Bis vor einem halben Jahr habe ich 15 Jahre oder länger exzessiv Videospiele und Medien konsumiert. Während der Zeit habe ich fast gar nichts gespürt. Mein Leben hat komplett virtuell stattgefunden, ich habe auch kaum Erinnerungen an die Zeit aus dem Real-Life, war eh ein Tag wie der andere. Momentan zocke ich gar nicht und in mir kommen Emotionen hoch die wohl seit Jahrzehnten in mir gegärt haben. Auf der einen Seite habe ich auf einmal Antrieb mich sportlich zu betätigen, Bücher zu lesen vor allem zum Thema ADHS und Persönlichkeitsstörungen. Habe die letzten Wochen sicher 200 Stunden in das Thema investiert und das hat mich zumindest von Langeweile abgehalten. Leider kommen grad viele Emotionen hoch mit den ich komplett überfordert bin. Ich muss mich manchmal auf Arbeit zusammenreissen nicht in Tränen auszubrechen. Ich weiß nicht ob ich ohne Anti-Depressiva überhaupt noch funktionieren würde, ist aber auch keine optimale Dauerlösung. Ich hätte nie gedacht, dass Zocken so einen krassen Einfluss auf meine Persönlichkeit hat, mein ganzen Wesen hat sich von gefühlskalt zu hochsensibel/empathisch geändert. Ich denke auch manchmal daran einfach wieder mit zocken anzufangen um das alles zu betäuben, aber noch kann ich dem Drang widerstehen.
Mein Gerechtigkeitsinn ist auch sehr stark ausgeprägt, hat mir schon oft Ärger eingebracht, weil ich mich in Dinge eingemischt habe, die mich nichts angingen.
Die Wahrheit sagen tue ich auch, auch wenn es manchmal weh tut, das hat für mich auch was mit Empathie zu tun.
Das schätzt mein Umfeld auch an mir, sagen sie zumindest.
Allerdings differenziere ich, wie ich die Wahrheit raushaue. Wenn mir die Leute auf den Sack gehen, weil sie z.B. meinen, sie wären das Tollste, was unter unserer Sonne rumläuft, dann hau ich raus und pfeife auf gesellschaftliche Normen (kann interessant sein ), bei Leuten, die mir mehr bedeuten, versuche ich es eher nett zu formulieren.
Im Gegensatz dazu, kann mir aber auch jeder seine Meinung geigen, kommt drauf an, ob ich es annehme, oder nicht.
In der Reha hatte ich mal ne Ärztin die hatte Schild nach vorne und Pullover auf Links. Darauf hatte ich sie am Ende behutsam hingewiesen .
Sie hatte sich 1000mal bedankt und war geschockt , dass all die Patienten/Kollegen vorher ihr nichts gesagt haben und sie so die ganze Zeit rumlief .
Dann bekam sie Tränen in den Augen, weil es ihr so peinlich sei und es sei doch einfach nur passiert, weil sie so einen doofen Morgen hatte , wo ganz viel schief ging und auch noch ihre Mutter plötzlich schwer krank geworden ist….
Man, der Ärztin hätte man echt viel ersparen können wenn einfach mal einer was gesagt hätte
In so einem Fall finde ich es wirklich gemein nichts zu sagen!
Die Menschen sagen dann nichts - nicht um den anderen zu schützen sondern sich selbst. Das ist jedenfalls meine Sichtweise.
Ich finde es teilweise auch sehr respektlos andere nicht auf Fehler hinzuweisen.
Manche lassen andere lieber vor die Wand fahren. Das finde ich sehr ungerecht und respektlos.
Hallo,
das sind doch schon gute Antworten. Ich meine, wer fragt, ist irgendwie auch selbst schuld. Vor allem wenn die Person dich schon kennt.
Das gibt doch auch Sicherheit, zu wissen, wenn ich @ADS-Mikesch frage, kriege ich eine ehrliche Antwort, auch wenn es weh tut.
Zwang die Wahrheit sagen zu müssen - #3 von Hyperfokus7 Ergänzung: Habe ich gerade entdeckt → Konfabulieren beschreibt meine Lügenstories wohl am Besten: Lügen und ADHS – ADHSpedia. Passt glaube ich ganz gut für den „Diskurs“ hier^^
Sehr interessant.
Was wenn man es selbst als Wahrheit sieht, oder sich nicht sicher ist.
Zum Beispiel Übertreibungen um etwas auszuschmücken. Und selber hält man es für wahr.
Das ist aber dann echt blöd.
Wie soll ich mit anderen ADHSlern (auch wenn es nicht ADHS-Spezifisch ist) klarkommen, oder sie mit mir, wenn man nicht weiß ob es wieder eine ausgeschmückte Wahrheit ist.
Wie gesagt. Sehr interessant.
Die Möglichkeit besteht immer, denke ich, weil wir nun mal anders denken. Da hilft nur
Kommunikation. Offen, ehrlich, wertfrei, zeitnah.
Bei uns ist das manchmal auch so, gab schon viel Stress deswegen, aber von beiden Seiten.
ich sag was, und mein Mann reagiert aus meiner Sicht „komisch“, dann frag ich ihn.
Woher sollen wir sonst wissen, das wir was „falsch“ machen.
Mein erster Gedanke zu „nicht lügen können“ war auch „autistisches Spektrum“, weil ich zwei Freund:innen habe, denen es so geht und die im Spektrum sind.
Etwas anderes ist „nicht lügen zu wollen“ oder in meinem Fall oft ein „miserabel zu lügen, weil ich zwar mittlerweile gelernt habe, die Klappe zu halten, aber die Untertitel laufen halt trotzdem mit“… Wenn ich jemandem nicht leiden kann oder ich das Verhalten von jemandem unter aller Sau finde, dann sieht man mir das an… Ob ich will oder nicht…
Und ja, dieses „warum lügt ihr euch alle die Hucke voll, wenn ihr euch gegenseitig scheiße findet“ ist für mich auch total unverständlich… Ich meine damit nicht smalltalk und Höflichkeit - das ist gesellschaftlicher Kit - sondern alles darüber hinaus gehende…
Mit meinem Mann und meiner besten Freundin praktiziere ich übrigens „radikale Ehrlichkeit“ bei gleichzeitig „urteilsfreier Zone“ - aber immer mit dem Hintergrund, dass man nicht über alles reden muss… Da bleibt schon genug Spielraum um sich zu verstecken… In der Beziehung musste das aber auch erst wachsen… Und das hat Jahre gebraucht, weil mein Mann in einer Familie aufgewachsen ist, in der das absolute Gegenteil praktiziert wird… Und ja - unsere Ehe wäre fast daran gescheitert… Also an seinen Lügen „um mich nicht zu belasten“…
Und das sage ich als jemand, der Notlügen generell als okay empfindet, solange niemandem damit Unrecht getan wird…
Nur innerhalb einer Beziehung ertrage ich es nicht, ständig rumraten zu müssen, wie mein Gegenüber etwas meint/ob das, was er sagt, wahr ist… Ich will einen Ort haben, bei dem ich mich nicht verstellen und ständig in Habachtstellung sein muss… Dann bin ich lieber Single…
Aber so grundsätzlich halte ich Lügen (also alles, wo es darum geht jemanden etwas explizit Falsches zu sagen oder für diese Person Relevantes zu verschweigen) für falsch.
Trotzdem habe ich mittlerweile gelernt, dass die Wahrheit nicht immer hilfreich ist… Oder das, was andere für die Wahrheit halten… Meistens geht es nämlich nur um Meinungen… Und wie oft Leute mit ihrer hausieren gehen, ohne dass sie überhaupt danach gefragt werden, empfinde ich als hart nervtötend. Mein Lieblingsspruch: „Das ist ganz schön viel Meinung für so wenig Ahnung!“ Das meiste geht den Großteil nämlich nen feuchten Kehricht an, aber genau da fängt dann das große Lästern an, welches mir so zuwider ist.
Aber das ist ein anderes Thema…
Dort, wo die Wahrheit relevant ist, dort halte ich Lügen für falsch und dort sage ich nach Möglichkeit die Wahrheit…
Manches steht mir nicht zu - zum Beispiel muss mein Mann selbst wissen, wie ehrlich er zu seiner Familie sein will… Aber da lüge ich nicht, sondern sage, dass ich mich da raushalte… Was ja letztlich auch die Wahrheit ist…
Sehr gut formuliert
Bei uns war es auch so, das unsere Ehe fast an der den Missverständnissen und der fehlenden Kommunikation gescheitert wäre. Natürlich setzt das, was ich im anderen Beitrag geschrieben habe voraus, das beide ernsthaft daran interessiert sind, den anderen besser verstehen zu wollen, den anderen akzeptieren zu wollen, wie er ist und natürlich die Bereitschaft voraus, an sich selber zu arbeiten.
Der Umsetzung sollte man allerdings Zeit geben, finde ich.
Und du hast Recht: wenn ich auch noch zuhause nicht so sein könnte, wie ich bin, dann eben alleine
Ja, das was du schreibst, war auch das, was unsere Ehe gerettet hat…
Ich hatte diese Ehrlichkeit zur Bedingung für eine Beziehung gemacht und nach sieben Jahren kam dann dieser Knackpunkt, an dem uns alle kleinen und großen Lügen um die Ohren geflogen sind…
Ihm wieder zu vertrauen hat fast ein Jahr gedauert und das, was mir das wieder ermöglicht hat, war der Moment, in dem mir bewusst wurde, dass es auch bei mir Jahre brauchte, bis ich das so umsetzen konnte… Ich war nur eben in dieser Zeit Single und konnte das mit mir selbst ausmachen… Und viele dieser Lügen drehten sich um das Thema „nicht zu genügen“ und „vorgeben das zu sein, was man glaubt sein zu müssen, um geliebt und angenommen zu werden“.
Da war ich einfach thematisch viel weiter als er, als unsere Beziehung begann.
Durch die ADHS (wenn auch damals noch undiagnostiziert) war ich es einfach gewohnt gesellschaftliche Erwartungen nicht erfüllen (und nicht allzu lange faken) zu können und hatte mir ein dementsprechend dickes Fell zugelegt…
Mein Mann ist hingegen neurotypisch und in einer Familie groß geworden, die „enttäuscht“ ist, wenn man etwas nicht hinkriegt… Das zu überwinden und zu lernen, dass man auch dann noch geliebt und anerkannt wird, wenn man mal keinen Bock hat die Maske der Perfektion zu tragen, braucht halt Zeit…
Ich kann auch nicht gut lügen.
Weil man beim Lügen ein gutes Gedächtnis braucht.
Ausserdem fühle ich mich bei spontaner Frage dermassen überrumpelt, dass es nicht geht.
Zwang die Wahrheit zu sagen:
Ich gehe immer davon aus, dass das Gegenüber meine Werte und Ansichten teilt, was nicht der Fall ist.
Ausserdem bin ich knallhart ehrlich, als Form der Agressiven Schamabwehr: Ja, du hast recht, ich bin so. Und noch viel schlimmer!
Das nimmt dem anderen den Wind aus den Segeln.
Ich glaube ich hab mich beim manipulieren erwischt. Ist dann ja auch ne Lüge.
Ich hab jemandem gesagt, er solle dem Arzt sekne Situation erklären. Wichtig ist das der Arzt das Gefühl hat zu entscheiden.
Das war mal echt blöd definiert, oder?
Aber ich glaub ich meinte es aus der Situation heraus, wenn man einfach nicht weiterkommt.
Aber das ist ja dann doch irgendwie ne Lüge.
Ich muss noch etwas an meiner Ehrlichkeit arbeiten.
Das ist so ein Ding. Man glaubt das der Gegenüber die Ansicht teilt, oder selber ehrlich ist und Dich aufklärt, falls er eine andere Meinung besitzt,oder?
Das ist ein doch schweres Thema. Vor Allem wenn man es Jahrzehnte lang versucht ehrlich zu sein und dann Ehrlichkeit, als „Versuch zum Lügen“ gedeutet wird.
Hatte ich noch als Thema heute in meiner Sitzung.
Schlimm wenn man sich irgendwann fragt, bin ich selbst doch der Lügner.
Auf der anderen Seite kann es doch nicht sein das man so verkorkst ist, das man alle und sich selbst betrügt, obwohl man es nicht möchte.
Nee. Das glaub ich nicht.
Aber ich kannte mal jemand der so war.
Der nur gelogen hat und es wirklich geglaubt hat.
Heieiei
Hm, gerade wollte ich sowas ähnliches schreiben, nämlich, das, wenn man beim Arzt nicht weiterkommt, die Situation quasi ein wenig „verdramatisiert“, damit auch der letzt Arzt versteht, das es einem schlecht geht.
Manchmal ist das leider so, ich habe schon häufiger Situationen gehabt bei Ärzten, als die Diagnosen auf den Tisch kamen, die mich sofort mit anderen Augen angesehen haben
Eine Ärztin hat normal mit mir geredet, nach Abfrage der Diagnosen dann hat sie plötzlich ziemlich laut und ziemlich langsam mit mir gesprochen
Das fällt mir bei meiner Beratungsstelle auch auf.
Sie geht voll auf mich ein. Und wenn ich gedankloch hänge, versucht sie einen andere ansatz, oder es andees zu formulieren.
Ist toll, wenn man einfach mal nur man selbst sein darf und es jemand versteht.
Wie ein Stein der vom herzen fällt.
Ja, aber ich meinte damit, das die Ärztin plötzlich mit mir gesprochen hat, als ob ich „schwachsinnig“ bin, obwohl sie davor normal mit mir geredet hat
Aber das mit der Beratungsstelle kenn ich auch, dann kann ich sein, wie ich will
Und das hab ich noch gefunden:
Konfabulieren bezeichnet man das Einbringen oder Modifizieren von Begebenheiten in einer Aussage, um vergessene oder im Augenblick nicht abrufbare, subjektiv als unwichtig empfundene Informationen und Erinnerungslücken auszugleichen.[2] Das Einbringen oder Modifizieren der meist nebensächlichen und weniger relevanten Unwahrheiten kann zum Beispiel dazu dienen, den Redefluss nicht durch Nachdenken zu unterbrechen. Es handelt sich nicht um pathologisches Lügen (Pseudologie) oder um ein Lügen mit vordergründig manipulativen Interessen, wie etwa bei der narzisstischen Persönlichkeitsstörung oder der (selten komorbid auftretenden) hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens. Vielmehr handelt es sich um Versuche, in sozialen Situationen nicht negativbetonter Text
Und
Ein Merkmal der ADHS ist eine unzureichende Fähigkeit zur verbalen Selbststeuerung, die in den schwach ausgeprägten exekutiven Funktionen und mangelhaften Coping-Kompetenzen verwurzelt ist. Die damit verbundenen Ohnmachtsgefühle haben gegebenenfalls extreme Verhaltenstendenzen zur Folge. Beispielsweise entscheiden sich Betroffene für das Anwenden starrer Verhaltensregeln, wie:
- Ein grundsätzliches, bedingungsloses Aussprechen der Wahrheit, auch in Situationen, in denen dies unangemessen ist und unangenehme Folgen für alle Interaktionspartner hat, oder
- ein spontanes, ungeplantes und gegebenenfalls unter (verdeckter) Scham vollzogenes Verstricken in (durchsichtige) Lügenkonstrukte, ggf. begleitet von einem unnachgiebigem Beharren auf diesen Unwahrheiten.
Beide Varianten sind mit negativen, durchaus langfristig wirkenden sozialen Konsequenzen und Stigmatisierungseffekten verbunden, unter denenbetonter Text
Von ADHSPEDIA
Ist bei uns zuhause auch so. Ich gebe eine Wortlaut wieder, verwende aber Wörter, die vorher nicht gesagt wurden, mir aber auch nicht wichtig erscheinen. Schon bricht hier die Hölle los, von wegen: so wurde das gar nicht gesagt, das war anders usw sehr anstrengend
Danke.
Hab das schonmal gelesen.
Aber heute anders wie das letzte mal.
Sehr interessant.
Ja da hab ich das fasch gedeutet
Macht nix, manchmal schreibe ich wirr.
Ja, die Seite Adhspedia finde ich auch sehr gut.
Ich auch, jeder will, das man ehrlich ist und dann gucken sie doch alle kariert.