Medikinet: "Falscher Fokus"

Allerliebste Community,

ich bin männlich, 26 Jahre alt und wiege 95kg (vielleicht ist die Info wichtig?). Ich bin jetzt seit circa 5 Monaten auf Medikinet adult 10mg eingestellt, was ich auch an sich ganz gut vertrage. Ich habe es auf die 20mg probiert, die waren mir aber zu stark und bin nach ein paar Tagen wieder auf 10mg zurück.

Leider ist es so, dass die Wirkung von Tag zu Tag sehr schwankt. An manchen Tagen bin ich sehr fokussiert und motiviert, an anderen Tagen bin ich total durcheinander un gelange in eine Art „Falschen Fokus“. Das äußert sich vor allem darin, dass ich statt meine Aufgaben zu bearbeiten auf Wikipedia lande und Experte für Themen wie die unterschiedlichen Eigenschaften von Schneckenhäusern werde. So lustig wie es klingt, so anstrengend ist es für mich bei der Sache zu bleiben. Insbesondere habe ich dann manchmal totale Langeweile oder werde müde und verliere dadurch meine Konzentration. Oft erwische ich mich auch wie ich abschweife und in lebhaften Tagträumen verweile, nur um meinen Aufgaben auszuweichen.

Ich habe den Verdacht, dass es mit meinen Mahlzeiten zutun haben könnte. Ich frühstücke nicht gerne und versuche mir immer nur was für die Tablette in den Magen zu hauen. Darum habe ich mir jetzt mal Ritalin adult 10mg verschreiben lassen, und probiere das ab morgen aus.

Hat hier jemand das gleiche Problem und evtl. Erfahrung mit einer guten Strategie?

Ich freue mich über jeden Input und grüße Euch herzallerliebst,

Blxs0209 :slight_smile:

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Ja, da sehe ich mich aktuell. Ich nehme seit 10 Tagen Medikinet adult (erst 10mg, jetzt seit 4 Tagen 20mg),habe aber auch das Gefühl dass das noch nicht richtig wirkt…nächste Woche nehme ich mal 30mg.
Vielleicht habe ich noch eine zu niedrige Dosis, aber ich kenne deine Probleme. Ich lege meinen Hyperfokus leider nur allzu schnell auch auf irgendwas anderes und zack, sind zwei Stunden vorbei. Gearbeitet wird eher so semi viel… ich hänge auf der Arbeit gerade etwas hinterher.
Tagträumen habe ich die letzten Tage auch extrem (und das soll was heißen, ich Tagträume auch ohne Medis schon viel) , und ich langweile mich auch sehr schnell gerade.

Ich hoffe, das wird noch besser :grimacing:

Leseempfehlung Nr. 1 (Warm-Up zum Trost, dass es den Besten auch so geht)

„Ich war sicher, die Zauber­pille für laser­scharfe Konzentration in meiner Jacke dabei­zuhaben. Nur stellte sich heraus: Meine Konzentration war zwar laser­scharf, nur leider nicht lenkbar. Ich spielte fehlerfrei drei Tage auf dem Handy Tetris“

Leseempfehlung Nr. 2:

Es hilft m.E., noch besser zu verstehen, wie Dopamin wirkt und was MPH daher verbessern kann (und was eben leider auch nicht, jedenfalls nicht unmittelbar. Siehe im Artikel: "Your perceived benefits of performing a demanding task are elevated, while the perceived costs are reduced. This effect is separate from any changes in actual ability.”). Die Kurzzeit-Dopamin-Kosten-Nutzen-Rechnung von Wikipedia wird immer besser und verlockender sein als die der Steuererklärung oder die anderer „ich muss eigentlich dringend“-Aufgaben.

Also muss ggf. Wikipedia noch besser abgeschirmt und/oder die Startrampe zu den eigentlichen Aufgaben noch attraktiver gemacht werden, möglichst schon im Vorfeld der Einnahme.

Das geht für mich aktuell wieder mehr in die Richtung von dem, was Barkley „Scaffolding“ nennt, also Gerüste in der Außenwelt, die helfen gegen Zeitblindheit und „aus den Augen, aus dem Sinn“. (Siehe z.B. hier: Podcast Episode #97: Build Your ADHD Scaffolding - I Have ADHD)

Kann sein, dass Mahlzeiten und Blutzucker auch noch Stellschrauben sind, ja. Aber sehr hilfreich ist m.E. vor allem schonungslose Selbsterkenntnis rund um Dopamin und das eigene Belohnungssystem.

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Elementary - TOP BEITRAG!!! Danke!

Bei der ersten Kolumne musste ich echt schmunzeln, danke dafür. :rofl:

Du hast Recht, das mit dem Scaffolding habe ich auch schon öfter gelesen. Ich fuchse mich da mal rein.

Habe heute morgen und heute mittag das erste mal Ritalin 10mg genommen und heute morgen eine 5-Stündige Probeklausur geschrieben und finde es etwas angenehmer, kann aber auch sein dass es Placebo ist. Mal schauen, ob es besser wird.

Was ich auch gelesen habe ist, dass evtl. sogar Elvanse der bessere Stoff sein soll, weil die Wirkung länger ununterbrochen hält. Hast du da irgendwelche Infos aus der Praxis?

Viele Grüße
Blxs

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„Stoff“ lasse ich jetzt mal so stehen. :wink:

„Besser“ ist ganz individuell. Ich habe es einige Monate ausprobiert und bin zurückgewechselt. Mir war die Wirkung zu subtil und für mich im Ergebnis schlechter als gar nichts. Hat mich wahnsinnig verträglich gemacht, aber so auch diverse frühere Coping-Strategien ausgehebelt, ohne etwas an die Stelle zu setzen. Ich wäre evtl. mit Elvanse eine gute Yoga-Lehrerin, sofern im Angestelltenverhältnis und nicht mit der Buchhaltung des Yoga-Studios belastet.

Einige meiner blumig-kryptischen Gedanken zu „Drill-Instructor MPH“ ./. „Walla walla Elvanse“ findest Du bei Bedarf und auf eigene Gefahr zB hier und hier sowie im dortigen Thread.

Aber wie gesagt: sehr individuell und jeder nach seinen Bedürfnissen. Wenn Du den Eindruck hast, der Gedanke „Wie toll könnte die Welt mit Elvanse sein?“ wird immer lauter, dann frage Deine/n Behandler und probiere es aus. Der Zweifel zieht sonst dauerhaft Energie ab, nach meiner Erfahrung.

Ich würde nur nicht zu schnell zu viel hintereinander ausprobieren. Und auf keinen Fall zu dicht in Examensnähe noch Experimente machen. Im besten Fall kennst Du dann zum Klausurenzeitpunkt ungefähr Deine individuelle Wirkkurve und das verträglichste Proviant einigermaßen. (Wenigstens bleiben Dir als Mann Zyklusschwankungen erspart…)

Been there. Done that.

Daher Versöhnung-mit-Dir-selbst-Einladung: Das ist auch eine hard core Anforderung in einer extremen Lebensphase, mit oder ohne ADHS.

Wenn Du richtig gut an Dich rankommst, kann es vielleicht sogar schon der Bereich von Extrembelastung sein, in dem ADHS dann wieder ein Vorteil sein kann. Geh daher offen ran: Wenn Du das Arsenal durchprobiert hast und „ohne ist besser als mit“, dann ggf. auch ohne. Es ist ein Pfeil im Köcher. Lohnt sich m.E., sich da so unvoreingenommen wie möglich zu beobachten. Die Lernphase kann andere Anforderungen haben als die Klausurenphase, die andere Hormone mit sich bringt.

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