Diagnose late-onset AD(H)S? Hat jemand Erfahrung?

Hallo,

ich bin Studentin, 31 (ja ich habs immer noch nicht geschafft das Studium zu beenden) und habe das Gefühl, dass in den letzten Jahren ich in einem falschen Leben drin stecke/einer Welt, die keinen Sinn ergibt. Ich habe einen Studienverlauf mit vielen Wechseln, Pausen und Ausfällen. Es ging etwa mit 23 Jahren im 3. Semester los mit für mich unerklärlichen Konzentrationsproblemen, Fokus-problemen, Reizempfindlichkeit, Emotionen die mich überfordern, Druck mit dem ich nicht umgehen kann. Irgendwann brauchte ich für alle Arbeite lächerlich viel länger als alle anderen Kommilitonen und ich musste ständig Klausuren und Kurse schieben. Dieser Zustand hat bis jetzt über 7 Jahre + angehalten. Es hat mich enorm viel Kraft gekostet, trotzdem meine Leistung irgendwie zu bringen. Ich arbeitete auch immer wieder nachts, um irgendwie das hinzubekommen, was gemacht werden musst. Nachts ist der einzige Zeitpunkt, wo die Gedanken nicht mehr so dolle Springen, weil ich hundemüde bin. Dann geht es etwas besser mit dem Fokus. Aber gut natürlich nicht, weil ein müdes Gehirn natürlich auch nichts hinbekommt. Prokrastination ist seit dieser Anfangszeit schon mein ständiger Begleiter. Der Zustand ist auch bis heute so geblieben. Auch einige weitere Symptome passen zu AD(H)S. Nachdem ich seit über 6 Jahren eine Depression und Angststörung diagnostiziert bekommen habe und seitdem in Behandlung bin (2 Psychotherapien und zahlreiche Antidepressive) und keine nenneswerte Verbesserung eintrat, die Stimmung wurde zwar etwas besser, aber alles andere ist nach wie vor da. Mein Psychiater hat dann einen Verdacht auf ADS in den Raum geworden, ich habe einen CAARS Test für Erwachsene gemacht und bekam Medikinet und ein paar Wochen später Elvanse, beides zeigte teilweise guten und teilweise schlechten Erfolg. Von Medikinet wurde ich wieder total depressiv. Ich habe meine letzte Klausur für mein Masterstudium (die Thesis ist schon abgegeben) in einer Woche und das Lernen klappt selbst mit den MEdis nicht mehr. Mein Psychiater wollte mit der weiteren Diagnose und dem weiteren Vorgehen bis nach der Klausur warten. Ich war einverstanden. Dann ging irgendwann gar nichts mehr. Ich hab mich dann in die Recherche gestürzt und gesehen,. das ADHS/ADS nur diagnostiziert werden kann, wenn die Symptome vor dem 12. Lebenjahr auftreten. Das war bei mir so nicht der Fall. Ich war gut in der Schule, sogar eine der besten, habe Abi gemacht und konnte mich bis dahin auch gut konzentrieren, fokussieren und motivieren. Erst mit Anfang 20 hat alles angefangen. Das hat mich dann wieder ganz schön zurückgeworfen, weil ich endlich auf eine richtige Diagnose mit der passenden Hilfe gehofft habe. Die neueren Foschungen zeigen ja evtl. einen geringen Prozentsatz von late-onset ADHS, das aber so (noch) nicht diagnostiziert werden kann. Es würde aber bei mir einiges erklären. Ich finde aber weder weitere Infos zu dieser Diagnose oder einem Ansprechpartner diesbezüglich. Auch keine Berichte von Betroffenen.

Deshalb möchte ich hier einmal fragen, ob jemand ähnliche Erfahrungen gemacht hat, ebenfalls spät Symptome und/oder eine late-onset Diagnose bekommen hat. Ich würde mich gerne mal mit jemandem Austauschen, um alles etwas besser einordnen zu können. Für einen Tip für einen professionellen oder erfahrenen Ansprechpartner wäre ich auch sehr dankbar. Ich bin wirklich am Ende meiner Kräft nach mehr als 10 Jahren täglichem Kampf unf Horror.

Ich hoffe auf Rückmeldungen und würde mich auch um Hilfe freuen!
Viele liebe Grüße,
Frieda

Herzlich willkommen, @friedab.

Ich glaube, wenn das „Symptome schon in der Grundschule manifestiert“ hier die Eintrittsvoraussetzung wäre, wäre es manchmal ziemlich still hier. Deshalb fragen auch längst nicht mehr alle Ärzte nach Grundschulzeugnissen, manchmal vielleicht auch nur, um das Ordnungsverhalten in der Familie zu prüfen.

Nicht wenige von uns verließen erst mit 40+ die Kompensationskräfte. Andere genau in Deiner Altersphase, weil zB ordnende und haltende Strukturen des schulischen und ggf. auch familiären Umfelds sich lösten. Und gerade bei Frauen spielen dann oft noch Hormonumstellungen mit rein.

Oder in der Schule war man noch wie ein Fisch im Wasser … aber an der Uni kommen dann die schnellsten Fische aus allen Teichen zusammen und der Druck, sich mit denen dauernd zu vergleichen, lenkt einen ab wie ein eigener Tagesjob und bringt v.a. in die Sardinenbüchse seiner eigenen Selbstzweifel. Und der Psychiater schlägt vor, diese Sardinenbüchse der Pandora doch erst „nach der Klausur“ zu öffnen, danke vielmals…

Statt vieler Belege:

„Again, when young women head off to college, their estrogen levels are generally increasing. At the same time the structures that kept them functioning, such as parental involvement, daily schedule, and rules are taken away.Even for women who have been functioning well all their lives, the combination of these changes can be overwhelming.“
ADHD in College Women - OptiMindHealth

Ein anderer Artikel beginnt sogar mit „At the age of 21, I proudly realized my dream …, until I started making stupid mistakes.“
ADHD in Girls and Women Looks Different: Here's How

Ebenfalls ein Klassiker: ein ewig die Diagnose anzweifelndes Umfeld, bis hin zu behandelnden Ärzten und Therapeuten, à la „Das redest Du Dir ein. Da steigerst Du Dich rein. Jeder ist mal ein bisschen unkonzentriert. Mit Deiner Abi-Note kann man kein ADxS haben.“ Das hat viele von uns Jahre gekostet. Zum Ausgleich gab es alle möglichen Etiketten und Fehldiagnosen unterwegs.

Kleine Anregung: Je besser die Diagnose passt, desto größer ist das Risiko, dass Du Dich mit so genanntem Hyperfokus in das Thema „Gibt es late-onset ADS?“ stürzt. In einer Woche könnte Deine 2. Masterarbeit dazu fertig ist. Aber dass ja eigentlich die Klausur ansteht, kriecht Dir vielleicht so richtig erst am Abend vor selbiger in die Knochen…

Lass uns das vielleicht gemeinsam mit anderen noch älteren Häs*Innen verhindern mit folgendem Experiment: Du vertraust dem Forum, dass die Frage im Moment nicht gelöst werden muss. Und dass vieles trotzdem und trotz allem noch gut werden kann. Weil Du eigentlich alles dafür (und noch viel mehr…) mitbringst und in Dir hast. Manchmal ist es nur nicht so richtig gut aufgeräumt und im Zugriff.

Du vertraust also uns und vor allem Dir selbst und zB darauf, dass Du Dich eine Woche „Frieda-artgerecht“ halten und Dich noch gut vorbereiten kannst. Wer nachts am besten lernt, weil die Reizüberflutung nicht so riesig ist, kann ja tagsüber schlafen. Muss man dann nur gegen Ende der Woche wieder so ausschleichen und angleichen, dass man nicht die Klausur verschläft…

Von uns allen weißt Du selbst am besten, welche inhaltliche Vorbereitung für die Klausur sinnvoll wäre. Aber wir können Dir ein paar Säcke Vertrauen in Dich und Deine Fähigkeiten vorbeibringen, dass Du das noch gut hinbekommen kannst. Damit Du diese Säcke mitnehmen kannst, und nicht mehr die mit den Altlasten, gibt es hier im Forum auch noch spezielle Ecken, an der sich mehrere „walls of shame“ kreuzen. Das ist u.a. genau hier: #. In solchen Ecken kann man seine Rucksäcke der Scham, Zweifel und der Selbstvorwürfe („Ich bin schon 31 und habe noch keinen Abschluss. Steinigt mich bitte… jetzt!“) mietfrei abstellen für 7 Tage und befreit testweise ein paar Schritte ohne diese tun. (31, na und? Manche fangen mit 61 ihre Ausbildung an. Was sollen die denn sagen?)

Ob es also „late-onset“ oder nur „well compensated, most of the time“ und „immer noch poorly diagnosed, vor allem bei Frauen“ gibt… Inzwischen gibt es auch noch eine Theorie von „reaktiver ADHS infolge von Hochbegabung, die sich durch ein nicht artgerechtes Schulsystem quälen musste“.

Im Moment ist, glaube ich, nicht der Zeitpunkt, dieses - auch noch für die Fachwelt große - Rätsel zu lösen. Vielleicht reicht es für den Moment, dass da Generationen von un- und spät diagnostizierten Frauen um Dich rumstehen, die Dein Schicksal teilen und Dich jetzt aus 1000 Seelen anfeuern, dass Du das Uni-Abenteuer jetzt zum Abschluss und nach Hause bringst. Denn Du verdienst das und die Welt braucht Dich noch.

Ich weiß, dass es eine Qual ist, sich selbst ein Rätsel zu sein. Vor allem, wenn man in absehbarer Zeit zusätzlich noch von der Außenwelt gestellte Rätsel (also known as Klausuren) lösen soll. So viel Rätsel passt manchmal gar nicht in einen einzelnen Kopf rein. Und zwischen einer überwältigenden Vielzahl aus Anforderungen zu priorisieren, dass können AD(H)Slern meistens auch so richtig gar nicht gut. Im Zweifel löst man dann gar nichts und es wird einem nur schwindlig, weil der Kopf zwischen den einzelnen Aufgaben immer hin und her pendelt.

Erlaub dir in der nächsten Woche und vor allem in einer Woche, „gut genug“ zu sein, um die Klausur zu bestehen. Die anderen Rätsel kannst Du danach angehen.

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Hallo Frieda,
Herzlich willkommen, schön dass du den Weg zu uns gefunden hast.

@Elementary hat schon sehr viele gute Dinge gesagt, dem kann ich kaum noch etwas hinzufügen.

Ich denke nicht, dass man schon vor dem 12. Lebensjahr auffällig gewesen sein muss um als ADHS’ler zu gelten. O Ton meiner Mutter: „du warst immer ein sehr zufriedenes, genügsames Kind“. Tja, die Wahrheit sah wohl ein wenig anders aus: ich war viel in meiner eigenen Welt, mit meinen eigenen Gedanken. Ein Träumer eben.
Diagnostiziert wurde ich erst mit 27, als meine (wie ich jetzt weiß) Kompensationen nicht mehr funktionieren konnten…

Was ich damit sagen will: gib nicht auf, es ist noch nicht der Zeitpunkt gekommen alles hinzuschmeißen. Egal wie lang es dauert (oder schon gedauert hat) du hast all die Jahre durchgehalten und du wirst auch diese Klausur schaffen. Glaub an dich, bleib dran, das wird schon.
Und wenn die Klausur vorbei ist, können wir uns um alles andere kümmern.

Ich drücke die Daumen.
Grüße, Daydreamer

Waoh! Vielen Dank an euch beide @Elementary und @Daydreamer für diese lieben Worte und auch für eine so schnelle Rückmeldung!!!

Eure Worte sind wirklich sehr aufbauend nach den letzten Tagen fast ohne Schlaf (und wenn nur 2h am Tag), mit Migräne und einem Heulflash nach dem anderen und vollgepumpt mit Medis, damit ich irgendwie den Tag/die Nacht überlebe. Selbst ne halbe Tavor hat mich nicht schlafen legen können. Was Ihr sagt und ansprecht, da kann ich mich ganz gut wiederfinden. Ich habe das Gefühl, ich muss eben nach außen immer weiter funktionieren weil mir sonst jede Chance auf einen interessanten Job verloren geht. So baue ich mir dann zusätzlich Druck auf. Aber da das alles schon seit Jahren geht und auch mein Umfeld/Exbeziehung sehr schwierig waren (er hat auch gerade ne Diagnose bekommen: ADHS, Depression, Angststörung. Ohne entsprechendes Wissen ist es häufig erkaliert). Aber ich kann die Gedanken auch nicht loslassen, bis jetzt mit diesem Studienweg und Lebenslauf versagt zu haben. Aber ich will auch nicht weiter jammern. Ich weiß, dass viele Menschen ich Päckchen tragen und sich ständig zu fragen „warum ich?“ ist einfach nicht zielführend. Soviel habe ich zumindest im letzten Jahr für mich gelernt, vorwiegend in den Therapiepausen :wink: Man muss wirklich Glück haben, da an jemand gutes zu kommen. War bei mit nicht der Fall. Ihr Aussage: Sie haben eine behandlungsresistente Depression, da ist es normal, dass man sich nicht konzentrieren kann etc. Mit dieser Aussage im Gepäck bin ich dann aus meiner letzten Stunde gegangen :evil:

Naja, ich werde jetzt versuchen, die nächsten Tage noch irgendwie zu überstehen und dann hoffentlich ohne Panikattacke und Blackout oder sonstigen Wortfindungsstörungen in die Prüfung zu gehen. (Mündliche mit meinem Kryptonit Professor).
Drückt mir die Daumen! :slight_smile:

Achso und bezüglich late-onset, die meisten Paper hab ich wahrscheinlich schon überflogen…ist eben ne gute Prokrastinationsstrategie…

Hallo und herzlich Willkommen, @friedab !

Wenn ich mir das so durchlese - kommt mir das doch seehr vertraut vor…
Ich habe exakt dieselben Erfahrungen gemacht in meinem Studium - und zwischen Abi und Studienbeginn lagen bei mir genau 28 Jahre…
Nach 3 Jahren (ich habe Teilzeit studiert) wurde bei mir dann ADHS diagnostiziert. Allerdings haben meine Grundschulzeugnisse und meine Erinnerungen diese Diagnose recht eindeutig bestätigt, auch wenn ich eine gute Schülerin war.

Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass es sich bei den von Dir genannten Symptomen nicht unbedingt um ADHS-Symptome handeln muss. Dann gehen die Symptome mit Medikation nicht weg - ganz im Gegenteil: Stress und Angst bleiben und müssen trotzdem bearbeitet werden.

… daher werfe ich noch ein paar andere Möglichkeiten in den Ring (alles andere hat @Elementary ja schon beschrieben):

Es kann auch sein, dass Du doch in einigen Bereichen leichte Probleme hast - die aber in der Schule noch nicht so relevant waren.

Dadurch, dass das Dein Selbstbild als gute Schülerin stört, schaust Du aber nicht so genau hin.
Das KANN ADHS sein, kann aber auch etwas anderes sein. Stattdessen wiederholst Du Deine „Fehler“ immer wieder - obwohl sie im Studium wirklich bedeutend sind - bis die Situation aversiv wird und Du total blockierst. Blockaden und Prokrastination werden als totaler Kontrollverlust empfunden, was widerum zu Angst und Stress führt.

Bei mir waren es Leseprobleme, die allerdings m.E. aus dem ADHS kamen, s. hier: <URL url="visuelle Wahrnehmungsstörungen bei ADHS text=„viewtopic.php?f=5&t=425“>visuelle Wahrnehmungsstörungen bei ADHS <URL url="LRS, ADHS und … , verstecktes Schielen, latentes Schielen, Winkelfehlsichtigkeit, Sehfeldfehler, visuelle Wahrnehmungsst text=„viewtopic.php?f=17&t=1879“>LRS, ADHS und … , verstecktes Schielen, latentes Schielen, Winkelfehlsichtigkeit, Sehfeldfehler, visuelle Wahrnehmungsst

Es könnte aber auch sein, dass Du im Studium zu wenig Bewegung und Sonne hattest - und einen Vitamin D Mangel entwickelt hattest. Die Folgen sind ähnlich: Konzentrationsstörungen, Fokusprobleme → Angst / Stress → Konzentrationsprobleme, die sich über die Angst verfestigen. Die Ursache ist evtl. beseitigt, die Folgen bleiben.

Oder Schilddrüsenprobleme…
Auch die oben geschilderten Leseprobleme können sich schleichend im jungen Erwachsenenalter entwickeln. Gerade da ändern sich Sehstärken und -winkel, es kann z.B. sein, dass Du leicht schielst, Lesen für Dich aversiv wird - was sich aber nach „Konzentrationsstörung“ anfühlt.

All das sind Ursachen für Prokrastination - und Prokrastination führt zu Angst und Stress - und damit rein in die Spirale, unter der Du so sehr gelitten hast und noch leidest.

Konzentrationsstörungen unter Stress und Angst sind normal und nicht pathologisch, das hat die Natur so eingerichtet.
Daher müssen die Ursachen beseitigt werden - die sind hier interessant, nicht die Symptome.

Es macht daher durchaus Sinn, (dann) einmal in Ruhe Deine Arbeitsprozesse zu rekapitulieren und genau abzuspüren, was Dir genau Probleme machte.
Auch mit Medikation würde Dir das nicht erspart bleiben. Nur - leider hilft Dir das auf die Schnelle nicht weiter.


Das geht in die Richtung von der ich schreibe: Potential und Leistung stimmen nicht überein.

Jetzt halte ich Dir ersteinmal die Daumen, dass Du das Ganze jetzt noch irgendwie gut über die Bühne bekommst!

LG, Anna

Hab ne ähnliche Geschichte wie du, bin nur etwas älter.
ADS Diagnose mit 36, auch mitten im Studium.
Bin sehr ländlich aufgewachsten und damals gab es ADHS wahrscheinlich noch gar nicht, zumindest bei der Kinderärztin bei uns im Dorf.

Die offiziellen Diagnosekriterien für ADHS nach ICD-10 (ab 1. Januar 2022 wird ICD-11 angewendet) bzw. DSM-5 haben mit der Realität ungefähr so viel zu tun wie die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz zu Lockdowns und Lockerungen während Corona… sie sind das Ergebnis von politischen Interessen, Geschiebe und Geschachere, aber nicht von dem, was objektiv Sinn ergibt…

…das Gros der Symptomatik und der Patienten mit ADHS (insbesondere Mädchen und Frauen mit ADHS) verläuft subtil und entspricht eben gerade nicht dem Cliché von dem 10-jährigen hyperaktiven Zappelphilipp oder Klassenkaspar, der im Klassenzimmer randaliert…

…und was Kompensation angeht, das geht beim sogenannten late-onset-ADHS so lange gut, wie die Anforderungen des Lebens nicht zu hoch sind, Struktur in der Schule und im Haushalt der Herkunftsfamilie besteht, ab der Uni etwa, wo diese geordneten Strukturen dann nicht mehr da sind, ab da etwa kommt es zur Dekompensation…

Im Vorwort zu dem Buch sagt Neuhaus genau das: dass ein Anstieg der ADHS-Diagnosen „nicht gewollt sei“ (als Zitat von Mitverfassern der ADHS-Diagnosekriterien für DSM-5), also politisch nicht gewollt sei. Siehe dazu die Schilderung über due ADHS-Kongresse 2015 in Glasgow und 2017 in Vancouver… haarsträubend im Grunde!!! : https://www.amazon.de/ADHS-bei-Kindern- … oks&sr=1-1

Sie das Vorwort zu dem Buch bei Blick ins Buch (der Text lässt sich nicht kopieren, daher nur der Link) https://www.amazon.de/ADHS-bei-Kindern- … oks&sr=1-1 <LINK_TEXT text=„https://www.amazon.de/ADHS-bei-Kindern- … oks&sr=1-1“>https://www.amazon.de/ADHS-bei-Kindern-Jugendlichen-Erwachsenen/dp/3170371460/ref=mp_s_a_1_1?dchild=1&keywords=ADHS&qid=1613428129&refinements=p_lbr_books_authors_browse-bin%3ACordula+Neuhaus&s=books&sr=1-1</LINK_TEXT>

In Bezug auf die Diagnosekriterien für adulte ADHS in DSM-5, auf die sich Barkley in dem verlinkten Additude-Artikel bezieht, hat mir Neuhaus damals persönlich gesagt (ungefähr 2014 oder 2015), dass sich Barkley dort gegen politische Widerstände nicht durchsetzen konnte…

Hier noch der Beitrag von Barkley zu den unzureichenden Diagnosekriterien für ADHS auf Additude: <LINK_TEXT text=„ADHD in Adults: Signs, Symptoms, Treatment … -criteria/“>ADHD in Adults: New Symptom Tests, Diagnostic Criteria Needed</LINK_TEXT>

Danke für die Interessen Posts!

Also ich war auch als Kind unauffällig aber total verträumt … Zeugnisse habe ich nicht mehr und wären viel zu gut gewesen… Begabung kompensiert vieles…

Bei mir ging’s so im Studium unauffällig los… und im Beruf kamen dann erst die Probleme…

Ich würde vorschlagen, zu dem Thema auch einen nichtöffentlichen Thread zu eröffnen, sobald Frida 5 Beiträge zusammen hat…

Hallo Anna und ihr anderen, die Ihr alle so fleißig antwortet!

Damit habe ich gar nicht gerechnet. Sehr schön sich mal mit Menschen austauschen zu können, die irgendwie ein bisschen von dem verstehen, was in meinem Kopf so los ist. Ich habe zwar ein kleines feines unterstützendes Umfeld, aber wirklich nachvollziehen können die meisten meine Situation und Gefühle nicht.

Einiges von dem, was du ansprichst @Hibbelanna trifft es wohl sehr gut.

Ich bin mir sicher bewusst, dass die Angstproblematik nicht einfach mit ADxS Medis weggeblasen werden kann. Das sitzt zu Tief und da muss ich an einigen meiner Einstellungen und Glaubenssätze noch deutlich arbeiten, mit oder ohne ADS. Und auch bezüglich der Depressionssymptomatik ist noch einiges zu ändern in meinem Leben. Eigentlich weiß ich vieles, was ich ändern müsste (bei anderen Dingen sind mir meine Bedürfnisse noch nicht so klar) nur bekomme ich eben nichts davon umgesetzt, zumindest nicht dauerhaft. Entweder schaffe ich es nicht mehr mich zu motivieren oder mir fehlt ständig Zeit und Energie, weil ich irgendwie versuche, nach außen an der Uni noch irgendwas abzuliefern und ich auch nicht gerade wenige Tage im Monat mit Migräne im Bett liege. Falls sich einer auskennt, da habe ich schon die ganze infrage kommende Palette an Prophylaxe durch und bin jetzt bei dem vorletzten und teuersten Medikament (Aimovig für 500 Euro im Monat, zahlt aber zum Glück die Kasse nachdem ich sämtliche Antidepressiva, Blutdrucksenker und sogar Neuroleptika ausprobieren musste) angekommen. Hilft aber auch nicht so richtig. Erstaunlicherweise hatte ich 4 Wochen am Stück unter der Einnahme von Medikinet überhaupt keine Kopfschmerzen (sonst manchmal >15 Tage/Monat). Leider macht mich das aber wie gesagt ziemlich depressiv.

Das könnte schon zutreffen, ich hatte ab und zu sehr vergessliche Phasen, da hatte ich ständig keine Hausaufgaben dabei, die Schultasche vergessen etc. Aber Das ging irgendwann vorbei und ich habe es nicht weiter beachtet. Weil ich immer alles sehr schnell fertig haben wollte und dachte „ist ja egal ob du es da jetzt ganz genau richtig hinschreibst oder nicht, du weißt ja, dass du es eigentlich richtig kannst“ hat sich dann doch auch immer mal wieder der ein oder andere Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen. Aber war eben nie auffällig. Das einzige, was in der Schule eben war, was dass es mir sehr schnell langweilig wurde, wenn wir Sachen wiederholt haben. Meistens konnte ich mir das beim ersten mal merken und dann fand ich das sehr nervig und hatte keine Geduld bis jemand die Antwort wusste, sich gemeldet hat und der Lehrer dann endlich jemanden ausgewählt hatte. Da hab ich dann einfach die Antwort reingerufen. Es kam nicht nur einmal vor, dass ich zuhause 500x schreiben musste, ICH RUFE NICHT IN DIE KLASSE :lol: gebracht hats natürlich nichts. Ein klein wenig oppositionell war ich auch manchmal zusätzlich und die ein oder andere Stunde hab ich dann auch mal vor der Tür verbracht. Außerdem wurden regelmäßig meine Banknachbarn gewechselt, weil deren Noten schlechter wurden, wenn sie neben mir saßen, weil ich sie die ganze Zeit zugequatscht hab. Aber irgendwie fühlte sich das alles immer ziemlich normal an. Und so richtig hat auch niemand was angemerkt.

Ich hatte, bei Dingen, ich machen wollte eben immer einen sehr hohen Ehrgeiz und Anspruch an mich selbst. Das gepaart mit der absoluten Unfähigkeit, auszusortieren was wichtig ist und was nicht, hat mich dann im Studium umgehauen. In der Schule war das noch zu schaffen mit relativ wenig Aufwand und trotzdem genug Freizeit. An der Uni nicht mehr…

Zu wenig Bewegung aktuell sicherlich, als die Symptome einsetzten eigentlich nicht. Vitamine und Blutbild habe ich regelmäßig machen lassen. Da war eigentlich soweit immer alles ok, lediglich einmal etwas erhöhte Katecholamin-Abbauprodukte und leicht erhöhter Blutdruck. Daraufhin wurde ich dann auf Phäochromozytom getestet. War negativ zum Glück. Damals wäre ich fast froh gewesen, es wäre es, damit ich endlich mal weiß, was nicht stimmt. Vitamin D/K2, Vitamin B-Komplex und Magnesium supplementiere ich regelmäßig. Leseschwäche hab ich auch keine, letzte Messung vor ein paar Jahren

Da hast du recht. Ich schätze mal, dass dieser Stress bei mir dadurch angefangen hat, dass ich eben immer alles 100%ig machen wollte. Und als dann aber nach und nach die kognitiven Defizite immer stärker wurden, war das kaum noch zu schaffen. Ich bin aber aus der Spirale irgendwie bis heute nicht rausgekommen. Habe immer noch einen sehr hohen (oft höre ich übertrieben) Anspruch an mich. Paradoxer weise ist der gewachsen, je weniger ich auf die Reihe bekommen habe über die Zeit. Ich hab mich immer mehr wie ein Versager gefühlt, tue ich auch immer noch. Deshalb konnte ich mich auch zunächst mit der Depressions-Diagnose ganz gut identifizieren. Die Symptomatik der Depression war auch irgendwann eindeutig da. Antidepressiva und Therapie haben zwar geholfen, die Stimmung halbwegs in den Griff zu bekommen, sodass ich wirklich Anfang des Jahres gesagt habe, ich würde mich aktuell von der Stimmung her nicht mehr depressiv einstufen. Aber an der kompletten anderen Problematik hat sich gar nichts getan. Immer noch diese Konz/Fokus/Motivation/Antrieb/Müdigkeitsproblematik zusammen mit der Migräne. Irgendwie hatte ich nur noch das Gefühl in meinem Kopf so einen Nebel zu haben oder ein graues Tuch wäre um meinen Kopf gewickelt. Das war mit dem Medikinet und Elvanse wie weggeblasen. Damit bin ich klarer und überhaupt mal in der Lage irgendetwas anzugehen. Die Letzten Jahre habe ich gefühlt neben der Arbeit für Studium nur im Bett gelegen und war einfach müde und wie benebelt.

Schilddrüse wurde übrigens ganz am Anfang auch untersucht. Damals war ein Antikörper leicht erhöht. Ich bekam Thyroxin, was überhaupt nichts an meiner Situation geändert hat, außer dass ich so geschwitzt habe, dass ich 3x am Tag das TShirt wechseln musste und meine Familie mich sogar darauf angesprochen hat. Bei einer späteren Untersuchung bei einem anderen Arzt war dann kein Antikörper mehr feststellbar und ich habe das Thyroxin dann wieder abgesetzt. Ich weiß bis heute nicht, ob das damals ne Fehldiagnose war und ich 4 Jahre den Mist geschluckt habe umsonst.



Es mag sein, dass ich mich manchmal etwas gelangweilt habe, aber sonst fand ich die Schule eigentlich ganz ok. Auf die Gefahr hin, dass die Reaktion darauf vllt nicht so gut ist (hab ich schon öfter erlebt), ich war auch auf einer Waldorfschule, da war eigentlich recht wenig Druck, viel Abwechslung zwischen Klassenzimmer/Theorie und Praktischem und man wurde eigentlich als Individuum ganz gut angenommen so wie man war. Jetzt wo ich das gerade so schreibe, vllt wäre eine mögliche ADHS in einem anderen Schulsystem schon früher zum Tragen gekommen…

Danke euch auf jeden Fall für eure Anregungen. Die Links oben werde ich mir später mal anschauen. Habe heute Nacht nicht geschlafen und kann jetzt nicht mehr :wink:
Toll, dass man hier so viel produktiven Input bekommt! Vielen Dank dafür!


Wie läuft das denn genau mit den Nicht-Gast-Bereichen?

Da brauchst Du nichts machen. Du kannst jetzt einfach in viel mehr Bereichen mitlesen.

Das Verschieben ist technisch grade nicht möglich, glaube ich.

Achso ok, danke :slight_smile:

Gegen morgendliche Unruhe hilft bei mir nur Sport.
Und / oder müdemachende Allergietabletten… .

Das ist nicht komisch - sondern klassisch.
Je mehr Du die Kontrolle verlierst, desto stärker ist das Bedürfnis, sie zurückzugewinnen.

<LINK_TEXT text=„https://link.springer.com/content/pdf/1 … 0696-0.pdf“>https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00278-009-0696-0.pdf</LINK_TEXT>

Das ist ein besch*ssener Kreislauf - fällt aber durchaus unter „akademische Prokrastination“ und ist nicht ungewöhnlich. Darum aber nicht weniger behandlungsbedürftig.
Nur - das hilft Dir jetzt nicht.

Wie @Elementary schon schrieb: am besten Du fährst auf Sicht, schaust zu, dass Du die Klausur irgendwie bestehst.
Und danach kannst Du Dich ja wieder tiefer damit beschäftigen.

Die Gefahr, dass Du Dir jetzt das Thema ADHS als Prokrastinationsvehikel nimmst, ist erfahrungsgemäß sehr groß.

Wenn die Klausuren vorbei sind, dann unterhalten wir uns mal, ok? (im Zweifelsfall von Waldi zu Waldi… seufz)

:smiley: So, ich schreib dir jetzt nicht mehr, bis du hier postest, dass die Klausur vorbei ist :!:

Ach ihr seit herrlich :smiley: :juhuu
Hab glaub eh schon die letzten zwei Tage sämtliche ADHS Literatur studiert…das muss ich jetzt wirklich durchbrechen. Also ihr hört dann nächste Woche oder am WE (falls da unerwarteterweise kein Migräneanfall kommen sollte) von mir.
Bis denne und danke für eure Hilfe bis jetzt. Das hat mich wirklich schon einen guten Schritt aus dem Loch gezogen!

Dann folge ich mal Deinem guten Beispiel…

Aus uns spricht ja nur die Erfahrung, dass man in bester Absicht auf der Suche nach einer effektiven Lösung in ein Kaninchenloch kriecht und am anderen Ende des Internets wieder rauskrabbelt. So klug als wie zuvor - jedenfalls in lebenspraktischer Hinsicht.

Und gerade, wenn man sich gegenseitig unterwegs Dopamin-Glückskekse reicht, indem man sich ein bisschen versteht, ist das zwar bestgemeintes Proviant, aber in manchen Lebenssituationen ist eben doch das Ziel das Ziel.

Ein Auffanglager für alle Fälle hättest Du trotzdem.

Welcome @friedab :winken
Alles was Du über Deine Symptome schreibst kann ich nur bestätigen, habe ich fast gleich erlebt. Allerdings ist meine Lebensgeschichte komplett anders verlaufen als Deine, aber by the Way spielt das in punkto Symptome wohl kaum eine Rolle. Ich bin bestimmt keine Expertin, kann auch nicht mit Fachwissen glänzen, habe nie ein Studium absolviert, kann nur auf mein Leben mit Adhs zurück blicken. Jedenfalls war es bei mir so, das mir meine Psychologin das so erklärt hat, das man das Adhs ja angeboren, also vererbt bekommen hat, es also „immer“ da ist. Nur meistens fällt es nicht „immer“ sofort auf, heisst das man nicht „zwingend“ verhaltensauffällig ist, was übrigens besonders bei Mädchen so ist, da sie im Gegensatz zu den Jungen, in der Schulzeit ehr ruhig, schüchtern und verträumt sind, wo hingegen die Jungs als laut, zappelig und unruhig auffallen (wie immer: es gibt auf beiden Seiten auch Ausnahmen, also den umgekehrten Fall). Nun kann es besonders in starken Stresssituationen passieren, das die latent vorhanden Symptome, die Quasi im „Schlummermodus“ waren, durch den Stress in totale Auffuhr geraten, sich ihre Bahn frei machen. Dann beginnt diese Spirale einzusetzen, diese Hilflosigkeit seinen Gefühlen total ausgeliefert zu sein, nichts mehr im Griff zu haben, der „Leidensdruck“ beginnt mehr und mehr zuzunehmen. So in etwa würde ich es jedenfalls aus meiner Sicht beschreiben, wie mein persönlicher „Leidensdruck“ immer grösser und grösser wurde. Irgendwann war er dann so stark, das ich mir Hilfe suchen „musste“. Und genau ab diesem Zeitpunkt, beginnt für viele betroffene ein weiterer Leidensweg, nämlich erst mal eine kompetente Fachkraft zu finden die A Adhs überhaupt diagnostizieren kann und B weiss wie Adhs sowohl medikamentös, als auch psychologisch therapiert wird. In sehr vielen Fällen beginnt hier für viele eine regelrechte Odysee, doch ich will Dich nicht entmutigen, nur empfehlen das Du Dir selbst einen Gefallen tust, wenn Du selbst dazu recherchierst, bis Du jemand kompetentes findest.

Ich frag mich, ob das tatsächlich so ist. Also, was ich sagen will: ich weiß es nicht.
Ich weiß bloß, dass man sich meist im Internet Hilfe sucht, wenn es eben nicht läuft. Also ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass man hier viele trifft, die diesen Leidensweg durchgemacht haben - leider. Vllt auch bezogen auf die medikamentöse Einstellung.
Aber bei denen, wo es gut gelaufen ist, da bekommt man es gar nicht mit, weil sie sich nicht zu Wort melden. Dann hat man den Eindruck (so wie ich ihn gerade leider auch habe): oh mein Gott, das ist ja eine Katastrophe, ich trau mich gar nicht zum Arzt zu gehen!
Ich will damit nicht behaupten, dass es das nicht gibt, dass es total schief läuft. Aber vllt - und das ist meine Hoffnung - nicht in dem Verhältnis, wie ich (wir?) es hier wahrnehmen, oder?

Wie auch immer, mal schauen, wie es bei mir abläuft…vllt ändere ich meine Meingung dann noch :smiley:

Positiv ist: der erfahrene Psychologe, der mich vor 2 Jahren eingangs gesehen hat, hat es ja als mögliche Diagnose auf die Überweisung geschrieben.

@friedab und ich stehen noch vor der Diagnose - wenn es sie überhaupt für uns geben wird. Ich wünsche uns auf jeden Fall viel Glück, dass wir bei der Kompetenz landen.
Aber das Forum hier ist ja auch eine Hilfe :slight_smile:

@friedab

Ich habe hier im Forum eine Liste für ADHS-Spezialisten/Psychologen für meine Region angefragt. Vllt solltest du das auch machen?

Viel Erfolg :slight_smile: