prima, verstanden und 100 % d‘accord.
Hyperfocus unterliegt keiner willentlichen Steuerung. Wenn genug Interesse da ist, klappt’s auch mit dem Hyperfokus, aber nur dann. Und Interesse lässt sich nicht willentlich steuern.
Habe den Thread gerade erst entdeckt, und hätte die Frage, was spricht denn konkret gegen die hunter-farmer theorie?
Die These wird ja nun von einigen, oder den meisten, als abwegig betrachtet, wenn ich das hier richtig gelesen habe. Warum?
… das wird doch in diesem Thread ausgiebig diskutiert….
Mein Hauptargument ( auf der ersten Seit): nicht wissenschaftlich, und ursprünglich nicht einmal auf ADHS bezogen.
Es handelt sich damit um die unwissenschaftliche Hypothese eines Journalisten.
Ob da was dran ist mögen Leute entscheiden, die etwas davon verstehen.
Was verstehst Du denn unter „wissenschaftlich“?
Die Theorie als genetische Normvariante vertritt ja nicht nur Hartmann, die gab es schon vor ihm.
Immerhin ist er selbst Betroffener, und seine Kinder auch.
Unser „Sein“ als Menschen bzw. wir als Menschen laufen ja ohnehin immernoch im Jäger Sammler Modus, rein wissenschaftlich (zumindest nach offizieller Lehrmeinung) waren wir Menschen zu 95% der Zeit eben Jäger und Sammler, und das steckt eben in uns. Ob wir wollen oder nicht.
Die Hypothese ist schon ursprünglich auf ADXS bezogen, sie wurde später dann ins Businessthema gezogen.
Zu Deinem letzten Satz: Ja wer soll denn da entscheiden, ob etwas dran ist, wenn nicht wir als „Betroffene“?
Leute, „Wissenschaftler“, Psychiater, die selbst nicht wissen, wie es sich anfühlt, mit den ADXS Ausprägungen zu leben?
Ich bin jedenfalls froh darüber, dass ich als „zivilisierter“ „Jäger und Sammler“ das Billig-Sushi beim Penny mit hole und davon heute sofort satt geworden bin, ohne vorher Jagen, Fischen oder Beeren, Nüsse, etc. sammeln zu müssen… und dass ich das hier mit dem Smartphone kund tue, diese Annehmlichkeit der modernen Zivilisation finde ich auch ziemlich cool im Vergleich mit sich Austauschen am Lagerfeuer…
…was die Wissenschaftlichkeit der Hunter-Farmer-Theorie angeht, erstens ergibt die Wissenschaft mehr und mehr die Substanz der Hunter-Farmer-Theorie, zweitens: Daten, Zahlen und Papier der Wissenschaft sind langsam und schwerfällig und hinken der „Intuition“ oftmals um Jahrzehnte hinterher…
…und was Intuition angeht, man muss doch oftmals nur die Augen aufmachen…
Das eine schließt das andere ja nicht aus. Die hunter/gatherer vs. farmer These bedeutet ja nicht, daß alle ADXS nun „Jäger“ wären. Es geht doch um primäre Merkmale und Wesenszüge aus dem Feld, die das Leben eben zu Jäger-Sammler Zeiten prägten (oder auch bei heutigen noch existenten bilden).
Neue Dinge, die das Leben erleichtern hinzuzunehmen wird ja nicht ausgeschlossen (siehe die Verwendung von Metallwerkzeugen die Siedler in die Staaten mitbrachten) oder ähnliches, was man auch heute noch beobachten kann.
Ich glaube die hunter-farmer Theorie wird sehr oft einfach nur mißverstanden oder fehlinterpretiert, weil da eher Hollywoodvorstellungen in den Köpfen sind, anstatt eben wirklich soziologische oder kulturelle Umstände betrachtet werden.
Dem stimme ich allem zu… was sind denn nun die „Jäger und Sammler“ im 21. Jahrhundert?.. die gibt es auch, bloß in anderer Form:… abseits von der Aufzählung von dem Mann aus Chemnitz fällt mir gerade spontan nichts ein, bin ohnehin heute im kognitiven Standby-Modus und nicht auf geistige Aktivität aus heute… kleiner unzulänglicher Vergleich dazu: das Rudel Löwen, dass in der Mittagssonne döst und scheinbar endlos Träge ist oder das Krokodil, dass auch in der Mittagssonne döst und das Maul aufsperrt zur Kühlung und scheinbar auch endlos träge und langsam ist, beide brauchen nur den Stimulus und dann „geht’s ab“… solche Vergleiche sind natürlich teilweise weit her geholt, anmaßend und lächerlich aber auch vom evolutionären Konzept nicht ganz falsch… ich jedenfalls bin heute auf Trägheit und Energie-Spar-Modus und wenn Stimulus da, dann geht auch mehr, sowohl kognitiv als auch was aktiv werden angeht…
…mich würde jedenfalls mal interessieren, ob an diesem Vergleich: totale Inaktivität, Trägheit und dann von 0 auf 100% in Null komma nix, ob das in wissenschaftlicher Hinsicht substanziell wäre, das auch auf ADHS zu übertragen, weil komplett ohne ADHS gibt es dieses entweder 0 oder 100% so nicht in dem Ausmaß…
„Der“ Ackerbauer jedenfalls kann sich dieses entweder 0% oder 100% nicht leisten, der muss kontinuierlich zumindest zu einem gewissen Grad aktiv sein, um das Feld zu bestellen…
…auch interessant eventuell: der Gegensatz zwischen Hirten und Ackerbauern, Kain und Abel, welche Rolle ADHS-Gene dabei spielen…
Wie meinst Du das, wegen „in wissenschaftlicher Hinsicht substanziell“?
Die These beschreibt ja u.a. genau auch dieses all or nothing; also von null auf 100 (wenn es sein muß).
bei ADHSlern, was eben auch Merkmale bei Jagd o.ä. usw. sind. und danach das völlige erschöpft sein.
Also die Theorie an sich ist spannend.
Es geht allerdings nicht um „Farmer“ und „Jäger“ sondern generell um Unterschiede, die eben stereotyp in diesen 2 Rollen zu sehen sind. In seinem Buch sagt Hartmann auch, dass man stattdessen „Späher“ und „Erzeuger“ sagen könnte. (lookout/cultivator im originalen Wortlaut)
Und weiterhin, dass die Probleme daher kommen, dass Jäger in einer Welt, die von Farmern für Farmer eingerichtet ist, nicht klarkommen. Genauso wie umgekehrt ein „Farmer“ in einer ADHSler-Welt nicht klarkommen würde. Er arbeitet auch den Unterschied heraus, wie die unterschiedlichen Kulturen ihre Kinder erziehen.
Zum Beispiel gehen die Jungen mit den Älteren los und erfahren Wissen durch konkretes Handeln. „Jäger“ werden in dieser Kultur nicht auf einen Stuhl gesetzt und bekommen nicht permanent gesagt: „Du kannst das nicht“, „Was stimmt nicht mit dir?“, „Du bist krank, weil dein Hirn kaputt ist“ usw…
Sie werden bestärkt in ihrem Sein und Selbstwert, lernen auf ihre Instinkte zu vertrauen und haben einen komplett anderen Lebensrhythmus.
Sie sitzen nicht von 8-16 Uhr in einer kleinen Kiste und machen langweilige Aufgaben. Sie machen vermehrt Sachen, die instant gratification bieten.
Und zum Thema Hyperfokus: In Berufen mit hohem Aktivierungspotential und Action kommen ADHSler erstaunlich gut klar. Z.B als Notärzte, Rettungssanitäter, Soldaten usw. Sobald wir über die Schwelle kommen funktionieren wir meist ganz gut und sehr zielgerichtet.
…zu ADHS und Notärzte oder Militär zum Beispiel, ja, bis zu einem gewissen Schweregrad… ich hab mich mal gefragt, ob man es mit ADHS ins Seal Team 6 schaffen kann, jemand wie Michael Phelps sehr wahrscheinlich ja, jemand wie ich definitiv nicht… und bei diesem Thread ist die breitere Formulierung ADHS-Gene statt ADHS oftmals angebrachter… dennoch eben auch beim Militär zum Beispiel, wenn’s richtig ernst wird, die Kaltschnäuzigkeit (Hein Severlow am Omaha Beach hab ich mich in dem Kontext mal gefragt?) in der „Notfall-Situation“ bei ADHS…
Eben. Deshalb meinte ich ja auch, daß diese These sehr oft falsch verstanden bzw. aufgefasst wird. ADXSler sind nicht Jäger/ Predatoren als Solche, sondern weisen eben spezifische Merkmale auf, die in Jagdkulturen bzw. Nomaden(wo es ja durchaus noch andere „Berufe“ bzw Fertigkeiten gibt, die man braucht) vorteilhaft sind.
In den USA oder Australien, ich weiß es nicht mehr genau wo es war, gab es einen Versuch, bei dem ADHSler (waren wohl 10 oder 12) als Gruppe unter „nomadischen Bedingungen“ (das ganze war Teil eines Therapiekonzeptes) zusammen leben mussten, in der Natur Holz sammeln, Wasser holen usw usf, also die Primärbedürfnisse erfüllen, um zu leben. Es hat keine 48Stunden gedauert, bis selbst die ausgeflipptesten unter ihnen ihre „Rolle“ eingenommen haben, und anfingen die ADHS Symptome für die Gruppe einzusetzen.
War natürlich nicht alles heile Welt und Sonnenschein, aber darum ging es ja auch nicht.
Keine Ahnung ob es das noch bei youtube gibt, war jedenfalls recht spannend und oft auch selbsterklärend.
In dem Rahmen des vorgegebenen Konzeptes funktionierten sie, in der „normalen Gesellschaft“ gab es immer nur Probleme.
Es mag ein paar Menschen mit ADHS geben, die ihr ADHS in manchen Situationen als „Superkraft“ erleben.
Manche reden sich das auch ein…
Und manche haben NEBEN ihrem ADHS noch eine hohe Stressresistenz. Und „Jäger“-Fähigkeiten. Genauso wie es musikalische und kreative Menschen mit und ohne ADHS gibt.
Diejenigen, die ADHS als Superkraft sehen sind auch der Ansicht, dass es ohne Anteile von ADHS keine Kreativität gibt. Hatten wir ja schon alles.
Andere mit ADHS stolpern durch ihr Leben, haben Null Orientierungssinn (häufig bei ADHS) und naja, fokussieren so stark auf den Säbelzahntiger, dass sie versehentlich dabei von einem Bus überrollt werden. Ich habe das bei einem Kind erlebt, das einfach nicht gepeilt hat, was vor ihm liegt. Das ist, wenn es auf irgendwas fixiert war, einfach geradeaus gelaufen. Egal ob da ein Abgrund, eine Straße war, oder ob es auf einer Rutschplattform war. Das hatte dann schon einige böse Unfälle. Jäger? Eher nicht.
Ich bin überzeugt davon, dass es Menschen gibt, die von ihrer Veranlagung her z.B. eher „nomadisch“ leben sollten. Die einen großen Freiraum brauchen. Sich körperlich ausagieren müssen. Vielleicht auch nicht die erträglichsten Zeitgenossen sind, was die Entscheidung für’s unabhängige Leben „in der Wildnis“ sicher erleichtert.
Nur hat das mit ADHS nicht zwingend was damit zu tun. Selbst wenn auch bei diesen Menschen ein gewisser Anteil mit ADHS „gesegnet“ ist.
Damit setzt Du „ADHS-Welt“ gleich mit „Hunter“.
Ich habe ADHS und bin kein Hunter.
Ich bin Farmer mit ADHS.
Und nun?
Naja, da werden auch keine intellektuellen Ansprüche erhoben.
Was aber, wenn DIE PERSON Interesse an Dingen hat, neugierig ist, gerne liest und forscht - und ADHS hat? Ok, dann ab in der Berghütte und weg mit den Träumen?
Ich glaube, Du hast eine falsche Vorstellung davon, was die These besagt, oder Dich noch nicht wirklich damit beschäftigt. Kann das sein?
Es geht nicht um „Superkraft“ oder „alle gehen zur Jagd“. Die These, die es wie gesagt auch ohne Hartmanns „hunter-farmer“ Begriffelichkeiten gibt, geht von 2 Strömungen in der menschlichen Entwicklung aus, wobei es auch Überschneidungen gibt.
Du siehst das ganze vielleicht etwas zu „movielike“, und hast ggf. Bilder dazu im Kopf, die nicht stimmen.
Die These bildet meiner Auffassung nach zumindest einen Schnittpunkt zu anderen Theorien, und verbindet vieles, wo sich manche Forscher streiten.
Du kannst doch zB nicht bestreiten, daß, so nach offizieller Lehrmeinung, wir als Menschen 95% der menschlichen Entwicklung als Nomaden lebten, also eben in diesem Jäger Sammler Dasein unseren Alltag bestritten haben, und daß wir objektiv und instinktiv eigentlich immernoch in diesem Modus „laufen“, auch wenn sich die Umstände (also Zivilisation, Gesellschaft, Tehnik usw.) geändert haben mögen.
Ich setze nichts gleich, ich habe ich den Inhalt von Hartmanns Theorie wiedergegeben.
Geht es nicht um die Tätigkeit an sich, sondern einen stereotypen Begriff, wie schon oben beschrieben. Dabei geht es eben darum, dass ein „Jäger“ ein anderes Set von Fähigkeiten benötigt als ein „Farmer“. Z.B. Ein Jäger läuft durch den Wald, entdeckt ein Tier und verfolgt es solange, bis er es erlegt hat oder es weg ist. Analog zu deinem Busbeispiel kümmert er sich dabei nicht sonderlich darum ob er Kratzer bekommt oder nicht. Er nimmt dabei eher Risiken in Kauf und handelt impulsiv. Wenn ihm ein Ziel über den Weg läuft, dann verfolgt er es.
Ein Farmer hingegen plant voraus und hat keinerlei Problem damit, wochenlang den ganzen Tag von morgens bis Abends kleine Samen in die Erde zu setzen. Er pflanzt nicht einfach nach Lust und Laune, sondern plant sehr langfristig voraus. Wenn er einfach jedem Tier hinterherflitzen würde, würde seine Ernte eingehen.
Bedeutet das nicht, dass nicht auch ein Farmer jagen oder ein Jäger ein Feld bestellen könnte, wohl aber dass derjenige dafür wahrscheinlich weniger gut geeignet sein mag.
Ich finde es bemerkenswert, daß diese These in Deutschland oftmals so negiert, ja teilweise bekämpft wird; in den USA beispielsweise wird sie zumindest als Möglichkeit in Betracht gezogen und auch von Betroffenen oder Psychologen wertneutral angesehen.
Wir haben hier teils so eine Autoritätshörigkeit, daß es fast schon grenzwertig ist.
Wenn ein Unbekannter XY ein Buch mit einer Theorie veröffentlicht, unabhängig vom Thema hier, und, selbst wenn er Recht hat, wird jener nie oder seltenst ernstgenommen.
Schreibt allerdings ein Professor Doktor Doktor so und so das Selbe Buch, wird es eher geglaubt.
Also mir ist es relativ egal, woher Adxs letztendlich kommt. Ich meine die Kacke ist am Dampfen und lässt sich leider nicht spurlos beseitigen. Also es gibt keine Heilung, egal weil mein Hirn evaluationstechnisch stehen geblieben ist, meine Mutter in der Schwangerschaft geraucht/getrunken hat, irgendwelche Verwandten selbst Adxs hatten oder ich aus einem Land komme, wo locker 70% der Bevölkerung betroffen ist. Oder doch alles zusammen. Die Gründe zu wissen, ändert nichts an der Sache. Heute ist die Hunter Theorie, morgen wird es was anderes.