ADHS Bullshit Bingo

Besteht da nicht aus beiden Richtungen das Risiko einer Totschlag-Argumentation, auf Kosten eines wirklichen Vorankommens?

Rossi hat also unbestritten viel Schlaues gesagt und geschrieben. Und dann sagen wir: Wenn er hier eine andere Auffassung vertritt (sofern er das noch tut), dann „irrt er sich in dem einen Punkt eben“, weil wir die akademischen Gegenbeispiele sind, jahrzehntelang das Coping einigermaßen gelang, aber jetzt dann eben nicht mehr? Und deswegen ist Rossi sonst Super-Experte und versteht sehr viel von ADHS, aber in dem einen Punkt kann man ihm gar nicht folgen?

Machen wir es uns da nicht ein bisschen zu bequem?

Vielleicht kann ein Bullshit Bingo Thread nicht so leicht unerwünscht off-topic geraten, weil spätestens im anderen Extrem dann auch wieder Erklärungsmuster und Vorurteile warten, die sich ihrerseits eigentlich genauso für Bullshit Bingo eignen, nur eben selbstwertdienlicher sind. Wie z.B. die von dem „Für andere können wir alles“, sind so mega-kreativ und jung geblieben, haben nur Selbstwertprobleme, können kein Coping mehr ab 40 usw.

Ich finde seinen Grundansatz jedenfalls interessant, nicht ein Störungsbild aufzuweichen auf das Risiko hin, damit „ein neues, bisher nicht präzis beschriebenes Störungsbild“ zu übersehen. Vielleicht hat jemand nicht zur Hälfte ASS und zu anderen Hälfte ADHS, aber beides nicht so richtig, sondern etwas Neues, bisher noch nicht Benanntes? Und vielleicht ist eine gelangweilte und/oder selbsttherapierend ausbeutende Hochbegabung nicht „reaktives ADS“, sondern SDA oder so.

Ja, vielleicht ist auch seine Grundprämisse schon zweifelhaft, dass es „absurd“ sei, wie sich mit einer DSM-Änderung auch ändern können soll, wer behandlungsbedürftig ist und wer nicht. Es gibt ja durchaus Beispiele in die andere Richtung, zum Beispiel im Bereich der sexuellen Identität, wo durchaus etwas aus der Pathologie rausfiel qua DSM-Änderung nach kulturellem Wandel und Aufklärung. Warum soll also nicht etwas reinfallen können.

Kann sein, aber es kann eben auch Folge kognitiver Dissonanz sein, grds. viel von Experten zu halten und in bestimmten, sehr zentralen und integralen Punkten folgt man ihrer Ansicht dann eben doch nicht, weil sie nicht zum eigenen Weltbild passt.

Im Kern eint uns ja ohnehin die Sichtweise von „Menschen behandeln, keine Symptome“. Was mich nur langsam zum Zweifeln bringt, ist, dass viele „Behandlungserfolge“ auch nach der Diagnose noch so schwierig scheinen. Und das kann man sich dann vielleicht auch erklären mit schwieriger Eindosierung, maladaptivem Coping, usw… Aber gewinnt man damit wirklich etwas?

Ich habe also alle Symptome von Windpocken, außer den Windpocken, denn die sind in meiner Variante entweder bis 40 weitgehend unterdrückt oder ab 20 „nach innen gerichtet“? Vielleicht habe ich dann nicht „invertierte Windpocken“, sondern eben doch was anderes… Spricht mir ja noch nicht automatisch das Leiden ab.

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Uff… da habe ich ja was losgetreten…

Ich kann grundsätzlich sagen, dass ich Piero Rossi sehr schätze, ihm in diesem Punkt aber widersprechen würde. Genau so sieht es ja auch Martin Winkler.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass Rossi wirklich sehr lange dabei ist und eben seine Grenze woanders zieht - ob einem das gefällt oder nicht. Aber Ahnung von der Materie kann man ihm nicht grundsätzlich absprechen.

Offenbar lässt er nur die schweren Fälle gelten, und wie gesagt, Barkleys Ansicht geht ja auch in die Richtung: Er hat z.B. in einem Vortrag mal gesagt, ADHS sei aus seiner Sicht auch immer mit einer Störung des Sozialverhaltens verknüpft.

Auch das kann man kritisch sehen, aber mal unter uns: Ist da nicht auch ein Fünkchen Wahrheit dran, wenn man die abwertende Konnotation des Begriffs mal beiseite lässt?

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@Elementary
Ich hatte jetzt auch nicht den Eindruck, dass wir da einem dieser beiden ausgewiesenen Fachleute die Expertise abgesprochen hätten. Nur in eben diesem einen Punkt haben wir gesagt, dass wir was anders sehen - und doch auch einigermaßen differenziert ?
Nicht ? Falls nein, sorry, das war nicht beabsichtigt…
Sollen wir irgendwo irgendwas gerade rücken ?

Herzlich

U.

Seitdem ich den Artikel gelesen habe, mache ich mir auch sehr viele Gedanken darüber.
Nur forscht denn jemand danach und heißt dies, bis dieses Neues entdeckt und eine Behandlung dafür gefunden wird, den Betroffenen Adxs Medikamente verweigert werden sollten?
Aber eine Erkältung dafür, dass einige Adxsler mehr von den Medikamenten als andere profitieren, könnte es durchaus sein.

Also ich will ebenfalls nichts ausschließen. Das heißt, ich gebe Rossi weder Recht noch Unrecht.

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ADHS wurde immer mal wieder unterschiedlich beschrieben und ich gehe davon aus, dass das auch in Zukunft so bleiben wird. Es gibt ja z.B. auch noch das Thema SCT, von dem man heute vermutet, dass es eine eigenständige Störung ist, wobei darüber auch noch nicht viel bekannt ist. Also alles im Fluss.

Wir wissen außerdem, dass der Übergang von normal zu pathologisch fließend ist. Entsprechend ist es auch logisch, dass man individuell die Grenze unterschiedlich ziehen kann.

Aber klar ist auch, dass sich Rossi mit seiner Meinung in der Minderheit befindet. Das DSM-5 kritisiert er genau deshalb ja auch.

Nehmen wir außerdem mal sämtliche Klassiker zu ADHS bei Erwachsenen: „Zwanghaft zerstreut“, „ADHS - das Kreative Chaos“, die „Krause-Bibel“ - überall werden explizit Beispiele für ADHS bei Akademikern beschrieben.

Nein, und ich brauche schon gar kein Sorry. (Und eigentlich auch kein Uff.)

Ich wollte einen Beitrag zur Debatte leisten, indem ich hinterfrage, ob „wir“/man/wer auch immer einzelne Aspekte (bzw. „tragende Wände“) aus einem an sich geschätzten Gedankengebäude rauslösen können. Das Hinterfragen war bewusst mit diversen Weichspülern als Zeichen meiner eigenen Work in progress-Überlegungen versehen.

Mag einigen zu lang geraten sein. Der Weg von der einen Bullshit-Bingo-Karte zur anderen (der mit den positiv besetzten und selbstwertdienlichen Erklärungen) ist ja auch lang. Sonst wäre es unterwegs Off-Topic geraten.

Vielleicht habe ich hier auch so viel Wattebäusche geworfen und Sternenstaub verteilt in den letzten Jahren, dass die irgendwie mal wieder zurückgeworfen werden müssen, keine Ahnung. Besser konnte ich es nicht. Ich nehme ja auch Medikamente dafür oder dagegen. Hier kommt jedenfalls noch das „Uff“ zurück. Denn ich bemühe mich gerade um Minimalismus und Aufräumen.

Nein, natürlich nicht. Ich wollte auch niemandem Diagnose oder Medikation absprechen. Mir selbst auch nicht, die meiste Zeit. Ich würde aber auch off-label Katzenfutter konsumieren, wenn ich den Eindruck hätte, dadurch weniger störungsbildbedingtes „needless suffering“ in die Welt und mein Leben und das meiner Mitmenschen zu bringen. (Veganes Katzenfutter, wenn möglich. Und wenn ich hungrigen Katzen nichts wegesse. Das wären meine Prämissen.)

Es ist ja gerade der Humor und die Tragik von Bullshit-Bingo-Erklärungsdeckeln, dass sie eben nicht auf jeden Topf passen. Und Dampfkochtöpfe mit schlecht sitzenden Deckeln… geben schon zu weiteren Nachforschungen Anlass.

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„Ich-kann-nicht“ wohnt in der „Ich-will-nicht-Straße“…

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Gerne auch: „du bist eigentlich schlau genug. Du bist einfach nur zu faul!“

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@Schröder Sorry aber wenn ich sowas lese stellen sich meine Nackenhaare auf, ganz ehrlich, wenn mir jemand so einen Bullshit entgegen würde, dann müsste ich mich ehrlich extrem zusammen reissen um „nicht“ auszurasten. Wer zum Geier denkt sich solche Sprüche aus?, wer zum Geier kann überhaupt so bescheuert sein das es schon weh tut?.
Aber „Ohmmm“ bloss nicht aufregen, denn trotz allem ist es das schlicht und einfach nicht wert.
Einfach tief durchatmen, „Arschloch“ denken, auf dem Absatz kehren und solchen Leuten einfach nicht mal einen Hauch von Beachtung schenken, denn genau das fuchst diese Leute am meisten, wenn man sie ignoriert, wie Luft behandelt, denn jemand wo sowas raus lässt, ist im Grunde den Atem den man dafür verschwendet nicht wert.

@ZappelPhilipp ich weiss garnicht wie oft ich diesen Spruch schon gehört habe.
Ich dachte mir dann meistens „immerhin hast Du erkannt das ich schlau bin, was man von Dir nicht unbedingt behaupten kann“. :wink:
Hm :thinking:, also lieber schlau aber „faul“, oder dumm aber fleissig?, was von beidem ist im Endeffekt schlussendlich besser?.
Anscheinend letzteres, denn wie heisst ein alt bekanntes Sprichwort: „der dümmste Bauer erntet die grössten Kartoffeln“. :wink::joy:

Ich dachte eigentlich: „die dicksten Bauern haben die dümmsten Kartoffeln“ :wink:

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Das auf dem Absatz kehrt machen und „Arschloch“ denken wird schwer, wenn du mit der Person verheiratet bist.

Aber ja, es hat anschließend ganz schön gekracht daheim.

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Mit Fleiß kommt man weiter als mit Intelligenz.

Fleiß und Intelligenz in Kombination ist natürlich krasser Scheiß.

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Update: Muss aber auch sagen, dass meine Frau an dem Tag sehr unfair behandelt wurde. Meine Schwiegermutter hat uns nachmittags überraschend besucht (Meine Schwiegereltern sind gleichzeitig auch unsere Vermieter) und sich dann abends bei meiner Frau beschwert, weil das Haus nicht so sauber war, wie es nach ihrer Meinung hätte sein müssen (Abwasch noch nicht gemacht und ein paar Kleinigkeiten).

Da meine Frau bis abends arbeiten muss, konnte sie an dem Zustand aber gar nichts ändern und ich hatte den Abwasch auf später verschoben (weiß nicht mehr, warum).

Schwiegermutter weiß von meiner „Krankheit“ und ist der Meinung, das meine Frau dann eben dafür sorgen muss, das ich die Arbeit erledige.

Natürlich völliger Unsinn. Meine Frau war entsprechend „bedient“ und musste ihren Frust dann abbauen, natürlich beim „wahren Schuldigen“. Im Laufe des Streits ist dann obiger Satz gefallen.

Meine Schwiegereltern sind eigentlich sehr nett, wenn man Mal Hilfe braucht, stehen die schon vor der Tür, bevor man den Hörer aufgelegt hat, aber auch sehr penibel. Wäre nicht so schlimm, wenn sie sich bloß bei mir beschweren würden.

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Ooops @Schröder das tut mir leid, ich konnte ja nicht ahnen das ausgerechnet Deine Frau diejenige war wo das gesagt hatte, Sorry. :face_with_peeking_eye:

Das ist nicht meine Ex. :grinning: Sie sitzt gerade neben mir.

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Ja Sorry hatte mich vertan, habe es dann noch gemerkt, schön dass sie neben Dir sitzt. :+1::joy:

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Du hast deine Nachrichten gesperrt, deswegen antworte ich dir hier, bevor du dir Sorgen machst: Ich bin nicht sauer auf dich. Der Satz als solcher einzeln ist krass auch für mich, da hast du ja vollkommen Recht. Ich weiß aber eben auch, unter welchen Umständen er gefallen ist und unter welchem Druck meine Frau wegen meiner Schludrigkeit gegenüber ihrer Familie permanent steht. Der entlädt sich dann mal, und hätte ich die Zeit an dem Tag wirklich verschlampert und nicht andere Sachen erledigt, hätte ich ihn wohl erstmal nur geschluckt. Ich war aber nicht faul sondern an anderen Stellen tätig und bin dann selbst an die Decke gegangen.

Gott sei Dank war unser Sohn nicht in der Nähe.

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…hallo, gehts noch?

Also ich würde eurer Schwiegermutter mal gewaltig eins vor den Latz knallen. Wie dreist und übergriffig ist denn das bitteschön?

Das geht doch in die Richtung: ich lasse Euch hier wohnen, also macht was ich will.

PS: Vermieter müssen Hausbesuche rechtlich vorher ankündigen.

Ganz böse Konstellation. Die Abhängigkeit kann man schön ausreizen, was eure Schwiegermutti anscheinend sehr gerne macht.

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