Julia1986

Ich finde das toll, wie du deinen Schatz unterstützt! Das macht meiner bei mir genauso und ich freue mich dann immer. Klar nimmt er mir nichts ab, aber er unterstützt und das finde ich hilfreich und er freut sich ebenfalls, wenn er helfen kann … win win für beide :wink:

Meiner Erfahrung nach meint es hier niemand böse, sondern alle wollen helfen, sind fürsorglich, mitfühlend. Ihr macht das in eurer Familie mMn gut zusammen und ich freue mich , dass du dich in das Thema Adhs so einarbeitest für deine Familie. Ich glaube, dein Mann ist sicher sehr stolz auf dich.

Klar, dein Mann sollte sicher vieles eigenständig lernen, ausprobieren, aber mit „Starthilfe“ und viel Liebe & Verständnis klappt das sicher besser.
Und ich denke, wenn du dich selbst nicht vergisst, deine Kräfte und Bedürfnisse im Auge hast, bleibt es ausgewogen.

Ich wünsche euch viel Glück, ihr macht das ganz prima :hugs:

Hab einen schönen Tag :sunny:

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Dank euch :smiling_face:

Auch wenn sich das so liest, habe ich meinen Text heute morgen garnicht böse gemeint oder mich extrem angegriffen gefühlt… irgendwo ist ja auch immer etwas wahres dran und da sollte man sich selbst reflektieren!

Für mich ist die Grenze zwischen „normaler partnerschaftlicher Führsorge“ und „Bemuttern“ nur wirklich nicht zu greifen… wahrscheinlich kann man das auch nicht an einzel Aktionen ausmachen sondern am großen Ganzen.
Wenn mein Mann morgens mit den Kindern durch die Tür geht und dabei etwas für die Arbeit vergisst, finde ich es als Partner schon richtig ggf. mit drauf zu achten. Genauso wie er mir wenn ich vom einkaufen komme und zwei Kleinkinder plus Einkäufe zu tragen hab entgegen kommt und mir reintragen hilft.
Deswegen habe ich die Frage wirklich ganz ernst in den Raum geworfen, wo hier das „übermuttern“ anfängt, womit ich dem Partner mit ADHS sogar schade…

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Also „übermuttern“ kann ich bei dir nicht feststellen. Du hilfst ihm da, wo er Schwierigkeiten hat. Du nimmst ihm die Arbeit aber nicht ab, wenn ich das richtig verstanden habe, sondern er muss dann auch schon selbst mit anpacken (Die 10 Kisten in seiner Werkstatt lass ich jetzt mal weg. :wink: ). Du trägst ihm die Sachen nicht hinterher, wenn er morgens an den Sachen neben der Haustür vorbei rennt, sondern erinnerst ihn und er muss dann aber zurückkommen und sie holen.

Das läuft doch in jeder Partnerschaft ohne AD(H)S genauso ab. Wer lässt den geliebten Menschen denn schon vor`n Schrank laufen bzw. erst wenn der auf der Arbeit ist merken, dass er was mitunter ja wichtiges vergessen hat?

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Hallo @Julia1986 , ich denke, diese Frage ist nicht von Dritten und objektiv-allgemeingültig zu beantworten. Ihr müsst sie euch selbst immer wieder selbst stellen und beantworten. Je nach aktueller Lebenssituation kann die Antwort dann auch noch mal unterschiedlich ausfallen. Weder Ratgeber noch soziale Netzwerke noch Freunde, Eltern, andere Verwandte sind der Maßstab. Sondern nur du und er und ein Stück weit die Kinder.
Vertraut euch selbst und gegenseitig. Jeden Tag aufs Neue. Nur so geht es.
Denkanstöße, Impulse von außen sind gut und wichtig. Aber die Entscheidung, was für euch richtig ist, sagt euch euer beider Gefühl.

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Liebe @Julia1986 ich finde die letzten Texte die Du jetzt über eure Beziehung geschrieben hattest klangen viel versöhnlicher da schreibst Du jetzt darüber wie sehr ihr euch gegenseitig stütz, euch anfallende Arbeiten aufteilt, was ja zuvor noch ein bisschen anders gelungen hatte, da schriebst Du noch darüber wie schusselig Dein Partner ist, dass er häufig seine Sachen irgendwo liegen lässt und Du die Sachen dann in einer Kiste sammelst damit er sie noch versorgen soll, was er aber auch dann nicht zuverlässig macht und ständig irgendwas vergisst.

Oder das Du ihm Sachen zum mitnehmen bereitstellst die er dann auch stehen lässt und vergisst und Du ihm hinterher räumen musst, oder die Sachen hinterher tragen musst, und das klang für mich nicht so versöhnlich wie in Deinen zuletzt geschrieben Texten, sondern Du hattest ja nach Vorschlägen dazu gefragt, oder?.

Wenn ich dabei auf das „bemuttern“ zu sprechen kam, was Du natürlich wahrscheinlich als zu harsche Kritik aufgefasst hast, was mir aufrichtig leid tut weil ich Dich natürlich auf keinen Fall zu harsch kritisieren wollte, dann eben deshalb, weil Deine vorherigen Texte bei mir ein Bild von einer perfektionistischen jungen Mutter erweckte die den Vater, wie oft nach der Geburt von kleinen Kindern, durch den Stress und Schlafmangel usw. verursacht, (was ja auch völlig normal ist, also bitte nicht als böse oder kritisch gemeint auffassen), wahrscheinlich öfters kritisiert oder sich an Eigenarten von ihm stösst, als es vorher, ohne Kinder noch der Fall war, nachdem die Kinder da sind aber auch verständlicherweise ehr mal genervt ist, oder sogar das Gefühl bekommt vieles alleine stemmen zu müssen, was ja eben auch häufig tatsächlich so ist, weil eine berufstätige Frau mit kleinen Kindern einfach eine Mehrbelastung gegenüber dem Mann hat, was man immer wieder an verschiedenensten Stellen nachlesen kann.

Das alles ist also natürlich mehr als verständlich das man sich dann frägt, was stimmt mit meinem Partner nicht?, warum ist er so vergesslich?, warum kann er sich nicht zusammen reissen?, ect. ect.
Und deshalb sprach ich davon ihn nicht zu bemuttern, ihm in solchen Situationen eben nicht die Sachen hinterher zu tragen, sondern ihm die Verantwortung dafür allein zu überlassen, denn wenn Du ihm dann, (vielleicht in einem unbewusst anklagenden Ton), dazu auffordert Ordnung zu halten erinnert das halt an das Verhalten einer Mutter gegenüber ihrem Kind, deshalb kam mir dieses Wort „bemuttern“ in den Sinn, was aber eben auf keinen Fall böse gemeint war.
Jedenfalls klingen Deine letzten Texte ja sehr zuversichtlich, ihr schafft das schon zusammen. :+1:
:grinning::heart::four_leaf_clover:

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Ich dank dir :slight_smile: Die Wahrheit liegt wahrscheinlich mitten drin - mal ist es partnerschaftliche normales „Zusammenleben“ und manchmal bin ich vielleicht einen Schritt zu sehr hinterher und könnte mehr „loslassen“!

Ich kann aus euren Antworten viel mitnehmen und sicher auch noch einiges im Umgang mit meinem Mann besser machen! Ich bin jedem der über 70 Antworten hier sehr dankbar und werde mir diese auch in einigen Wochen noch einmal in Ruhe durchlesen und werde sicher wieder einiges reflektieren können!

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Liebe Julia, lieber Rest,

ich las den gesamten Thread und auch wenn es ein paar Monate her ist, vielleicht kann ich dir weiterhelfen. Ich vermutete aufgrund meines Psychologiestudiums schon länger, dass ich vermutlich ADHS habe, aber tatsächlich diagnostiziert wurde es bei mir erst vor Kurzem. Ich denke, dass ich vielleicht ein paar Einblicke für dich hätte, die dir helfen könnten, das Ganze nicht nur zu verstehen, sondern wirklich nachvollziehen zu können.
Vielleicht helfen die meine Erfahrungen, um die Gefühlswelt nachvollziehen zu können.

Ich wusste es ja lange nicht und es kam mir immer vor, wie wenn ich das Runde ins Eckige quetschen muss. Ich strengte mich so sehr an, entwickelte Taktiken, wie zB Ordnungssysteme, eine Ortung für meinen Schlüsselbund, Tagesstrukturen, usw. Aber nach ein paar Wochen landete der Planer wieder in der Kiste und das Ortungssystem braucht halt auch Akku, aber ich kriegs nicht mal gebacken, mein Handy jede Nacht aufzuladen. Egal wie sehr man möchte und es sich vornimmt, es scheitert. Und man versteht bis zur Diagnose einfach nicht warum. Ich strengte mich doch so an! Bin ich unfähig, faul, nicht bemüht genug? Nein, natürlich nicht, aber so wirkt es halt nach außen und ich warf mir das selbst auch jeden Tag vor. Jeden verdammten Tag, wenn man die Hälfte der To Do Liste nicht schafft, nicht zur Vorlesung ging und der Abwasch sich türmte.
Dann kam noch meine Mutter (ich wohne nebenan), die stets bemüht war Ordnung zu halten mit lieb gemeinten Ideen…schreibs dir doch auf (tu ich, klappt trotzdem nicht), mach’s doch sofort (geht nicht, das ist wie wenn man jmd. mit Depressionen sagt, lach doch einfach). Ich weiß, sie meinte es gut und sie wollte einfach, dass alles sauber und ordentlich ist. Als Kind war bei ihr als ich dort noch wohnte immer alles perfekt. Man selbst wusste aber, dass man das niemals schaffen wird. Egal wie sehr man sich bemüht und verändern will.

Nehmen wir einmal das Katzenklo als Beispiel. Man läuft jeden Tag daran vorbei (bei mir ist es die Bügelwäsche), man will es so unbedingt tun, aber man schafft es nicht. Man vergisst es, man schiebt es auf, es überwältigt und überfordert einen. Gleichzeitig kann ich aber super meine Wäsche waschen. Ich liebe das und habe das immer im Griff.
Andere denken sich: Man, ich hab’s ihm doch so einfach gemacht! Die Aufgabe ist leicht, liegt am Weg, ist schnell getan und er tuts nicht, wieso? Soll ich ihm Zettel schreiben, erinnern, dies das.
Aber jedes Mal wenn ich an der Bügelwäsche vorbeigehe ist sie wie ein Mahnmal, das Schuldgefühle und Versagensgefühle auslöst. „Mensch, da hat mirs mein Partner doch schon so leicht gemacht, das Katzenklo/die Bügelwäsche/… ist doch kein großes Ding. Er/Sie hats nicht leicht mit mir, was bin ich nur für ein Partner, wieso versage ich darin nur so, wieso bin ich so unfähig, wie konnte ich das nur vergessen, wieso schaffe ich es nicht, dabei bemühe ich mich doch so sehr!“
Es stresst einen und je gestresster man ist, je mehr man sich vorwirft, desto geringer werden meine Kapazitäten. Dann vergesse ich noch mehr, schaffe noch weniger und dann wieder die Selbstvorwürfe. Ein Teufelskreis.

Mein Umfeld dachte sich oft, Mensch, wenn sie Xy vergisst/verliert/sich der Abwasch türmt und ihr alles über den Kopf wächst, dann lernt sie daraus und beim nächsten Mal macht sie es anders. Nein, das ist ein Irrglaube. Man weiß es ja, man muss daraus nicht „lernen“. Man hat einfach oftmals nicht die Fähigkeiten es zu tun. So wie wenn du jmd. Blinden sagst: Hey, du bist gestolpert, beim nächsten Mal wird das nicht mehr passieren, du hast daraus gelernt. - Nein. Auch nicht, wenn dir das Umfeld eine Brille gibt. Du bist blind und wirfst dir aber vor, wieso du nicht sehen kannst. Nicht einmal mit Brille kriegt mans hin, was für ein Versagen!

Mir half es, dass ich akzeptierte, dass ich manches einfach nicht so kann wie andere. Das brachte eine enorme Erleichterung. Mein Partner bügelt jetzt (er hat auch ADHS) und er macht den Abwasch. Das macht er gern. Ich liebe es zu waschen, da tu ich mir auch leichter das am Schirm zu behalten und ja ich vergesse mal eine Trommel an Wäsche, aber es ist okay. Und mein Partner würde es mir nicht vorwerfen, er weiß wie es ist. Es ist einfach scheiße. Meine Mutter dagegen stand dann schon mit den nächsten Tipps parat. „Tochter, schreib es dir doch auf. Da lernst du jetzt draus.“Und es vermittelte einem immer den Eindruck, dass man sich nur mehr bemühen müsste, dass man seine Schwächen ausbügeln muss, man nicht lebensfähig sei.

Aber es muss auch hart sein, immer diejenige zu sein, die alles im Kopf behalten muss, weil man halt Kinder hat und da nicht alles so easy mal liegen gelassen werden kann…immer mitzudenken, das macht ja fertig. Also bitte vergiss dich selbst nicht!

Ich rate Euch dazu, eine Diagnostik machen zu lassen. Allein die Diagnose half mir und vielen anderen auch enorm. Ich warf mir nicht mehr so viel vor. Denn ich kann nichts dafür und ich kann nicht mein Leben lang gegen den Sturm laufen. So landet man im Burn Out, Depressionen, usw. Und ich denke du wirst auch langsam akzeptieren müssen, dass gewisse Erwartungen niemals passieren werden.
Ich würde auch erst einmal nur die Diagnostik machen. Nicht gleich planen, was man dann alles macht. Das überfordert dann und man macht nichts… Einen Schritt, der abgesteckt und absehbar ist. Wie einen kleinen Happen.

Zwecks Selbständigkeit: Bevor er die Diagnose bekommt, sollte er die Versicherungen abschließen, nur so als Tipp.

Ich rate euch danach, die Dinge anders aufzuteilen. Bei uns klappte es zB nicht, wöchentlich die Aufgaben zu ändern. Das krieg ich dann nicht hin. Ich bin immer die Wäsche-Frau, ich koche und kaufe ein. Dinge die einfach für andere erscheinen sind für mich enorm schwer. Andere Dinge, die groß und schwer wirken, bekomm ich sehr gut hin. Dafür habe ich genug Motivation und genug Dopamin. Der Hyperfokus ist auch gut nutzbar. Also frag am besten ihn, was einfach geht, was schwer ist und dann baut ihr darauf auf.

Ein unglaublich guter Youtubekanal ist „How to ADHD“. Ich kann ihn dir nur ans Herz legen. Dadurch habe ich mein Umfeld so gestaltet, dass ich mir leichter tu. ZB steht alles für meinen Kaffee jetzt an einem Fleck. So kann ich die Aufgabe Kaffee Machen sofort beenden und ich laufe so nicht mehr mit einer leeren Tasse ins Bad und dann steht sie in der Dusche, weil mich was ablenkte, als ich Wasser holen gehen musste.

Falls ihr Instagram habt aber auch auf Youtube gibt es recht gute Reels, die es dir ermöglichen, kurz in den Kopf deines Partners zu blicken. ZB läuft da im Hintergrund ein Lied ab, an das man denkt, gleichzeitig kommen lauter Gedanken rein so wie „du musst noch das und das tun“, dann Schuldgefühle „das und das blieb liegen“ und währenddessen denkst du an die Arbeit und ach, da fährt ein gelbes Auto vorbei. Sieht man selten, wie gehts eigentlich Tante Erna? Musik im Kopf. Ach, wieso steh ich jetzt in der Küche, was wollt ich nochmal?
Das wird per Reels finde ich immer ganz nett dargestellt. Ich zeigte das meiner Mutter, die seitdem besser versteht, wie das so ist.

Und bitte vergiss nicht den Selbstschutz. Er macht das nicht gerne und fühlt sich vielleicht wie eine Katastrophe, aber deshalb darfst du auch nicht zu kurz kommen und kannst ihm nicht alles abnehmen. Das wird dich ausbrennen, also bitte komm selbst nicht zu kurz.

Ich hoffe, ich konnte dir irgendwie mit diesem ewig langen Text helfen.

LG, ingebinge

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Vergessen: Handys - irgendwer meinte ja, vielleicht ist es nicht gut abends am Handy zu daddeln. Mein Partner mit ADHS macht das gern und braucht das auch. Ich dagegen schaue dann gern eine einfache, lustige Serie und stricke nebenbei (zwei Dinge nebeneinander sind finde ich entspannender). Wir beide packen dann keinen Film oder ein Buch. Dafür sind die Kapazitäten alle. Es hilft irgendwie runterzukommen und das Gehirn hat einen angenehmen Aktivierungs/Entspannungszustand.

Handy und Gespräch:
Mein Freund machte das oft und mich triebs zur Weißglut, bis zur Diagnose. Er kann mir so besser zuhören, wenn er nebenbei was macht. Mir fiel zB auf, dass ich nebenbei gerne etwas mit den Händen tu, zB mit dem Stift vor mir spiele. Oder wir reden beide konzentrierter wenn wir im Auto sitzen. Das zu wissen, ließ den Damm brechen. Handy finde ich immer noch unhöflich, aber wir kamen auf eine Übereinkunft. Er bügelt zB während nem wichtigen Gespräch, wir essen nebenbei oder ich halte irgendwas in den Händen. Bei meinem Neffen hilft es, wenn er nebenbei die Katze streichelt. So ist er aufnahmefähiger.

Generell hilft es, wenn man andersrum denkt. Bei Nicht ADHSlerInnen ist man ja oft konzentrierter, wenn nur das Gespräch stattfindet. Nur der eine Reiz. Bei uns ist es oft so, dass eine gewisses Reizrauschen ganz gut funktioniert. Mit Musik nebenbei kann ich besser beginnen zu lernen. Ein Fernseher wäre zu viel. Nebenbei stricken hilft, nebenbei nähen ist kontraproduktiv. Bisschen wirr, aber vielleicht hilft es ja unser Gehirn besser zu verstehen

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Also würde ich bügeln und gleichzeitig noch Gespräche führen, hätte ich keine Hemden mehr.

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Liebe @Ingebinge,

herzlich willkommen! :adxs_happy:

Ich überlege gerade, deine Beiträge von diesem Thread abzutrennen.

Julia hilfst du wohl nicht mehr, sie hatte sich am 27. Juni das erste Mal angemeldet und war am 6. Juli das letzte Mal hier, d. h. sie hat an unserem Forum leider nur eine gute Woche teilgenommen - was völlig in Ordnung ist, darf ja jeder selbst entscheiden. Aber es ist eben sehr unwahrscheinlich, dass sie hier nochmal reinguckt.

Aber mit „eigenem“ Thread kriegst du mehr Beachtung als wenn du in einem sehr langen Thread ganz unten anfängst. Also, bist du einverstanden, wenn ich einen gesonderten Thread draus mache?

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Unbezahlbar :joy:

Hallo :slight_smile: und danke fürs nette Willkommen!

Hm, darauf wann die Threadstellerin zuletzt online war, habe ich natürlich nicht geschaut.

Klar gerne, wir können das gerne in einen neuen Thread packen, aber wozu würde meine Antwort denn dann passen?