Geht mir auch zuweilen so. Intensiv zuletzt u.a. beim Hören eines Podcasts zum Thema Sucht… Wo die Schilderungen manchmal so „textbook ADHD“ sind, dass ich schon dachte, ich hätte eine moralische Verpflichtung, mal hinzuschreiben und mein Geheimwissen zu teilen.
In der aktuellen Folge ist aber ein Gast, der in seiner Kindheit wegen Konzentrationsproblemen eine ADHS-Diagnose und Medikation bekommen hat.
Der Podcast-Host sagt dann auch noch, er selbst kenne sich mit ADHS ja nicht so aus. Der Gast solle mal erklären. Und das tut er und beschreibt auch, dass er das Abi geschafft hat „durch die Kombination mit dem Ritalin“ (mit oder trotz starkem Beikonsum) . Aber heute, wo sein Beruf ihn interessiere, sei ADHS ja kein Thema mehr…
Und dann kommt natürlich auch noch der obligatorische Einwurf eines Dritten, ebenfalls mit Hardcore-Drogenkarriere: "Ich habe ja auch Familienangehörige, die das haben. Meine Therapeutin sagt aber, ob es ADHS überhaupt gibt, ist ja total umstritten. Damit labelt man laute Kinder, um sie anzupassen an die Norm."
Und alle drei sind sich dann einig, wie „krass“, dass man Kindern schon Speed-ähnliche Stoffe gebe…
Könnte also auch passieren, dass Du der Bewerberin mit dem illustren Lebenslauf einen wohlwollenden Hinweis gibt. Und sie will Dich im Gegenzug missionieren, dass das Teufelszeug von Big Pharma sei und Du Dich einfach nicht dem Konformitätsdruck der Gesellschaft beugen sollst. Sondern als freigeistige Job-Nomadin leben sollst wie sie.
Ohnehin frage ich mich auch, ob ich mir eigentlich sicher genug sein kann, dass die Diagnose mir geholfen hat. Angesichts der noch immer offenen Baustellen… Und ob ich mich nicht besser erstmal um die kümmere. Die Ernüchterung tröstet mich dann immer über Trauer und Weltschmerz hinweg.