ADHS und Derealisation

Hallo an alle, ich bin hier neu im Forum. Und habe schon viel gelesen. Ich leide eigentlich schon mein ganzes Leben unter ADHS die Diagnose habe ich jetzt mit 39 Jahren bekommen. Ich fühlte mich immer super nervös und angetrieben. Machte tausend Sachen auf einmal und manches gar nicht erst Fertig. Das hat mich Wahnsinnig gemacht.

So leide ich seit ungefähr 5 Jahren unter einer Derealisation. Meine Umwelt und mein Körper kommen mir vor wie im Traum. Und meine Handlungen automatisiert. Ich habe immer eine Angststörung diagnostiziert bekommen früher. Aber ich habe oft Angst gekriegt wegen dieser übersteigerten Nervosität und dem Derealisation erleben. Ich hab irgendwie das Gefühl das meine Psyche mich von der Umgebung abschottet damit es nicht zu viel wird.

Jetzt nehme ich seit ein paar Tagen Medikinet erst 5 mg dann 10 mg. Und fühle mich das erste Mal klarer, ruhig und ausgeglichener. Und das auch in Stress Situationen. Ich könnte heulen hätte das nicht für möglich gehalten. Auch wenn noch nicht alles perfekt ist und ich mich extrem beobachten. Ich stehe noch am Anfang mit der optimalen Dosis. Und denke auch vielleicht sind 5 mg auch schon ausreichen.

Jetzt meine Frage kennt ihr dieses Derealisations Erleben bzw sich wie hinter einer Scheibe zu fühlen? Nirgendwo liest man was über Zusammenhänge. Ich kann mir das aber sehr gut erklären!

Und meine zweite Frage kann es auch sein das 5mg eine bessere Dosierung ist als 10mg. Oder ist es so das viel auch viel hilft?

Danke euch

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Hey, ich bin auch neu hier. :smiley: Und habe ebenfalls erst sehr spät die Diagnose bekommen - vor zwei Wochen, mit 33 Jahren. Deine Beschreibung mit Medikinet spricht mir aus der Seele, auch mir war „zum Heulen“ - und ist es auch immer noch. Ich wünsch Dir viel Erfolg bei der Einstellung, ich steck da auch noch mittendrin. :slight_smile:

Derealisation hatte ich auch oft. Dazu muss ich aber sagen, dass ich auch eine Angststörung habe. Schon mit 10 Jahren habe ich in mein Tagebuch geschrieben, dass es sich manchmal anfühlt, als wäre ich gar nicht richtig da. Komischerweise hatte ich dies auch in ganz gewöhnlichen Alltagssituationen, in denen ich nicht ängstlich gewesen bin. Sonst hätte ich eher nachvollziehen können, dass meiner Psyche gerade alles zuviel wird. Mittlerweile habe ich eher Probleme mit Dissoziation.

Da ich aber auch unter den Neu-Diagnostizierten bin und daher relativ unwissend über die Zusammenhänge, bin ich auch auf Antworten dazu gespannt. :slight_smile:

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Hallo, dir auch alles gute beim einstellen. Mir hat die Psychiaterin nur das Medikinet verschrieben und einen Termin in zwei Monaten. Ist jetzt nicht so eine enge Betreuung.

Ich habe die Derealisation seit 5 Jahren ohne Unterbrechung. Was sehr hart ist. Habe mich daher sehr mit dem Thema beschäftigt und sogar eine eigene Webseite derealisation.info

Die Derealisation ist ein Schutzmechanismus der Psyche um einen vor Überforderung zu schützen. Daher werden die Sinne und Gefühle stark abgeschwächt um Handlungsfähig zu bleiben. Das kann sporadisch auftreten oder persistent sein. Bei mir ist es das letztere. Auch ich habe eine Angststörung diagnostiziert. Aber woher kommt die Angst?

Bei mir von der ständigen Nervosität und dem getrieben sein. Und Gedankenfluten. Und jetzt kommt ADHS ins Spiel die ständige Überforderung. Und ich denke bei manchen reagiert die Psyche dann mit den selben Methoden wie bei einer Derealisation.

Ich merke jetzt schon eine Verbesserung aber es ist auch keine Wunderpille. Und man muss auch weite daran arbeiten.

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Hallöchen,

habe hier auch schön öfters über Derealisation und Depersonalisation geschrieben was ich früher sehr oft hatte.
Diese Entfremdungsgefühle wurden früher oft falsch gedeutet und man hat mit Pech eine Diagnose aus dem „schizophrenen Formenkreis“ bekommen.
Ich bin das zum Glück los, Medikinet ist da bei mir ein Wundermittel dagegen, wobei es sich schon davor weitgehend gelegt hat.

Auch das Gefühl von allem abgekapselt zu sein, als wenn man alles nur durch eine milchige Scheibe beobachtet aber nicht anwesend ist oder eingreifen kann, ist über die vielen Jahre, zum Glück, sehr zurückgegangen. Auch hier noch mal ein ordentlicher Boost dank MPH.

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Hallo,
@ZappelPhillip @KryptoTrillionar @5FDP
könntet Ihr bitte mal genauer beschreiben, wie sich das, was ihr als Derealisation bezeichnet, bei Euch anfühlt, wie es sich äußert ?
Einfach ein paar Beispiele, in welchem Moment es sich durch was bemerkbar macht.
Und falls Ihr mit Depersonalisation was anderes meint, bitte das getrennt davon.

Ich frage aus zweierlei Gründen:

Erstens:
Die Begriffe Derealisation und Depersonalisation sind mir in der AD(H)S-Fachliteratur nicht so wirklich begegnet.
Ich möchte nur vermeiden, dass diese Fachbegriffe umdefiniert werden.
Was ihr erlebt, was ihr fühlt, ist wie es ist wie es ist. Da beißt keine Maus keinen Faden so was von nicht ab.
Es geht mir nur darum, falls (FALLS) das, was ihr da erlebt, in der Fachwelt anders benannt würde, hier im Forum die richtigen Begriffe zu verwenden, um andere Leser nicht zu irritieren.

Zweitens:
Ich finde das sehr spannend und würde gerne mehr lesen und besser verstehen, was ihr da erlebt, wann das passiert, ob es bestimmte Umstände gibt, ob das andere auch haben und wie es sich auswirkt.

Beste Grüße

UlBre

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Aber klar kann das sein !
Schau mal hier: <LINK_TEXT text=„Behandlung und Therapie - ADxS.org … -bei-adhs/“>Eindosierung von Medikamenten bei ADHS - ADxS.org</LINK_TEXT>
Bitte keine Experimente ohne Abstimmung mit dem Doc!

Hallo @UlBre ,

Bei mir äußert es sich so: Ich nehme die Umgebung nicht wirklich scharf und es fühlt sich so an, als ob man in einer Kapsel wäre und alles nur beobachten würde.

Ich habe gestern @KryptoTrillionar geschrieben, dass ich es in bestimmten Situationen habe, es ist aber nach langer Überlegung nicht exakt so. Ich fühle mich andauernd fremd, also nicht wirklich mittendrin im Geschehen. Wenn ich unterwegs in der Natur bin, sehe ich zwar alles, aber ich kann es nicht wirklich verinnerlichen. Es fühlt sich alles sehr fremd an und bin irgendwie kein Teil davon.

Jetzt ist es mir aufgefallen, dass dieses Gefühl draußen am stärksten ausgeprägt ist. Oder aber in neuen Situationen/ Umgebungen und bei Orten mit vielen Menschen.

Was ich auch noch habe ist, dass ich oft besonders nach Tagträumen den Realitätsbezug verliere. Ich weiß wo ich bin und was ich mache, aber mein Inneres übernimmt die Schauspielrolle meines Gedankenfilms.

Genau, diese Derelisation fühlt sich an, als ob man ein fremdes Leben führt und das eigentliche Leben passiert irgendwo anders.

Sorry, ich habe wirklich Schwierigkeiten passende Worte zu finden.

Am stärksten war es in der Depression, da war es wirklich sehr belastend!

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Mich würde auch sehr interessieren, was ihr genau meint und wie es mit ADHS zusammenhängt.

Derealisation und Depersonalisation sind ja Symptome, die man von anderen psychischen Krankheitsbildern kennt und die ich auch nicht mit ADHS in Verbindung bringen würde. So weit ich verstanden habe, ist z.B. Derealisation etwas anderes als permanentes Träumen, auch wenn man beim Träumen weniger in der Realität präsent ist.

Nun ist ja einerseits so, dass ADHS selten allein kommt, d.h. es könnte sich um Symptome einer weiteren psychischen Störung handeln.

Andererseits kenne ich selbst auch das Gefühl, anders zu sein und sich fremd zu fühlen bzw. das Phänomen, dass sich da ein „Schleier“ verschwindet, wenn ich meine Medis nehme.

Sich in der Welt fremd fühlen gibt es ja auch bei ASS, auch bekannt als „Wrong-Planet-Syndrom“. Ich frage mich nur immer, ob dieses Gefühl von der Qualität her bei ADHS nicht tendenziell weniger stark seine müsste, da man mit ASS ja doch wesentlich mehr „anders“ ist.

Kurz und gut: Ich fände eine Abgrenzung wichtig, damit jeder auch die Behandlung bekommen kann, die nötig ist.

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Woher sollte ich denn wissen, woher es kommt?
Es könnte bei mir von der Zwangsstörung kommen oder wie du sagtest vom permanenten Träumen. ASS schließe ich bei mir persönlich aus.

Ich habe es nie in der Therapie angesprochen, denn ich habe es halt als mein Normalzustand angesehen und dachte immer, alle Menschen würden so drauf sein.

Danke für eurer Antworten. Ich habe Symptome Mal hier beschrieben: Symptome – Derealisation.info

Das sind Dinge die ich in Gesprächen mit anderen und aus der Fachliteratur habe. Die DPDR kann ein Symptom sein anderer Erkrankung. Aber auch eigenständig sein.

Ich denke aber das es auch ein Symptom der ADHS Erkrankung sein kann. Da die Psyche einen Schützt vor Überreizung und Stress den man meist bei ADHS empfindet.Man zieht sich dann innerlich zurück und alles kommt einem wie durch eine Scheibe vor und Gefühle sind abgeschnitten. Um noch weiter funktionieren zu können. @KryptoTrillionar ich hoffe auch das, das Medikinet hilft da es sehr unangenehm ist. Ich meine schon leichte Verbesserungen zu merken. Aber nehme erst 10 mg am Tag. Wieviel nimmst du denn?

Das macht in meinen Augen völlig Sinn.

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Ich kenne ebenfalls ein Fremdheitsgefühl mir gegenüber oder das Gefühl nicht im Jetzt verhaftet zu sein. Habe das aber vor allem unter Depressionssymptomen verortet, da war es am schlimmsten.

Bei mir war das in sozialen Situationen oder dann, wenn ich überfordert war mit Emotionen. Also immer, wenn eigentlich erlebtes/präsentes Fühlen hätte passieren sollen, hatte ich das Gefühl unter der Glasglocke zu landen und höchstens eine verfälschte Ableitung der Emotion an mich ranlassen zu können.

Das ist alles über die letzten Jahre und sicher auch durch Psychotherapie besser geworden.
Mit Medikinet fühle ich mich jetzt außerdem nochmal viel wacher, mehr da.
So als würde ich ans Steuer treten, während ich sonst nur von der Rückbank rufen konnte „Links abbiegen! Nein das andere links!!“


Habe leider auch auf die schnelle keine gut erklärte Differenzierung der Begriffe gefunden.
Depersonalisation: ich fühle mich nicht real.
Derealisation: meine Umwelt fühlt sich nicht real an
Beides Dissoziation. Mehr weiß ich aber auch nicht.
Hier nochmal ein Video, das sich an eine jugendliche Zielgruppe richtet und die Begriffe klärt.
Also Fachliteratur ist das nicht, allerdings ist die Moderatorin studierte Psychologin und das Programm von den Öffentlich-Rechtlichen unterstützt. Daher trau ich mal den Aussagen. Quellenauflistung ist in der Videobeschreibung.

Trotzdem finde ich @ZappelPhillips Herleitung schlüssig. Dissoziative Zustände treten ja nicht nur im Zusammenhang mit handfesten Krankheiten auf, sondern auch bei Stress, Schlafmangel, Herzschmerz. Dass bei ADHS Betroffenen die Schwelle zur Überforderung schneller überschritten wird, ist klar.

Es kommt ja immer mal der Begriff „Shutdown“ auf. Kenne das zwar eher von ASS, aber habe das im Bezug auf ADHS hier schon ein paar Mal gelesen.
Kommt wohl auf den individuellen Shutdown an, aber kann in den Bereich der Dissoziation kippen, denke ich.

Ich würde es auch wahrscheinlich unter Dissoziieren zusammenfassen.
Das ist ja bei Depressionen auch nicht so selten.

Depersonalisation ist als ob man aus sich selbst heraustritt und sich quasi zuguckt. Das hatte ich nur bei meinen ersten THC-Erfahrungen…
Derealisation ist wenn sich plötzlich alles anders anhört und flach wirkt. Wie eine Bühne.
Der entscheidende Unterschied zum Wahn bzw. Wahrnehmung bei Psychosen ist, das man weiß dass es an der eigenen Wahrnehmung liegt und man nicht glaubt dass die ganze Welt sich verändert hätte.

Mittlerweile gibt es auch eine eigene Störung, die Depersonalisations-Derealisationsstörung…

@ZappelPhillip

Ich nehme 20 bis 30mg je nach Tag.
Wenn ich den Tag über nicht viel zu tun habe 20.

Aber ich habe auch festgestellt dass innere Unsicherheiten und Ängste ein großer Faktor sind, die man mit der Zeit aber besiegt… Also auch ohne Medikinet würde man davon loskommen.

@allmighty

Exakt. Genauso war es bei mir auch. Zuhause allein oder zusammen mit sehr vertrauten (einzelnen) Personen eigentlich nie.


Wer hat denn gesagt, dass du das selbst rauskriegen sollst? :wink:

Dafür gibt es Psychiater. Ob dir dein Psychotherapeut da weiterhelfen kann, kann ich nicht beurteilen.

Danke für die zahlreichen Beiträge.

Es wäre schön noch mehr Erfahrungen in Bezug auf das Derealisations Erleben zu hören. Es geht mir hier auch nicht um eine wissenschaftliche Ansichtsweise sondern über Erfahrung von Betroffenen.

Die Fachbücher sind meist von Leuten geschrieben die selber nicht betroffen sind. Ist für mich so als würde man ein Buch als Mensch mit zwei Augen darüber schreiben wie es ist mit einem Auge zu leben.

Meine Psychiaterin meinte auch es gäbe keinen Zusammenhang zwischen Derealisation und ADHS das würde eher von Depression oder eine Angststörung kommen. Wie kann es dann aber sein das ich mich mit Medikinet schon klarer fühle. Und kein anderes Medikament diesen Effekt hat hab schon einiges ausprobiert. An Antidepressiva und Angst lösenden Mitteln. Für mich sind viele dieser Psychiater und Psychotherapeuten viel zu sehr auf das beschränkt was in der Fachliteratur steht. Die wie schon gesagt meist von Unbetroffenen geschrieben sind.

Ich denke es gibt einfach Menschen die mit Überlastung/Stress mit einem Rückzug in sich selber reagieren. Die Umgebung wird dadurch unreal und die Handlung von einem selber auch.

Fachbücher werden von Fachleuten geschrieben. Ich finde es ziemlich anmaßend, ihnen die Fachkompetenz abzusprechen, nur weil sie nicht selbst betroffen sind.

Ja, ich finde auch, dass Selbstbetroffene oft besonders gute Fachleute sind, aber umgekehrt zu sagen, wer nicht selbst betroffen ist, kann keine Ahnung haben, stimmt nicht. Man kann sich Fachkenntnis auch anders aneignen als durch eigene Erfahrung.

Auch finde ich, dass es absolut sinnvoll ist, die Begriffe genau zu definieren und nicht durcheinander zu schmeißen. Und auch dafür sind Fachleute zuständig.

Z.B. Depersonalisation/Derealisation: Laut Defintion geht es dabei um eine pathologische VERÄNDERUNG der Wahrnehmung von Realität, nachdem es einen Normalzustand gegeben hat. Es gab also ein Ereignis, bei dem man feststellt: Moment mal, irgendwas ist anders.

Das hat nach meiner Auffassung nichts mit dem Träumen oder Abtauchen in Gedankenwelten bei ADHS zu tun, denn das hat man ja schon sein ganzes Leben lang.

Ich denke, wenn es tatsächlich zu so einer plötzlichem Veränderung kommt, dann ist das ein Anzeichen für etwas anderes. Soll ja bei ADHS öfter vorkommen.

Und dann hat es meiner Meinung nach wenig Sinn, das hier im Forum zu thematisieren. Dann sollte man zu seinem Arzt gehen und rausfinden, was da los ist. Hier kann ma schließlich nur spekulieren.

Total interessant dieses Thema hier, „wrong Planet Syndrom“, das ist genau das wie ich mich auch oft fühle, oder auch der Ausspruch sich wie im „falschen Film“ vorzukommen trifft es ziemlich gut.

Was ich bei mir etwas „seltsam“ finde ist, das ich irgendwie nur sehr selten z. B. richtige Angst spüre. Selbst wenn ich sogar wirklich Grund dazu hätte, ausser dann komischerweise in Form von Alpträumen, da dann je nach dem sogar recht heftig.
Zumindest kommt es mir manchmal so vor, schwer zu beschreiben, vielleicht auch das falsche Beispiel.

Jedenfalls spüre ich mich oft selbst nicht, bei anderen fällt es mir leichter deren Emotionen zu erkennen und darauf einzugehen, während ich wenn es um mich selbst geht, irgendwie neben mir stehe.

Andererseits kann ich dann auch wieder diese sehr starke Emotionen spüren, wo es dann schon wieder zu viel des guten wird, eben diese Gefühls Achterbahn Fahrten, in meinen Träumen dann oft auch Geisterbahn Fahrten.

Wenn ich dieses Gefühl habe neben mir zu stehen, da frage ich mich, ob das einfach nur eine Art „emotionale Erschöpfung“ ist, und ich mich auf diese Weise durch das „ausklinken“ zurück ziehe, also einem unbewussten „Selbstschutz“ Programm folge.

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Ich finde, es ist etwas völlig anderes, emotional völlig in den Abgrund gerissen zu werden als eine Emotion konkret zu spüren. Ich kenne Situationen, in denen ich regelrecht übermannt werde, aber diese Emotionen sind diffus: ich spüre nur eines: sie sind negativ.

Eine konkrete Emotion zu spüren, fällt mir ebenfalls sehr schwer. Ich kann oft nicht genau sagen, ob es sich um Angst, Wut, Trauer etc. handelt.

Wie du kann ich das bei anderen besser und ich glaube, Ich weiß jetzt auch warum. Weil ich die Menschen beobachtet habe und Erfahrungswissen erworben habe, aufgrund dessen ich mir kognitiv klarmachen kann, welche Gefühle sie haben könnten.

Vielleicht sollte ich immer in den Spiegel schauen, wenn es mir diffus schlecht geht, vielleicht werde ich dann schlauer.

Da fällt mir ein: Bei kleinen Kindern übernehmen die Eltern diese Funktion, d.h. sie fungieren als Spiegel und das Kind lernt seine eigenen Emotionen zu deuten.

Nur: Was ist, wenn die Eltern das nicht können, weil sie selbst Probleme haben, Emotionen bei sich und anderen wahrzunehmen?

Obwohl: Blödsinn ich kann Emotionen bei anderen ja eben nicht „richtig“ deuten, meistens haue ich ja total daneben, stehe dann buchstäblich ins Fettnäpfchen mit meiner Einschätzung.
Im Grunde rate ich meistens einfach und gucke dann ob ich Glück damit hatte. :wink: :smiley:

Ich hab vor über 10 Jahren meine erste Verhaltenstherapie gemacht. Ganz genau bekomm ich das nicht mehr hin, mein Gedächtnis hat Löcher. Der Typ hatte so Karten, auf denen allerlei Emotionen standen. Ich sollte alle Emotionen raussuchen, die ich anhand von Erlebnisbeispielen benennen sollte. Ich hatte wirklich Schwierigkeiten und dann haben wir das gelernt, wie Vokabeln.

Es gibt (glaube ich) 27 Emotionen, ich hab nach wie vor Schwierigkeiten mich da selber richtig einzuschätzen. Das ist nen bisschen wie: Ich merke immer erst mega spät dass ich pinkeln muss, und zwar dann, wenn die Blase kurz vorm Überlaufen ist. Das ich mir im Büro noch nicht in die Hose gepinkelt habe, ist ein Wunder. :roll: Das gleiche gilt für Hunger und Durst. Vergesse ich AUßER ich bin Achtsam. Und da kommt dann das Bewusstsein ins Spiel.

Bei den Emotionen und der Regulation dieser, verhält es sich wohl ähnlich. Das läuft dann aber nicht über den „Ich mach mir gleich Pipi in die Hose-Tanz“, sondern hier muss ich wirklich nachdenken und alles gedanklich auseinandernehmen und in die passende Schublade stecken. Woran liegt das? Haben meine Eltern das verbockt? Oder mein Umfeld. Keine Ahnung, JEIN.

Bei meiner Tochter hab ich übrigens schon angefangen, das zu üben, als sie noch super klein war. Und zwar während des ganz normalen Alltags.
Auf dem Spielplatz sehen wir ein Kind, das dem anderen Kind die Schaufel wegnimmt: "Guck mal da, das Kind schreit und hat ganz viele Falten im Gesicht, das Gesicht ist ganz rot, es ist wütend. Es will sagen, geb mir meine Schaufel wieder.
Und das andere Kind, es guckt ganz erschrocken, weil das Schreien ist laut, es hat einen Schreck bekommen. Das merkt man im Bauch…
Und das Kind, das dem Kind die Schüppe weggenommen hat… Bla bla bla.

Oder so banale Dinge, wie: Meine Tochter bekommt einen Luftballon am Stiel in der Stadt geschenkt. Sie freut sich super darüber.
Also sag ich: Du hast ja ein Glück. Du strahlst ja wie ein Honigkuchenpferd.
Und als der Ballon dann platz weil sie ihn über Steine geschoben hat und sich erschreckt, sag ich: Das war laut, du hast dich jetzt richtig erschreckt. Und als der Schreck dann in Trauer umschlägt und die Tränen kullern sag ich: Der Ballon ist kaputt gegangen, das ist wirklich schade, du weinst, weil du bist traurig. Und als die Trauer dann in Wut umschlägt, weil ich nicht nochmal zurückgehen will, sag ich: Du willst unbedingt einen neuen Ballon, ich sage nein, du bist ganz ärgerlich… Und so weiter. Wenn man mit seinen Kinder diese ganzen Emotionen wirklich durchlebt, wie in diesen kleinen Beispielen, dann lernen Sie diese ja auch. Das hab ich wie gesagt mit ihr im Kleinkindalter viel gemacht.

Die selbe Situation heute würde so ablaufen:
Huuuuuch. AAACH MENNO. MAAAAMA! Kann ich bitte einen neuen Ballon haben?
Ich: Das passt mir jetzt nicht, ich möchte nach Hause, weil XYZ…
Sie: Grummel Grummel, das ist doof… naaaaa gut.

Sie ist jetzt fast 6 Jahre alt und ist durchaus in der Lage, ihre eigenen Emotionen einschätzen zu können. Und hier ist der Punkt, auf den ich kommen will. Ich hatte, wie @AbrissBirne auch meine liebe Mühe damit, die Emotionen ANDERER Leute richtig einzuschätzen. Und zwar weil ICH nie erklärt bekommen habe, dass JEDE Emotion ganz normal ist und zum Leben dazu gehört. Nach meinem sehr verwirrenden Lebenslauf hab ich das dann so interpretiert: Ach, der ist ***** (Zur Auswahl standen drei mögliche Emotionen: Wütend, Traurig, Glücklich), UND ZWAR wegen MIR!!!

Ich hab auch immer gedacht, dass ich andere Leute durch meine spitzen „Beobachtungsgabe“ und meinem riesigem Herz aus Schokolade super einschätzen kann, gespiegelt wurde es mir häufig anders, gecheckt hab ich es nie, bis mir in meinem Leben die richtigen Leute begegnet sind, die mit mir GEREDET haben. War ein langer Prozess, tat weh, auf allen Seiten. :aufsmaul

Heute weiß ich immer noch nicht genau ob mir meine Emotionen nur „aberkannt“ wurden, denn ich habe Emotionen. Viele. Dauernd und es kommt vor - auch manchmal im Minutentakt. Ansehen tut es mir aber niemand, mein Kopf analysiert und versucht die Schubladen zu bedienen. Er rattert dann und rattert.
Und ich mach dann einfach weiter, ich unterhalte mich währenddessen und kann blitzschnell einordnen.
Wenn Umfeld oder Umstand über längere Zeit ätzend für mich sind, wird die Schublade zu voll, also fange ich an alles in einen Schrank zu stopfen und diesen dann zuzudrücken. Bis der Schrank (der jetzt Sinnbildlich für mein Schubladengehirn steht) einfach aufplatzt und dann alles verbal im Raum Verteilt.
Und dann muss ich das Chaos erstmal aufräumen… In mir. :fischglas

War das jetzt am Thema vorbei? Mit Sicherheit :wink:

Achja, @Addy_Haller
Thema Spiegel: Ich hatte als Kind eine regelrechte Obsession wenn es um Spiegel ging.
ALLES was sich gespiegelt hat, hat mich magisch angezogen. Egal ob es Autos waren oder Schaufenster in der Stadt. Ich MUSSTE davor stehen bleiben und mich darin anSTARREN. Wenn meine Mutter gedrängelt hat konnte ich trotzdem nicht unterdrücken, mich dann halt im Gehen zu betrachten.
Fällt mir irgendwie grade ein… Keine Ahnung, vielleicht machen das Kinder so. Ich hab aber noch keins beobachten können. :winken
Meinung?