Martin Winkler: Wirklänge von Stimulanzien und Schlaf

Alter Artikel - aber interessant!!

Aber nochmal zu den Grundlagen der Stimulantienbehandlung: Ein Psychostimulans ist auch ein Weck-amin, d.h. es wirkt unspezifisch als Wachmacher. Wenn man nicht richtig geschlafen hat, bzw. überhaupt der Schlaf gestört ist (was eben bei ADHSlern häufiger der Fall ist), oder aber auch, wenn sich quasi eine ganze Menge “seelischer Sondermüll” angesammelt hat, dann ist der REM-Schlaf behindert, bzw. vermindert und das Gehirn kommt tagsüber nicht in einen korrekten Arbeitsmodus. Etwa so:

Nun kann man versuchen, mit viel Kaffee sich dennoch irgendwie über Wasser zu halten. Und man kann natürlich auch andere psychotrope Substanzen missbrauchen, um das Gehirn in einen subjektiv “angenehmen” Zustand zu bringen. Kennzeichen für diesen von mir als “missbräuchlichen” MPH-Einsatz bezeichnete “Wirkung” von Methylphenidat sind dann:
– scheinbar kurze “Wirkdauer”, d.h. kürzer als 1,5 h bei kurz-wirkendem MPH wie Medikinet bzw. Ritalin bzw. unter 6 h bei den eigentlich ca 6-8 h wirkenden Retardpräparaten wie Medikinet adult bzw. unter 8 h bei Concerta.
– Bedarf von hohen Einzeldosierungen , d.h. über 20 – 30 mg Einzeldosis bzw. entsprechende Äquivalente von Retardpräparaten
Hier geht es überhaupt nicht mehr um ADHS-spezifische Effekte der Pharmakotherapie, sondern allein um ein “Funktionieren”.
Was aber sollte daran schlimm sein, wenn es den Betroffenen doch besser geht?

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Da bin ich überhaupt nicht bei Winkler.
Die unterschiedlichen Verstoffwechslungstypen (Ultra- / Schnell / Normal / Langsammetabilisierer) je nach Metabolisierungs-Gen-Variante sind inzwischen so intensiv erforscht, dass ich nicht wüsste, wie man daran noch zweifeln können sollte.
Das erklärt allerdings die interessanten Erfahrungen, die einige hier aus dem Forum in seinem Seminar zur Frage der Mehrfachgabe bei Schnellverstoffwechslung machen durften.

Wenn wir uns die Umfrageergebnisse zur Wirkdauer einer Elvanse-Einzeldosis anschauen. möchte ich freundlich bezweifeln, dass das alles Suchtis sind, die sich in eine Überdosierung dosieren.

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Der Artikel ist mittlerweile relativ alt (2012).

Aber den Teufelskreis mit dem Schlafdefizit finde ich logisch - und das erlebe ich auch bei mir selbst.

Wenn Stimulanzien die Schlafqualität noch verschlechtern - erleben ja viele vor allem zu Beginn der Behandlung - verstärkt das die ADHS Symptomatik und wenn man dann die Stimulanzien noch erhöht, um funktionieren zu können - also da ist sicher was dran. Das kenne ich auch.

Elvanse hat bei mir gut gewirkt, aber immer nur in den ersten zwei Tagen. Es hatte meine Schlafqualität so sehr beeinflusst das es mir nicht gut ging, auch emotional nicht.

Ich glaube zu dem Zeitpunkt dachte Winkler noch, man müsse Medikinet retard nur einmal am Tag nehmen :thinking:.

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Bei mir ist die „Wirkung“ von Elvanse an den ersten 1-2 Tagen auch immer am „spürbarsten“. Effektiv ist das meiner Meinung nach aber nicht die Wirkung, die das Ziel ist, sondern eher eine positiv wahrgenommene Nebenwirkung.
Ich nehme Elvanse zur Zeit oft 3x am Tag. Also bspw.: 30/20/20. Wobei die letzte Dosis um 18:00 auch nicht zu Schlafproblemen um 22:30 führt. Eher im Gegenteil. Ich meine das seit dem ich es 3x am Tag nehme, ich besser ein- und durchschlafen kann.

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Hallo,

der Artikel ist ja wie du sagst älter, wir wissen gar nicht wie Martin heute dazu steht. Die Welt dreht sich ja weiter.

Auf jeden Fall hatten wir im Andersweltforum darüber schon ausführlichste Debatten, an denen sich damals auch Martin selbst beteiligt hatte.

Grundsätzlich hat er ja nicht unrecht. Manche Betroffene, die über zu kurze Wirkdauer klagen, erwarten von dem Medikament etwas Anderes als es soll.

Das heißt aber natürlich nicht, dass das für jede/n gilt, bei der/dem die Retardkapseln nicht so lange wirken wie gedacht. Und dass die von den Herstellern angegebenen „8 Stunden“ für eine Ritalin- oder Medikinet-Kapsel völlig übertrieben sind, stellen wir hier im Forum ja auch täglich fest.

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Ich finde den Artikel schon wegen der ankedotischen Berichte lesenswert.
Am besten finde ich den letzten Abschnitt von Herrn Winkler:

…Nochmal: Retardpräparate haben von der “Bauart” ein vorgegebenes Freisetzungsprinzip bzw. auch Voraussetzungen für die Wirkung. Wenn man aber als Arzt so fundamental diese Vorgaben missachtet, bzw. überhaupt nicht versteht, wie die Wirkung sein sollte, bzw. was man beachten muss, darf man sich auch nicht wundern, wenn die Stimulantientherapie so in Verruf gerät…

Die Nutzung von mehreren langwirksamen Dosen auf einen einzelne und hier undurchdachte Ursache zureduzieren, halte ich für unsinnig. Da bleibt Herr Winkler im Unterton des Textes leider nicht ganz beim Kern seiner Aussage von oben.

Das Argument kann ich aber eigentlich sehr gut anerkennen. Ich habe selbst in der Dosisfindung mit Elvanse eine Zeitlang das gefühlt gehabt das 30mg als Einzell-Dosis bei mir nicht reichen. Mittlerweile bin ich bei etwa bei 20 oder 25. Bei Dosierungen über 30 habe ich ganz eindeutig eine kürzere Wirkdauer von wenigen Stunden und Rebound. Den es eigentlich ja nicht geben sollte. Das Problem ist das es anfangs ganz hervorragend funktioniert solange es nur ein wenig zuviel war. Ich konnte Schlafen wie ein Stein abends. Das ganze für 1 bis 2 Wochen, dann ein „sanfter Einbruch“ , wie eine Anpassungsreaktion. Bei etwas weniger habe ich diese Probleme nicht.

Nun nehme ich selbst 3 Dosen am Tag trotz hoher wahrscheinlichkeit einer normalen Metabolisierung nach Gentest. Nach einem pharmakokinetisch angepassten Schema. So wie diese Kurven die man in Studien findet:

Elvanse normal

Jetzt kann man theoretisch noch die Wirkung über mehere Tage aufsummieren.
Man könnte noch annehmen die vom Hersteller beschriebene Wirkdauer bewegt sich genau zwischen Über- und Unterdosierung.
Und Außerdem annehmen diese Grenzen wären über den Tag gleich.

Das sähe dann in etwa so aus:

Jetzt kann ich aus eigener Erfahrung (30mg etwas zuviel) feststellen das die Wirkspitze zu viel ist. Die untere Wirkgrenze hat bei mir einigermaßen gepasst. Bleibt noch die möglichkeit der mehrfach Dosen. Mit dem engeren Wirkbereich sähe das in etwa so aus:

Ich glabe das ist das was Herr Winkler beschreibt nur eben angepasst.

Nur mal so als reingabe

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Ich vermute, Martin Winkler würde Folgendes heute nicht mehr so schreiben:

Ich halte es auch für ein Unding, wenn bei den Patienteninformationen zu Medikinet adult von der Gabe “morgens” und “mittags” gesprochen wird. Das führt dann zu der sinnlosen Verabreichung von einer Kapsel Retardpräparat um 8 und um 12 Uhr? Mehrfach schon erlebt….

Interessanterweise nehme ich es manchmal genau so ein. Eine Kapsel um 8, die nächste um 12. Eine halbe Stunde länger geht auch noch, aber mehr als viereinhalb Stunden Abstand bei Medikinet Adult (oder mehr als fünfeinviertel bei Ritalin Adult) wären für mich (!) zu lang.

Weil ich es als Weckamin missbrauche? Weil ich „Kanalratten“ behandle? Nee, ich nehme MPH seit vielen Jahren mit sehr guter Wirkung und muss auch nicht steigern.

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Das glaube ich auch nicht.

Das sind tolle Grafiken, die für mich gut erklären, dass es neben der Metabolisierungsgeschwindigkeit auch noch die Maximaldosisbegrenzung als Argument für eine Mehrfacheinnahme gibt.

Darf ich die für ADxS.org verwenden?
Ich nenne dich gerne als Urheber…

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Damit stellst du die Wirkdauer bei drei Dosierungen echt gut dar :+1:

Im Endeffekt das was ich bisher immer mit Worten versucht habe zu beschreiben :wink:

Kann gerne frei verwendet werden.

Hi, ich hab die Bildchen gerade eingebaut.
In einem steht drei Mal „Einzelldosis“.
Könntest du das noch Mal mit „Einzeldosis“ bauen?

Jop das geht :slight_smile:

grafik

In dem Textbaustein oberhalb wird der Effekt veringerter Plasmakonzentrationen eingeführt. Hab ich noch nie was von gehört. In der genannten Quelle ist die eine Grafik aus einer Studie mit Kindern, die andere aus einer Studie mit Erwachsenen. Sofern ich das richtig überblicke

Mist, du hast recht. War für mich auch neu und daher spannend.
Habe die Interpretation komplett rausgenommen.
DANKE!!!

Bin gerade über einen Review zu den verschiedenen MPH-Retardierungsformen gestolpert. Der sagt ganz selbstverständlich:

  • unretardiertes MPH: 3 Dosen / Tag
  • halbtagesretardiertes MPH (Ritalin LA/Adult): 1 bis 2 Dosen / Tag
  • ganztagesretardiertes MPH (Wirkdauer 10 bis 12 Stunden): 1 Dosis / Tag

Der Link zeigt nur einen Abstract, aber im kompletten Text ist es eineindeutig formuliert (in der Übersichtstabelle).

Ich lese bei Winkler nicht, dass er gegen eine Mehrfachdosierung von halbtagesretardiertem MPH wäre (z.B. 2 mal Ritalin Adult), sondern dass er gegen eine noch häufigere Dosierung sei. Leider sagt er nur, was er für falsch hält und nicht, wie man richtig damit umgehen soll.

Er sorgt sich vor einer Toleranzentwicklung, bei 3 oder mehr Einnahmen/Tag, auch wenn ein Halbtagesretard nur 4 Stunden oder kürzer wirkt.
Nur: das haben die Betroffenen hier im Forum bislang nicht bestätigt, oder?
Erinnert sich jemand von Euch an Beiträge, in denen Häufiger-als-2-Dosen-Habtagesretard-Dosierer Anpassungs-/Toleranzentwicklung berichteten?

Die Berichte von Toleranzentwicklung, an die ich mich erinnere, entstanden immer innerhalb der ersten Tage, selten später als eine Woche. Pause zu machen stellte die Wirkung wieder her, und nach wenigen Tagen war sie wieder weg. Also eine systemische Schnellanpassung, die unabhängig von der Anzahl der Dosen war.

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An dieser Information bin ich auch sehr interessiert, denn ich habe eine dritte Ritalin adult, 10 mg Einnahme um 15 Uhr getestet und dies für mich als gut geeignet gefunden. Schließlich endet unser Tag nicht mit dem Feierabend.

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Wie komme ich denn zum Volltext?

Hi,
Zwei liebe Bitten:
Könnte man hier verlinken, wo Übernommenes auf adxs.org auftaucht? Hab mit mehreren Stichwörtern erfolglos gesucht, bis ichs dann über „Mehrfacheinnahme“ endlich fand. :smiley:
Adxs.org ist ja doch sehr groß und alles zu durchsuchen ist zäh, dabei wäre mit einmal Verlinken leicht geholfen.

Auch möchte ich ganz freundlich um Quellenangaben bitten, etwa bei

Es liest sich zumindest so, als wäre es aus einer Studie. Danach wird es klarer, dass es selbst gemacht ist und, wie auf adx.org steht, hypothetisch. Da kann man ja zuerst ne Studie verlinken die es so ähnlich darstellt (Boellner et al. etwa) und dann hinweisen, dass die nun angeführten Grafiken selbst erstellt sind etc. :slight_smile:
-Ich verstehe, dass es für manche selbsterklärend sein könnte, aber für möglichst sauberes Arbeiten, gerade mit sensiblem Material (Inhalte über Meds), wäre auch das denk ich ein leichtes Ding der Möglichkeit.

Was Winklers Haltung angeht, den aktuellen Stand, so kann man die nochmal hier in den Kommentaren nachlesen.

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Bei ADxS ist unmittelbar vor den Grafiken von Koffeintablette eine Studie mit Grafiken der typischen Plasmaspiegel durch Elvanse verlinkt.
(Amphetaminmediakemnte, Wirkdauer)