Zwang die Wahrheit sagen zu müssen

Seit ich klein bin hab ich den Zwang die Wahrheit sagen müssen. Ich konnte es nie verstehen, wenn andere lügen.
Als ich introvertiert war, habe ich fast nie etwas gesagt. Und manchmal aus dem Grund weil ich anders war und nicht lügen kann.

Als ich irgendwann die Medikamente bekam wurde aus introvertiert eben extrovertiert.

Aber ich habe einen Zwang schreiben, reden und die Wahrheit sagen zu müssen.
Es gibt so viel was es zu sagen gibt.

Aber ich weiß auch das es oft nicht gut ist und das Schweigen oft Gold ist. Oder sich in kurzen Sätzen zu fassen.

Oh shit. Jetzt hab ich vergessen worüber ich rede.

Ah. Ähm. Hängengeblieben.

Ok ich versuch es trotzdem.

So wie den Verlauf meiner Gedanken zu schreiben. Ich kann nichts weg lassen.

Früher war mein Schweigen zu viel.
Heute mein reden.
Und das Zwanghaft Wahrheit sagen zu müssen, egal wie weh es dem anderen tut. Oder der Beziehung schadet, ist so ein Problem.

Wie ist das bei Euch? Oder was sagt ihr dazu?

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Das haben viele ADHSler. So wie auch einen großen Gerechtigkeitssinn.

Bei mir ist es oft auch eher impulsiv, das die Wahrheit rausplatzt bevor ich nachdenke. Kann auch verletzen.

Was mir auch sehr schwer fällt, Fehler auch bei anderen stehen zu lassen. Auch am Arbeitsplatz.

Auch Kleinigkeiten. Das lässt mich teilweise nicht los.

Bei anderen Dingen kann ich aber auch schlampig sein.

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Hi ADS-Mikesch, meine spontane Einschätzung nach 17 Jahren ADHS-Diagnose: Ich denke, nicht, dass zwanghaftes Wahrheitsagenmüssen ein originäres ADXS- Symptom ist. Ich lüge sogar an Stellen, wo es völlig unnötig (für Außenstehende) ist, um mich als Teil des neurotypischen Rudels zu „outen“ (vorgaukeln, dass ich normal wäre, um nicht aufzufallen), um mich nicht so „außen vor“ zu fühlen. Wenn z.B. irgend jemand im beruflichen Alltag fragt, ob man auch eine bestimmte Situation kenne. Z.B. „Wie fahrt ihr nach xy? Die Verkehrsführung zur Adresse xy ist ja wieder unmöglich. Ich kam mit den Umleitungen gerade noch pünktlich!“ Dann antworte ich in der Art: " Ja, total blöd die Umfahrung, ging mir auch so mit der Umleitung, deshalb kam ich 5 Minuten später"( absolute Lüge an der Stelle) Die Wahrheit: Ich bin die, wegen Baustelle nur in eine Richtung zu befahrene, Einbahnstraße rückwärts gefahren (mit überhöhter Geschwindigkeit) um „nur 5 Minuten zu spät zu sein“, mit Umleitung wäre ich wahrscheinlich 15 Minuten zu spät gewesen. Mich „ziehen“ diese "Geht-es euch-auch so-Fragen? leider oft in willkommene Notlügen, denke mir aber, dass es wohl wenig bringt die Wahrheit zu sagen, bzw. wenn, würde ich als richtiger Weirdo dastehen, dabei habe ich „nur ADHS“ und neige zu Unpünktlichkeit und spontanen Lösungswegen, am Rande der Legalität ;P. 2. "Du schreibst auch, dass Du die Wahrheit sagst, „egal wie weh es dem anderen tut“. Das klingt mir gar nicht nach ADHS, schätze viele ADHS-ler als sehr empathisch und gerechtigkeitsliebend ein. Hast Du noch eine andere Diagnose? :slight_smile: LG

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Das treibt mich in den Wahnsinn, ich kann es echt bei Lapalien nicht sein lassen das jemanden unter die Nase zu reiben, aber ich habe es zumindest gelernt über meine eigenen Fehler zu lachen. Ich habe ne Kollegin die ich eingeweiht habe und wenn ich ihr versuche was unterzujubeln dreht sie den Spieß um und ich steh wie ein Depp da, aber ich kann mittlerweile drüber lachen. Habe gelernt mich in manchen Situationen nicht mehr so wichtig zu nehmen und meine Gefühle auch mal runterzuschlucken. Am liebsten wäre mir ich müsste mich nicht verstellen, aber das ist utopisch. Selbst wenn mir andere das nicht nachtragen, würde ich kurze Zeit später realisieren was ich gesagt habe und würde mich dafür schämen. Gibt ja Menschen mit ADHS/ASS, die sagen sie würden ihre Funktionsstörung für nichts in der Welt eintauschen, ich würde alles dafür geben wie ein normaler Mensch zu funktionieren. Vielleicht ist das auch nur eine Momentaufnahme, aber für mich überwiegen die negativen Seiten, alleine die Angst davor, dass mir irgendwann die Interessen ausgehen und ich in eine Situation komme wo ich Langeweile habe, lässt mich leicht panisch werden.

Ich glaube da war das ein oder andere „würde“ zu viel, aber kein Bock nochmal zu überarbeiten :smiley:

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Ich denke die Warheit immer sagen zu wollen hat nicht nur diagnostische Aspekte sondern hat auch was mit Charakter zu tun .

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Ich denke Notlügen nutze ich häufiger, vor allem bei Smalltalk. Alleine wenn mich jemand fragt „wie gehts dir“ muss ich mich zwingen zu sagen „gut“. Eigentlich weiß ich gar nicht wies mir geht aber gefühlt zwischen „scheisse“ und „halbwegs erträglich“. Das willst du aber niemanden erzählen, weil sich die anderen dann Sorgen machen könnten oder noch schlimmer: Nachhaken. „Ganz ok“ und „muss ja“ sag ich auch ab und an, nur um nicht zuviel maskieren zu müssen. Aber sonst bin ich auch eher brutal ehrlich. Versuche das aber nicht an meinen Kolleginne auszulassen. Gelingt nicht immer. Ich platze manchmal auch mit Wahrheiten raus, die andere mir im Vertrauen gesagt haben, logisch dass mir dann niemand mehr irgendwas anvertraut. Wenns um mich geht habe ich aber auch keine Probleme jedem alles zu erzählen, egal wie mir das auf die Füße fallen kann. Irgendwann muss ich meine anderen Kolleginnen einweihen, ich hoffe ich finde dann die richtigen Worte. Immer so ein Drahtseilakt, man will nicht dastehen wie jemand der Mitleid erregen will oder weinerlich ist. Aber vielleicht will ich ja auch Mitleid und weinerlich bin ich definitiv :smiley:

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Ich versuche nochmal zu differenzieren.
Wahrheit sagen heist bei mir auxh micht immer alles sagen.
Aber wenn mich jemand etwas fragt, dann stehe ich manchmal in einem Dilemma.
Ich sag manchmal schon auch: ich kann dir schon die Wahrheit sagen, aber…
Oder frage: soll ich dich anlügen?

Ich bin selber auch sehr empatisch. Deshalb war ich ca 6Jahre Schwerstbehindertenassistenz.
Und wo es jemandem persönlich angreifen würde, dann kann ich es dem jenigen nicht unbedingt sagen.
Schwer zu erklären.
Ich würde aber jemandem sagen das er stirbt, wenn ich zum Beispiel arzt wäre und der patient mich fragt und er wirklich am sterben wäre. Als krasses Standardbeispiel.

Auf keinen Fall kann ich andere anlügen.
Ich weiß nicht ob es eine art „sich selbst anlügen“ bei mir gibt.
Da muss ich mal drüber nachdenken.

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Das muss ein Arzt ja auch.

Das ist ja unbewusst.

Diesen Wahrheitsdrang verbinde ich eher mit autistischen Traits.

Es kann helfen, zu verstehen, dass es mehr als eine Wahrheit zu einer Sache gibt und dass Wahrheit sehr verletzen kann.
Meist ist Respekt wertvoller und wichtiger als Wahrheit.
(Das ist auch eine Wahrheit - und ein schönes Beispiel dafür, dass es mehrere und sich sogar widersprechende Wahrheiten geben kann!)

Wahrheit kann auch ein Instrument der Herabsetzung oder der Aggression sein.

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Danke für die vielen Antworten. Auch wenn es einen sehr psychologischen Aspekt hatte, bin ich froh um Eure Offenheit. Es wird wahrscheinlich weniger an ADHS liegen. Eher an den Erfahrungen die ich im Laufe des Leben gemacht habe.
Mein Motto wenn ich am untersten Ende war: Die Ehrlichkeit ist alles was ich habe und die lass ich mir nicht nehmen.

Ich bin natürlich kein heiliger und habe früher auch irgendwo gelogen und es tierisch bereut. Das mal vorweg. Nur ich konnte es nie akzeptieren, weil ich sah das es zur Spaltung führen kann. Das wollte und will ich vermeiden.

Tatsächlich hat dieses „gut und Dir?“ zur einer weiteren Verstärkung meiner Ehrlichkeit geführt, da dieses „gut“ für mich nur eine schnelle Möglichkeit darstellt dem anderen aus dem Weg zu gehen.
Auch wenn es nicht gewollt ist, aber es führt oft dazu das keine echten Gespräche zustande kommen. Und unehrlich ist es oft auch.

Ich sage auch dem anderen (wenn es der fall ist) das ich seine/ihre Art kacke finde und so keinen Kontakt mit ihm/ihr haben möchte.

Aber das alles kam in dieser extremen form nachdem ich mein amphetaminsulfat bekommen habe. Vorher hab ich kaum bis garnicht geredet.

War ein blödes Beispiel mit dem Arzt.
Aber Du weißt wie ich es meinte.
Ich sage auch den Leuten wenn sie einen Popel an der Nase kleben haben und frag mich warum sie keiner anspricht.
Ach egal. Vielleicht ist es einfach meine Art. Ich denke auch, wenn ich nicht ehrlich bin, dann kann ich es auch nicht von anderen erwarten.
Aber wenn ich manchmal mitbekomme, wenn selbst Freunde über andere schlecht reden, weil sie von denen genervt sind und dann das telefon klingelt und sie dann wieder superfreundlich zu denen sind, dann stellt es mir die Haare auf, weil ich nie sicher sein kann, ob sie nicht das gleiche mit mir machen.
Vor allem die Worte „Alles gut“. Aaaah ja.

Wenn ich "Good Doctor’ sehe, dann denke ich das manchmal auch. Es gibt ein paar Züge bei seiner Rolle die mir swhr bekannt sind.

Ich nutze Wahrheit nicht aus der Wut heraus, oder herabzusetzen. Es geht mir rein um das gegenseitige Verständnis, dem öffnen und Vertrauen. Ohne Ehrlichkeit geht das sehr schwer.

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Denke schon das ADHSler grundsätzlich eher offener und ehrlich sind.

Das kann auch kulturelle Ursachen haben!
Zum Beispiel im Ruhrpott ist man mit vielem sehr direkt!

In Baden Württemberg nehme ich das anders wahr. In Asien noch ganz anders!

Aber manchmal weiß ich auch echt nicht - macht man das (hier, grundsätzlich, ist es normal)??

Oder hab ich auch so einen Hauch Autismus? :thinking:

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Du magst schon recht haben.
Ruhrpott ist offener, BW und Bayern eher naja.
Mir sagte mal jemand, das liegt daran das durch die Kohlebergwerke damals die Arbeiter zusammenhalten mussten, während im Süden eher auf Familie und Versorgung (Bauernhof, Häuser usw) geachtet wurden.
Dadurch ist der Süden eher zickiger wie der Norden
:laughing:
Da ich schon mehrmals im Ruhrpott, Bayern, Baden-Württemberg, sowie Schleswig-Holstein gewohnt habe, kann ich gewisse Eigenarten bestätigen.

Ruhrpott ist ein reines Zuwanderungsgebiet.

In anderen Einwanderungsländern gibts gefühlt auch mehr ADHSler. Würde jedenfalls Sinn machen.

Und ADHSler sind ja auch eher Nomaden.

Und Flüchtlinge sind eher traumatisiert.

Ein sehr breites Thema mit vielen Eventualitäten.
Vor Allem das ganze zeitlich zu unterscheiden.

Zur Zeit des extremen Abbaus der Kohlewergwerke mussten viele Menschen sterben und Fremde sich gegenseitig unterstützen, während der Süden sich sorgen um die kranken Kühe und den Aufbau von Schlößern gemacht haben.
Übertrieben ausgedrückt.

Ansonsten habe ich anderes Geschichtswissen. Nicht so sehr der z.b. russischen Flüchtlingsströme.
Falls diese gemeint sind.

Aber wie meinst du das mit ADHSler sind Nomaden?
Wegen dem Chaos in der Wohnung, oder gibt es da eine spezielle Sicht die Du meinst?

Kennst du die Hypothese von Thom Hartmann?

Ulbre hat auch einiges über Nomaden geschrieben - ist auch spannend. Aber mir um die Zeit gerade zu komplex.

Zum Beispiel hier:

Auch der Vortrag von Ulbre ist da interessant. Aber ich merke gerade - ich habe da Ideen zu bekomme jetzt aber nix sinnvolles mehr formuliert.

Insgesamt würde ich schon sagen dass ein Nomadenleben am ehesten zu Menschen mit ADHS passt. Heute hier, morgen da.

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Das Beispiel mit den Stessoren und dem Fluchtinstinkt, erinnert mich an meine Angstzustände. Und wöhrend ich das lese bin ich meiner situation und habe veil zeilen gelesen die ich nicht mitbekam. Also nochmal lesen.
Aber ja. Sehr interessant.
Dieses Gefühl das dieser Text beschreibt ist mir irgendwie bekannt.

Ich bin gerade aufgewacht und habe geträumt wie ich nehrmals von 1919 zu heute geswitcht bin.
Und das fanden Irgendwelche Gestalten im Himmel gar nicht lustig. Ganz schön strange.

So ich versich noch etwas weiterzuschlafen.

Ich muss das wirklich nochmal aufholen, wenn ich klar bin. Also wie das gemeint ist.
Mehr symbolisch oder so wie Mietnomaden.
Später dann. Weiterschlafen

Jäger gegen Bauern Hypothese. Nein kenne ich noch nicht.

Ich hatte gerade aber ein Backflash. Seit den Medikamenten bin ich tatsächlich nicht mehr so Empatisch. Aber jetzt nach dem absetzen kommt dieser Teil wieder gerade durch. Aber leider falsch durch.
Meine Ängste verstärken sich gerade wieder. Extrem.
Scheiße.
Flucht, oder Überlebensinstinkt kann hier doch auch sein, wenn mich einer mit etwas wörtlich konfrontiert, das ich meine Fähigkeit verliere mich klar auszudrücken. Wie dicke Watte im Kopf. Aber zu viel Watte für den kleinen Kopf. Angst baut sich auf.

Ich habe wahrscheinlich meine Frau verletzt, in psychologischen Bereichen die ich gar nicht wahrgenommen habe.
Jetzt flüchte ich aus Angst alles falsch gemacht zu haben.

Oh man. Mein Kopf.
Jetzt könnte ich wieder heulen.
Ich möchte meine Medis wieder.

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Exakt, das habe ich auf Arbeit. Sie empfinden das vermutlich als normal, aber ich habe immer Angst dass sie so über mich reden oder noch schlimmer: denken.

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