Diagnostizieren sinnvoll?

Hallo zusammen,

ich frage mich, ob es sinnvoll ist für mich, dass ich mich an einen spezialisierten Diagnostiker wende.

Mir sind die Vorteile nicht ganz klar.

Die Nachteile sind aus meiner Sicht:

  • Es gibt keine solchen spezialisierten Diagnostiker hier in der Nähe, sondern es wird eine mehrstündige Reise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nötig, was viel Stress für mich bedeutet. Und ich werde die entsprechenden Ärzte auch danach nicht mehr aufsuchen, beispielsweise für eine Behandlung.
  • Ich gehe davon aus, dass ich vermutlich keine Diagnose bekomme, selbst wenn ich ADHS oder ADS habe.
    Wenn ich den Test von ADxS mache, kommt eine hohe Übereinstimmung mit Symptomen heraus (34 von 43, also 79 Prozent). Doch bei den DSM- und ICD-Kriterien ergeben sich nur 5 von 9 oder 5 von 10, beziehungsweise 1 von 5 Hinweise auf ADxS.
    Genau diese Erfahrung habe ich auch bei der Autismus-Diagnostik gemacht. Ich lag dort überall an der Grenze vom Cut off und die Diagnostiker können nicht mit Grenzwerten und Komorbidität umgehen und geben dann lieber keine Diagnose.
    Die Schwerpunkte in unserem Gesundheitssystem liegen genau da, wo ich nicht typisch bin, sowieso nicht als „schon ältere“ Frau. Das habe ich sehr deutlich in dem Diagnostik-Prozess gemerkt. Ich habe mich halt immer schon gut angepasst und viele Strategien im Laufe der Zeit entwickelt, wie das halt von Mädchen und Frauen erwartet wird. Zum Beispiel habe ich viele Methoden entwickelt, mich unsichtbar selbst zu verletzen, um mit dem Druck umzugehen und „wieder in die Spur zu kommen“, während zum Beispiel mein Bruder den Kopf gegen die Wand geschlagen und gebrüllt hat. Für mich als „Mädchen“ waren diese auffälligen Verhaltensweisen halt keine Option. Und daher bin ich beispielsweise vermutlich weder hyperaktiv noch besonders auffällig impulsiv.(Das heißt natürlich nicht, dass innen nicht ganz schönes Chaos herrschen kann.)
    Und ich habe vermutlich eine Mischform (Asperger und ADS), sodass sich zwar Manches verstärkt, Manches aber auch ausgleicht. Beispielsweise verstärken sich Exekutivprobleme enorm, aber ich habe nach außen sichtbar keine so starken Probleme Dinge zu beenden oder Ziele zu erreichen, da ich extrem abhängig von Routinen bin und die helfen.
    Außerdem sind die Fragen nicht so gestellt, dass ich sie aussagekräftig beantworten kann. Das ist so ein Problem von mir: Ich verstehe häufig Formulierungen nicht und kann unlogische Fragen nicht beantworten. Das war ganz schlimm mit dem Autismus-Diagnostiker: Ich habe Alles ausführlich erklärt und bei dem ist immer nur ein „nein“ oder „ja“ hängengeblieben, wodurch ich mich komplett unverstanden gefühlt habe. Ich mache ein Beispiel: „Wie oft haben Sie Schwierigkeiten, Dinge auf die Reihe zu bringen bzw. wenn Sie eine Aufgabe zu erledigen haben, die Organisation erfordert?“ Darauf antworte ich, dass ich oft schlaflose Nächte und Angstzustände habe, wenn so Aufgaben anstehen, weil ich so überfordert bin. Aber wenn ich weiß, dass ich es tun muss, bediene ich mich aller Tools, die ich im IT-Projektmanagement gelernt habe, damit ich irgendwie handlungsfähig werde und aus der Lähmung herauskomme: Ich mache Stakeholder-Analysen, definiere die Ziele, mache Risiko- und Aufwandschätzung usw., selbst für ganz banale Dinge wie die Familie für ein paar Tage zu besuchen. Und dann arbeite ich das Schritt für Schritt ab. Sonst könnte ich mich nicht damit befassen. Und wenn ich zurückkomme von dem Familienbesuch breche ich für ein paar Tage bis Wochen zusammen, muss mich krankschreiben lassen, alles absagen und verschieben und brauche lange, um wieder klarzukommen. Aber die Familie registriert nur, dass ich wie vereinbart zu Besuch war und mein Leben anscheinend in Ordnung ist. Und dann notiert der Arzt „keine Schwierigkeiten“ und ich denke, häh??? Das soll normal sein??? Okay…
    Und ich darf nicht den Fehler machen, zu erwähnen, dass ich in der Vergangenheit eine kPTBS diagnostiziert bekommen habe. Denn ich habe die Erfahrung gemacht, dass dann nach überhaupt nichts mehr geschaut wird, sondern jedes Problem mit „Trauma“ abgestempelt wird. Allerdings weiß ich nicht welches Trauma genau gemeint ist? Ich habe mich halt immer konditioniert und gefoltert gefühlt, weshalb mir schon viele Ärzte allen möglichen Missbrauch eingeredet haben. Aber ich erinnere mich an gar keinen Missbrauch, zumindest nicht so wie die Ärzte und Therapeuten das immer meinen. Ich muss also bisherige Diagnosen verheimlichen und komme nicht gut damit zurecht, weil ich gar nicht lügen kann.
    Ich habe also die Befürchtung, dass nichts dabei rauskommt und ich dann hinterher wieder total überlastet und verwirrt bin und mich noch mehr anders und gestört fühle als wenn ich nicht durch so einen Prozess gehe.
  • Meine Eltern müssen wieder befragt werden.
    Meine Eltern waren nicht erfreut darüber, dass sie bei der Autismus-Diagnostik involviert wurden. Sie fanden es sehr anstrengend und unnötig.
    Meine Eltern bestehen darauf, dass ich nichts außer einer Hochbegabung habe. Das liegt einerseits daran, dass ich als Kind die Diagnose ADHS schonmal bekommen habe. (Das habe ich erst vor ein paar Monaten, also dreißig Jahre später erfahren.) Und damals hatten sie es abgelehnt. Ich denke, es ist ihnen wichtig, dass sie keine gestörte oder kranke, sondern nur eine besondere Tochter haben und dass sie auch nichts falsch gemacht haben und dass auch sonst niemand in der Familie betroffen sind. (Ich bin ganz ganz sicher, dass mein Bruder und mein Vater und meine Schwester irgendwo im Neurodivergenz-Spektrum sind, sowie auch ein paar weitere Verwandte.)
    Wenn die jetzt nochmal Fragen beantworten sollen, gibt es ganz sicher Stress in der Familie und das wird super ätzend.

Was sind aus eurer Sicht die Vorteile der Diagnostik und warum denkt ihr, sollte man eine machen lassen? Wozu ist das gut?

Ich erwähne noch, dass meine Ärztin auch Medikamente ohne ADHS-Diagnose verschreibt. Also bisher hat sie die Adrenalin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer immer wegen Depressionen verschrieben. Ich weiß nicht wie sie das jetzt mit den spezifischeren Medikamenten abrechnen will. Das wird sie schon wissen, wenn sie mir es vorschlägt.

Mir hilft es halt deutlich, merke ich, davon auszugehen, dass ich eine Asperger-ADS-Form habe mit Traumafolgestörung, darüber zu lesen und zu lernen und mich damit zu identifizieren. Immer wieder habe ich das Gefühl, dass ich das nicht darf, weil ich nur für die Traumafolgestörung eine Diagnose habe. Aber mich ärgern auch die anderen Diagnosen (wie Depressionen und in der Pubertät Borderline) immer sehr, weil ich mich so gar nicht damit identifizieren kann. Dabei kann es mir vermutlich egal sein, so lange die Behandlung stimmt. Und ich habe ja eine gute Psychiaterin. Und eine passende Therapie zu finden habe ich aufgegeben. Wer kennt sich schon mit solchen Kombinationen aus?

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Hallo,

puh ich finde es schwer zu beantworten, da deine Punkte die dagegen sprechen schon nachvollziehbar für mich sind.
Allerdings sehe ich noch ein paar andere Punkte, die dafür sprechen:

  1. Du hast noch mal eine gesicherte Diagnose oder eben einen Punkt den du von der Liste streichen könntest.
  2. Es wäre für eine eventuelle Therapie (falls gewünscht) hilfreich,gleich einen Therapeuten zu finden,der sich mit Adhs und Autismus auskennt.
  3. Eine ADHS-Medikation wäre dann auch über andere Fachärzte zu bekommen , wie zum Beispiel einen Neurologen. Für den Fall deine Ärztin findet keine Lösung fur ein BTM Rezept.

Eine Befragung der Eltern ist nicht zwangsläufig nötig, nur besser um ein Bild zu zeichnen uber deine Kindheit. Das du schon damals eine AdHS-Diagnose bekommen hast ,könnte hilfreich sein. Dann kannst du herausfinden,wo und wer die das festgestellt hat? Vielleicht wäre ja ein Weg die Epikrise oder den Befund anzufordern und du müsstest nicht noch mal den ganzen Verlauf durchmachen.

Ich denke, wenn ein Leidensdruck da ist und der Wunsch nach Veränderung, sollte man es versuchen.

Liebe Grüße Frieda

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Ich sehe es auch so, du hast eine ADHS Diagnose in der Kindheit bekommen.
ADHS muss ja eigentlich in der Kindheit vorgelegen haben um die Diagnose als Erwachsene zu bekommen.

Ktbs kann auf ADHS/Autismus noch drauf kommen. Einmal weil bestimmte Dinge passiert sind oder aber weil sie wegen ADHS/Autismus entstanden ist. Mit ADHS/Autismus verarbeit man Ktbs auch noch anders.

Es ist auch nicht so einfach bei KTBS die ADHS/Autismus Symptome von einander abzugrenzen , da bedarf es einen guten Diagnostiker vor allem wenn Hochbegabung auch noch drauf kommt.

Jedoch wäre es sehr hilfreich bei KTBS wenn ADHS/Autismus stimmig ist , dies zu wissen , weil dann kannst du nämlich die ADHS/Autismus Symptome von Ktbs abgrenzen was alles etwas greifbarer macht.

Ich habe schon beides erlebt, ADHS wegen Trauma ausgeschlossen und ADHS und Trauma als beide Diagnosen akzeptiert.

Ich finde es macht Sinn der Sache weiter nachzugehen , und was mit deinen Eltern ist, ist zweitrangig .

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:adxs_winy: Hello @Autumnly in diesem bunten Haufen hier, in dem sich so manches späte Mädel rumtreibt.

Diese Frage kann dir letztendlich nur dein ganz persönlicher Leidensdruck beantworten.

Dann könnte es helfen, sich hier im Forum ein wenig einzulesen. Du hast klare Nachteile für dich ausgemacht, aber keinen einzigen Vorteil? Das ließe sich ändern.

Immerhin bist du hier gelandet, also beschäftigt es dich, bzw. es geht dir zur Zeit nicht gut und du möchtest etwas ändern, nur fehlen dir die Ideen oder Mittel?

Das wäre bereits der erste Grund, sich noch einmal auf den Weg zu machen. Vielleicht nicht zu den Ärzten, die dich deinem Erleben nicht für voll nehmen. Es gibt einige hier, die weitere Anläufe gebraucht haben.

Das ist Mist und auch damit bist du leider nicht alleine und trotzdem, es gibt sie, die die zwischen den Zeilen lesen, sozusagen. Wirst du hier im Forum auch Geschichten zu finden.

Das ist genau die Klippe, die wir als ältere Semester, zusätzlich umschiffen müssen, beschwerlich, aber möglich. Zumal wir ja alle nicht bis hierher gekommen wären, ohne all die kleinen oder großen Strategien zusätzlich.

Und ja, nicht gleich zu viel zu erzählen kann sich auswirken. Ob Job, Diagnosen oder andere Dinge pflanzen sofort ein bestimmtes Bild in die Köpfe und dann ist es oft auch unerheblich, von welchen Schwierigkeiten berichtest.

:adxs_tuete: und ich schreib hier rum, ok so läuft das eben, machste nix…

Dann bist du gar nicht sooo ein spätes Mädel und es existiert tatsächlich bereits eine Diagnose? Eltern, ein schwieriges Kapitel…

Somit hättest du ja bereits etwas in der Hand, mehr als viele andere, die sich irgendwann auf den Weg machen.

Also begibst du dich jetzt auf den Weg, diese Diagnose bzw. den damaligen Arzt ausfindig zu machen, oder verfügt deine Ärztin bereits darüber?

Vielleicht ist das aber auch schon die Erklärung, weshalb deine Ärztin abrechnen kann, obwohl ja „keine“ iagnose besteht?

Jetzt bist du erstmal hier und beliest dich, unterhälst dich und dann wird sich vielleicht auch von ganz alleine ein Weg für dich abzeichnen…

Alles Gute für dich :four_leaf_clover:

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Ich danke euch sehr für eure lieben Antworten!

Das ist immer gut, Dinge von Listen streichen. Das stimmt. Und das ist definitiv immer ein ungeklärter / offener Listen-Punkt.

Vorausgesetzt, dass es so Therapeuten in der Umgebung gibt. :neutral_face:

Good Point!

Der Befund existiert nicht mehr. :sob: Meine Eltern haben es nur erzählt. Sie haben Alles auf den Kopf gestellt zuhause, aber finden den Befund nicht mehr und meinen, dass sie den vermutlich nicht mehr haben. Und die Arztpraxis hat mir zweimal versichert, dass sie alle Befunde nur zehn Jahre aufbewahren und dann vernichten. :sob: Also keine Chance - Es bleibt bei einer Erzählung meiner Eltern.
Ich erinnere mich noch ein bisschen an die EEG-Untersuchung damals, weil die Arzthelferin mir irgendwelche Sachen erzählt hat, was man sehen kann von meinem Gehirn, wo ich träume und so. Und das hat mir große Angst gemacht. Ich weiß noch, dass ich damals dachte, andere Leute können in meinen Kopf sehen mit diesen ganzen Kabeln und sehen dann, dass mein Gehirn kaputt ist. Ich hatte mir große Sorgen gemacht, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich war so zwischen acht und zehn Jahren alt damals. Meine Eltern erzählen noch, dass der Neurologe Medikamente vorgeschlagen hat und sie mir auf keinen Fall Medikamente geben wollten. :rage: Ich erwähne nur mal, dass ich eine entsetzliche Kindheit und Jugend hatte mit sehr viel selbstzerstörerischem Verhalten, unaushaltbarem Druck etc. Medikamente wären vermutlich sehr gut gewesen. :cry:

Das ist tatsächlich ein sehr wichtiger Punkt für mich! Ich habe mich sehr oft schon gefragt, wann welche Zustände Dissoziationen, Konzentrationslöcher, Meltdowns oder Shutdowns sind. Zum Beispiel, wenn mir Zeit fehlt, an die ich keine Erinnerungen habe oder wenn ich keine Buchstaben plötzlich erkennen kann oder die anderen in einer fremden Sprache sprechen oder wenn ich mich nicht bewegen kann oder totale Ausraster habe und Sachen kaputt schmeiße, weil Alles zu viel ist.
Früher habe ich häufig Übungen gegen Dissoziationen angewendet, um im „Hier und Jetzt“ zu bleiben und das hat null geholfen. Sich in eine dunkle Ecke setzen mit Ohrstöpseln und schaukeln hilft meistens besser. Das würde man aber bei Trauma-Problemen eigentlich nicht empfehlen.
Und am allerbesten wäre es natürlich, ich würde so Dynamiken erkennen, bevor es zu spät ist.
Nur frage ich mich, ob es hilft, wenn ich die Diagnosen offiziell habe. Vielleicht weil mir sonst eh Keiner glaubt. Aber zusätzlich muss sich ja jemand auch noch mit diesen Abgrenzungen auskennen. Und ich habe schon mit vielen potentiellen Therapeuten darüber gesprochen und die waren alle komplett überfordert damit. Vermutlich muss ich diese Sachen ohnehin durch Recherche, Erfahrungsaustausch und Ausprobieren selbst herausfinden.

Ja, das stimmt. Ich lese auch sehr interessiert seit ein paar Tagen die Geschichten Anderer.

Ja, das ist richtig. An sich läuft Vieles gut. Aber ich habe viele Probleme immer im Alltag und es läuft auch gerade die Prüfung für einen Behindertenstatus. Also ich bin auf Unterstützung angewiesen und je konkreter ich die benennen und einfordern kann desto besser ist es natürlich. Und ich habe das Problem, dass ich zum ersten Mal seit einigen Jahren ohne Medikamente bin und das ist überhaupt nicht gut gerade. Die Frage ist halt mit was für einer Medikation man weitermacht.

Das hilft und ist wertvoll zu wissen auf jeden Fall. :yellow_heart:

Also wie oben beschrieben kann es nicht daran liegen. Ich denke, der Adrenalin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer hat eine Zulassung für viele Erkrankungen, auch für solche wie Depressionen, für die leicht von jedem Arzt die Diagnose vergeben werden kann, anscheinend selbst wenn sie falsch ist. Ich habe das Medikament acht Jahre lang, glaube ich, genommen. Jetzt wirkt es gar nicht mehr leider, selbst mit Höchstdosierung. Daher schauen meine Psychiaterin und ich jetzt nach einem anderen Medikament. Ich habe in zwei Wochen nochmal einen Termin. Ich hoffe, dass ich mal ein ADHS-Medikament probieren kann. Aber ich weiß es nicht genau. Ich weiß nicht mehr genau, was sie mir alles aufgezählt hat. Sie sagt halt, sie kann keine Diagnosen stellen für spezifische Sachen, weil sie die Erfahrung nicht damit hat. Sie kann nur die Standard-Fragebögen mit mir machen. Und das mit der Trauma-Folgestörung sagt sie ganz sicher.

Also ich müsste ziemlich weit fahren zu den nächsten Spezialisten für ADHS und vermutlich erstmal warten usw.

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Nur so eine Idee @Autumnly was ist mit der Krankenkasse? So von wegen nachforschen, müssen die auch nur 10 Jahre unsere Diagnosen/Abrechnungen aufheben?

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Oh, das ist ein sehr guter Hinweis! Ich frage nach! Danke!

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Auch die Krankenkasse schreibt, dass sie die Daten nur zehn Jahre aufbewahrt. :sob:

Ich bin der Meinung Gesundheitsdaten von Kindern sollten bis zum 18. Lebensjahr aufbewahrt werden. Und dann sollte der Patient über seine Daten informiert werden und selbst entscheiden was damit geschieht, ehe sie vernichtet werden. Es kann doch kein Mensch wissen, dass es Diagnosen in der Kindheit gab, die die Eltern verheimlichen. :rage:

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In dem Zusammenhang bin ich sehr gespannt, wie das mit der digitalen Patientenakte laufen soll. Hilft in deiner Situation jetzt nicht weiter, aber dann dürfte, rein theoretisch, DEIN Problem nicht mehr auftauchen.

Es sei denn, Eltern lehnen dies ab und dann wird es weiterhin Kinder geben, die keinen Zugriff auf Diagnosen in ihrer Kindheit haben :poop:

Menno, ich hatte so auf die KK für dich @Autumnly gehofft…

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Die Diagnostik läuft bei jedem Arzt anders ab.
Bei meinem Mann reichte dem Arzt für die Diagnose ein ausführliches Interview und die Aussage, dass schon in der Kindheit Symptome vorhanden waren und er dadurch in der Grundschule sitzen geblieben war.
Das Zeugnis war nicht mehr auffindbar, weder bei uns, noch im Elternhaus oder der Schule selbst. Wir haben stundenlang gesucht. Letzten Endes reichte seine Aussage. Seine Eltern wurden nicht befragt.

Auf der anderen Seite wurde unser Sohn von einer anderen Ärztin nicht diagnostiziert, obwohl alles im Alltag dafür spricht und unser Fragebogen genauso wie der der Lehrer über 6 von 9 Kriterien erfüllt.
Ich glaube, es gehört einfach Glück dazu, einen Arzt zu finden, der Patienten mit ADHS helfen will und nicht vorrangig das Ziel hat, „leichtfertige“ Diagnosen zu vermeiden.

Soweit ich mich an die Kriterien erinnere reichen bei Erwachsenen 5 von 9.

Kennst du die Adressliste hier im Forum? Vielleicht findest du da einen Arzt, der näher ist? Ich würde behaupten, Erfahrung mit ADHS haben inzwischen viele Psychotherapeuten und Psychiater, auch wenn die Wartelisten lang sind.

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Das ist halt echt ein Witz. Wenn es „Glück“ ist, wie man diagnostiziert wird, braucht man diese „Spezialisten“ ja nicht. Es braucht dringend ein Umdenken in der Medizin.

Daher frage ich mich halt, wie sinnvoll das Ganze überhaupt ist. Um etwas zu erreichen wie Medikamente und so zu erhalten, klar. Aber wenn es um Erkenntnisse und Selbstidentifikation geht, sollte man nicht ein Urteil anderer Menschen annehmen, das nach Glück vergeben geht. Das finde ich wirklich übel. Ich will wirklich nicht so Eine sein, die auf „DIE Medizin“ schimpft und behauptet, sie könnte besser Diagnosen vergeben als geschulte Ärzte und ich weiß, dass man bei sich selbst häufig einen gefangenen Blick hat. Aber irgendwie kommen mir die Ärzte noch befangener vor mit ihren komischen Kategorien, die null realistisch anwendbar sind auf durchschnittliche Frauen beispielsweise. Es kann doch nicht sein, dass man beispielsweise bei sozialen Verhaltensweisen null die Umgebung und Prägung mit berücksichtigt und dass bei Komorbiditäten die meisten Ärzte sowieso per se raus sind.

Aber genug aufgeregt. Es bringt ja nichts. Ich hoffe auf die KIs in Zukunft für nachkommende Generationen.

Ja. Es gibt keinen Arzt in der Nähe auf der Liste. Nur für Kinder und Jugendliche.

:adxs_wink: @Autumnly

Spezialisten & Experten, ich verbinde mit diesen Bezeichnungen sofort eine extra Portion an Wissen oder Handfertigkeit. Was zeichnet diese Menschen eigentlich aus?

Ich kann deinen Groll nachvollziehen, es sollte, gerade im gesundheitlichen Bereich, nicht vornehmlich um Glück gehen, ob etwas von „Erfolg“ gekrönt ist, oder nicht.

Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht das selbe; nirgends sonst kommt mir das so passend vor, wie in der Diagnostik.

Obwohl es das auch unter OP Personal gibt, aber das ist noch wieder ein anderer Tanzbereich.

Je mehr ich hier schreibe und darüber nachdenke, komme ich jedoch nicht drumrum, um dieses quentchen Glück :four_leaf_clover: das es braucht, an DIE Stelle zu kommen, die mir wirklich weiterhelfen kann.

Ob es die Werkstatt fürs Auto, die Friseur*innen, oder selbst HAs, wie interessiert, versiert oder auch begabt sie sind, ich kann es vorher nicht wissen.

Mein Auto läuft prima, ich liebe meine Frisur und mein HA schaut auch über den eigenen Tellerrand. Habe ich dann einfach nur Glück gehabt?

Leider gibt es wohl kein Qualitätsmerkmal, woran man Spezialisten & Experten messen könnte, im psychiatrischen Bereich erscheint mir das auch nochmal schwieriger.

Manchmal ist es auch die kleine Hinterhof Werkstatt, die mein Auto wieder flott macht, wo der Typ im Blaumann so lange sucht, bis er den Fehler im System gefunden hat :adxs_zwinker:

Edit: Und wenn ich in der Politik so sehe, wer sich da Experte für was auch immer nennt :face_with_symbols_over_mouth: dann muss ich dringend meine Vorstellung von diesem Begriff überdenken…scheinbar ist keine besondere Fertigkeit mehr daran geknüpft :adxs_kp:

Edit2: Was erwartest du von einer KI? Gerade bei @Hobbyhopper eine Geschichte über Fragebögen gelesen, Fragebögen die dann nur von einer KI ausgewertet würden :adxs_gruebel:

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Ich verstehe unter einem Experten eine Person, die überdurchschnittlich viel Wissen zu einem Thema hat und mit der Komplexität des Themas umgehen kann. Dazu gehört meiner Meinung nach Theorie und Praxis zu verknüpfen, Erfahrung mit unterschiedlichen Problemstellungen zu dem Thema und mehrere Perspektiven einnehmen zu können. Also ein Experte ist aus meiner Sicht keine Person, die das Thema mal im Studium hatte oder ein Buch darüber gelesen hat und auch keine Person, die immer nach demselben Schema das Gleiche in der Praxis tut.

Eine KI kann mit der Komplexität umgehen, die das menschliche Gehirn nicht mehr verarbeiten kann. Daher halte ich sie für gut, um aus der Fülle von Symptomen vieler Krankheiten bei vielen unterschiedlichen Menschen mit sehr unterschiedlichen Lebensrealitäten Muster herauszufinden. Unsere derzeitigen Diagnosen sind ja als Kategorien nur Ergebnisse dessen, was wir mit unseren eingeschränkten Möglichkeiten als abweichend oder gleich interpretieren.
Das Problem an der Sache ist, das Ergebnis der KI ist davon abhängig welche Daten wir ihr geben. Und wir filtern diese Daten halt immer noch nach unseren Vorstellungen vor. Also wir glauben zu wissen was ein Mensch mit ADHS ist und wollen das der KI erstmal beibringen. Und dann schließen wir wieder einen Großteil der Menschen aus und nutzen gar nicht die wirkliche Stärke der KI. Sehr schade! Aber mal gucken, was noch so kommen wird…

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Ich möchte bei allen guten Experten auf meinen Lebensweg jedoch nicht deren Intuition und den gesunden Menschenverstand vergessen ohne dem ich nie irgendwie mal richtig erfasst worden wäre.

Ebenso die Fähigkeit vom Standard auch mal abzuweichen .

Mein Doc der die Medikation verschrieb , konnte aufgrund seiner paar seltenen Fälle , die vom Standard abweichen ebenso Rückschlüsse für mich ziehen und hat mehrmals aus dem Bauch raus was entschieden und auch bekannt dass er es sonst anders macht . Er war auch immer offen und dankbar über Informationen aus dem Forum.

Ein Arzt hat mich gar mal gebeten den Sonderweg mit mir nicht groß zu thematisieren damit andere nicht verwirrt sind , weil es konträr der eigentlichen allgemeinen Aussage war die er sonst propagiert .

Aber wir dürfen alle auch nicht vergessen wieviel Vorgaben auch unsere Ärzte haben und im welchem Korsett die sich bewegen und manches bestimmt gerne anders machen würden oder gar nicht mehr ihre Intuition spüren .

Ich weiß dass meine Hausärztin darunter leidet

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Hi, also zuerst einmal, vieles was Du schreibst könnte auch auf mich zutreffen und ich bin ein Mann. Ist nicht unbedingt was geschlechtsspezifisches, dass es bei Dir nach Außen nicht auffällt. Ist vielleicht auch eine Intelligenzsache. Ich denke, wenn man intelligent ist entwickelt man leichter Ausgleichsmechanismen.

Zur Frage, ob eine Diagnostik sinnvoll ist möchte ich noch einen Punkt hinzufügen. Die Diagnostik ist laut eigener Erfahrung ein höchst belastender Prozess wenn man so wie wir nicht klar das Klischee oder die Diagnosekriterien erfüllt. Ich habe die selben Werte wie Du und ärgere mich mit meinem Psychiater schon seit letzten Herbst rum. Gerade bekomme ich ein Antidepressivum statt des gewünschten Methylphenidats und ich bin mir zu 70% sicher, dass ich von dem keine Diagnose bekomme auch vor allem weil er sich nicht gut mit ADHS auskennt. Das AD habe ich angefangen zu nehmen weil mich dieser Schwebezustand so sehr belastet hat. Also wenn Du kein konkretes Ziel mit der Diagnose verfolgst, wie z.B. eine Medikamentierung zu erhalten würde ich das einfach lassen und damit abschließen und versuchen mit den Schwächen irgendwie zu leben.
Hab ich jetzt aber nicht so ganz verstanden, ob Deine Ärztin Dir da wirklich ADHS Medikamente verschreiben würde. Selektive Adrenalin-Hemmer gibt es nicht. Da verwechselst Du wohl was. ADs hemmen eigentlich immer die Serotonin, Dopamin und Noradrenalin Wiederaufnahme. Bupropion hemmt nur die letzteren beiden was vielleicht sinnvoll für ADHSler sein könnte. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass die Wirkung recht überschaubar ist und nicht ansatzweise an die typischen ADHS Medikamente ran kommt.
Lustigerweise brachte das Medikament bei mir zumindest am Anfang vor allem was gegen eigentlich eher autistische Symptome, wie Überreizung und Camouflaging auch wenn ich eigentlich insgesamt eher wenig autistisch bin.

Wenn Du aber wirklich ein Diagnose willst dann könnte es sinnvoll sein, bei Deinen Eltern mal einen Zusammenbruch zu haben und ihnen wirklich klar zu machen, dass Du Hilfe brauchst. Ich weiß wie schwierig das ist, ich habe im Prinzip das gleiche Problem. Meine Mutter weigert sich auch, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass ich ADHS habe und denkt, dass bei mir alles im Normalbereich liegt.

Wer erzählt seiner Mutter auch schon gerne, dass er seinen Stress manchmal nur mit Drogen oder anderem ungesundem Verhalten kompensieren kann und zerstört ihre Weltsicht, dass sie als Eltern alles richtig gemacht haben? Obwohl sie dafür ja eigentlich gar nichts können.

Letztendlich liegt es aber halt immer am Diagnostiker. Irgendwie würdest Du wahrscheinlich schon einen finden, der Dich versteht. Die Frage ist nur, wie viel Geduld und Durchhaltevermögen Du noch hast.

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Ohne Diagnose gibt es mit Sicherheit ständig Probleme mit der Krankenkasse. Alles was eine Krankenkasse abtun kann, wird sie auch versuchen abzutun.
Wenn du dann auch mit NDRI wie Bupropion klarkommst, welches ja für Depressionen zugelassen ist, wäre das ja kein Problem, aber sonst ist das natürlich schon schwierig.

Ich habe die Diagnostik bei einer nicht-spezialisierten Psychiaterin machen lassen und es gab durchaus etwas Kommunikationsschwierigkeiten (ich sollte nicht nachfragen aber habe die hälfte der Fragen kaum verstanden) wodurch mein Testergebnis etwas widersprüchlich war. Ich habe auch meine Eltern nicht den Fragebogen für Sie ausfüllen lassen und die Psychiaterin hat nicht mit meinen Eltern gesprochen. Ich habe dies damit begründet, dass meine Eltern dazu tendieren alles zu relativieren (das sei normal) inklusive der Phasen akuter Suizidalität wegen der ich als 13 Jähriger bereits in der Psychiatrie war. Das hat die Ärztin zwar nicht gefreut, aber Sie hat dann trotzdem eine Diagnose gestellt und mir Medikamente verschrieben. Ich habe mit dem neuen Blickwinkel den ich habe auch mal den ADXS-Test gemacht und lag dann über dem Schnitt für ADHS. Weiterer Hintergrund: Ihr Kollege hat bei mir Autismus und Dysthymie diagnostiziert, ich war seit langem in Psychotherapie und habe Antidepressiva bekommen, was halt auch vollständig wirkungslos war.
Aus meiner Erfahrung damit würde ich empfehlen dem Psychiater mitzuteilen, wenn es Kommunikationsschwierigkeiten gibt und nicht zu früh aufzugeben, wenn du eine Diagnostik anstrebst. Wenn du damit eröffnest, dass du vermehrt Schwierigkeiten in der Kommunikation hast, wünscht der Arzt vielleicht auch nicht, dass du einfach keine Rückfragen stellst wie bei mir :upside_down_face:

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Hallo,

nanu, warum das denn?

Wenn die Psychiaterin überzeugt ist, dass es ADHS ist, und sie Stimulanzien verordnet, dann wird sie das auch gegenüber der Krankenkasse vertreten.

Wenn sie sagt, sie wird keine Stimulanzien verordnen, wenn du nicht noch woanders hingehst, dann muss die Threaderöffnerin eben die Unannehmlichkeit auf sich nehmen.

Was mich eher alarmiert:

Wenn eine passende Therapie erfordert, eine längere Wartezeit und eine weite Fahrt auf sich zu nehmen, solltest du es tun! Den Stress und Aufwand hast du ein- oder zweimal, die richtige Medikation viele Jahre lang. Hinterher wirst du froh sein, ganz sicher!

Niemand wird im Übrigen gezwungen, seine Eltern einzubeziehen.

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Naja, wenn der entsprechende Facharzt überzeugt ist, dass es ADHS ist, wird er eine Diagnose stellen und dann ist die Anwendung ja auch Indikationskonform. Ansonsten muss es ja unter off-label Verwendung laufen und hierfür Betäubungsmittel zu verschreiben ist nunmal risikoreich. Vor allem muss man dann ja auch sonst irgendwie eine Diagnose dazu stellen und wenn man Depressionen diagnostiziert, würde man das ja für eine Erkrankung verschreiben, wo es nur Evidenz für die Unwirksamkeit der ADHS Medikationen gibt. Für mich macht es eher Sinn, sich in der Diagnose zu irren, menschliche Fehler passieren ja schon mal, anstatt eine unpassende (zur Diagnose) Medikation zu verschreiben und sich damit zu irren - hierzu gibt es nunmal Forschung.

Aus meiner Eigenen Erfahrung, wohlgemerkt nicht mit ADHS Medikation sondern anderen nicht indizierten Untersuchungen und Behandlungen, sagt die Krankenkasse dann: „Hierfür gibt es keine Indikation und deshalb ist es den gesetzlichen Krankenkassen verboten hierfür die Kosten zu übernehmen“. Man steht dann also dumm da als patient und der Arzt riskiert die Zulassung. Im Einzelfall passiert da wahrscheinlich nichts aber eben auch nicht bei der Zahlungswilligkeit der Krankenkassen. Schließlich haben diese (beziehungsweise die geneigte Konferenz, die Indikationen festlegt) eben das letzte Wort in dieser Entscheidung.

Weitere Informationen gibt es beispielsweise hier:

Dort wird erwähnt, dass eine begründete Aussicht auf Erfolg vorliegen muss, damit die Kosten von der GKV übernommen werden können. Dies ist ja ohne ADHS diagnose nicht gegeben - im Gegenteil kann eine andere psychische Erkrankung als relative Kontraindikation gesehen werden.
Für mein Verständnis kann das so nicht funktionieren, aber Bekannterweise haben derartige Entscheidungen nicht immer eine rationale Grundlage.

Auch solche Forschungsergebnisse sind wahrscheinlich nicht sehr vielversprechend:
„In adults, methylphenidate was prescribed for depression, and this practice was associated with serious adverse events of drug dependence, overdose and suicide attempts“
aus Methylphenidate off-label use and safety - PMC

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Man hat mir persönlich vorgeschlagen, dass man Methylphenidat mal „ausprobieren“ könne, weil sich mein Psychiater unsicher bei der Diagnose war. Dafür schreibt man dann einfach eine gesicherte ADHS-Diagnose auf und gut ist - der Psychiater darf diese ja stellen. Wenn es nicht gestimmt hat, dann streicht man das halt wieder.
Aber Kassenleistung ohne Diagnose gibt es nunmal nicht. Inwiefern die Krankenkasse das dann überprüft, ist mir aber nicht bekannt.