Zu deiner Frage bezüglich Honeymoon-Phase:
Ich bin mir nie sicher ob wir darunter alle das Gleiche verstehen. Ich nehme die Medikamente seit über einem Jahr und ich erlebe heute immer noch genau das gleiche Gefühl beim Anfluten morgens wie damals bei der ersten Einnahme, diese gute Laune, Entspannung, Leichtigkeit, Motivation, Fokus. Das hält aber nie mehr als 1-2 Stunden an, egal ob Ritalin, Medikinet, Concerta oder Elvanse.
Das was sich so toll anfühlt ist einfach der Dopaminspiegel der ständig ansteigt, bevor er dann auf dem Zielniveau bleibt. Steuererklärung ausfüllen - wow das macht Spass, mehr davon; Dopamin steigt weiter; Wäsche aufhängen - wer hat noch nicht, wer will nochmal?!; Dopamin steigt weiter; Müll raustragen? - ich stelle ihn einfach schonmal vor die Tür für später; Dopamin steigt nicht mehr; E-Mails beantworten - hmm nervig, muss aber sein; Dopamin bleibt stabil; Müll raustragen - keine Lust, aber dann ist es gemacht.
Bei mir hat es einige Zeit gedauert bis mir klar wurde, dass dieser Dopaminboost beim Anfluten kein dauerhafter Zustand sein kann. Dafür müsste das Dopamin ja dauernd steigen und steigen, bis man völlig überdosiert ist. Besonders das retardierte Methylphenidat hat mich da in die Irre geführt. Der Spiegel steigt und sinkt und steigt und sinkt. Ein Wechsel aus Anfluten mit Hochgefühl und Absacken mit Rebounds.
Mit Elvanse bekomme ich jeden Morgen zuverlässig für zwei Stunden diesen Tritt in den Allerwertesten. Und das Gefühl geniesse ich sehr, auch wenn es nur vorübergehend ist. Das was danach kommt ist sehr viel subtiler. Wenn ich einfach nur dasitze und zu fühlen versuche ob Elvanse noch da ist oder nicht, dann könnte ich es kaum sagen. Und trotzdem: ich kann nun sitzenbleiben und eine Aufgabe zu Ende machen, auch wenn ich keine Lust habe und es keinen Spass macht. Das konnte ich früher nicht. Dann habe ich nach einem Ausweg gesucht, einer magischen Lösung, die mich davon entbindet. Frustration und Selbstzweifel. Mir war immer klar bewusst, dass und warum ich etwas tun muss. Aber ich konnte nicht, und es war mir unbegreiflich wie andere dies einfach können. Und nun kann ich es auch, zumindest meistens. Es gibt auch mal schlechte Tage, an denen nichts läuft, aber so geht es doch allen. Das ist es was Elvanse für mich so wirksam macht!
Also lange Rede kurzer Sinn: Beobachte doch mal über längere Zeit was sich bei dir im Leben verändert bzw. verbessert mit dem Medikament, nicht nur in dem Augenblick vom Anfluten. Kannst du besser Dinge zu Ende erledigen? Gelingt es dir endlich mal über mehrere Monate deine Aufgaben für den Tag aufzuschreiben und abzuhaken anstatt es zwei Tage lang völlig übereifrig zu tun um dann gleich wieder damit aufzuhören?
Ich hoffe das war hilfreich, für dich oder sonst wen.
Für die ganz geduldigen Leserinnen und Leser unter euch noch ein Zusatz:
Ich denke ich weiss nun warum bei mir eine Unterdosierung von Elvanse mehr Nebenwirkungen hatte.
Bei mir hat sich die adrenerge Wirkung von Amphetamin zu stark auf mein sehr empfindliches Nervensystem ausgewirkt, selbst bei schwacher Dosierung von 20mg. Die Folgen waren ein zu hoher Puls, Gefühl von Unruhe und Beklemmungen. Die Wirkung im Kopf war aber kaum da. Somit war für mich die Unterdosierung nur unangenehm, ohne nennenswerte Vorteile. Bei 40mg habe ich die ideale Wirkung im Kopf und konnte mit der körperlichen Überreaktion einfach besser umgehen. Es war aber trotzdem sehr unangenehm und keine dauerhafte Lösung. Seit ich Elvanse mit einem Betablocker kombiniere (Propranolol) fühlt sich Elvanse noch sehr viel besser an. Einfach nur noch positive Wirkung und keine körperlichen Nebenwirkungen mehr. Das habe ich aber vorher ganz gründlich abklären lassen beim Kardiologen mit Langzeit-EKG, jeweils mit und ohne Stimulanzien. Propranolol deshalb, weil ich zudem an einem leichten Tremor leide, bedingt durch mein zu empfindliches Nervensystem.