Lektüre, Bücher und Ratgeber

Für Ende Oktober ist die deutsche Fassung des Buchs „Scattered minds“ von Gabor Maté angekündigt:

<LINK_TEXT text=„https://www.narayana-verlag.de/Unruhe-i … ate/b25562“>Unruhe im Kopf, Dr. Gabor Maté, Über Entstehung und Heilung von Aufmerksamdefizitstörungen - Narayana Verlag</LINK_TEXT>

Fünf Kapitel sind in der Original-Fassung frei verfügbar: Scattered Minds - Dr. Gabor Maté

Er ist offenbar selbst spät diagnostiziert und die eigene Betroffenheit schafft m.E. einen sehr hohen Wiedererkennungswert.

Er sieht ADHD als Entwicklungsverzögerung, die ihre Wurzeln in frühkindlichen Erfahrungen insb. von familiärem Stress über mehrere Generationen und in gestörten sozialen Bedingungen in einer gestressten Gesellschaft hat. (Seine anderen Büchern befassen sich ebenfalls mit körperlichen Folgen von Stress und Sucht.) Und seine Wege zur Besserung führen entsprechend über Selbstakzeptanz, Verstehen der Hintergründe, konstruktiveren Umgang mit Schuldgefühlen, etc.

Ganz interessantes Interview mit ihm: Dr. Gabor Maté Interview | The Tim Ferriss Show - YouTube

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Ist zwar eine privat geführte webseite, hat meiner Ansicht nach aber dennoch wert, diese Sicht zu betrachten:

<LINK_TEXT text=„http://dipl-ing-andreas-mueller-beraten … ese%2Ehtml“>Evolutionäre Spaltungsthese|Was ist ADHS|ADHS - Krankheit oder Gabe!</LINK_TEXT>

Vordergründig eine eher soziologische Betrachtung der ADXS und auch gewiß nicht DIE Erklärung per se, schafft aber Verknüpfung zu anderen Theorien, und verbindet das, wo andere Forscher sich oftmals streiten.

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Das möchte ich einmal kurz aufgreifen:
Ich habe einen Artikel gelesen, über das Auftreten von ADHD bei Indigenen und Hispanics in den USA, und daß dort besonders viele Betroffen sind (im Verhältnis zu den Weißen). Und daß dementsprechend ein recht hoher Alkoholmißbrauch stattfindet (als eine Art Selbstmedikation), oder andere Substanzen.
Das würde im Umkehrschluß ja bedeuten, daß unter diesen Menschen besonders viele Entwicklungsverzögerungen vorherrschen, was ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann.

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Der Begriff ist m.E. offen und in der Weise, wie ich seine Nutzung bei Maté verstehe, sehe ich mich zB selbst auch als entwicklungsverzögert. Das wäre sogar eine recht konstruktive Sichtweise. Denn dann könnte ich im Rahmen meiner Gegebenheiten noch nachreifen, wo es nötig ist, und müsste mich noch nicht abschreiben.

Der Autor ist sicher kontrovers, und dass der Verlag direkt wieder „Heilung“ auf den Titel druckt, wird auch manchen abschrecken, überhaupt nur zwischen die Buchdeckel zu sehen. Ich lese das Buch trotzdem mit Gewinn.

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Ich kann mich mit dem „entwicklungsverzögert“ halt nicht identifizieren, selbst wenn es konstruktiv verstanden sein soll. Vielleicht sind wir eben genau das nicht, sondern „laufen im eigentlich menschlich normalem“ Modus, der tausende Jahre unser Allgemeinleben sicherte und prägte.
Die Entwicklung die ständig geschieht (technologisch, soziokulturell usw) rast ja förmlich, nur daß es die gesellschaftliche Mehrheit nicht wirklich mitbekommt. Möglicherweise liegt genau da die Crux.
Das englische Buch des Autors gibt es bereits? Werd mal schauen ob ich es bekomme; egal was im deutschen dann auf dem Einband steht.

Kann ich nachvollziehen. Vielleicht trifft es „Anpassung“ auch in der Tat besser als „Entwicklung“, weil neutraler, und es mag auch neutralere Begriffe als „verzögert“ geben. Wem oder was und ob und inwieweit man sich anpasst, ist ja auch eine freie Entscheidung und hängt sicher sehr von den individuellen Lebensumständen und dem Leidensdruck ab.

(Auf dem englischen Titel steht übrigens „healing“, und wenn ich die Zusammenhänge richtig erfasse, unterscheiden sich da „healing“ und „cure“… Heal = to make better over time. Cure = permanently rid of the disease.)

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@Elementary

Ich habe mir mal 3 Videos von dem Autor rausgesucht, die ich mir anschauen werde.
Was ich grad ansah, fand ich ganz vielversprechend. Die Betrachtung von dem Herrn ähnelt meiner Sicht, bezüglich Diskrepanz von ADXS und gesellschaftlichen Miß- bzw. Umständen; und, das fand ich spannend, zeigt es Berührungspunkte mit der Spaltungsthese (ala hunter brain in a farmer world/society).
Werde dann doch mal auf die deutsche Version des Buches warten :slight_smile:
Was mir aufgefallen ist: er sagt ebenfalls (und die Sicht teile ich) dass ADXS an sich keine Krankheit ist, sondern eine Art „Antwort (Response)“ auf die Gesellschaftlichen Umstände; und dass diese (also das "anpassen müssen/sollen) etc. erst krank machen, da Dauerstress als Faktor wirkt.

Macht für mich alles mehr Sinn, als die Serotonin-Dopamin usw. Theorie, oder ähnliche „Ungleichgewicht“ Thesen.

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Dauerstress= Serotonin/Dopaminmangel?
Ich sehe mich schon als entwicklungsverzögert, wie ich mich manchmal verhalte, was ich oft nicht kapiere und was ich für Fragen stelle, ui!

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Ist die Frage, Huhn oder Ei. Ich bin der Ansicht, daß Serotonin bzw Dopaminmangel (wenn überhaupt) die Folge ist, aber nicht die Ursache.
Bei Depressionen ist die Serotonintheorie ja längst widerlegt, mehrfach sogar; auch/obwohl wenn es weiterhin gelehrt wird.
Ich sehe mich zB nicht als entwicklungsverzögert, ich kann unter anderen Umständen leben bzw mit anderen Dingen klarkommen, wo Normative (normale meinetwegen) nicht funktionieren.
Die sogenannte Norm oder Normalität bei uns, unterscheidet sich doch auch stark mit dem Normverständnis in anderen Ländern bzw. Kulturen.
Mneschen sind eben verschieden in ihrer Art, in ihrem Sein, in ihrem Denken; und das, so sehe ich es zumindest, macht den Spalt aus, in dem ADXSler leben müssen bzw. sollen, und warum es die Probleme gibt.

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Bericht von arte zum Thema:
Ich, (Un)aufmerksam: Ein Leben mit ADHS | Psycho | ARTE - YouTube

Es wird zwar hier oft von Krankheit, Störung usw gesprochen, davon abgesehen ist es ein ganz passabler Beitrag.

Spannend: „Huhn oder Ei“ hatte ich exakt auch im Sinn gerade. Bei der Überlegung, vielleicht einen anderen Thread aufzumachen, um diesen hier weitgehend für die Literatur-Hinweise selbst zu lassen.
Aber dann schien mir - wie ja in der Tat auch hunter/farmer - die Frage tatsächlich irgendwie „übergroß“ oder jedenfalls am Anfang von allem zu stehen.

Evtl. gerade deshalb finde ich Maté bislang gewinnbringend, weil mich die Lektüre angenehm in der Mitte zwischen System und Individuum hinterlässt. Also beim Ausbrüten von Rührei?

Er hat in dem Interview in anderem Zusammenhang nochmal an das Bild erinnert: Wenn ich barfuß rausgehe und mich da ständig am Fuß verletze, dann kann ich entweder am weltweiten Bodenbelag bzw. den Straßenverhältnissen ansetzen oder ich ziehe mir Schuhe an.

Oder eben beides: Ich kann mich grds. nach einer Umgebung umsehen oder für eine solche eintreten, die keine großen Scherben auf dem Gehweg bereithält, und ich kann das zu meinem eigenen Schutz parallel in Schuhen tun. Idealerweise solchen, die meinen neurodiversen Füßen halbwegs passen und mir keine neuen Blasen machen, die evtl. sogar schlimmer sind als die Schrammen vom Barfußlaufen.

Einer seiner Tipps ist z.B., sich zu beeltern („self-parenting“). Und tatsächlich würde ich jemanden, für den ich zu sorgen habe, nicht ständig mitten durch Scherben schicken, aber ich würde auch Schuhe besorgen und immer mal gucken, ob die inzwischen drücken, usw.

Nur noch ein Beispiel: Er schreibt Sachen wie „Um das Chaos im Inneren zu beseitigen, müssen wir das Chaos im Außen in den Griff kriegen, das erst durch das Chaos im Inneren entstanden ist, usw.“ Und das gehe nur mit mitfühlender Geduld, mit Versuchen und einer guten Fehlertoleranz… Ja, klingt vielleicht alles nicht bahnbrechend. Aber ich selbst habe durchaus lange gebraucht, bis diese Innen-Außen-Innen-Chaos-Einsicht in mir gereift war. Und dann nochmal lange, die Suche nach einem Quick-fix-Wundermittel im Außen aufzugeben. Ich fühle mich irgendwie gleichzeitig gesehen und gefordert und nicht verurteilt.

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Den Kanal kann man sich einmal ansehen, recht interessante Betrachtungsweisen.
ADHS und ADS - Störung? Superkraft? Wertneutrale Beschreibung | AD(H)S Erwachsene - YouTube

Ich denke, es ist beides möglich. Sowieso denke ich, dass bei ADXS vieles eine Rolle spielt. Meine Großeltern wurden z.B. alle während des 2. WK geboren, meine Urgroßeltern, damals selbst fast noch Kinder, waren mit meinen Großeltern zum Teil auf der Flucht. Meine beiden Großmütter sind z.B. auch auffällig „unruhig“.
Und ich meine, dass wissenschaftlich längst erwiesen ist, dass traumatische, vor allem frühkindlich traumatische, Erfahrungen, einen Einfluss auf die Hirnchemie haben, diese verändern können und sodann vererbt werden können. In Israel gibt es im weltweiten Vergleich übrigens deutlich überpropotional häufig diagnostizierte ADXLer:innen.

Meine Mutter hat während der Schwangerschaft z.B. geraucht - damals war das auch noch nicht verpönt - und das ist bei mir sicherlich auch ein Faktor.

Hinzu kommen dann Umwelterfahrungen.

Ja. Ich habe mal ein Jahr lang in Südspanien gelebt und man könnte denken, dort hat jede:r ADXS. Ich habe mich dort pudelwohl gefühlt. Damals hatte ich die Diagnose noch nicht, aber den Eigenverdacht bereits.

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…OT…man wusste or 50 Jahren bereits das Rauchen in der Schwangerschaft schädlich ist!

Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass man als ADHSler ganz genau wissen will, warum man der Mensch ist, der man ist, und wo die eigene ADHS herkommt. Als ADHSler will man die Dinge in der Regel eben vollends verstehen, ihnen bis ins Detail auf den Grund gehen, sie komplett durchdringen.

So geht es mir auch, aber leider, leider muss ich akzeptieren, dass das bei ADHS nicht möglich ist. Immer wieder schwanke ich zwischen Normvariante und Störung, Andersentwicklung und Entwicklungsverzögerung, glaube ernsthaft, mich endlich akzeptiert zu haben, um mich dann wieder darin zu ertappen, wie ich den vermeintlichen Normalos hinterherzuhecheln versuche.

Und ich denke, ich werde mich weiterhin in diesem Spannungsfeld bewegen. Auch wenn ich noch weit davon entfernt bin, es endgültig akzeptieren zu können, so weiß ich doch schon länger, dass ich für mich keine Theorie meiner eigenen ADHS zusammenzimmern werde, die komplett schlüssig und für mich zufriedenstellend ist. Welche Rolle z.B. Traumata früherer Generationen, Stress in der Schwangerschaft oder Bindungprobleme bei Mutter, Oma, Uroma etc. gespielt haben - ich werde es nie erfahren.

Stattdessen weiß ich, dass es für mich gewinnbringender ist, herauszufinden und umzusetzen, was gut für mich ist bzw. Was mir hilft, im Alltag besser klarzukommen. Dazu möchte ich dennoch möglichst viel über ADHS wissen, was mich dann zu Erkenntnissen führt, die wiederum eine Verbesserung meiner Lebensumstände ermöglichen. Dabei kann es ruhig Widersprüche und Unklarheiten geben.

Beispiel Medikation: Mir reicht es inzwischen zu wissen, dass mir Medikamente helfen und was sie bei mir bewirken. Warum sie das tun, ob die Dopaminhypothese taugt oder nicht, finde ich nicht mehr so wichtig.

Ich weiß auch, dass mir Rituale und Strukturen helfen, dass es mir hilft, Schwieriges zu delegieren, und mehr von dem zu tun, was ich gut kann. Usw. Usf. Warum das bei mir so ist und bei anderen nicht - so what?

Auch ist es ok für mich, dass ich einerseits Entwicklungen, bei denen ich mich verzögert sehe, versuche aufzuholen, andererseits Andersentwicklungen akzeptiere - um dann festzustellen, dass ich mich tatsächlich weg von der Störung und hin zur Normvariante bewege.:wink:

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Hab mal nach Buchtipps und Co. gesucht und wurde hier gut fündig. Danke euch!

Danke für die Verlinkung zum YT-Video. Liebe so was, aus gleichem Grund warum manchmal Blinkist einfach megafein ist. Es gibt ja doch einige Sachbücher, in denen so manche Sachverhalte seeeeehr breit und (aus ADHS-Sicht) unnötig lang aufbereitet werden. Werd mir das nachher anschauen.

Danke auch fürs Verlinken von Gabor Matés Buch. Inhaltlich klingt er nach dem, was meine Therapeutin gern erzählt, kann problematisch sein, muss aber nicht, drum zieh ich mir das mal rein :slight_smile: Zwischen Nachreifen und sich Abschreiben seh ich aber noch ganz viele Zwischentöne und -möglichkeiten.

Find, das ist ein guter Refokus. Würd mir deinen ganzen Beitrag gern c/p und ausdrucken.
Und der bringt mich zu meinen Empfehlungen und meinen Fragen.

Ich kann " You Mean I’m Not Lazy, Stupid, or Crazy?! The Classic Self-Help Book for Adults with Attention Deficit Disorder" von Kelly und Ramundo empfehlen. Gut aufbereitet in Happen, man kann nach Lust hin und herspringen und sie sind teils selbst Betroffene.

Überlege sonst mir auf eigene Faust Arbeitsbücher zu holen, vllt hat jemand eine Meinung hierzu:

  • " Therapie-Tools ADHS im Erwachsenenalter: Mit E-Book inside und Arbeitsmaterial" vom Beltz Verlag. Erinnert mich ein wenig an DBT, wenn man sich die Inhalte so anschaut…
  • " Psychotherapie der ADHS im Erwachsenenalter: Ein Arbeitsbuch" von Hogrefe, v.a. wgn Kapitel 5, den Bausteinen.
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Mir gefällt es. Die Reihe ist insg. sehr umsetzungsorientiert, scheint mir. In der Tat recht Skills-orientiert. Durch die Größe steht das Buch dann auch auffällig mahnend in der Gegend rum, wenn es nicht gelesen wird.

Vielleicht wäre ein Buchclub-Thread ja ganz sinnvoll, in dem wir uns eine machbare Seitenzahl gemeinsam vornehmen, die jeder liest und man tauscht sich dazu aus. Insgesamt ist sicher ein einziges extrem zerlesenes und inhaliertes Buch sinnvoller als ein Hyperfokus auf eine thematisch einschlägige Regalmeile, zu der ich mich tendenziell schuldig bekenne. @Neinhorn arbeitet, glaube ich, auch mit dem Tools-Buch.

yes @ all, insbesondere die Regalmeile (auch bereits einige der Beltz Tool-Bücher). Aber dann landet das Buch schon mal tatsächlich im Einkaufswagen, danke!

Fände so 'n Buchclub-Thread eine tolle Idee!

Wollt gerade schauen ob @Neinhorn dazu was im Forum geschrieben hat, nicht gefunden, aber dafür gesehen, dass dieses Buch auch von Tischfeuerwerk empfohlen wurde; Neues Buch - ADHS im Erwachsenenalter
(Hätt’ bei meinem ersten Beitrag wohl präziser suchen können als ~„Bücher“~, welp).

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Im aktuellen GEO-Heft ist ADHS das Titelthema:

Sehr gut geschrieben aus meiner Sicht, ein Betroffener mit ADHS-Diagnose in der Kindheit, der im Erwachsenenalter einen Auslassversuch macht und dann diese Phase „geht nicht richtig gut mit - nicht gut ohne - was nun“ durchläuft.

Also sehr authentisch m.E. Vielleicht auch gut, wenn das Thema mal Dritten verdeutlicht werden soll, ohne gleich Ratgeberliteratur weiterzureichen.

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