ADHS und Derealisation

Dass man weiter funktionieren kann trotz starker Ängste. Da alles abgeschnitten ist, spürt man nichts mehr.

Guten Abend

Nach langer Zeit melde ich mich auch mal wieder hier zu Wort.
Vor allem, weil das hier genau mein Thema ist.
Neben einer ADS habe ich noch eine ASS Diagnose und dann meinen einige noch ne Depression zu erkennen, finde ich aber nicht korrekt (nach ICD10).

Das Gefühl plötzlich neben mir zu stehen, so wie es hier einige beschreiben, kenne ich seit ca. 5-6 Jahren (bin jetzt fast 40), anfangs nur in vermeintlich stressigen Situationen (Präsentation, Lehre), mittlerweile reicht als Auslöser manchmal schon ein Gespräch oder ein Besuch im Kiosk „Nur die Kaugummis, das wärs, danke“ .
Angst habe ich nie, aber ein Unwohlsein und eine Desorientierung.
Die Dauer liegt je nach Auslöser zwischen Minuten und Stunden, nach einem Abend in Gesellschaft brauche ich den ganzen nächsten Tag Ruhe, nicht mal zum Bäcker gehen ist dann eine Option.

Meine große Frage ist: Wie komme ich da schneller wieder raus?
Was macht ihr, einfach abwarten, oder habt ihr Methoden die euch helfen wieder im hier&jetzt anzukommen?

Zu @UlBre `s Frage, wofür das früher mal gut gewesen sein soll:
Ich funktioniere in solchen Situationen äußerlich ganz gut, habe eben nur nicht das Gefühl Teil der Situation zu sein.
Will sagen, wegrennen vor einem Säbelzahntiger könnte ich problemlos, aber mich später an Details der Flucht erinnern nicht.
Fühlt sich eben an wie ein Überlebensmodus…

Gruß K.

Hallo K_Punkt, ich habe dasselbe seit 5 und 6 Jahren und bin auch fast 40ig:). Ich kann dir leider nicht sagen wie du da schnell wieder rauskommst da ich das Gefühl immer habe. Ja, immer seit den letzten Jahren. Wenn ich Stress habe, wird es schlimmer. Weg ist es nie. Zu einem richtigen Problem wird es, wenn man versucht dagegen anzukommen und am besten verschwendet man nicht zu viel Zeit mit Gedanken darüber. Entspannung und Yoga hilft mir.

Im Grunde ist es ein Mechanismus deiner Psyche, um dich zu schützen. Dass man weiter funktionieren kann und keine lähmende Angst und Panik bekommt. Daher schneidet die Pschye einen von der Außenwelt ab. Meine Erklärung dazu. Das sich das so Übel anfühlen muss keine Ahnung. Und daran gewöhnen tut man sich auch nicht. Das schlimmste, was man machen kann, ist es Dinge zu vermeiden. Habe ich lange gemacht, keine vielversprechende Idee. Einfach weiter machen! Und mehr auf sich achten. Auszeiten können, Entspannung, schöne Dinge machen.

Ich habe schon seit meiner Kindheit starke Ängste. Hab eine Angststörung, ADS und Derealisation. Ich denke, meine Psyche macht es, um mich zu schützen. Die Psychologin meinte mal zu mir das die Psyche Dinge tut die funktionieren dabei ist es egal, ob das gut für den Besitzer ist;). Hauptsache es ist eine Strategie.

Ich kenne alle Symptome, die du beschreibst. Dazu noch Schwindel, Nervosität…usw. Auf meiner Webseite habe ich mal einiges dazu geschrieben: derealisation.info

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Hey @ZappelPhillip, ich finde mich persönlich sehr in deinen Beschreibungen wieder. Vor einigen Jahren war ich privat (Beziehung+ enormen Stress im Job) in einer - für mich damals gefühlt ausweglosen Situation - da hatte ich dieses Derealisationsgefühl sehr stark empfunden. Ich hatte den Eindruck, es schützt mich, packt meine Wahrnehmung in Watte, um die starken Emotionen auszuhalten. Ich lebe in einer sehr grossen Stadt mit viel Trubel was mir in der Situation damals ganz fremd vorkam, so als bewege ich mich in einem fremden Raum, alle Geräusche waren auch gedämpft irgendwie. Ich fand das damals sehr befremdlich. Diese Empfindungen verschwanden tatsächlich von allein, als es mir besser ging und ich selbstständig einen Ausweg aus meinen Problemen gefunden hatte. Erst mit der Aktivität kam ein bewusstes Herausgehen aus diesem Zustand, als würde man aus einem Nebel heraus treten, schwer zu beschreiben. Also war das Derealisations-empfinden mMn ein Schutz der Psyche vor zu starken noch tieferen und verletzendeten Emotionen. Könnte das tatsächlich so sein, dass unsere Psyche diese Regulierungfähigkeit hat? Wenn ja, dann ist das tatsächlich eine Antwort auf eine Frage die mir damals keiner geben konnte. Sehr spannendes Thema! Freue mich auf weitere Meinungen von euch :slightly_smiling_face: liebe Grüße von Lea

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Die Psyche ist sehr wohl in der Lage dazu einen solchen Zustand hervorzurufen. Jeder kennt diesen Zustand auch für kurze Momente. Zb in Extremsituationen bei einem Unfall oder so. Bei anderen wird es zu einer eigenständigen Krankheit. Bei mir ist es halt seit dem ununterbrochen. Ich denke du weißt wie unangenehm sich das anfühlt. Wirklich helfen kann einem da keiner. Ich denke auch das es mit dem ADS zusammenhängt da einen oft viele Dinge überfordern könnte ich mir vorstellen das die Psyche dann schneller in den Modus über geht oder ihn verstärkt bei mir. Leider ist das Phänomen sehr unerforscht und auch Psychologen oder Psychiater wissen wenig darüber.

In Amerika ist man da schon weiter. Hier in Deutschland gibt es einen Arzt in Mainz „Michals“ oder so heißt der. Der forscht daran. Das beste Buch was ich dazu gelesen habe ist aber auf englisch und heißt „stranger to myself“ was das alles so gut beschreibt. Ist halt die Hölle das Gefühl aber was will man machen!

Ich hatte damals viele Panikattacken dann kam irgendwann die Derealisation und seit dem hatte ich keine einzige mehr. Denke es ist ein Schutz der leider sehr unangenehm ist. Da alles angeschnitten ist auch alle Gefühle!

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Vielen Dank für deine Nachricht. Ich habe schon zwei Therapien gemacht und mache gerade die dritte;). So wirklich geholfen gegen das Gefühl der Derealisation hat das nicht! Ich bin ein sehr ängstlicher Mensch und mir sind in meinem Leben Dinge passiert, die einfach zu viel für mich sind. Dinge mit denen ich mich nicht abfinden kann. Das zb. nahe stehende Menschen schwer erkrankt sind, dass Freunde einfach so gestorben sind oder sich auch umgebracht haben. Und so weiter und so fort. Ich kann damit nicht abschließen und habe auch das Gefühl, dass ich es nicht können werde. Ich hoffe ich irre mich. Daher befinde ich mich glaube ich in einem permanenten Alarmzustand, dass mir selbst schlimme Dinge passieren. Daher schneidet, meine Psyche mich denke ich komplett ab, um nicht andauernd Angst und Panik zu empfinden. Aber leider sind auch alle anderen Gefühle abgeschnitten, was schwer ist. Aber ich würde, sagen, ich bin trotzdem glücklich irgendwie, auch wenn alles getrübt ist.

Die Diagnose von ADHS hat mir schon mal sehr geholfen um zu verstehen, warum ich so viele Dinge so mache oder fühle wie ich sie fühle. Der Austausch mit anderen hilft da. Habe einen Test gemacht in einer Uniklinik über 3 Std, wo die Diagnose dann später gestellt wurde.

Das alles ist aber alles kein Problem. Der richtige Scheiß ist die Derealisation! Und ich habe gehofft, dass sich das mit den ADHS Medis bessert, weil ich einen Zusammenhang sehe. Und das hat es auch etwas. ich hoffe es geht besser weiter!

Es könnte Dir helfen, wenn Du nun Stimulanzien gegen das AD(H)S nimmst, weil diese die bei AD(H)S eingeschränkte Neurogenese (= Nervenzellenneuverschaltung = Lernen) erleichtern.
Stimulanzien bei AD(H)S stellen dadurch oft genug überhaupt erst die Therapiefähigkeit her.

Danke für deinen Kommentar. Das hilft mir! So habe ich das noch nicht gesehen, aber macht völlig Sinn. Wünsche euch allen einen schönen Tag.

Mal sehen was noch kommt und wer diese Gefühle auch kennt!

Hi Zappelphillip :raising_hand_man:
deine Situation erinnert mich sehr an meine eigene. Habe auch seit Kurzem eine Adhs Diagnose und bin eher der ängstliche Typ. So wie du habe ich auch schon lange mit einer Depersonalisation zu kämpfen. Diese war je nach Lebenssituation mal besser mal schlechter. Nach meiner Diagnose, die an sich schon sehr therapierend war, bekam ich dann gleich Atomoxetin. Das war echt lifechanging für mich weil die Depersonalisation dadurch komplett verschwunden ist und auch meine Angststörung viel besser wurde und auch emotional wurde ich sehr stabil! Leider wirkte Atofab(Atomoxetin) nicht ausreichend auf meine Impulsivität was sich bei mir als starkes Suchtverhalten wie Binge eating und extremes Youtube schauen und Ähnliches kennzeichnet. Deshalb nehme ich jetzt seit ein paar Wochen Elvanse, wodurch meine Impulsivität echt viel besser wurde. Kein Binge eating mehr, kein Youtube mehr ohne Suchttherapie. Hätte nie gedacht, dass das möglich ist. :sweat_smile: Blöderweise kommt jetzt meine Depersonalisation wieder zurück aber bisher nur schwach. Meine Hoffnung ist jetzt, dass das vielleicht noch ein Absetzsymptom von Atofab ist welches ich ja gerade noch auschleiche. Beide Medis gleichzeitig kann ich leider nicht nehmen ohne zum Roboter zu werden. Schade aber ok.

Sollte also deine Depersonalisation nicht weg gehen und zu störend sein, könntest du ja mal Atofab ausprobieren. Viel Glück!! :hugs:

Ich würde an dieser Stelle gerne noch einen anderen Ansatz ins Spiel bringen:
Kieferfehlstellung->
Dauerreizung des Symphatikus →
Dauerhafte "Fluchtbereitschaft →
Erhöhter Verbrauch von Mineralstoffen im Körper->
Mangelerscheinungen →

Und dann das ganze gepaart mit der AD(H)S,
der Überlastung bei Reizüberflutung,
usw.

Nur mal so als Denkanstoß.

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@Dokma das klingt sehr interessant, hast du dafür irgendwelche Quellen?

@K_Punkt
Meine Mitbewohnerin/Ex-Partnerin ist das Lebende Beispiel dafür.
(Dr.Dokma unterstellt dazu noch ein bisserl ADS, da sie etliche meiner eigenen Symptome aufzeigt und noch einige andere mehr).

Aber zum Ursprung:
Zähneknirschen&innere Unruhe&Verspannungen die zu Migräneanfällen und Auren führten.
Behandlungsansätze aller Art führten zu nichts.
Dann Atlaskorrektur - ein Riesenschritt nach vorne.
Aber nur von kurzer Dauer.
Dann kam ein Kieferorthopäde ins Spiel, der konnte dann die Geschichte mit der Fehlstellung und dem Symphatikus ableiten.
Es folgte der Einsatz von sensomotorische Einlagen und Korrektur der Kieferfehlstellung, dazu noch Magnesium und Zink und alle anderen Mineralien die sonst noch fehlten.
Ergebnis ist eine Verbesserung der Lebensqualität um 90%.

Das ständige unter Strom stehen ist fast komplett weg.

Die restlichen 10% sind wahrscheinlich mir und meiner toxischen Wirkung in der Beziehung geschuldet, ggf auch einer ADS und anderen Gebrechen die hier nicht genannt werden müssen.

Ich wollte Dir nochmal hierfür danken! Mich hat das damals sehr beeindruckt und ich habe es wohl irgendwie innerlich abgespeichert zur gefälligen Verwendung bei Bedarf.

Meine Heimreise gestern nach der „Familien-Konfrontationstherapie“ in laienhaften Händen war … nennen wir es mal ambitioniert. Schon beim Tanken an einer ungewohnten Tankstelle merkte ich, dass ich eigentlich noch nicht ausreichend sortiert war für die Strecke. Und gefühlt hat dann ein inneres Neinhorn die Regie übernommen und Emotionen erklärt. Dass das ja kein Wunder ist… Dass wir erstmal Proviant kaufen und auf dem Parkplatz nebenan den Regen abwarten und das Navi nochmal programmieren und nochmal gucken …

Danke dafür. Hat funktioniert. Und zwar seltsamerweise genau im Sinne von „Realisation statt Derealisation“. Beim Autofahren achte ich - aus naheliegenden Gründen - wohl am meisten darauf, dass ich nicht in irgendwelche Spielplätze oder Dialoge abkippe, sondern mitkriege, was gerade dran ist. Vermutlich war der Innere Spielplatz beim Neinhorn in guter Obhut und musste sich nicht mehr bemerkbar machen. Das Känguru hat uns jedenfalls heil nach Haus gehüpft.

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Das hört sich interessant an. Ich bin meist super angespannt, habe viele Rücken und Schulterprobleme. Außerdem habe ich oft das Gefühl, auf meinen Kiefer zu beißen. Bei einer Blutuntersuchung ist mal herausgekommen das ich Kaliummangel habe. Dadurch auch spürbare Palpitationen am Herz. Nach der Einnahme von Kalium waren diese weg. Ich habe oft das Gefühl, dass dieser Druck im Kopf, und auch die Derealisation davon kommt, dass man vollkommen verspannt ist. Und vielleicht auch das Hirn nicht richtig durchblutet wird. Keine Ahnung, ob so was möglich ist;). Schwindelgefühl habe ich auch durchgehend.

Mit Elvanse fühlt sich mein Kopf aber endlich etwas fitter an und ich kann mich besser konzentrieren. Vorher war ich rasch müde und überfordert.

Was würdest du vorschlagen wie kann man die Dinge abklären die du genannt hast?

Es gibt verschiedene Anbieter dafür. Google mal nach Atlaskorrektur und Atlantomed (die sind recht weit verbreitet).

Das mache ich heute noch. Wurde schon des öfteren selbstverliebt oder Narzisst genannt deswegen…
Für mich ist das so eine Art Feedback dass ich da bin.
Und manchmal will ich auch einfach wissen wie gut ich gerade aussehe.

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Das mit dem Druck im Kopf kenn ich auch nur zu gut.
Auch das mit den Verspannungen hab ich öfters gehört (und war immer völlig verspannt).
Bei mir sind diese ganzen Probleme erst durch Medikinet völlig verschwunden! Kann ich echt so klar sagen…

Dass Kiefermalmen und Muskelverspannungen durch AD(H)S- Medis besser werden können (wenn der innere Stress von AD(H)S kam) wird häufig berichtet.

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ich frage mich gerade, ob mir das durch die Medis nur deutlicher auffällt, oder ob es in letzter Zeit tatsächlich zugenommen hat… vor allem an Tagen, an denen es mir körperlich nicht so gut geht oder ich sehr viel Stress habe muss ich manchmal bewusst den Kiefer lockern, da es sonst echt unangenehm wird…

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Ich muss das Thema noch mal aufgreifen. Da ich jetzt die letzten Monate einige Erfahrungen gemacht habe mit Elvanse/ADHS und Derealisation. Und ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll.

Im Allgemeinen macht mich das Elvanse in geringeren Dosen (20 mg) ruhiger und konzentrierter. Es ist tausendmal angenehmer als Medikinet. Ich kann konzentrierter Arbeit und ich bleibe an der Sache. Und es macht sogar Spaß.

Jedoch habe ich das Gefühl, dass es nicht viel an der Derealisation ändert. Ich bin trotzdem ständig mit dem Gefühl, nicht richtig da zu sein. Nie im Moment, zwar mache ich meine Sachen und kann mich konzentrieren (so lange ich das beurteilen kann), aber auch irgendwie immer schon bei der nächsten Sache. Was es unmöglich macht, sich im Moment zu fühlen.

Mich würde interessieren, ob es hier jemanden gibt, der mit ähnlichen Symptomen zu kämpfen hat? Ich habe die Derealisation schon sehr, sehr lange (mehr als 5 Jahre, ja ununterbrochen). Wäre schön, sich mit anderen auszutauschen, auch im Zusammenhang mit ADHS. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass das zusammenhängt.