Tochter, 9, und Unklarheiten bzgl. Diagnose

In Deutschland ist es gar nicht so „schlimm“. Hier ist nur eine Person gekommen, hat ausführlich mit mir gesprochen und kurz mit dem Sohn, so allgemeine Fragen. Mehr war das nicht. Es wurden auch alle möglichen Berichte angeschaut.

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Ich kenne es nur von mir selbst (Grad der Behinderung) und Klient*innen (Pflegegeld) und gerade beim Pflegegeld ist es in Ö schon sehr ungut. Da kommt auch niemand heim, man muss immer wohin (außer man ist bettlägerig oder so). Pflegegeld wird in Ö auch sehr häufig in erster Instanz mal abgelehnt (das ist nicht meine subjektive Wahrnehmung, das ist tatsächlich eine Strategie), d. h. man muss dann klagen. Das möchte ich glaub ich nicht. Aber wie gesagt, selbst wenn irgendwas davon durchgehen würde bin ich mir v. a. nicht sicher, ob es tatsächlich einen konkreten Nutzen für meine Tochter hätte?

Hab jetzt versucht, ein bissi was rauszufinden bzgl. Pflegegeld für Kinder in Ö, also da fällt sie glaube ich nicht rein. Da bräuchte sie einen Pflegebedarf von mindestens 65h im Monat.

Also ich sehe den Nutzen tatsächlich in dem Wissen über die eigene Erlebenswelt und der Einordnung von Gefühlen und Eigenheiten. Mal von allen äußeren Hilfen weg. Einfach nur die Gewissheit für einen selber. Was ist mit mir los, warum ist das so, geht es anderen auch so? Das ganze Maskieren entsteht doch aus eben dieser Unwissenheit und Hilflosigkeit. Meine Tochter hat erst gestern gesagt, dass sie seit der Beschäftigung mit der Thematik viel freier geworden ist und ihr Maskieren deutlich runter fahren konnte. Sie probiert mehr neue Dinge aus, ist offener und selbstsicherer geworden. Sie kann auch besser kommunizieren, was ihr Probleme bereitet und warum.

Ich habe mir die Fragen, die du dir stellst, auch gestellt. Aber das sind alles Dinge, die jetzt gar nicht primär wichtig sind. Wenn deine Tochter eine Diagnose hat, mit der sie sich identifizieren kann, wird sie mit genug Wissen darüber selbst sagen können, welche Schwierigkeiten sie hat und eventuell sogar, welche Hilfen sie sich vorstellen kann. Hat sie ihre Diagnose selbst für sich angenommen, könnt ihr über all die Hilfen sprechen, die es geben kann. Vorher würde ich da gar nicht drüber reden. Denn dann könnte tatsächlich die Gefahr bestehen, dass das „in den falschen Hals gerät“ und eher negativ aufgefasst wird.

Ich würde erstmal versuchen mit ihr zu sprechen und den Verdacht in den Raum stellen. Dazu direkt Erklärvideos von Betroffenen und fragen, ob sie sich darin wiederfindet. Dann kommt ihr ins Gespräch und Dinge werden hoffentlich klarer.

Ich weiß, deine Tochter ist noch viel jünger als meine. Aber du wirst einschätzen können, was sie versteht und wie du mit ihr sprechen kannst.

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Wir haben da tatsächlich schon drüber gesprochen. Ich habe ihr die Checkliste von Galoxee vorgelesen und sie meinte „Mama, das bin ja ICH!“

Danke für deine Worte, das hilft mir gerade sehr. Ein Schritt nach dem anderen, du hast recht.

Tja nun. Hatten heute Kontrolltermin. Intuniv kann und wird sie nicht verschreiben. Stattdessen meint sie, Tagesklinik wäre gut, auch um nochmal eine Diagnostik machen zu lassen, da unsere so „zusammengewürfelt“ ist und sie das Gefühl hat, dass da irgendwas fehlt. Also da stimme ich ja durchaus zu. Den Gedanken bzgl. Tagesklinik verstehe ich auch, sie meint halt, das sei im Fall meiner Tochter besser als eine normale ambulante Diagnostik, weil man dann halt auch mehr von ihrem Verhalten mitbekäme. Das stimmt prinzipiell sicher, allerdings ist halt fraglich, ob die dort hinter ihre Maske schauen wollen/können, die meine Tochter sicher auch dort aufsetzen wird.

ASS-Diagnostik wird auf der HP der Tagesklinik zumindest erwähnt, wie gut die dann ist, keine Ahnung.

Ich weiß jetzt auch nicht. Kacke.

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Hat sie es begründet?

Sie begründet das zum einen damit, dass sie sich eben nicht sicher ist, welche Baustellen meine Tochter wirklich hat und in welche Richtung es daher gehen sollte. Und außerdem findet sie, Intuniv sei ein sehr „schwerwiegendes“ Medikament wegen der Wirkung auf Herz-Kreislauf und außerdem extrem sedierend, daher sei das nur in Ausnahmefällen angezeigt.

Aber eine ASS Diagnostik ist doch sowieso schon eingeplant oder?

Genau deswegen wurde mir damals empfohlen eine ASS Diagnostik ambulant durchzuführen.

Boa… schwierig….wie lange kann sie das Maskieren aufrecht erhalten?

ASS-Diagnostik hätte ich geplant, ja. Allerdings hält die Psychiaterin von dem betreffenden Diagnostiker nichts :see_no_evil: und würde die Diagnose daher uU nicht anerkennen.

Ambulante Diagnostik könnte an der von ihr empfohlenen Stelle halt im schlimmsten Fall bedeuten, dass die dort stur die Fragebögen abarbeiten und da wäre sie dann ganz sicher nicht auffällig, weil sie alles Soziale maskieren würde. Sie hat ja sogar heute zur Psychiaterin gesagt, es geht ihr gut und erst nachher im Auto ist sie in Tränen ausgebrochen und hat sich Vorwürfe gemacht, dass sie nicht ehrlich war :exploding_head:

Wie lange sie maskieren kann weiß ich ehrlich gesagt nicht. Aber schon ziemlich lang, einzelne Tage von 7-17 Uhr (hatten wir in Extremfällen schon in Fremdbetreuung) schafft sie. Ob das auch noch ginge, wenn es dann mehrere lange Tage hintereinander sind weiß ich nicht. Habe halt auch Angst davor, dass 3 Wochen Tagesklinik dann die Konsequenz haben könnten, dass sie DANACH vollkommen zusammenbricht UND im schlimmsten Fall nicht mal eine passende Diagnose dabei rauskommt :grimacing:

Ganz ehrlich, am liebsten würd ich mich für die nächsten 10 Jahre in irgendeiner Höhle verkriechen :cry:

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Ja, das verstehe ich.
3 Wochen Tagesklinik - kann man das auf halber Strecke nicht auch abbrechen, wenn der Fall offensichtlich ist?

Ich finde die Aussage mit dem Intuniv schwierig. Mein Sohn hat darunter angefangen, mehr Empathie zu zeigen und sich zu öffnen.

Es ist zwar so, dass sich der Blutdruck etwas gesenkt hat, aber nicht einschränkend. Er hat uns immer rückgemeldet, dass er sich damit nicht mehr so unruhig fühlt.

Das ADHS ist bei meinem Sohn allerdings auch stark ausgeprägt.
Falls Deine Tochter kein ADHS sondern „nur“ Autismus hat,
ist die Frage, inwiefern ihr das hilft.

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Doch, abbrechen kann man natürlich. Inwiefern das dann die Zusammenarbeit mit der Psychiaterin beeinträchtigen würde, kann ich aber schwer abschätzen.

Ich finde die Aussage auch schwierig. Aber offenbar hat sie mit Intuniv diese Erfahrungen gemacht.

Anscheinend gibt es auch ASS-Betroffene, die von Guanfacin profitieren, das ist aber natürlich sehr individuell.

Ich zb nehme ja aktuell Clonidin, dem nachgesagt wird, dass es viel sedierender ist als Clonidin. Bei mir ist es das überhaupt nicht, es hat nicht mal Auswirkungen auf den Blutdruck :woman_shrugging:

Kann Deine Tochter sich denn vorstellen, 3 Wochen Tagesklinik zu machen?

Ja, schon. Ihr Leidensdruck ist mittlerweile so hoch, dass sie sich ziemlich viel vorstellen kann, wenn es eine Aussicht gibt, dass es hilft :neutral_face:

Ich mutmaße mal, dass Deine Tochter es keine drei Wochen schafft, die Maske aufrecht zu erhalten. Bei ambulanter Diagnostik schon.
Um sie erleben zu können, wie sie ist, scheint die Klinik also aktuell die einzige Möglichkeit zu sein.

Falls Ihr während der 3 Wochen abbrechen müsst, wirst Du gute Gründe dafür haben. Deutliche Gründe, die Du dann mit der Pschiaterin besprechen kannst.

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Musst du dich jetzt entscheiden oder wie seid ihr verblieben?

Wie ist die Wartezeit in der Klinik?

Ob sie 3 Wochen lang maskieren kann, weiß ich nicht. Aber ich denke, sie wird nicht in 3 Wochen genug Vertrauen haben, um ehrlich zu sein.

Das ist genau der Punkt, wo die Ärzte auf die Eltern hören sollten.

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Ich würde gezielt nachfragen, welche Diagnostikmittel in der Tagesklinik angewendet werden. Eine richtige ASS Diagnostik umfasst etwa 6 Termine, in denen der ADOS und ADI-R genutzt werden.
Alles andere ist aus meiner Sicht nicht zielführend.
Ich würde die Psychiaterin darauf ansprechen und fragen, ob die Tagesklinik so arbeitet.
Ich spreche mal für meine Tochter: sie hat ganze 12 Wochen in der Tagesklinik maskiert. Das wurde gegen Ende hin besser, weil sie durch den Kontakt zu den anderen Jugendlichen mehr Selbstsicherheit erlangt hat, aber in den ersten Wochen hat sie nichts blicken lassen.
Wie gesagt, die wichtigste Frage ist die der Art der Diagnostik.