Ressourcen, Trost, Erbauung

Hm, ja, eigentlich soll der thread ja der Erbauung dienen, aber ich mag trotzdem mal meinen nicht so positiven Senf dazu geben: Diese Listen mit positiven Merkmalen von ADHSlern kannte ich schon vor meiner Diagnose. Nach meiner Diagnose stand ich dann irgendwann aber mal da und fragte mich, wer bin ich denn eigentlich? Abgesehen von ADHS? Was bleibt übrig, wenn ich mir ADHS weg denke?

Und zu der Liste von Winkler: gerade die Medikation macht viele der dort genannten positiven Eigenschaften weg. Stattdessen gibt es Tipps und Ratschläge in Büchern und Heftchen für ADHSler, bei denen mir auch mit Medikation trotzdem nur das „Kotzen“ kommt bzw. die mir als unüberwindliche Hürden erscheinen, sie (dauerhaft) umzusetzen.

Bezüglich des Buches „Lass mich, doch verlass mich nicht“ (das für mcih vom Titel her übrigens seit je her eher nach Borderline klingt) von Neuhaus, musste ich bezüglich der Beispiele in dem Buch viel lachen. Verstehe aber nicht, dass z.B. Beziehungen an solch banalen Dingen scheitern sollen wie sie in dem Buch beschrieben werden.

Im Prinzip ist es ja das: Mit Medikation und ständiger „harter Arbeit“ an uns selbst, dreht sich ja letztlich trotzdem alles nur um ADHS, weil wir es ja zumindest stets „in Schach halten müssen“. Wir sind täglich damit selbst konfrontiert. Und das deprimiert mich leider weiterhin durchaus.

Ja. 100 % Zustimmung.

Ich habe über das letzte Jahr auf die harte Tour gelernt, dass mein Geradeaus nur durch dieses Gefühl führen kann. Und nicht links oder rechts vorbei mit „guck doch mal, ein Blümchen am Wegesrand“.

Manchmal braucht es ein tiefes „Das ist traurig. Das steht außer Frage.“ oder vielleicht ein „Das ist deprimierend. Das ist normal in der Situation. Die Situation ist unnormal.“

Bevor ich das für mich so formulieren konnte, habe ich es phasenweise mit so einer „Anderen geht es viel schlechter. Reiß Dich endlich zusammen und denk an die Kinder in Afrika. Andere sind viel kränker“-Sichtweise versucht. Da fühlte ich mich aber von mir selbst irgendwann unverstanden. Denn das hatte ich ja auch nie bestritten.

Es bringt wohl auch eher wenig, mit einer Animateur-Munterkeit von „Wie geht es uns denn heute?“ ein „Always look on the bright side of life, sind wir nicht alle ein bisschen hunter-superheroes?“ zu singen.

„Der Lachende hat die furchtbare Nachricht nur noch nicht empfangen.“ Darauf zielt der Thread auch nicht ab. Aber manchmal stolpert man vielleicht über irgendwas, das man dann doch als Rettungsring greifen kann. Ganz individuell vielleicht. Still. Nicht one size fits all.

Ich habe heute z.B. gelesen „Gott macht keine Fehler“. In meiner Übersetzung heißt das als These „Er baut keine Montagsautos“. Unterschreibe ich so nicht immer. Aber es ist mal ein Stressball, auf dem man rumkneten kann. Das war mir für hier eigentlich zu persönlich und kontrovers. Für andere wird es was ganz anderes heißen und Gott oder eine höhere Macht kommt darin ggf. auch nicht vor. Und/oder der Schritt zu so einem Satz ist noch viel zu groß.

Dann ist es vielleicht ein Stehaufmännchen-Trotzdem im Sinne von „Du bist zwar ein Montagsauto, aber ich bring Dich trotzdem in die Werkstatt und lass Dir nochmal Sommerreifen aufziehen. Wer weiß, wofür es gut ist?“

Ich weiß es auch nicht immer. Vielleicht können wir es manchmal leichter füreinander wissen. Ich suche jedenfalls auch eher ein „Das ist traurig. Und gleichzeitig ist auch richtig, dass…“

Danke @Elementary

Ja es ist dennoch manchmal so schwer, dass man es aus der Metaperspektive lieber gar nicht anschauen will…

… und sich lieber sagt, ich hoffe, dass es gut wird und ich will alles für meine Kinder versuchen, das in meiner Macht und in meinen Kräften liegt… leider liegt es eigentlich jenseits meiner Kräfte und ich muss schauen, wie ich das Ding schaukele…

Sorry, aber diese Liste von dem Winkler, dazu haben genug vor mir schon geschrieben, was ich mehr oder weniger nicht in Frage stelle oder anzweifle, eine Liste mehr was soll’s?. Anfangs als ich meine Diagnose noch ganz neu hatte, da habe ich jedes noch so kleine Fitzelchen, das mir hilft „irgendwie“ doch noch ein perfekt funktionierender Mensch zu werden, in mir aufgesaugt wie ein Schwamm. Heute weiss ich nicht mehr, ob ich jetzt gerade loslachen soll, oder doch ehr weinen. Dieses Gefühl „ok ich probiere es jetzt zum 150 mal, dieses mal nach Methode „Soundso“, aber ich gebe nicht auf!, diesmal „muss“ ich meine Probleme doch in den Griff kriegen, bei „anderen“ klappt es doch auch!“ motivierende Gedanken darüber selbst zu predigen, davon bin ich langsam nur noch angeödet und müde. Und trotzdem, aller negativen Erfahrungen und Misserfolgen zum Trotz, kann ich nicht damit aufhören nach solchen Methoden die irgendwie „Hilfe“ versprechen, zu suchen. Ja ich weiss, ziemlich bescheuert, aber irgendwie klammert man sich an solche Dinge, wie ein ertrinkender an einen Strohhalm. Wenn wir nur noch abgeklärt sind, sind wir dann besser dran?, oder ist es gerade diese, ein Stück weit „Naivität“, den Glauben daran, oder die Hoffnung nicht aufgeben zu wollen, weil am Ende nichts mehr als diese Sch*** Hoffnung bleibt?.

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Vielleicht wäre jetzt in meinem Alter mal eine Pilgerreise angesagt?. :lol:

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Pilgern hat inzwischen doch so etwas Neurotypisches. Lass Dich lieber artgerecht von @Overthesky im LKW den Jakobsweg entlang mitnehmen. Wir sprachen ja bereits im Kaffee-Thread davon. Hier in diesem Thread ging es auch um sein Mobil: <URL url="Krankheit oder Normvariante, Interview mit dem Psychiater Ludger Tebartz van Elst - #18 von Anders text=„viewtopic.php?f=7&t=1063&p=11542&hilit=Wal#p11542“>Krankheit oder Normvariante, Interview mit dem Psychiater Ludger Tebartz van Elst - #18 von Anders

Wenn die Nachfrage hoch ist (= wenn ihn auch 2, 3 andere anfeuern,/-flehen, nicht nur immer ich), macht er vielleicht doch noch den ADHS-Coaching-Führerschein und dann öffnet endlich die Autobahn-Coaching-Praxis „Auszeitreife ADXS-ler zum Mitreisen gesucht“. Diese Geschäftsidee z.B. hört für mich nicht auf, erbaulich zu sein.

Es gibt sicher Ressourcen da draußen, die wir noch nicht kennen und die teils noch gar nicht um sich selbst wissen. Und Trost. Und Humor. Und anderes Erbauliches.

Hauptsache wir kommen nicht alle mit dem eigenen Auto https://www.youtube.com/watch?v=S8S8pmJ9Tn0
:nothere

Stichwort Ressourcen, Trost, Erbauung… Sonnenuntergang von Termini aufs Meer mit Blick auf Capri oder abends von den osmanischen Garnisonsbauten der Festung in Ioannina über den See hinüber zu den schneebedeckten Berggipfeln schauen und dann die Promenade am Seeufer entlang flanieren ungewaschen in ungewaschenen Kleidern und darauf scheißen (Ioannina kennen nur griechische Inlandstouristen, aber das mal als Geheimtipp) oder Cabo Finisterre Sonnenuntergang auf den Atlantik (Stichwort Jakobsweg) oder sei es auch nur vom Kaiserstuhl abends und mit Sonnenuntergang mit Blick auf die Vogesen, diese Momente, Erlebnisse und Erfahrungen bringen mir „Trost“, Erbauung, Frieden… das sind diese emotional friedvollsten Momente für mich:sunrise_over_mountains::sunrise:

Das sind vermeintliche Allerwelts-Erlebnisse, aber die muss man aufsaugen, leben, fühlen, einprägen…

… ja, „und teilen“ lese ich da in den 3 Pünktchen. Reise- und Erbauungsglück sind ja Sorten, die sich rapide vermehren, wenn man sie teilt. Wie tröstlich, diese Aussichten! Nicht nur die vom Kaiserstuhl, sondern auch die auf den Beifahrersitz.

Wenn schon sonst niemanden, Pack die Badehose ein!

@Elementary: Diesen formvollendeten Korb von Over mag ich nicht vorbeischwimmen lassen. Steigst Du mit ein? Außenbordmotor bring ich gattungsbedingt mit.

Cassiopeia

Great turtles think alike.

Wir paddeln zusammen, bis das Meer mit Blick auf Capri zu Butter geworden ist.

Warum? Weil wir es können. Jahrelanges Training, immer am Rande des Absaufens. Ressourcen eben.

Diese Ioanna oder Ioannina - oder wie sie heißt - darf auch mitpaddeln. Wir sind ne inklusive Truppe. Dann wird sie auch sauber, die Arme, die sich solange nicht waschen konnte.

Oh Junge, die erbaulichsten Threads sind doch immer die mit rattenscharfem Hang zum Kaiserschmarrn.

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Mann Leute, da kommt man echt ins schwärmen. Also so eine Reise mit so coolen Leuten, das wäre schon was nach meinem Geschmack. Rucksack gepackt, ganz spartanisch, ohne Schnickschnack, Schlafmatte, Schlafsack, „italienischen“ Espressokocher nicht vergessen!!!, Zahnbürste ect., und los geht’s.


:lol: :lol: :lol: Ich stelle es mir bildlich vor, wie in einem Cartoon :lol: :lol: :juhuu
Elvanis, Ritalinis und Attentinis paddeln Richtung Capri

Jau, und Amigupingu schwimmt selbstverständlich auch mit! Für Erik und Raupi baut er aus einer Tupperdose ein Boot und nimmt sie alle mit…

<LINK_TEXT text=„download/file.php?id=324“>https://adhs-forum.adxs.org/download/file.php?id=324</LINK_TEXT>

(Hier der Thread dazu

<URL url="https://adhs-forum.adxs.org/t/merlins-lern-und-zauberthread/633/204 text=„viewtopic.php?f=8&t=1117&p=26469&hilit=Raupi#p26469“>https://adhs-forum.adxs.org/t/merlins-lern-und-zauberthread/633/204 )

Was für eine grandiose Paddelgesellschaft.

Ich hoffe nur, es fühlen sich durch unseren kurzen Ausflug auch noch alle auf unseren Ausflug mitgenommen oder ggf. auch am Rande des Konvois wohl und tröstlich zugehörig.

Manchmal wacht man ja am nächsten Morgen auf und hält seine Wortspielerei für Eskapismus, für den das Ich von heute noch die Rechnung zahlen muss. Das ist dann wenig tröstlicher Ressourcenmissbrauch.

Ich habe vorsorglich angefangen, mir auch offline meine bewährten Ressourcen zusammenzuräumen. Ein bisschen inspiriert durch das „Dopamin-Menu“ von YouTube-Jessica. In untröstlichen Zeiten ist vielleicht nicht immer die Energie da, noch nach dem zu suchen, was bewährt ist. Musikalisch oder literarisch oder an Kontakten. Ist alles besser griffbereit.

Literarisch ist da z.B. ein Kapitel von Matthias Horx über Haltung und ihre Notwendigkeit und das Risiko, Ichfindung und Identitätsbildung anhand von Defiziten zu betreiben und ein „Handicap zu Substanz umzubauen“ und sich als Opfer zu definieren. An dessen Ende schreibt er „Wir altern. Wir scheitern an unseren Träumen. Wir sterben. Schon allein deshalb gilt es, Haltung zu bewahren.“

Das ist so gar nicht humorig und trotzdem für mich ganz subjektiv trotzdem immer wieder erbaulich. Vielleicht habt Ihr ja auch solche Perlen rumliegen, die sich zusammenzutragen lohnen.

Kurzes PS, wg. des Bezugs zu Booten und Haltung:

"Unsere Beständigkeit kann, wie Thich Nhat Hanh sagte, ein Ort der Geborgenheit für andere sein. „Wenn in vietnamesischen Booten bei Sturm oder bei der Begegnung mit Piraten alle in Panik gerieten, war alles verloren. Aber wenn nur ein einziger Ruhe und Umsicht bewahrte, war das genug. Alle konnten sich daran orientieren und überleben.“

<LINK_TEXT text=„https://buddhismus-aktuell.de/artikel/a … iheit.html“>Wahre Freiheit</LINK_TEXT>

Merke also: Es muss hier immer nur einer durchhalten in Sachen Haltung, Richtung Capri, und dann hält er uns damit alle auf Kurs im Alltag gegen Sturm und Piraten und Panikmonster, innen und außen.


Ich habe übrigens gerade die Suchfunktion benutzt, weil ich wusste, dass ich das Zitat hier schonmal irgendwo gebracht hatte. Die Metaphern „Boot“ oder „Schiff“ bringen uns regelmäßig zu Höhenflügen und auch die Lektüre lohnt sich. Wünsche Euch jedenfalls erbaulichen Wind in den Segeln… Halten wir zusammen.

Dankedankedanke für Deine anregenden Gedanken und Inspirationen @Elementary und auch den anderen!!

:kaffeekochen

… meine Two Pence zum Thema Krisenbewältigung und Bewältigung des Lebens, wie es eben jeden Tag so ist, habe ich vorhin in diesem Thread geschrieben… so ähnlich habe ich es ja öfters hie und da hier geschrieben… will mich nicht wiederholen…

<URL url="https://adhs-forum.adxs.org/t/meditation-statt-medikamente/1154/7 text=„viewtopic.php?f=8&t=2155&p=27075#p27075“>https://adhs-forum.adxs.org/t/meditation-statt-medikamente/1154/7

Meditation, MBSR… Insight Timer, Die Achtsamkeit (App)…

Tolles Zitat - trifft die Gratwanderung sehr gut: zum einen, Schrulligkeiten (nicht nur handicapbedingt) auch als liebenswerte Eigenheiten akzeptieren zu können (nicht alles kann optimiert werden) - andererseits auch eine kritische Haltung zu kultivieren, die sich aber vom Dauernörgeln des alten Über-Ichs unterscheidet. Das hat was mit Frieden-Machen mit sich selbst zu tun.
Ich bin da - wie viele hier - momentan in der Findungsphase. Da will viel nachgeholt werden.

Was Handicap ist und was Substanz - das rauszufinden ist ganz spannend.
Tatsächlich hilft mir da die Medikation enorm weiter, weil ich in meiner Wahrnehmung nicht mehr so stark von Angst vor Zurückweisung getrieben werde. Dadurch nehme ich - teilweise unbewusst - die Resonanz auf mein Verhalten deutlich besser wahr, kann sie besser einschätzen und muss nicht mehr reflexhaft reagieren.

Das muss wohl mit dieser paradoxen Wirkung zu tun haben, dass die Nachricht „Wir scheitern an unseren Träumen und sterben“ etwas eigenartig Tröstliches hat.

Ebenfalls immer wieder einen Besuch wert iS Ressourcen-Aufladung: www.innen-leben.org, kostenfreie Corona-Hilfe rund um das PEP-Konzept von Bohne.

Aktuell zB: „Die AHA + L - Regeln für die Psyche - Hygienemaßnahmen gegen emotionale Infektionen“ - <LINK_TEXT text=„https://www.innen-leben.org/wp-content/ … Regeln.pdf“>https://www.innen-leben.org/wp-content/uploads/2021/01/Innen-Leben_AHAL-Regeln.pdf</LINK_TEXT>

Das dort empfohlene „Quatsch machen etc.:eight_pointed_black_star: Dinge tun und mit Menschen im Kontakt sein, die einem guttun“ haben wir ja schon intuitiv exerziert/exzessiert.

Seit ich nicht nur seine Video-Vorträge begeistert „konsumiere“, sondern tatsächlich endlich auch selbst aktiv klopfe (<LINK_TEXT text=„https://www.innen-leben.org/wp-content/ … Regeln.pdf“>https://www.innen-leben.org/wp-content/uploads/2021/01/Innen-Leben_AHAL-Regeln.pdf</LINK_TEXT>), wirkt es sogar noch besser im Sinne dieses Threads. Wer hätte das gedacht :wink:?