Wirkung von Medikinet nachgelassen?

Hallo zusammen,

es geht um meinen Sohn (9 Jahre) der unter LRS, Dyskalkulie und (vermutlich) ADS leidet. Seit Februar diesen Jahres nimmt er Medikinet 15 mg.

Anfangs hatte ich das Gefühl, die Medikamente helfen ein wenig. Bis zu den Sommerferien ging es mal besser mal schlechter. Nun ist er in der neuen Klasse und er tut sich zunehmend schwerer. Er bekommt nicht mehr so viel Unterstützung bei seinen Lernschwächen, wie letztes Jahr. Zudem kommt seine neue Lehrerin wohl auch nicht so gut mit der Klasse zurecht und es ist oft laut.

Jedenfalls kommt mein Sohn mittags meist schon fix und fertig aus der Schule. Die Hausaufgaben sind deutlich anspruchsvoller und vor allem umfangreicher als letztes Jahr.

Bei den Hausaufgaben muss ich konsequent daneben sitzen, damit überhaupt was geht.

Er selbst sagt, er kann sich einfach nicht konzentrieren. Und ich merke auch, dass er wieder stark abschweift beim Hausaufgaben machen.

Da ich demnächst wieder einen Kontrolltermin beim Arzt mit ihm habe, überlege ich, ob ich ihn um eine Erhöhung bitten soll. Oder sind es einfach die äußeren Umstände bzw. seine Lernschwächen, die es ihm so schwer machen?

Ich finde das wahnsinnig schwierig festzumachen.

Hat vielleicht jemand einen Tipp, wie ich damit umgehen soll? Einfach mal mehr probieren (wenn der Arzt zustimmt?) wobei 20 mg schon viel wären oder?

Interessant ist allerdings, dass mein Sohn seit diesem Schuljahr (als wir also wieder mit den Medikamenten begannen) seine Brotzeit wieder isst. Das war letztes Jahr nicht so. Ein Zeichen, dass die Wirkung nicht mehr ganz da ist?

Ich bin sehr unsicher…

Liebe Grüße

Vielleicht verlangen die äußeren Umstände wirklich mehr ab als vorher.

Auf 20mg erhöhen finde ich gar nicht ungewöhnlich oder bedenklich eher noch mal eine normale Anpassung.

Die Frage wäre gar ob er nicht zu den 20mg auch noch für den Nachmittag was bekommen könnte?

Könnte sein , finde ich nicht ganz unabwägig. Wenn bei mir die Dosis zu niedrig merke ich es am Kaffeekonsum.

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Die Schule wird anspruchsvoller. Kinder in dem Alter erleben einen echten Sprung, was Lernpensum, Selbstorganisation und Konzentration betrifft. Dazu kommt bei deinem Sohn die Mehrbelastung durch LRS und Dyskalkulie. Er und das Gehirn entwickeln sich weiter.

Dosiserhöhungen stets mit dem Arzt absprechen.

  • Medikinet Retard wirkt je nach Person auch nur 4-6 h.

  • Wenn er zuhause ankommt, hat er keine Wirkung mehr und schon eher einen Rebound. Da geht natürlich „nichts mehr”.

  • Medikinet Retard ist keine Ganztagsretardierung.

    • Vielleicht bei der Ankunft zuhause 10 mg Medikinet Retard probieren - aber nicht zu spät wegen Einschlafproblemen. Dann alternativ doch lieber nicht retardiertes Methylphenidat geben (ggf. 2x wegen der evtl. zu kurzen Wirkzeit).

Wenn Hausaufgaben mit Unterstützung und ggf. Medikation besser laufen, bleibt danach wenigstens noch Zeit und Energie für Freizeit. Und die ist mindestens genauso wichtig als Ausgleich.

;Und:

Wenn Hausaufgaben mal liegen bleiben, ist das so. Man kann nicht erwarten, dass Kinder mit Lernschwierigkeiten und Konzentrationsproblemen den gleichen Umfang schaffen wie andere.

Ich erinnere mich an meine 3./4. Klasse – wir hatten plötzlich riesige Mengen an Hausaufgaben, die andere Klassen nicht hatten. Ich habe damals mit meiner Mutter (selbst Lehrerin) priorisiert:

  1. Was ist Pflicht?
  2. Was kann ausgelassen oder gekürzt werden?
  3. Muss alles schriftlich gemacht werden – oder reicht auch mal mündlich oder mit Unterstützung?

Sie sprach es als junge Lehrerin mit der Lehrerin (alte Generation) ab, die dagegen war. Lehrer sind keine Götter. :wink:

Viele Lehrkräfte zeigen heute Verständnis, wenn sie merken, dass Eltern und das Kind nicht einfach „faul“ sind, sondern das Kind überlastet ist.

Meine Mutter schrieb in mein Hausaufgabenheft, dass es zu viel war – damit war die Lehrerin informiert. Kinder sollen auch noch Zeit zum Spielen, Bewegen und Abschalten haben:

Freizeit ist keine Belohnung, sondern ein wichtiger Teil der Entwicklung. Das war Gold wert.

„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.”

Oder auch: Jungen Leuten beibringen, die eigenen Bedürfnisse (Erholung, Ausgleich) zu ignorieren sind und dass nur Leistung zählt. Das manifestiert sich dann in den Köpfen.

Es ist individuell. Durch die Entwicklung kann sich eine Dosierung auch mal ändern.

  • Was ist zu viel?
  • Was ist genau richtig?

Das muss man ausprobieren und so herausfinden. :slight_smile:

  • Ich würde morgens vorerst bei den 15 mg bleiben.
  • Bei der Ankunft zuhause am Mittag 10 mg probieren.
  • Mit dem Arzt direkt absprechen, dass man morgens auch mal 20 mg ausprobiert?
  • Alternativ eine andere Retardierung die länger und gleichmäßiger wirkt über den Tag, womit nur eine Einnahme genügt (Kinecteen).

Wichtig: Sohn beobachten und mit ihm sprechen wie er sich fühlt und was in ihm vorgeht. Beobachten alleine genügt nicht.:wink:

„Wann fällt dir das Denken oder Aufpassen am schwersten?“

„Was hilft dir, dich besser zu konzentrieren?“
ist oft hilfreicher als „Wie fühlst du dich mit dem Medikament?“ (ist zu abstrakt für Kinder)

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Meine 16 jährige Tochter hat Anfang des Jahres mit Kinecteen 18 mg (auch MPH) angefangen und nach wenigen Monaten schon keine Wirkung mehr hinsichtlich Konzentration in der Schule bemerkt. Trotzdem aber die Nebenwirkungen, wie Kopfschmerzen und Appetitverminderung, sowie starke Reizbarkeit (was rückblickend wohl der Rebound gewesen sein wird).
Nach den Sommerferien im neuen Schuljahr sollte sie auf 27 mg erhöhen, dasselbe Spiel: keinen spürbaren Effekt auf die Konzentration, dazu aber wieder Kopfschmerzen, Appetitverlust und Reizbarkeit (Rebound). Probehalber hat sie an einigen Tagen was genommen und an einigen Tagen zwischendurch nicht und der Unterschied war wie Tag und Nacht.

Gestern waren wir bei der Ärztin und wir probieren es jetzt mit Elvanse - erst 20 mg, dann 30 mg, mit der Option, die Dosierung an zyklusbedingte Verschlimmerungen der ADHS-Symptome anzupassen.

Auch bei Jungs können sich in der (Vor-)Pubertät durch die hormonelle Umstellung die ADHS-Symptome verstärken. Durchschnittlich beginnt die Pubertät bei Jungs zwischen 10 und 14 Jahren, der Hormonhaushalt kann sich jedoch auch schon ab 9 Jahren verändern - die Vorpubertät beginnt durchschnittlich zwischen 9 und 11 Jahren. Auch wenn sich äußerlich dahingehend noch nichts zeigt, liegt es durchaus im Rahmen des Möglichen, dass das mit reinspielt und man das daher im Hinterkopf behalten sollte.

Ich stimme aber auch den Gedanken von @tiefblau überein.
Die Anforderungen der Schule sind nun anspruchsvoller und eine neue Klasse + neue Klassenlehrkraft - die damit verbundenen Umstellungen auf neue Eindrücke und eine neue Bezugsperson, sowie die starken Reize durch die Lautstärke der Klasse, etc., und dann noch mehr Lernstoff und weniger Unterstützung ist ganz schön stressig und führt zur Überlastung. Er und sein Gehirn haben gerade alle Hände voll damit zu tun, sich auf diese Situation einzustellen. Da wird er garantiert auch nicht alleine damit sein.
Dass er sein Schulbrot isst, muss meines Erachtens nicht zwingend auf die Wirksamkeit des Medikaments zurückzuführen sein, sondern könnte ein Zeichen sein, dass er gerade wegen des Stresses (und ggf. Wachstumsschub) mehr Energie zuführen muss.

Ich würde jedenfalls empfehlen, Rücksprache mit dem/der behandelnden Arzt/Ärztin zwecks Dosisanpassung bzw. Wechsel des Präparats zu halten.
Sowie auf jeden Fall das Gespräch mit der Schule zu suchen, diese mit einzubinden und in die Pflicht zu nehmen, deinen Sohn zu unterstützen - in welcher Form auch immer, da darf man gerne auch mal kreativ sein.

Für meine Tochter habe ich alle (schulpsychologische Beraterin des Senats, Klassenlehrkraft und Schulsozialarbeiterin) mit ins Boot geholt, um einen Hilfeplan zu entwickeln. Neben der individuellen Vereinbarungen gehörte auch ein Nachteilsausgleich dazu. Das funktioniert seither ganz gut.

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Danke Euch für die Antworten!

Ich habe nochmal Rücksprache mit der Lehrerin gehalten, die ihn im Unterricht als konzentriert und bemüht wahrnimmt.

Vielleicht ist es auch tatsächlich so, dass die Wirkung nachlässt, bis er Zuhause ankommt. Er hat in diesem Jahr täglich auch länger Schule als letztes Jahr.

Ich werde es einfach so seinem Arzt mitteilen und mal sehen, was er empfiehlt.

Aber ich danke Euch trotzdem schonmal für die erste Einschätzung. Das ist sehr hilfreich, um manches besser einordnen zu können.

L. G.

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