Ganz zu schweigen davon, welchen unkritisch hohen Stellenwert Titel in Deutschland hatten bzw. nach wie vor haben… sei es der Prof., der Dr., Prof. Dr. usw… und es soll in Deutschland auch Stand 2021 noch Leute geben, die tatsächlich Wert darauf legen, mit Dr. oder Prof. angesprochen zu werden…
…die Professoren und Doktoren in der Psychiatrie hatten seit Anbeginn der modernen Geschichte der Psychiatrie jeden Tag einen Anteil von Minimum 30% bis um die 50% Patienten mit verkapptem ADHS vor Augen und haben es nie gesehen <URL url="59% Häufigkeit von ADHS in der stationären Psychiatrie laut Studie text=„viewtopic.php?f=7&t=124“>59% Häufigkeit von ADHS in der stationären Psychiatrie laut Studie … erst jetzt, nach dem die schwerfällige Wissenschaft es langsam aber sicher schwarz auf weiß liefert, dämmert es auch diesen arroganten Psychiatern mit ihrem Titel- und Standesdünkel… an der Stelle hervor heben möchte ich übrigens noch mal einen gewissen Martin, seines Zeichens Psychiater, Dr. und Oberarzt in Würzburg, der mir 2014 im Beisein von 2 anderen Studenten gesagt hat, dass er sich an der Stelle outen wolle als ADHS-Gegner… abseits davon, dass dieser Martin als Mensch auf mich unglaublich abstoßend wirkte, bin ich dafür, diesen Martin in dieser Sache damit zu konfrontieren und zu stellen…
…der Autoritäts-Fetischismus in Deutschland, alles muss erst mal 100% sicher sein, bevor man handelt, diese Schwerfälligkeit ist eine der großen kulturellen Schwächen in Deutschland…
Inwiefern hat das Bezweifeln dieser Hypothese etwas mit Obrigkeitshörigkeit zu tun?
Es gibt schon einen Unterschied zwischen Vermutungen aufgrund subjektiver Beobachtung bzw. irgendwas irgenwoher zusammengekramter Theorien und methodengeleiteter, empirischer Forschung. Hartman selbst spricht seinem Modell keinen wissenschaftlichen Wert zu.
„Wahrheit“ kann man von keinem von beiden erwarten, dazu ist das Phänomen zu komplex.
Solche Ideen können Forschungsansätze sein, mehr aber nicht.
Soweit mir bekannt, wird die Hypothese auch durchaus beforscht. Bis da was von Gehalt rauskommt ist sie für mich uninteressant bis hinderlich. In diesem Stadium ist sie lediglich eine geistige Krücke für Zivilisationsverdrossene mit Hang zur Naturromantik. Oder eine durchaus sinnvolle Anregung für Abenteuerpädagogen.
… was ihm nichts bringt, weil vorher schon der Bus … usw.
So funktioniert die „Natur“ nicht. Und so funktioniert auch Mensch in Natur nicht. Anhand Deiner Beschreibung habe ich eher den Eindruck, dass Du ein sehr einseitiges Bild von ADHS hast.
Für mich kommt diese Hypothese auch aus dem Grund in den Bereich einer Theorie, da sie lediglich auf einen „Typus“ ADHS bezieht. Und ich meinen nicht den Subtyp, sondern die Ausprägung der Hyperaktivität. Haben wir aber alles in diesem Thread schon diskutiert.
Bestreite ich nicht, ist aber für mich nicht relevant. Und ob das für ADHS so relevant ist, wage ich zu bezweifeln.
Ich habe mich mit der Hypothese beschäftigt, bin aber die Diskussion darüber ebenso leid wie das Herauskramen alter Threads und das Rumdiskutieren, ohne die darin bereits vonstatten gegangene Diskussion überhaupt gelesen zu haben. Auch habe ich keine Lust auf Diskussionen mit Leuten, die auf meine Argumente nicht einmal eingehen und mir stattdessen mit Unterstellungen kommen, ein bisschen Zivilisations- und Wissenschaftsbashing betreiben ohne selbst was von Gehalt auf der Pfanne zu haben.
Was wäre da jetzt auch anderes zu erwarten gewesen…
Es ist relevant, es zu bezweifeln ist Dein Recht. Ändert dennoch nichts, daß wir alle dadurch immernoch geprägt sind. Bei ADXS warscheinlich eben nur noch intensiver.
Ich habe den Thread gelesen.
Wo liest Du Zivilisations- oder Wissenschaftsbashing?
Du gehst auf Argumente ja selbst nicht ein, sondern blockst von vornherein ab.
Wäre es so schlimm, wenn diese Hypothese, oder die evolutionäre Spaltungstheorie stimmen würde?
Es gibt doch auch heute noch, zwar wenige, aber trotz allem, Jäger/Sammler Kulturen oder Völker. Die parallel existieren zu unserer Norm.
Wenn Du selbst mal beobachtest, das geht auch durch Dokumentationen, wie diese handeln, agieren, oder in welcher Art sie „denken“, das ist schon ziemlich ADXS vergleichbar.
Wo siehst Du da „Naturromantik“? Ich betrachte das Thema rein objektiv.
Das ADXS Gehirn läuft in oder auf einem anderen Modus, klingt das für Dich stimmiger?
Warum das bei uns nun so ist, wie es ist, ist damit selbstverständlich noch nicht geklärt. Zumindest nicht wirklich.
Es gibt soviele Theorien, Thesen, Mutmaßungen usw. aber eben nichts genaues.
Wie ich bereits in BEIDEN vorherigen Posts geschrieben habe handelt es sich nicht um meine Theorie oder mein „einseitiges Bild“ von ADHS, sondern ich gebe Hartmanns Theorie wieder. Nicht meine Theorie. Sonst hieße der Thread ja auch „Worgls Theorie“ oder so.
Ich nehme an, dass du dir darüber bewusst bist, wie jung Busse historisch sind? Deshalb spielen sie in der besagten Theorie eine eher untergeordnete Rolle . Btw: Das ist nicht meine Theorie.
Kannst du die Behauptung, dass die „Natur“ so nicht funktioniert (was ist „so“ ?) weiter ausführen?
Woher beziehst du die Erkenntnis, dass damit ausschließlich Hyperaktivität gemeint sein könnte? Und was hat das Busbeispiel konkret mit Hyperaktivität zu tun?
Und Hartmann schlägt auch nicht vor, dass wir alle im Wald leben und jagen sollen.
Zuletzt ein Nebendetail:
Der Begriff Theorie bezeichnet übrigens eine Sammlung von Hypothesen die nicht widerlegt werden können und wiegt also stärker als eine Hypothese.
Meine Einstellung zur Hunter-Farmer-Theorie ist folgende:
Es ist ein interessanter Gedanke, dass ADHS ein Überbleibsel aus Zeiten sein könnte, als das Leben der Menschen völlig andere Anforderungen an den einzelnen hatte als heute. Möglicherweise hilft diese Theorie auch dem einen oder anderen, sich selbst besser zu verstehen und seine Bedürfnisse besser zu erkennen und ihnen Rechnung zu tragen. Darum geht es mMn für uns Nicht-Wissenschaftler im Zusammenhang mit Erkenntnissen zum Thema.
Ich verstehe aber auch, wenn Wissenschaftler wie z.B. Barkley diese Theorie ebenso ablehnen wie alles andere, was versucht, dem Phänomen ADHS etwas Positives abzugewinnen. Sie sehen es ausschließlich als Störung bzw. Krankheit, und das hat auch für uns etwas Positives, denn nur dadurch bekommen wir Zugang zu Therapie und Medikation bzw. Die Übernahme durch die Krankenkassen. Das wäre nicht so, wenn es es einfach hieße, das sei eben eine Persönlichkeitsvariante, sie aus der Zeit gefallen sei, so nach dem Motto: Pech gehabt!
können wir ja vermutlich in den nächsten Jahren ohnehin noch mit verbesserter Binnen-Differenzierung der Theorie rechnen, oder?
Ganz krude Idee, ich weiß: noch ein Stück Gender-Kohle ins Feuer zu schmeißen. Aber damals wie heute ist der Schlüssel vielleicht mehr Mut zur Diversität in nur scheinbar binären Lagern?
Richtig gekniffen waren vermutlich damals die hyperaktiven Schwestern vom Typ Jägerin, die aber wg. Brutpflege-Aufgaben trotzdem Beeren sammeln und trotz Reizüberflutung den ganzen Tag in der Höhle ausharren, Geschnatter ertragen und bügeln mussten. Und bekanntlich brauchen die ja tatsächlich erst seit 1977 keine Erlaubnis mehr von Fred und Barnie, um auch außerhalb der Höhle arbeiten zu dürfen (parallel zur fortbestehenden Arbeit drinnen). Ein Wimpernschlag der Menschheitsgeschichte…
Wie evtl. Anna auch kenne ich den Erklärungsansatz auch zu anderen physiologischen Besonderheiten, sogar von recht empathischen Ärzten vorgetragen: Vor ca. 300 Jahren wären Sie mit diesem Körperbau aber mal sowas von ganz vorn dabei gewesen… Viiiel besseres Überstehen von Hungersnöten zB durch dieses Supertalent zur „Energiespeicherung“… und diese deutlich leichtere Versorgung des Fötus und die Gebärfähigkeit hätten sich bei 9 Kindern als echter Überlebensvorteil ausgezahlt, bis in die Stillzeit hinein… und u.a. deshalb auch bei der Partnerwahl: total begünstigt. Also: damals…
Das befreit die ersten 2, 3 Tage auch tatsächlich etwas von Stigma, fand ich. Irgendwann war diese Veranlagung also mal sinnvoll, und man ist nicht einfach Treppenwitz in Person. Aber wenn heute keine Hungersnot mehr auf dem Programm steht und in der Regel keine 9 Kinder?
Von einem pragmatischen und lebenspraktischen Ansatz fühlt es sich schnell mal zynisch an, in der Ausstattung nicht ganz up to date zu sein und das trotzdem romantisch finden zu sollen. (Und noch mehr vermutlich, wenn die Theorie ohnehin nicht auf eine/n zu passen scheint.)
Und sowieso, was Romantik angeht, ja, so Filme wie „The Missing“ von Ron Howard über die Spätphase „der“ Apachen mit ganzheitlicher Verwahrlosung und massenhaft wegsterben… oder natürlich generell die „romantische“ Vorstellung, da sitzen sie am Lagerfeuer in der Abenddämmerung, im Sonnenuntergang die Silhouetten der Kakteen oder am Amazonas die Moskitos des Dschungels oder auch die Reiter reiten in den Abendhimmel durch die Steppe der Mongolei… das sind alles aus Sicht der 1st World in der Tat romantische Szenerien (melancholische Endzeitstimmung wie in „The Missing“ über verwahrloste marodierende Apachen ist auch eine Form von Romantik und gehört sehr wohl dazu) von back to the roots, Freiheit, Natur eben, aber… ich wöllte niemals die vielen Möglichkeiten, Optionen, Chancen und erneuten Chancen, die das entwickelte Deutschland des 21. Jahrhunderts bieten, tauschen gegen die Mongolei 1200, Arizona 1830, die Kalahari im 19. Jahrhundert oder den Amazonas bis 1950…
Das alles hat aber mit der Arbeitsweise des Gehirns, worum es im Prinzip bei der Theorie ja geht, nichts zu tun, und ist eben, wie geschrieben, ziemlich hollywoodlike.
Es soll ja nicht um ein Beschönigen gehen.
Als Störung wird ADXS ja auch erst betrachtet, wenn der Betroffene es selbst als Störung (Einschränkung) empfindet, was er dabei durchlebt bzw. erfährt.
Therapie und Medikamente werden ja auch „nur“ gemacht oder genommen, um eben in der Gesellschaft, und der Welt klarzukommen.
In Italien bspw. wird ADXS gar nicht behandelt bzw. Kosten von den KK getragen.
Im Endeffekt haben wir als ADXSler „Pech gehabt“, ob es nun Persönlichkeitsvariante ist, oder eben anderes Genprogramm was aktiv ist, oder was auch immer.
Trotz allem kann man dem auch etwas positives abgewinnen, denn ADHS bietet nunmal auch gewisse Möglichkeiten, die man konstruktiv nutzen kann.
Eine gute ADHS-Therapie dient mMn nicht in erster Linie dazu, gesellschaftliche Anforderungen besser erfüllen zu können, sondern dazu, dass man trotz seiner ADHS mehr Lebensqualität erlangt.
Dasselbe gibt für Medikamente: Damit soll es einem einfach besser gehen, ganz unabhängig von der Gesellschaft.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass z.B. mehr innere Ruhe, klarer denken und wahrnehmen zu können sowie mehr Motivation für lästige Alltagsdinge zu haben Dinge sind, die für mich ganz unabhängig von der Gesellschaft einen Wert an sich darstellen.
Ich schrieb ja auch nichts wegen gesellschaftlichen Anforderungen erfüllen.
Deine Argumentation läuft aufs Selbe hinaus, nur nennst Du es mehr Lebensqualität erlangen.
Also, um (auch gesellschaftlich, denn unser Leben ist ja ein Teil davon) klarzukommen.
Insofern bewegt man sich auch hier, wie schon im anderen Thread erwähnt, zwischen Akzeptanz und Anpassung, „mit sich selbst besser klarkommen“ und „mit der Welt/der Gesellschaft besser klarkommen“.
Entschiede man sich nur für das eine oder andere, hieße das, entweder zum totalen Egomanen zu werden oder sich zugunsten gesellschaftlicher Anforderungen völlig aufzugeben und bis zum Burnout auszulaugen.
Letzteres haben etliche von uns ja schon hinter sich.
Bin gerade - ganz ironiefrei - schockverliebt in diese Formulierung… Ich stelle mir gerade die viel bessere Dynamik vor, evtl. irritiertem, zu kurz angemeldeten Besuch statt dem üblichen und langweiligen „Sorry, ich komme gerade nicht so richtig zum Aufräumen“ ganz sachlich und aufrecht entgegenzuhalten: „Ich bin da eben weiter [oder: habe in der Evolution eben eine andere Abzweigung genommen?]. Ich habe mich entschieden, auf Haushaltsführung fast komplett zu verzichten.“
Off topic? (Dann bitte um Verzeihung, ich habe mich entschieden, auf Topic-Fortführung bisweilen zu verzichten…) Nein, eigentlich auch wieder gar nicht, oder? Weniger Selbststigmatisierung. Und: Warum soll eine Höhle aufräumen, wer mit dem Herzen ohnehin draußen ist, bei der nächsten Jagd. Nach Sushi zB. (Auch viel besseres Fingerfood als Thunfisch-Dosen, findet OTS-Fangirl No. 1 ).
Welches Argument meinst Du?
Habe eben leider kein schlüssiges gesehen…
Gerne.
„Die Natur“ optimiert sich. Organismen in der Natur entsprechend - oder sie verschwinden.
Die Natur „vergeudet“ selten etwas und ADHS hat derart viele evolutionäre Nachteile, dass sich das Überdauern einer eventuellen (wo von ich schon ausehe) genetischen Anlage ausschließlich im im Zusammenhang mit stark fortpflanzungsfördernden Vorteilen, wie Charme, Originalität, frühzeitigem und heftigem Fortpflanzungsdrang - oder auch dem Hang zur Gewalt erklären lässt.
Die „Theorie“ geht aber von einem Genotyp aus, das ist ja mehr als nur ein Gen, das sich so ab und an durchmendelt.
Beim Menschen hat sich schon vor sehr sehr langer Zeit eine gemeinschaftliche Lebensform - z.B. gemeinschaftliches Jagen - als effektiv durchgesetzt.
Das setzt aber voraus, dass man auch gemeinschaftlich handeln kann. Systematisch. Hocheffektiv.
Setzt voraus: dass man sich auf einander verlassen kann. Das heißt, man handelt immer ähnlich - und damit für den anderen „lesbar“. Nicht irrational.
Eines der Hauptprobleme, von denen ich hier immer lese, ist die Unfähigkeit, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren, die anderen „lesen“ zu können. Andere, auch die mit ADHS, überhaupt dauerhaft ertragen zu können. Die Fähigkeit zur Gemeinschaftsleistung ist aber diejenige, die für Jagen und Sammeln entscheidend ist.
Dann die Schwierigkeit, Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden zu können.
Du rennst hyperfokussierend dem Hasen hinterher und wirst vom Wolf gefressen.
Du sollst den Hasen fangen, beobachtest aber dann doch lieber fasziniert die kopulierenden Hirsche…
Und dann sitzt Du im Winterlager - oder in irgendeiner Höhle… also wenn da ein-zwei mit ADHS dabei sind, ok. Aber der ganze Stamm, alle mit ADHS als „Kernmerkmal“, alle in einer Höhle?
Probleme mit Impulskontrolle - außer in ganz bestimmten, eher seltenen hyperfokussierten Momenten, wobei hier auch das Interesse am Objekt im Fokus vorhanden sein muss. Wer sagt denn, dass Menschen mit ADHS immer hochgradig interessiert am Jagen sind? Wenn ja, dann sind ihre Nachkommen heute noch erfolgreich.
Das IST doch der Nachteil: dass „wir“ nur dann gut und fokussiert sein können, wenn und solange uns was interessiert… Och komm, Muddi, die Molche im Teich sind sooo interessant, sicher ist noch ein Rest des Eichhörnchens von gestern zum Aufwärmen da… hups, oh, ein Reh! Zwei Stunden auf der Lauer liegen - am Stück???
Nein ist es nicht. S.o. Es ist höchstens vergleichbar mit einer idealisierten, einseitigen und by the way recht männlichen Sicht auf eine bestimmte Ausprägung ADHS.
Ok, ich gebe Dir eine Chance:
Erkläre mir die Funktion / den evolutionären Vorteil eines durchgehend eskalierenden, schwer beeinträchtigenden prämenstruellen Syndroms. Und dann zeige mir Dokumentationen, wo dieses bei den von Dir genannten Völkern beschrieben ist. Und das wäre es sicherlich, das wäre nämlich deutlich auffällig.
Für Deine These spricht höchstens, dass sie ihre Kinder am Leib tragen und daher nicht verlieren können…
Oder…
Wie integrieren sich Menschen, die sich schlecht unterordnen können, in einen (meist kleinen) „Stamm“, der stark hierarchisch aufgebaut ist?
Wie integriere ich mich in eine kleine Gemeinschaft, auf die ich unabdingbar angewiesen bin - mit DER Disposition?
Ein Mensch ist ein komplexes Gebilde. Dass es da unter bestimmten Bedingungen immer wiederkehrende Abweichungen gibt - mit immer ähnlichen Folgen - ist nachvollziehbar.
Dass „die Natur“ diesen Defekt doch irgendwie für schützenswert hält und die kompensatorischen Folgen daher teilweise - also im Idealfall - recht charmant und nützlich sein können, ist lustig und spricht aus meiner Sicht dafür, dass dieser „Defekt“, dieses krumme-Gurken-Gen, so es das denn gibt, auch eine Funktion in einer Gesellschaft hat. Davon bin ich übrigens (ganz unwissenschaftlich und subjektiv) absolut überzeugt. Nur - ausschließlich(!) als Teil einer nicht-ADHS-Gemeinschaft.
Und dort - so wie heute - als Pain-in-the-Ass, als Antreiber, als „Geist, der stets verneint…“, der „reizt und wirkt und will was Neues schaffen“ (ja, wozu der gute olle Faust alles herhalten muss…).
Ich fände es übrigens hochdramatisch, könnte man ein ADHS-Gen „isolieren“ oder eine spezifische Kombination - und damit Menschen dieses Typs „verhindern“.
Kennst Du jemanden mit ADHS in einer eindeutigen Ausprägung der oder die das nicht als Einschränkung empfindet? Wenn das der Fall ist, dann hieße das, dass die eigenen Interessen, Ansprüche, Vorlieben mit den Vorteilen von ADHS zusammenfallen. Und selbst dann ist es doch belastend. Es sei denn, man hat eine narzisstische Auslenkung, sprich: dann sind ohnehin nur die anderen doof und bemerken nicht, wie toll man ist… aber so recht glücklich macht das auch nicht.
Was mich auch an dieser Theorie (die ich im Sinne von Hartman ganz spannend finde, wenn auch nicht sonderlich haltbar) stört, ist ihre Rezeption. Da schwingt immer so ein Bedauern mit, dass man nicht mehr in einer derartigen Gesellschaft lebt. Auch das Idealisieren dieser oder ähnlicher Gesellschaften. Die „Sammler“ werden da ja gerne unterschlagen, die Jäger sind die, die sexy sind und mit denen man sich dann ganz gerne assoziiert. So vong Selbstwert und so.
Ich bin froh, hier jetzt und heute zu leben.
Als Frau mit ADHS gleich dreimal, fünfmal, zehnmal.
Meine Überlebenswahrscheinlichkeit wäre zu allen Zeiten deutlich geringer gewesen, ebenso die meiner Kinder.
Die Möglichkeit, wie heute, mich doch relativ frei entlang meiner Eigenschaften und Neigungen entfalten zu können, war zu keiner Zeit vorher gegeben.
Vor 50 Jahren wäre ich als junge Frau in einem Heim für gefallen Mädchen gelandet. Mein uneheliches Kind wäre vielleicht auch irgendwo verscharrt worden.
Vor 100 Jahren - naja, brauch ich nur die Bio meiner Oma ansehen.
Vor 150 Jahren, vielleicht, mit Glück, in einer bürgerlichen Familie: ich nehme an - Zwangssterilisation wegen Hysterie oder so. Gerne auch exessive Elektroschocks.
Vor … 300 Jahren, ein schnittiger Exorzismus nach dem anderen.
Vor 500-600 Jahren - Scheiterhaufen.
Vorausgesetzt, man hätte mich als Schreikind nicht nach der Geburt schon entsorgt.
Hm, natürlich sieht man sich mit Adhs als Aussenseiter, weil man es in der Regel ja auch meist ist.
Wenn man grosse Denker, Künstler, Wissenschaftler, Politiker und so weiter aber mal genau unter die Lupe nimmt, so waren das zum grössten Teil meist Menschen die auf die eine oder andere Art, sei es im positiven als auch im negativen Sinne, zu irgendwelchen Veränderungen, neuen Errungenschaften, neuen Denkweisen, Modeströmungen und so weiter geführt haben.
Diese Prozesse wurden meist von Menschen herbei geführt, die auf irgendeine Art und Weise aus dem „Rahmen“ fielen, also keineswegs „angepasst“ oder „integriert“ , dadurch wohl alles andere als „normal“ waren.
Wären alle Menschen nur durchschnittlich „normal“ würde die Weiterentwicklung stagnieren, gebe es keinen Wandel.
Also scheint es für den Fortbestand der Menschheit wichtig zu sein, das eben auch die „Aussenseiter“ ihren Sinn machen.
Wenn ich das so lese wundere ich mich wie ADXS bis heute überleben konnte. Düsteres Bild…
:ai
In der Antike galten Schreikinder übrigens als gesund, hab ich mal gelesen :stirnkuss
Diese Ansicht teile ich.
Ich denke auch, für die Form der Gesellschaft bzw. des Zusammenlebens in unserer jetzigen Zeit, braucht es beide „Typen“, wenn Entwicklung stattfinden und weitergehen soll.
Gedankenexperiment:
Was wäre, wenn durch irgendwelche Umstände, plötzlich (meinetwegen in einer Zeitspanne von 100Jahren) wieder eher die ADXS Merkmale/ Denkweise usw. benötigt würden, also ein Kippunkt passiert.
Dann wären die „Normativen“ in der Breduillie, d.h. es wäre genau umgekehrt dimetral zur jetzigen Situation.
In der Tat ein interresantes Gedankenspiel @neoneo , ich denke wären alle Menschen der Typ „Aussenseiter“, wäre der Wunsch kein Typ „Aussenseiter“ zu sein genauso da, weil ja dann das „Aussenseitertum“ normal wäre, wir das Aussenseitertum gar nicht als solches „wahrnehmen“ würden, es wäre eben dann das „normale“ Normal.
Kurz gesagt, der Wunsch sich abzugrenzen, „anders“ zu sein, würde auch dann nicht verschwinden.
Natürlich gibt es auch dann noch den Unterschied, bin ich ein „Aussenseiter“ weil ich es sein „will“, also ein „Rebel“ sein will, weil ich das irgendwie cool finde, oder mich dadurch „besonders“ fühle.
Oder weil ich es Quasi von „Natur aus“ bin, wie wir Adhsler oder auch Aspis " es unwillentlich" sind, uns das also nicht „ausgesucht“ haben, sondern eben so geboren wurden, keine „willentliche“ Andersartigkeit dahinter steckt.
So oder so, gab es immer Aussenseiter, wird es sie immer geben, „braucht“ es diese sogar für den Fortbestand einer Art, zumindest scheint mir bei genauer Betrachtung durchaus etwas „dran zu sein“?.
Gibt es das Aussenseitertum eigentlich auch in der Tierwelt?, ist das sogar in der Evolution praktisch so vorgesehen?, das würde mich auch sehr interressieren.