Hat jemand hier dauerhaft nur 1 Medikament eingenommen über Jahre?

Ich nehme ja erst seit relativ kurzer Zeit Elvanse ein und frage mich, wie lange kann man das Medikament dauerhaft einnehmen?

Ich lese hier, dass einige viele verschiedene Medikamente einnehmen, bis sie ihr Mittel gefunden haben, das ist einleuchtend, man muss „seine Pille“ finden.

Aber wie lange kann das dann eingenommen werden ? Ihr seit alle jung, das könnten Jahrzehnte sein?!?

Kann eine ADHS mit Hilfe der Medikamente ganz verschwinden, auch nach dem Absetzen? Ich meine, ist man lebenslang abhängig von Medikamenten ?

ADHS bleibt für immer.
ADHS-Medis sind wie eine Brille - nach dem Absetzen ist die Wirkung wieder weg.

Man kann die Medis das ganze Leben lang nehmen. Auch das: wie eine Brille.

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Danke ,:pray: schluchz

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Ich mag meine neue Brille.

Ich war jahrzehntelang dusselig in der Birne und im Autopilot unterwegs. Die nächsten Jahrzehnte können also nur besser werden.

Dabei wird noch viel Erdnussbutter draufgehen :peanuts::chipmunk:

Magft n’ Löffel? Iff efft gut für die Feele *om nom :slight_smile:

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Nein. ADHS ist keine Grippe, sondern etwas bleibendes.

Das kann man so pauschal nicht beantworten. Zumal „abhängig“ auch recht negativ konnotiert klingt. Körperlich abhängig ist man nämlich nicht. :slightly_smiling_face: Aber möglicherweise auf diese Unterstützung angewiesen.

Manche entwickeln mit Hilfe der Medikation Strategien, die ihnen später auch ohne Medikament beim Kompensieren helfen. Es ist zudem abhängig von persönlichen sowie umweltbedingten Faktoren.
Es ist keine Schande, sein Leben lang ADHS-Medikamente einzunehmen, solange keine medizinischen Gründe dagegen sprechen. Die Analogie mit der Brille trifft es da ganz gut, finde ich.
Trotzdem ist das immer auch eine individuelle Entscheidung und abhängig von mehreren Faktoren.

Zu dem Medikamentenwechsel: Auch das wird zumindest teilweise individuell sein. Ich habe bisher nur Medikinet ausprobiert und da ich zufrieden bin, sehe ich zurzeit nicht die Notwendigkeit für einen Wechsel. Sollte sich das ändern, dann kann ich immer noch über einen Wechsel nachdenken. Ob das tatsächlich so klug ist oder mir somit eine noch bessere Wirkung entgeht, weiß ich natürlich nicht.

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Du hast Recht, ich muss lernen zu akzeptieren.
Ich sehe es immer als Versagen an, wenn ich es nicht alleine schaffe - und mit Medikamenten ist halt nicht alleine.

Aber die Metapher „Brille“ gefällt mir sehr gut . Brille wird akzeptiert - Pille noch nicht :wink:

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Genau das ist mein Problem, die Schande, dass ich es nicht alleine geschafft habe.
Warum denn jetzt noch den Kampf aufgeben, wo ich es doch über 60 Jahre lang geschafft habe :roll_eyes:

GESCHAFFT???
Ich habe schwere Essstörungen entwickelt , um den Druck auszuhalten, war selten zufrieden, immer unter Druck, vom euphorischen Hoch in den tiefen Tunnel.

In jungen Jahren sagte ich einmal unter Tränen zu meiner Therapeutin:" Ich möchte einmal in den Spiegel schauen und sagen - ich finde mich gut so wie ich bin, ich mag mich, vielleicht sogar „ich habe dich lieb“."

In den Spiegel kann ich schauen und was sehe ich immer :" Alles was ich anders haben/sein will."

Nichts geschafft, aber im Schönreden bin ich echt spitze :adxs_tuete:.

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Liebe Jutta,

du liest hier von Leuten, bei denen es problematisch ist. Die bei denen es gut klappt, melden sich nicht unbedingt in einem Selbsthilfeforum.

Ja, es kann jahrzehntelang eingenommen werden. Abhängig ist man dadurch nicht oder genauso wenig wie wenn man nie damit begonnen hätte.

Es nicht „alleine“ zu schaffen ist kein Versagen. Wer keine Beine hat, ist auch kein Versager, wenn er (oder sie) einen Rollstuhl benutzt. Und wir haben zwar keine Gehbehinderung, aber eben doch eine ernsthafte Störung.

Das braucht eine Weile, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Und es tut einerseits weh, wir wollen keine Störung haben, klar.

Es entlastet aber andererseits auch. Unser Leben lang wurde uns gesagt, wir sind faul und nicht diszipliniert genug und müssten uns doch nur genug anstrengen. Und wir selbst glauben das ja auch. Aber zu wissen, wir hatten immer viel schlechtere Voraussetzungen als alle Anderen, und es ist gar nicht unsere Schuld und unsere Nachlässigkeit, nimmt uns von der Anklagebank.

Die Medikamente stellen ein Stückweit die Voraussetzungen wieder her, die andere Leute ohnehin haben. Ebenso wie eine Brille.

Kampf aufgeben? Nein, den Kampf, es sich schwerer zu machen als nötig, müssen wir nicht führen.

Zur Frage des Threadtitels: Ja, ich nehme dauerhaft täglich ein Medikament bzw. einen Wirkstoff, nämlich Methylphenidat, seit Ende 2003, und habe nicht vor in absehbarer Zeit damit aufzuhören, weil die Lebensqualität mit viel besser ist als ohne, nach wie vor.

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Du hast Recht, ich werde mich auch daran gewöhnen, ich will mich daran gewöhnen, weil es mir immer klarer wird das es so ist.

Jawoll, genau meine Geisel, die mich ewig verfolgte und die sich als Tatsache in mein Hirn eingegraben hat.

Da muss ich echt schaufeln, um diese Ohrfeige wieder auszugraben, in die Ecke zu stellen und sie weich zu betten, damit ich sie besser leiden kann :wink:

Du siehst dabei nur deinen Part und blendest die Umwelt aus. Wenn du in einer Welt lebst, in der die Ansprüche auf Menschen ohne ADHS und deren Bedürfnisse und Wahrnehmung ausgelegt sind, ist es nicht verwunderlich, dass du in dieses Korsett nicht reinpasst. Es gibt unterschiedliche Perspektiven, wie man ADHS für sich selbst definieren kann. Vielen hilft ein medizinischer Ansatz, um annehmen zu können, dass ADHS eine medizinisch anerkannte Störung ist und somit Schwierigkeiten auftreten, für die die betroffene Person nichts oder zumindest nur bedingt etwas kann. Bei Diabetes oder anderen körperlichen Erkrankungen versage ich ja auch nicht, weil ich die Auswirkungen der chronischen Krankheit nicht oder nur sehr begrenzt ohne Medikamente beeinflussen kann.

Mir persönlich hat es tatsächlich sehr geholfen, ADHS auch aus einer neurodiversen Perspektive zu betrachten, sprich es als andere Persönlichkeitsstruktur und Wahrnehmungsart zu verstehen. Den Fokus weniger auf mich, meine eigenen (sehr hohen Ansprüche) zu legen, sondern auch mal meine Umwelt gedanklich zur Verantwortung zu ziehen, die mir vielleicht manchmal unnötige Barrieren aufbaut. Und um dem Anspruch an Funktionalität gerecht zu werden, benötige ich in unserer Gesellschaft Medikamente. Nicht ich als Individuum versage. Es ist ein Wechselspiel aus Individuum und Umwelt, das zu Problemen führen kann.

Beides ist in Ordnung und hat seine Richtigkeit. Wichtig ist, was DIR bei der Akzeptanz hilft. Oft kann auch ein Perspektivwechsel hilfreich sein: Was würdest du über eine dir nahe stehende Person denken, die an deiner Stelle steht? Würdest du sie als Versagerin oder zu schwach einordnen, wenn sie Medikamente einnimmt, die ihr helfen?

Dass du so lange kompensieren konntest, ist eine wahnsinnige Leistung. Ich glaube, dir ist das überhaupt nicht bewusst.
Hier im Forum (ich weiß leider nicht mehr, wer) hat mal jemand eine tolle Metapher angeführt: Wenn ein „gesunder“, sprich neurotypischer Mensch (A) und eine ADHS-Person (B) wandern gehen, dann hat A einen kleinen Rucksack mit seiner Brotdose, einem Getränk und vielleicht noch einem Schokoriegel dabei. B hingegen trägt einen riesigen Wanderrucksack mit seiner Steinsammlung. Er hat also viel mehr Gepäck als A. Beide gehen los und um mit A Schritt zu halten, muss B sich ganz schön anstrengen aufgrund des zusätzlichen Gewichts auf seinem Rücken. Irgendwann fällt B immer weiter zurück, woraufhin A, der mit leichtem Gepäck wandert und kaum außer Atem ist, ihn anspornt und erwartet, dass B zu ihm aufschließt. Das geht vielleicht eine Weile gut. Aber irgendwann ist die Puste aus.

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Es wurde gerad schon eine ähnliche Sicht beschrieben, wollte aber gern noch meine Wahrnehmung mit dir teilen.

Ich habe das ganz anders wahrgenommen, als ich die Wirkung gespürt habe und es plötzlich so ruhig in meinem Kopf war, dachte ich mir „Wow, so fühlt sich die Mehrheit der Menschen? Durchgehend? Von allein?“. Mit der Zeit sind mir meine Bewältigungsstrategien dann bewusster geworden. Ich finde es eher krass, dass man kämpft und es garnicht weiß und die Mehrzahl der Menschen es eben nicht muss und die Welt auch noch für die passend aufgebaut wurde. Wieso sollte ich also kämpfen müssen, wenn es ein Medikament gibt, das zumindest bedingt hilft.

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Diese Reminder und Refresher hier habe ich gerade sowas von gebraucht.

Das erdet mich bei der aktuellen Krise wieder und rückt das Bewusstsein nochmal zurecht.

Dankeee :heart:

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Du meinst vermutlich eine Geißel?

Niemals - bei anderen bin ich immer sehr verständnisvoll und auch objektiv, nur bei mir geht das nicht so richtig.

Das erinnert mich an eine Geschichte, die ich immer benannt habe, wenn es mal wieder schief ging:

Jeder Mensch bekommt vom Herrgott ein Paket von Problemen und Schwierigkeiten, die nur dieser Mensch alleine lösen kann.
Je mehr er diesem Menschen zutraut und je mehr er ihn liebt, desto größer ist das Paket.
Sehe es als einen Akt der Wertschätzung.

Meine Antwort darauf - muss der Kerl ausgerechnet in mich so verknallt sein, dass er mir gleich einen ganzen Güterzug schickt? :joy:

Ich danke euch allen für eure Hilfe mich mit anderen Augen sehen zu dürfen.

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Ja klar - Schreibfehler

Ich nehme die Medikation jetzt seid 6 Jahren , mach immer mal wieder einen Auslassversuch , der jedesmal mit der Erkenntnis endet , dass ich dankbar bin, dass es diese Medikamente gibt.
Manchmal habe ich gar Sorge , dass ich die Medikamente nicht mehr vertrage oder das eine neue Verordnung herauskommt und mir plötzlich die Medikation nicht mehr zusteht.

Trotzdem werde ich immer mal wieder Auslassversuche machen mit der Hoffnung das es ohne geht.

Das beruhigende an der Medikation ist ja , dass man ja jederzeit aufhören könnte , wenn man meint es geht jetzt ohne .

Die Medikation bietet einen sehr hohen Nutzwert mit gleichzeitiger Freiheit, weil es kein Spiegelmedikament ist (abgesehen von Amotoxin) und auch nicht abhängig macht.
Darüber stehen mir jederzeit drei Wege offen, falls sich was bei mir ändert .

  1. Dauermedikation
  2. Bedarfsmedikation
  3. keine Medikation

Es gab zwei Situationen in meinem Leben wo ich in einer sehr entspannten Situation ohne Anforderung an mich selbst und von anderen war.
Eine Situation wo man aus der Situation heraus von sich nicht erwarten muss , dass man da irgendwie was selber hinzubekommen hat und dieses an Unfähigkeit liegt.

  1. ganz entspannt ohne Medikation in der Sauna. Draußen auf der Wiese überreizten mich plötzlich das Geplätscher vom Wasserlauf ins Becken, das Gemurmel und die Geräusche der Mitmenschen.
    Ich wurde immer unentspannter und hatte zum Glück noch was unretardiertes in der Tasche. Schon nach 20min machte es plopp im Kopf und der Reizfilter beruhigt. der Tag in der Sauna gerettet.

  2. Wanderung ohne Medikation glücklich und entspannt allein in der Natur. Des Weges unsicher immer mehr abwägen von mir, wie ich weiterwandre und immer mehr Möglichkeiten füllten meinen Kopf. Zur gleichen Zeit wurde das Geplätscher vom Bach, das Vogelgezwitscher, das Flugzeug und die Holzarbeiten in der Ferne zu einer Reizüberflutung. Zugleich noch alte Schneefelder wo ich mich des Trittes der Gefahr wegen konzentrieren musste und zugleich nerviges auf dem Schneelaufgeräusch.

Zum Glück mal wieder noch in meiner Hosentasche eine vergessene unret. Tablette. Dies hatte ich dann eingenommen und mich des Wegesrand gesetzt und Pause gemacht.

Plötzlich flachte die Geräuschkulisse ab und ich konnte wieder vernünftige Gedanken fassen welchen Weg ich nun wie wähle und konnte den Rest der Wanderung genießen.

Genau diese beiden Situationen machten mir deutlich, dass ADHS in meinem Gehirn nunmal besteht und es nicht im Zusammenhang mit meinem Unvermögen irgendwelcher Anforderung oder Auslöser eines normalen Alltags besteht. Nun ja und das eben die Medikation auch allein in tiefster Natur wo keiner davon ausgeht dass es dort notwendig ist doch hilfreich sein kann.

ADHS ist ADHS und hat nicht nur zu tun mit Alltagsstress , da es nunmal rund um die Uhr , egal wie und was, und wo man grade ist besteht.

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Nelumba_Nucifera
ich danke dir sehr.

Auch das du es immer mal wieder OHNE versuchst, auch nach all den Jahren.
Du hast Recht, ich sollte dankbar sein, anstatt mich dagegen zu wehren und es als Zeitknast zu empfinden.

ADHS ist der Knast und das Medikament der Schlüssel daraus.
Das Bild gefällt mir gerade richtig gut

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Es gibt auch Situationen wo ich ganz bewusst darauf verzichte und mein ADHS Chaos mit in Kauf nehme und meinem ADHS freien Lauf lasse.
trotzdem habe ich im Hintergrund im Kopf wie dankbar ich bin das es die Medikation gibt weil ich ebenso endlich überhaupt eine Möglichkeit habe die Situation mit mehr Steuerungsfägihkeit erleben zu können .

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Moin @Jutta-F

Wenn man das Wort „abhängig“ so definiert, dass man etwas benötigt um zu funktionieren (und nicht in einem Suchtstoff Kontext verwendet), dann ja, dann bin ich von diesen Medikamenten abhängig.

Denn ohne bin ich nicht in der Lage, mich ansatzweise zu konzentrieren oder zu fokussieren…

Ähnlich wie ein Diabetiker auf sein Insulin angewiesen ist (ähnlich, nicht exakt!), braucht ein ADHSler seine Medikamente, um zumindest ein teilweise geregeltes leben führen zu können.

Btw…

Nehme jetzt seit über 16 Monaten Elvanse.
Und ich bin dankbar dafür, dass meine Psychiaterin von diesen (in meinen Augen sinnfreien) Auslassversuchen Abstand nimmt.

ADHS bleibt ein Leben lang.

Und weißt du was?
Es ist gut so wie es ist.

Dafür haben wir eine geheime Superkraft, die andere nicht haben :wink:

Superkraft - genial