Arzt fragen: warum wird zuerst Medikinet adult verschrieben?

Ich würde euch bitten, wer mal die Möglichkeit hat - den Arzt mal zu fragen.

Die Fachärzte sind laut G-ba und Arzneimittelrichtlinie dazu angehalten, zuerst ein Retardpräparat mit Methylphenidat zu verschreiben. Dazu findet sich auch ein Kommentar in den Leitlinien.

Präparate mit Methylphenidat, welche für Erwachsene in Deutschland zugelassen sind wären:

  • Medikinet adult
  • Ritalin adult (und Generika, abhängig von Rabattverträgen)
  • Concerta (auch hier werden Rabattverträge angewandt)

Die meisten Fachärzte verschreiben allerdings immer noch zuerst Medikinet adult, obwohl es objektiv gesehen zu den Alternativen eher Nachteile hat.

Meine Vermutung ist, das dies getan wird da die Firma Medice eine gute Werbung macht. Ein objektiver Vorteil ist nicht bekannt, eher ein Nachteil da dies das einzige Retardpräparat ist, welches aufgrund der Galenik nur mit gleichzeitiger Nahrungsaufnahme funktioniert.

Wer also zuerst Medikinet adult verschrieben bekommen hat - könnt ihr mal den Arzt nach dem Grund fragen? Warum Medikinet adult statt Ritalin adult oder Alternativen?

Würde mich interessieren!! Danke :pray:

Die Unterschiede der Stimulanzien habe ich hier erklärt.

Bin ich grad doof oder vertust du dich hier?

Vielleicht hast du das nicht verstanden, wie ich es meine. Es sind drei Präparate zugelassen. Von denen hat Medikinet die meisten Nachteile. Ist auch nicht günstiger.

Warum wird es dennoch zu mind 80 Prozent als erstes verschrieben?

Hab ich das vielleicht ungeschickt formuliert? Hab’s jetzt nochmal bisschen geändert.

Du schreibst Ärzte sind dazu angehalten „zuerst ein Retardpräparat mit Methylphenidat zu verschreiben“
Dann zählst du als erstes Medikinet Adult als ein solches auf und dann fragst du warum die Ärzte das verschreiben.

Ja, jetzt ist es etwas offensichtlicher :sweat_smile:
Also Medikinet Adult ist zwar laut Richtlinie eine angemessene Auswahl, von den vorhandenen Möglichkeiten aber die schlechteste, richtig?

Objekt gesehen die schlechteste aufgrund der Galenik - ja!

Allerdings kann es trotzdem für den Einzelnen die beste Wahl sein, da ja jedes Präparat bei den Einzelnen tatsächlich individuell wirkt. Und wenn das für jemanden so wäre und die Essenszeiten dann auch noch genau passen - kann Medikinet adult trotzdem natürlich gut sein.

Aber ich sehe einfach den Grund nicht, warum es als erstes verschrieben wird.

Die Antwort von meinem Arzt:

  • weil es das erste Medikament war, welches zugelassen war
  • weil es Zeiten gab, da war Ritalin nicht lieferbar

Das wäre sein Verdacht. Er kommt allerdings aus der Klinik und ist noch nicht lange in der Praxis.

Könnte mir vorstellen, dass da die steile Wirkkurve eine Rolle spielt - flutet schnell an und flutet schnell ab, im Vergleich zu den beiden anderen… So kann man relativ schnell feststellen, ob Mph überhaupt das passende ist…

Glaubst du, dass ein Arzt es aus diesem Grund auswählen würde? Kann ich mir fast nicht vorstellen. Zumal viele diesen Effekt eher negativ wahrnehmen, deshalb ist ja Elvanse auch so beliebt.

Aber ich weiß auch von einigen das sie diesen schnellen on/Off Effekt mögen.

Nur glaube ich nicht, das dies der Grund wäre, warum es häufiger verschrieben wird.

Das hier ist jetzt eine „Nen Kumpel hat mal gesagt…“ Aussage von mir, deswegen nehmt’s bitte mit gesunder Skepsis. Ernsthaft: Gefährliches Hören-Sagen ohne Quellen oder Sonstiges. Ich sag’s trotzdem mal, weil’s genau das Thema ist.

Ich habe vor einer Weile einen Freund (auch ADHSler) gefragt, wieso Medikinet bei den Ärzten scheinbar „erste Wahl“ ist, obwohl laut Studien/Richtlinien/etc. andere Medikamente eigentlich die „richtige“ erste Wahl sein sollten. Und er hat mir erzählt, dass sein Arzt ihm das mit Missbrauchsrisiko erklärt hatte. Da ging es hauptsächlich um Methylphenidat VS Amphetamine, aber ich vermute, dass das mit Blick auf Einnahme-Richtlinien/Wirkung/Nebeneffekte vielleicht auch bei Medikinet VS Ritalin passen könnte?

Die Begründung war scheinbar, dass Medikinet im Vergleich schwieriger zu missbrauchen sei, und dass die Krankenkassen da dann weniger Stress machen. Es kam auch die Aussage, dass der Arzt selbst es allgemein für weniger invasiv/risikoreich hält als andere Medikamente, also quasi dass es die „kleinere“ Droge ist, wobei man da bestimmt auch drüber streiten kann. (Ich würde ehrlich gesagt genau umgekehrt vermuten, also kratze ich mir da auch etwas am Kopf, aber das war anscheinend die Aussage. Ich glaube aber nicht, dass mein Kumpel die beiden in seiner Erzählung vertauscht hat, da das ja dann auf seine „Wieso Medikinet für mich?“ Frage an seinen Arzt nicht passen würde.)

Hier könnte ich mir persönlich, reine Spekulation(!!), auch vorstellen, dass die Krankenkassen etwas darauf achten, welche Medikamente sich besser/teurer auf der Straße verkaufen lassen als andere. :man_shrugging:

Im Endeffekt zählt ja leider nicht „Studien meinen, dass X“, sonder „Behandelnder Arzt meint, dass Y“, und wenn viele von denen denken, dass Medikinet das „harmlosere“ Medikament ist, und dann noch wissen, dass die Krankenkassen da am ehesten mitspielen…

Es geht hier rein um die Auswahl der Medikamente mit Methylphenidat.

Da gibt es aktuell drei Möglichkeiten. Diese unterscheiden sich bezüglich des Missbrauchsrisikos nicht. Deshalb scheidet eine solche Idee aus.

Methylphenidat soll vor Lisdexamphetamin verordnet werden, da es günstiger sei - aber darum geht es hier nicht. Dies kann man jedoch auf den Seiten des gemeinsamen Bundesausschusses nachlesen.

Hatte ich auch so verstanden, ja! :slight_smile:

Ich dachte mir, das ist vielleicht trotzdem relevant, da die Entscheidung realistisch gesehen ja auch nicht in dem Vakuum von „nur Methylphenidat Optionen“ entsteht, sondern im Vergleich mit allen anderen Optionen gleichzeitig. Und wenn genug Ärzte der Meinung sind „Methylphenidat ist die beste Option, und Medikinet ist ein Methylphenidat, und außerdem kam das bist jetzt bei den Krankenkassen gut durch“ dann kann ich mir vorstellen, dass der Gedankenprozess da einfach aufhört, solange keine Probleme auftreten. Der Entscheidungsprozess von „Welches Medikament braucht mein Patient?“ lag vielleicht einfach in Wirktstoff VS Wirkstoff, und nicht Marke VS Marke. Vielleicht ist „Methylphenidat = Medikinet“ wirklich einfach nur „Erster auf dem Markt und sehr bekannt“, so wie Coca-Cola ‚der Standard‘ ist und nicht Pepsi, weil „Cola ist halt Coca-Cola.“

Klar, dürfte der Gedankengang nicht halb-gebacken aufhören, aber allgemein „dürfte“ Vieles auch nicht so sein, wie es ist. :frowning: Die Ärzte bräuchten ja auch eigentlich alle viel mehr Zeit für ihre Patienten und für regelmäßige Weiterbildungen in Zigtausend verschiedenen Themen, aber das ist ja alles leider im System nicht möglich. (Das ist bei ADHS Experten natürlich weniger eine Entschuldigung, als bei Ärzten mit anderen Schwerpunkten die nur „nebenbei“ ADHS Patienten annehmen…)

Wie gesagt: Wilde Spekulation, basierend auf einer einzelnen angeblichen Aussage von einem einzelnen Arzt, der auf die Frage „Wieso Medikinet?“ mit „Deswegen Methylphenidat“ geantwortet hat, und nicht mit „Deswegen Medikinet und nicht Ritalin“. Das ist eine sehr dünne Grundlage meinerseits. Vielleicht kommt in 5 Minuten jemand der/die tatsächlich Ahnung und eine Antwort hat, im Gegensatz zu mir, der ich nur einfach nicht meinen Senf bei mir behalten kann. :'))

Zum Thema „gleiches Missbrauchsrisiko bei allen Methylphenidat Produkten“: Irre ich mich, oder ist Medikinet Adult Retard das einzige der drei Produkte, welches mit Nahrung aufgenommen werden muss? Vielleicht wird das als positiv angesehen, entweder im „Dann ist der Patient dazu ‚gezwungen‘, ordentlich zu essen, und es besteht weniger Risiko von Mangelerscheinungen“ Sinn, oder im „das macht es für Missbrauch (irgendwie?) weniger attraktiv“ Sinn.

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Wenn du oben nochmal nach liest, was ich geschrieben habe, beantwortet sich die Frage.
Die Abhängigkeit von der Nahrung bzw. des PH-Wert kann zu einer eher instabilen Freisetzung führen und dies würde ich als Nachteil werten, nicht als Vorteil.

Das habe ich gelesen, und ich stimme persönlich auch zu, dass das ein Nachteil ist! :slight_smile:

Könnte mir aber trotzdem die „Patienten essen hoffentlich regelmäßiger wenn sie es vor den Tabletten müssen, anstelle sich drauf zu verlassen, dass sie nach der Tablette immer noch frühstücken wollen“ Begründung vorstellen, einfach nur weil mein eigener Arzt so oft wiederholt hatte, dass ihm das ganz wichtig ist. Seine Aussage war, dass ich „definitiv mein Hungergefühl verlieren werde und nicht essen werden wolle“, komplett ohne jegliches „könnte“ oder „vielleicht“, und er hat das Bedenken auch mehrfach wiederholt. Es hatte sich so angehört, als wäre das sein größtes Bedenken bei dem Medikament.

Klar ist dann „Medikinet und Patient ignoriert Nahrungsabhängigkeit“ natürlich nochmal die schlimmere Version…

Aber im Endeffekt: Wie gesagt, ich hab’ keinen Plan, und hier im Thread geht es ja eigentlich darum Ärzte zu fragen und davon zu berichten, und nicht meine eigenen doofen Theorien. :slight_smile: Ich hätte es wahrscheinlich einfach bei „Kumpel’s Arzt ist der Meinung, dass Medikinet im Vergleich zu den harmloseren Optionen gehört, und dass die Krankenkassen da mitspielen“ belassen sollen, weil das ist alles, was ich tatsächlich „weiß“!

Vielleicht geht es auch nur ganz schnöde darum, dass Medikinet leichter verfügbar ist.

Das war es mal, ist wohl aber nicht mehr so.

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Naja, inzwischen schließt du jede Möglichkeit und jeden Gedanken dazu aus…

Welche Antwort würdest du denn gelten lassen?

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Ich persönlich würde fast Ahnungslosigkeit vermuten. Ärzte sind auch nur Menschen und gerade ADHS ist leider immer noch was spezielles. Die Ärzte wissen im Endeffekt auch nur so viel. Sie haben noch das veraltete Wissen, dass Medikinet mal die erste Wahl war.

Ist aber nur ne Vermutung…

Das ist auch meine Annahme. Viele wissen ja auch noch nicht, das zum Beispiel Concerta jetzt zugelassen ist.

Die tatsächlich gegebenen (der verschreibenden Ärzte) - um die Gründe zu erfahren. Oder die objektiv richtigen. Trotzdem können alle Ideen interessant sein!

Eine Weizenunverträglichkeit zum Beispiel wäre einer. Aber das ist ja nicht der Grund, warum die meisten Ärzte so häufig Medikinet verschreiben.

Ockhams Rassiermesser.

Die simpelste Lösung, ist die wahrscheinlich Offensichtlichste.

Medikinet war als erstes zugelassen als medikamentöse Stimulanzientherapie bei Erwachsenen.
Und ich gehe davon aus, das ist auch heute noch das wichtigste Argument, warum.
Einige Ärzte wissen drum, dass andere Medikamente zugelassen wurden.
Auch hier. Die Ärzte, die das verschreiben, haben am Ende die meiste Erfahrung mit Medikinet, weils am längsten für Erwachsene zugelassen ist.
Natürlich gibt es auch genug Ärzte, die das Argument der Missbrauchbarkeit vorschieben, was ein Scheinargument ist, da alle für Erwachsene zugelassenen Medikamente kaum missbrauchbar sind. Auch nicht Elvanse
Aber das wissen wir ja. :wink:

Insofern, mit Medikinet wurden die meisten Erfahrungen gesammelt und war das erste Stimulanz für Erwachsene. :wink:

Weil es in unfassbar vielen Fällen trotzdem richtig gut funktioniert.

Vergleichsweise zu Ritalin adult meist etwas schlechter.

Könnte dann auch wieder nur der Grund dahinter stecken „haben wir schon immer so gemacht“.

Deshalb - wer mal die Möglichkeit hat zu fragen - wäre interessant.