Guten Morgen,
ich versuche mal auf alles einzugehen:
Erstmal: zu der Kompetenz des Arztes kann ich nicht viel sagen, da ich keinen Vergleich habe und weder mein Mann noch ich mit ADHS-Medikamenten Erfahrung oder Menschen mit dieser Problematik im Umfeld. Der einzige Mensch mit ADHS den ich kenne ist der Sohn meiner Patentante und der wurde und wird nicht medikamentös behandelt sondern mit alternativen Therapiemöglichkeiten (gut inzwischen ist er Erwachsen und entscheidet selbst), also kann ich auch da nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen… mir bleibt also zunächst nur hier nachzufragen und auf das Urteil der Ärztin vor Ort zu vertrauen…
Also unser Kind ist von 8-15 Uhr in der Schule. Im Hort gibt es aber keine Probleme. Die Schwierigkeiten herrschen im Unterricht. Da wirkt die Tablette bis zur 3. Stunde und von der 3.-6. Stunde eben nicht mehr… zeitlich sind das etwa 2,5 Stunden Wirkzeit. Retard-Kapseln haben bei ihm etwa 4-5h Wirkung gezeigt, dann kam der Rebound und nach nochmal 0,5-1h war er dann einfach wieder so wie immer.
Wir persönlich hatten Zuhause kein Problem mit unserem Zwerg, ja er ist aufgeweckt und hat Tage wo man merkt da ist sehr viel Unruhe und Überreizung, aber das hat uns nicht gestört. Schwierig war es immer in Gruppen und außerhalb des familiären Umfelds. Da ihn offenbar die Menschenmenge überfordert oder eben weniger eins zu eins Begleitung machbar ist als Zuhause. Der Sinn war also ihn so einzustellen, dass er beschulbar ist. Deshalb waren die Retardkapseln nicht die Lösung, weil er damit mitten im Unterricht einen Rebound gehabt hätte und eben nicht die vom Arzt erwarteten 8h abgedeckt waren (auch nicht mit ausreichend Frühstück).
Deshalb wurde uns Elvanse vorgeschlagen. Da wurde ziemlich schnell klar, dass geht nicht: es hat regelmäßig zu kompletten Melt down Erlebnissen geführt unter denen alle Zuhause gelitten haben und die so nicht machbar waren 1h Gebrüll, treten, toben, sich völlig wegschreien. Bis alle inklusive ihm selbst und den Geschwistern komplett am Ende waren und ich schon Angst hatte das Haus zu verlassen mit Kind. Es war einfach keine Option. Und auch in der Kita keine Hilfe, ganz im Gegenteil. Ich bin das erste Mal seit er in die Kita geht angerufen worden ich müsse ihn abholen weil er nicht mehr zu beruhigen ist und er ist kein jähzorniges Kind.
Danach haben wir den ganzen Mist weggelassen nach Absprache mit der Ärztin und sind erstmal in den Urlaub gefahren. Dabei hat er erstmal fünf Tage gebraucht alles an Selbstregulation was er schon konnte wieder zu nutzen, es war als hätte er alles verlernt.
Seit dem sind wir beide (mein Mann und ich) sehr skeptisch und auch unser Sohn selber sagt er nimmt gerne nochmal Tabletten aber er will nicht wieder so wütend werden. Also auch er selbst hat gemerkt, dass es ihm nicht gut ging damit.
So nun zum Ist-Zustand: er geht nun die dritte Woche in die Schule. An Tag zwei nach der Einschulung hat die Lehrerin meinem Mann eröffnet, dass sich Eltern per Mail beschwert haben und nicht möchten, dass ihr Kind in der Nähe von unserem Kind sitzt und dass er lernen muss sich an die Regeln zu halten (die Schule kannte die Problematik, wir haben vor der Einschulung ein Gespräch mit dem Direktor und mit der Inklusionserzieherin geführt, den Arztbrief vorgelegt und auch eine Schweigepflichtsentbindung für die Kita organisiert, damit sie mit der Kita sprechen können). Es handelt sich um eine Privatschule, auf die auch seine Schwester geht und leider gibt es in der Ecke in der wir wohnen nicht viel Auswahl an Schulen. In Woche zwei haben wir einen Termin mit dem Direktor, der Klassenleitung, der Inklusionserzieherin und der Sozialpädagogin gehabt. Nachdem also klar war, dass es nicht machbar ist oder problematisch oder was auch immer aus Sicht der Schule haben wir uns nochmal an das SPZ gewandt und das war die Lösung der Ärztin.
Unser Sohn selber geht super gerne in die Schule, schätzt es selber überhaupt nicht so ein, dass er Probleme hat, erzählt fröhlich was sie gelernt und gemacht haben, mit wem er gespielt hat und dass er traurig war als Pause war und er keine Aufgaben mehr machen konnte. Die Rückmeldung der Lehrer ist er ist laut und unruhig im Unterricht, holt seine Wasserflasche raus und tropft Wasser auf den Tisch, hört nach 5 Minuten auf ab Aufgaben zu arbeiten und macht was anderes, steckt alles in den Mund und zerbeißt es (seine Beißkette hat er als Lasso verwendet statt zum Beißen), geht an die Sachen der anderen Kinder und im Sportunterricht ist er abgehauen). Als ich ihn nach dem Sportunterricht gefragt habe hat er angefangen zu weinen und gefragt warum sie immer nur erzählen was er schlecht macht, er hätte am Anfang nicht gehört aber dann toll mitgemacht und aufgehört. Er war richtig traurig darüber. Im Hort baut er stundenlang mit Lego oder im Toberaum Höhlen aus großen Klötzen, hört Hörspiele, hat mit dem Erzieher Schach gespielt und gut und schnell verstanden und umgesetzt, also dort kann er sich fokussieren, sobald er frei wählen kann was er machen soll.
Wir haben bei Medikinet nicht diskutiert, weil er das vertragen hat.
So generell sehe ich persönlich den Leidensdruck bei der Schule, denn mein Kind ist bis auf die Situation warum sie nur das Negative erzählen sehr glücklich in der Schule und ihm fällt scheinbar gar nicht auf, dass er sich störend verhält. Und bei mir herrscht ein Leidensdruck, weil ich natürlich möchte, dass er auch weiterhin beschulbar ist. Da er zusätzlich eine Hochbegabung hat in verschiedenen Bereichen weiß ich auch nicht ob der Wechsel auf eine Förderschule für ihn gut wäre, wenn gar nichts mehr geht. Ich möchte allerdings nicht nochmal so an ihm herum experimentieren… die Erfahrung mit Elvanse hat uns nachhaltig … na ja nicht traumatisiert… aber sie triggert auf jeden Fall und hat uns vorsichtig mit Experimenten gemacht. Weshalb wir auch nicht extra nach Alternativen gefragt haben, als die Ärztin diese Variante vorgeschlagen hat.
Aktuell bekommt er nun seit Montag die 5mg und ist damit bis nach der 3. Stunde konzentrierter, es ist schon angedacht, dass er wieder auf 10mg kommt. Auch da war er bei den Retardkapseln aggressiver, allerdings hat sich das nach 5 Tagen wieder reguliert und war nichts im Vergleich zu Elvanse…
Das ist so die Ausgangssituation