Hallo zusammen,
seit Ostern ungefähr habe ich mich ziemlich auf das Thema ADHS eingeschossen und auch viel hier im Forum gelesen (übrigens vielen Dank für das Forum, ich finde auch den Umgang untereinander ganz toll, habe glaube ich noch ungefähr nie ein Forum gesehen, wo es so zuverlässig konstruktive Threads gibt <3). Ich habe die Befürchtung, dass ich mich zu sehr da reingesteigert habe und hoffe, dass ich hier vielleicht ein paar Rückmeldungen von außen bekomme und auch einfach mal durch das Aufschreiben meinen Kopf sortieren kann (und dabei niemanden belästige mit einem Thema, das hier anscheinend ständig aufkommt :/).
Ich fürchte, das wird ein sehr langer Text, Entschuldigung Sind ja zum Glück alle freiwillig im Forum…
Aaaaaalso meine Mutter hat ADS (bzw. halt das ADHS ohne die Hyperaktivität) und meine Schwester AuDHS, beide erst als Erwachsene diagnostiziert. Ich war eigentlich schon immer eher ruhig/ausgeglichen, obwohl ich extrem begeisterungsfähig bin (ich glaube, man kann mich original für alles begeistern, wenn man sich ein klitzekleines Bisschen Mühe gibt, vielleicht sogar ohne das xD). So oder so habe ich als Kind nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, dass ich ADHS haben könnte (ich weiß nicht, wann genau meine Mutter ihre Diagnose bekommen hat, aber in meiner Kindheit hat das keine Rolle gespielt). Im Laufe meines Bachelor-Studiums hatte ich schon öfter mal den Gedanken, aber immer schnell verworfen und mich auch nicht informiert.
Ich bin Anfang 20 und mache gerade meinen Master in Maschinenbau im 2. Semester. Ich hatte gefühlt schon immer Probleme, mich im Unterricht oder in Vorlesungen zu konzentrieren (außer es hat mich wirklich interessiert, dann war ich zu 100% dabei ^^), so in etwa steht das auch in meinen Grundschulzeugnissen („nur dabei, wenn es sie interessiert“). In letzter Zeit ist es aber massiv schlimmer oder zumindest für mich auffälliger geworden.
Jetzt an Ostern war ich bei meiner großen Schwester und ihrer Familie und meine Mutter war auch da. Wir haben da auch länger über ADHS geredet und das ist mir jetzt unangenehm, das zu erzählen, weil Betäubungsmittelgesetz und so, aber meine Mutter hatte schon mal angeboten, dass ich ein bisschen was von ihrem Medikament (ich denke, Ritalin adult?) probieren kann, weil die Wirkung bei Menschen mit ADHS ja anscheinend schon ziemlich anders ist als bei welchen ohne.
Naja, auf jeden Fall habe ich dann eine Viertel Tablette von ihr genommen und wir saßen zu dritt in der Küche und meine Mutter und meine Schwester haben mich beobachtet wie so zwei Forscherinnen xD So nach zwanzig Minuten hatte ich das Gefühl, müder zu werden als ohnehin schon. Und nach ca. 30 Minuten habe ich plötzlich Geräusche viel stärker wahrgenommen (im Nebenraum hatten wir eine Wand rausgerissen, da hat jemand noch Schutt weggeräumt). Meine Mutter und Schwester haben mir versichert, dass das die ganze Zeit die gleichen Geräusche waren, aber ich hatte das Gefühl, dass die gerade eben erst angefangen haben o.o
Was mich aber am meisten fasziniert hat war, dass ich plötzlich das Gefühl hatte, dass so eine Staubwolke in meinem Gehirn weggepustet wird. Ich wusste vorher gar nicht, dass da eine Staubwolke ist, ich kenne ja kein anderes Gehirn von innen Klingt vielleicht absurd, aber mir kam als erste Beschreibung, dass am Boden von meinem Gehirn so 10 bis 12 Rennmäuse rumwuseln und dabei diese Staubwolke aufwirbeln, die so 1/3 meines Gehirns belegt
(es sind sehr niedliche Rennmäuse, ich liebe Tiere und wahrscheinlich ist das meine Analogie für meine Gedanken, die immer herumflitzen)
Seit dieser Erfahrung habe ich mal angefangen mich zu beobachten und aufzuschreiben, was so mögliche Symptome wären, die mir auffallen. Ist jetzt über mehrere Tage bis Wochen eine ganz schöne Liste an unterschiedlich absurden Dingen zusammengekommen, viel bemerkenswerter finde ich aber, dass ich das Gefühl habe, weniger zu maskieren. Ich glaube, ich bin gerade viel mehr „so, wie ich wirklich bin“. Was ehrlich gesagt ganz schön anstrengend ist Ich bin viel emotionaler bzw. spüre meine Emotionen viel stärker.
Eine Tiefenpsychologin, bei der ich wegen Burnout und Depressionen war (ich tendiere dazu, alles auf einmal machen zu wollen, 24h pro Tag sind einfach zu wenig ), meinte mal zu mir, dass sie den Verdacht hat, dass ich eigentlich ein sehr emotionaler Mensch sei, damit aber nicht klarkomme und es deswegen unterdrücke. Ich fand es erst absurd, aber ich glaube, sie hatte Recht.
Ich war als Jugendliche auch mal ein halbes Jahr in Verhaltenstherapie wegen einer Generalisierten Angststörung, rückblickend hing das vielleicht auch mit unterdrückten Emotionen zusammen, die sich dann andere Wege suchen…
Anyway, back to topic (ich habe schon in der Grundschule Ärger bekommen, dass ich zu viele Gedankenstriche und Klammern in „Wie war mein Wochenende“-Texten verwende - mir fallen nur immer noch so viele Schleifen ein, die ich auch erzählen will und wichtig finde )
Soo, also habe ich angefangen, mich auf die Suche zu machen ob ich irgendwo eine Diagnostik durchlaufen kann. Habe mir auch von hier diese Kontakt-Liste zusenden lassen, aber es ist völlig hoffnungslos, ich habe von 15 Kontakten noch nicht einmal einen gefunden, der überhaupt noch einen Platz auf einer Warteliste hätte.
Habe es dann noch bei ein paar Ausbildungsinstituten für PsychotherapeutInnen probiert und tatsächlich hat eins davon nach Leuten gesucht, die so eine ADHS-Diagnostik durchlaufen, das aber explizit keine Diagnostik macht am Ende. Also mehr so eine Studie/Übung für die Auszubildenden (finde ich super, irgendwo müssen die Leute das ja lernen, um die massive Unterversorgung abzumildern ).
Die haben den WURS-K-Fragebogen (das sind ja nur so 18 Fragen oder so o.o) und so einen Selbsteinschätzungsfragebogen und mit einem Gerät namens ADScan einen Aufmerksamkeitstest gemacht und ein Bewegungsprofil gemacht.
Und nachdem ich mir echt schon viel zu sicher war in den letzten Wochen (so zum Thema reinsteigern ), bin ich jetzt wieder völlig verunsichert, weil die Ergebnisse zwar wohl teilweise im gelben Bereich waren, aber vor allem der Scan total unauffällig war.
Jetzt impostere ich wieder herum… Bei dem Scan musste ich erst ca. 10 Minuten lang immer auf einen Knopf drücken, wenn erst ein Rechteck und dann ein Kreuz aufgeblinkt sind auf einem kleinen Bildschirm, sterbenslangweilig. Habe währenddessen aus dem Fenster geschaut, konnte ja aus dem Augenwinkel noch sehen, ob ein Rechteck kommt, habe dann kurz hingeschaut und gewartet, ob ein Kreuz kommt und dann gedrückt. Hatte glaube ich trotzdem in insgesamt 20 Minuten (musste das einmal im Stehen und einmal im Sitzen machen) eins falsch und eins verpasst, was wohl eher ziemlich gut ist
Musste dann jeweils danach 10 Minuten möglichst still sitzen bzw. still stehen. Fand Stehen viel einfacher, im Sitzen hatte ich beide Füße auf dem Boden, konnte also nicht mit den Füßen wippen, habe stattdessen dann nur die Muskeln dazu abwechselnd angespannt. Also isometrisch halt, dass sich von außen höchstens die Sehnen bewegen Das ist im Scan (ich glaube, hinter mir war eine Kamera und vielleicht hat der Knopf, den ich noch in der Hand hatte, noch irgendwas gemessen?) offensichtlich nicht aufgefallen, da war ich anscheinend extrem ruhig.
Soooo, und jetzt weiß ich nicht weiter. Ich habe das Gefühl, generell in meinem Leben gerade an ganz vielen Stellen festzustecken, bei Hobbys, in meiner Beziehung, vor allem aber im Studium und ich bin noch in einer Art Verein aktiv, wo ich eigentlich gerne mehr Aufgaben übernehmen würde, aber ich kriege die aktuellen schon nicht so hin, wie ich das gerne würde. Nicht, weil ich zu wenig Zeit hätte (das war in der Stadt, wo ich meinen Bachelor gemacht habe, ein ernsthaftes Problem, habe zu Semesterbeginn immer Pläne aufgestellt, wie viel Stunden die Woche hat und wie viel ich zum Schlafen, Essen, Einkaufen, Duschen etc. brauche und wie viel ich schätze, was meine anderen Aktivitäten an Zeit brauchen und das hat in der Praxis trotzdem nie hingehauen), (arrgh, sorry für den Schreibstil mit den Unterbrechungen -.-), sondern schlicht, weil ich mich nicht dazu aufraffen kann. Dabei mache ich das ja alles freiwillig, das Studium, meine Hobbys, den Verein!
Im Moment bin ich wie in so einem Wartemodus, unter Menschen geht’s, aber zuhause sitze ich nur rum und prokrastiniere (vielleicht doch eher Depressionen als ADHS? Oder beides? Oder keins von beidem und ich bin einfach nur zu faul? :(( ) und warte darauf, dass irgendwas passiert, wo ich dringend reagieren muss, nur um dann wieder rumzugammeln und die ganzen Sachen zu ignorieren, die (noch) nicht brennen.
Puh, ich glaube, das ist echt so das Kernthema - wenn ich wüsste, dass mein Gehirn einfach zu wenig Dopamin hat, könnte ich damit glaube ich besser arbeiten als so, weil aktuell muss ich eigentlich davon ausgehen, dass ich ein fauler, undisziplinierter Sack bin, der nach außen super aktiv und blablablab wirkt, aber ganz bald wird allen auffallen, was ich für ein schrecklicher Mensch bin und dann Weltuntergang
Ich würde aber die Diagnose natürlich nicht als Entschuldigung verwenden wollen, sondern als Ansporn, mich anzustrengen, ohne in Selbstvorwürfen zu versinken.
Ich habe auch ein paar Mal mit meinem Freund darüber geredet, aber das lasse ich jetzt, seit er mir gesagt hat, dass er ADHS für eine Modekrankheit hält und er mir selbst dann nicht glauben würde, wenn ich eine ärztliche Diagnose hätte, dass ich das habe. Fand ich ziemlich verletzend - mir kam im Zuge meiner Liste mit möglichen Symptomen irgendwann die Idee, dass er vielleicht selbst im ADHS-Spektrum ist, und deswegen meine Beschreibungen als ganz normal empfindet und sagt, dass das allen so geht und ich das nicht pathologisieren soll?
Er ist der Meinung, ich „will“ nur ADHS haben, damit ich mich mit den Medikamenten dopen kann (wobei ich letztens gelesen habe, dass laut Studien Methylphenidat bei Menschen ohne ADHS gar keine Leistungssteigerung bringen würde, Medizinstudierende scheinen das in der Praxis ja Klischees zu Folge anders zu sehen…). Und ich habe Angst, dass er Recht haben könnte, aber gleichzeitig habe ich das Gefühl, unter meinem Potential zu bleiben und dass ich noch mehr könnte und besser klarkommen könnte, wenn… ich die richtigen Medikamente und Dosierung gefunden habe?
Ja, ich will Leistung bringen, mir macht das Spaß und erfüllt mich, und es macht mich gerade echt fertig, dass ich genau das anscheinend gerade nicht kann (oooooder einfach zu faul bin und einfach nur mal meinen Hintern hochkriegen muss, anstatt mich selbst zu bemitleiden??)
Okay, ich glaube, jetzt bin ich mit alles-mal-loswerden weil ich in der neuen Stadt noch keine Freundschaften habe, die ich mit sowas belästigen will (vielleicht will ich ja nur Aufmerksamkeit und so? Imposterimposter )
Falls jetzt jemand das alles gelesen hat (vielen Dank und Entschuldigung
), würde ich mich total freuen, wenn ich an Deinen Gedanken teilhaben könnte, ich drehe mich in meinem Kopf nur im Kreis.
Und im Prinzip habe ich gerade mehrere Möglichkeiten, vielleicht hat ja jemand dazu eine Meinung?
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Meine Mutter hat angeboten, mir welche von ihren Tabletten zukommen zu lassen, damit ich ein bisschen ausprobieren kann. Ich finde den Vorschlag sehr interessant, aber natürlich super illegal und so und falls ich kein ADHS habe, ist ja auch das Suchtpotential ziemlich hoch? Auf der anderen Seite trinke ich weder Alkohol noch rauche ich noch trinke ich Kaffee (außer einmal, als ich in der Klausurenphase unendlich verzweifelt war, dass ich mich einfach nicht hinsetzen und lernen konnte, habe zwei Energydrinks geext und dann 3h am Stück so produktiv gelernt wie seit Ewigkeiten nicht mehr
Hatte zum Glück auch keine krassen Nebenwirkungen, hätte auch schiefgehen können, schätze ich). Was ich eigentlich sagen will: Ich schätze mein Suchtrisiko als eher niedrig ein, weil ich große Sorge habe, von irgendwas abhängig werden zu können, hatte mir nach meinem Koffein-„Ausrutscher“ direkt schon einen Plan gemacht, wie oft ich maximal pro Woche Koffein konsumieren will, falls ich das häufiger machen sollte. Ist schon Wochen her und ich habe seitdem quasi keinen Koffein konsumiert (zwei oder dreimal bei meinem Freund ein paar Schluck Energydrink gemopst).
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Ich habe eine Privatpraxis gefunden, die eine ADHS-Diagnostik macht und wohl innerhalb von wenigen Wochen Plätze hätte. Kostenpunkt fast 800€, ich habe meine Krankenkasse schon kontaktiert wegen teilweiser Kostenübernahme, als Studentin ist das nochmal extra hart
Die Praxis scheint aber auch auf dem Schirm zu haben, dass Frauen und generell Erwachsene andere Symptome zeigen können bzw. maskieren und so, also klingt schon ganz gut.
Wäre halt doof, wenn ich kein ADHS habe und dann meine mühsam zusammengekratzten 800€ ausgegeben hätte (auch wenn die Gewissheit mir vielleicht andere Türen im Kopf öffnen könnte, wie ich mal wieder mein nach außen gar nicht soooo chaotisch wirkendes Leben in den Griff kriegen könnte, unter dem ich ganz schön leide). -
Ich finde mich damit ab, ein stinknormaler Faulpelz zu sein (wobei ich alle anderen Menschen auf dieser Welt niemals als faul bewerten würde! eher als erschöpft oder vielleicht demotiviert, doppelte Dingenskirchen, mir fällt gerade das Wort nicht ein, Standards?), der vielleicht irgendwo im subklinischen ADHS-Spektrum rumwabert. Und kriege endlich mal meinen verdammten Hintern hoch und setze mich an mein Unizeug (ich bin extra für diese Vertiefung umgezogen, weil ich das unbedingt studieren will und ich liebe die Vertiefung! Lernen tue ich trotzdem nicht und das wird mir in ein paar Monaten in der Klausurenphase richtig böse auf die Füße fallen) und lerne und strenge mich an wie jeder andere normale Mensch auch.
*seufz
ich hoffe, ich belästige hier niemanden und würde mich wahnsinnig freuen, Feedback zu bekommen <3
Viele Grüße
Lis