Minimalismus bei ADHS

…weniger kann oft mehr sein… wie steht ihr jeweils dazu?

Da hab’ ich spontan zwei Gedanken:

Ich bin fürchterlich geizig. Ich glaube dass ist eine Art Überkompensierung von Nicht-mit-Geld-umgehen-können

Die Freude an neuen teuren Spielzeugen und Hobbies lässt immer so schnell nach, dass ich mir irgendwann gedacht habe: Vielleicht lass’ ich das mal mit größeren Ausgaben. Passiert allerdings trotzdem immer wieder…

Ist ein Ziel, um alles einfacher zu machen. Konnte mich aber noch nicht aufraffen… :wink:

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Ich träume ja von einem Bad mit nur

1x Shampoo
1x Seife
1x Bodylotion
1x Haarspray
1x Conditioner
1x Zahnpasta
2x Gesichtscreme
1x Peeling
1x Reinigungslotion
1x Schminktäschen

Aber irgendwie steht mein Bad ständig voll mit Produkten, die ich nicht brauche… :frowning:

Ja überhaupt so eine Wohnung, in der nur das ist, was man braucht… und alles fein säuberlich hinter Schranktüren, wie bei ADHS empfohlen… hach ja…

Ryder Caroll, selber ADHS, schreibt im Bullet Journaling Buch, man solle nicht so viel Kram haben, damit man nicht so viele Entscheidungen diesbezüglich treffen müsse. Das finde ich sehr einleuchtend. Nur hat mir die Medikation noch nicht den Durchblick verschafft, entsprechend auszumisten…


Hm… das klingt auf den ersten Blick bestechend, aber:

Bei mir ist es so: Alles, was hinter Schranktüren verschwindet, verschwindet völlig, als wäre es nie dagewesen. Auch irgendwie blöd…

Ja @Addy_Haller bei uns ist alles gut sichtbar in offenen Regalen…

Oh ja. Wir haben seit neustem auch ganz vielen Boxen im Bad für das ganze Zeug. Es ist einfach sooooo müüüüüühsam an seltener genutzte Dinge zu kommen, das gefällt mir gar nicht. Aber das ist meiner Meinung nach auch kein System von Minimalismus.

Ob mir Minimalismus helfen würde - weiß ich nicht. Klingt nach einem Thema in das ich mich zu sehr reinsteigern würde.

Als allgemeine Lebenseinstellung halte ich Minimalismus aber schon für die richtige Richtung. Dem Planeten täte es gut … Um mal nicht zu radikal zu klingen.

Ich habe übrigens einen Stapel von etwa 15 schwarzen T-Shirts und 15 schwarzen Unterhosen sowie 30 Paar identische Socken.
Wenn die zur Neige gehen kaufe ich die gleichen T-Shirts und Unterhosen wieder oder aber einen neuen 30er Pack der selben Socken.
Ich überlege immer wieder ob das mit Oberbekleidung nicht auch schön wäre.

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So ähnlich ist es bei mir auch. Alles andere ist mir auch zu kompliziert. Mir hat auch noch keiner erklärt, wie ich den Kopf einschalte, bevor ich mich anziehe. Wird einfach das genommen, was oben liegt. Habe ich ehrlich gesagt auch noch nie als Mangel empfunden.

Mit den Schränken meinte ich es so: Dinge, die ich nicht ständig sehe, vergesse ich einfach. Da werden dann auch mal Dinge neu gekauft, weil ich gar nicht mehr wusste, dass ich sie habe.

Dazu kommt, dass mir das Suchen auch nicht gerade in die Wiege gelegt wurde… :oops:

Früher habe ich immer die gleichen Hemden, Hosen, T-Shrits, Unterhosen und Strümpfe gekauft. Klappt nur leider immer so weit, bis die Hersteller die Modelle auswechseln.
Meine Wohnung hatte kein einziges Bild an der Wand, kein Poster, auf dem Ballkon nur ein Tisch, Stühle und ein Balkonsofa. Keine Blumen oder so. Minimalismus ist einfach genau mein Ding :slight_smile:

Ich wohne sehr günstig in einem Mietshaus. Manchmal gefällt es mir sehr gut, aber auf irgendeine Weise stresst mich die Anzahl der Zimmer und das darin stets wiederkehrende Chaos. Auch der Garten… als Kind habe ich am allerliebsten so gespielt, dass ich mir eine winzige Phantasiewelt vorgestellt habe. Bei einem Baum zum Beispiel. Manchmal phantasierte ich deshalb von einem Tiny House oder einem Wohnwagen. Mir gefällt das Minimalistische daran schon sehr. Wenig Dinge in Ordnung zu halten erscheint mir einfacher und beruhigend. Aber es wäre ein sehr radikaler Schritt und mit Kind schlecht möglich.

Ich glaube nicht, dass ADHSler echte Minimalisten werden können. Aber das Konzept finde ich super. Ich fühle mich auch immer super-minimalistisch, wenn ich eine Tüte in die Hand nehme, aus jedem Schrank mindestens ein Teil in die Tüte stopfe und die gefüllte Tüte sofort in der Mülltonne versenke, ehe ich mich an dem Gedanken festbeißen kann, dass ich die Sachen doch upcyceln, verkaufen, verschenken oder vielleicht eines Tages nochmal brauchen könnte …

Das sollte man sich als ADHSler nicht so einfach vorstellen. Ich konnte das mal 14 Tage im Rahmen eines Segelurlaubs testen. Dieses alles sofort wieder spülen und wegräumen gibt zwar Struktur, geht einem irgendwann aber auch tierisch auf die Nerven. Und die Kajüte aufgeräumt zu halten war auch nicht gerade leicht…und das trotz der Tatsache, dass ich ja nur Geraffel für 2 Wochen dabei hatte.

Je mehr ich drüber nachdenke…

Kennt ihr das, wenn man in die Küche geht und lieber den alten Teller nochmal benutzt als was neues schmutzig zu machen? Oder das Joghurt direkt aus dem Eimer isst, Oliven mit den Fingern fischt, Brot auf der Hand schmiert? Am besten mit Remoulade, dann braucht man auch kein Messer, dann reicht die Käsescheibe zum verteilen. Mein Favorit: Apfelschorle direkt in der Safttüte mischen und daraus trinken.

Das Vermeiden von alltäglichen Handgriffen ist total typisch für mich. Mit etwas mehr Disziplin wäre ich wohl der perfekte Minimalist. Zum einen muss alles eine Ordnung haben, denn Suchen und nicht Finden ist das schlimmste was es gibt. Zum anderen darf keine Energie für den Alltag drauf gehen. Deswegen lieber Klamotten nochmal einen Tag länger anziehen und unnötige Handgriffe an der Waschmaschine oder Spüle vermeiden.

Ich habe schon zu häufig in meinem Leben richtig harte Schnitte vollzogen. Das Gefühl, dass meine Wohnung immer kleiner und der ganze Kram immer belastender werden, wurde immer wieder so stark, dass ich schon mehrfach beschloss, alles aufzugeben. 2009, nach meinem Studium verschenkte ich die paar Möbel meines WG-Zimmers und ging nach Japan. Das Gefühl, nur mit einem Rucksack auf dem Rücken all meinen Besitz und meine Verantwortung zu tragen, war unglaublich befreiend. Eigentlich hatte ich vor, nicht mehr zurück zu kommen. Aber ich hatte auch keinen Plan und irgendwann nach drei Monaten holte mich der Druck ein, doch vielleicht Karriere machen zu müssen. Aber das Gefühl von Freiheit, Ungebundenheit und ohne Verantwortung, dass ich bei der Ankunft in Tokio erlebt hatte, werde ich nicht vergessen.
Ich habe es danach noch mehrfach versucht und bin irgendwo ins Ausland gezogen. Aber dieser dämliche innere Druck hat mich immer wieder eingeholt.


Niemals. Der Haushalt meiner Mutter hat mich gelehrt, niemals aus Behältern zu trinken, bei denen man den Inhalt nicht sehen kann. :o

Weniger kann oft mehr sein… das gilt naheliegenderweise auch für den Bereich Job, Beruf, Arbeit, siehe dazu <LINK_TEXT text=„https://www.karriere.de/sinnsuche-nicht … 37364.html“>Sinnsuche: "Nicht jeder Mensch ist für Arbeit geboren"</LINK_TEXT> (der Titel ist irreführend, es geht darin vor allem um den Stellenwert der Arbeit und woher das kulturell kommt)

Wer so fokussiert darauf ist, Selbstverwirklichung über den Beruf zu erreichen (in der Realität führt diese Herangehensweise ziemlich oft zu Selbstzerstörung), in vergangenen Zeiten gab es da mal eine Option, die seit dem Akademisierungswahn etwas aus dem Blickfeld der Menschen gerückt ist: den Feierabend!.. soll heißen Hobbies, Vereine, Sport…


Ich bin der festen Überzeugung, dass Selbstverwirklichung über den Beruf bei ADHSler ein absolutes Luxusproblem ist, das recht selten existiert. Aufgrund der vielfältigen Problematik, die sich auch stark aus das Berufsleben auswirkt (Prokastinieren, fehlendes Zeitmanagement, ständiges Verzetteln, Helfersyndrom (Nicht Nein-sagen können, Mobbing und Ausgrenzung durch die Eigenarten, die man so aufweist) hat das sich Aufreiben für den Job wohl nichts mit Selbstverwirklichung, sondern mit Existenzsicherung/Joberhaltung zu tun. Soll heißen, man überkompensiert seine Defizite, um nicht in die Arbeitslosigkeit abzurutschen. Ich glaube, diesen Unterschied hast du wohl nicht ganz auf dem Schirm!

Und wenn ein ADHSler dann endlich seine Nische gefunden hat, in der er sich wohl fühlt, weil Kollegen, Aufgabenbereich und Arbeitsatmosphäre passen (ich weiß, du wirst es nicht glauben, aber das gibt es durchaus), dann tut man auch alles, um dort bis zur Rente bleiben zu können.

Du solltest dir und uns wirklich den Gefallen tun und nicht immer von deinem Fall auf uns alle hier schließen. Wenn du dich dazu entschlossen hast, deinen akademischen Beruf aufzugeben, um etwas ganz anderes zu machen, dann ist das DEINE Entscheidung und absolut ok. Aber bitte versuche, diese Entscheidung nicht hier ständig vor dir selbst zu rechtfertigen, indem du permanent den „Akademisierungswahn“ - der übrigens so gar nicht mehr existiert - und die „Aufopferung für den Job“ - der bei ADHSlern ganz andere Gründe hat als Selbstverwirklichung - anprangerst.

Selbstverwirklichung in den älteren Generation ist durchaus möglich gewesen
( spreche von Maschinenbau ) ( tatsächlich selbständig und Selbstverantwortlich arbeiten )
Die heutige Zeit ist zu eng geschnitten, man soll sich im hier und jetzt - sofort als schwarze Zahlen rechnen und auch im hier und jetzt sofort ersetzbar bleiben.

Berufserfahrung ist nur noch als Wort gut zu gebrauchen,
Wenn man sich denn so gebrauchen lassen will

Ich denke, nur bei Selbstverwirklichung passen ADHS und Beruf wirklich zusammen, auch wenn dieser Fall bisher selten vorkommt. Ansonsten ist die Sache mMn zum Scheitern verurteilt, was um so schlimmer ist, wenn die Existenz, womöglich mit Familie, daran hängt.

Für die Zukunft sollte daher mehr daran gedacht werden, Jugendliche mit ADHS schon früh in die Auseinandersetzung mit ihren Interessen und Stärken zu führen, wenn es um die berufliche Perspektive geht.