Hier einmal ein Text (nicht von mir) der original in english auf Reddit gepostet wurde und später von einem anderen Reddit user ins deutsche übersetzt wurde.
Teilen und weitergeben wurde explizit erlaubt/erwünscht.
Da ist eine Sache, die getan werden muss. Sie beinhaltet zwei Schritte:
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Die Entscheidung wie etwas getan werden muss
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Die tatsächliche Ausführung der Sache
Diese zwei Schritte sind wie unterschiedliche Räume, die durch eine Tür voneinander getrennt sind. Für viele Leute ist dort nicht einmal eine Tür, sondern nur ein Durchgang. Die Entscheidung etwas zu tun und es dann tatsächlich auszuführen, ist wie vom einen Raum in den anderen zu gehen.
Das Problem ist die Tür: Sie ist immer geschlossen. Manchmal sogar abgeschlossen. Manchmal ist der Türgriff auf wundersame Weise verschwunden. Diese Tür ist riesig, schwer und klemmt. Ich möchte wirklich in den anderen Raum gehen, zuerst muss ich jedoch diese Tür öffnen. Und das braucht eine Menge Anstrengung.
Eine Tür ab und zu ist machbar, aber denk mal daran, wie viele Türen du in deinem Leben schon geöffnet hast. Wie viele Türen hast du alleine heute schon geöffnet?
Aus dem Bett aufstehen? Öffne die Tür. Sich anziehen? Öffne die Tür. Frühstück vorbereiten? Öffne die Tür. Zähne putzen? Öffne die Tür.
Manchmal ist es einfacher in dem einen Raum zu bleiben, den Schlafanzug anzulassen und sich abgrundtief dafür zu schämen.
Du denkst, dass jeder seine Tür genauso fest aufdrücken muss wie du und wenn du dein Türlimit erreicht hast, fühlst du dich faul oder schwach. Jeder ist schon viele Räume weiter als du und es scheint ihnen keinen Aufwand zu machen. Jedoch weißt du nicht, dass sie die Türen nicht einmal bemerken, wenn sie überhaupt vorhanden sind.
Es kann jedoch ein Notfall eintreffen, ein Feuer zum Beispiel. Daraus entsteht Panik – kämpfen oder fliehen – und für einen kurzen Moment hast du die Kraft die Tür mit roher Gewalt aufzustoßen.
Dieses Feuer ist eine Deadline für die Schule/Arbeit, die erreicht werden muss. Dieses Feuer ist ein unangekündigter Besuch von jemandem und die plötzliche Notwendigkeit zu putzen und aufzuräumen. Dieses Feuer ist jemand, der dich um Hilfe bittet.
Das Feuer ist das Stresshormon Cortisol, das den Mangel an Dopamin in deinem Hirn überwindet und durch schiere Panik diese Aufgaben zu bewältigen, ist ein Weg wie viele Menschen durch ihr Leben kommen.
Manchmal bist du in einem Raum voller geschlossener Türen, du weißt mit Sicherheit, dass sie geöffnet werden müssen, jedoch klemmen sie alle. Dies sind die Aufgaben die bewältigt werden müssen.
Dann – plötzlich und aus dem Nichts – taucht ein wunderschöner, glänzender Flur voller Licht auf und hinter ihm liegt ein riesiger offener Raum völlig ohne Türen. Jetzt kannst du dich plötzlich frei bewegen, kannst rennen, dich austoben und absolut NICHTS kann dich stoppen. Das Problem ist, sobald du diesen Raum betrittst, verschwindet der Flur hinter dir uns es ist schwierig ihn wieder zu verlassen.
Du musst auf die Toilette? Keine Zeit dafür. Du brauchst etwas zu essen? Keine Zeit dafür. Du musst schlafen gehen? KEINE ZEIT DAFÜR, HÖR AUF MIR AUF DIE NERVEN ZU GEHEN; KANNST DU NICHT SEHEN; DASS ICH ENDLICH MAL SPASS HABE?
Dieser weite, offene Raum ist Hyperfixierung. Ein plötzliches, willkürliches und kurzes Interesse, das dein Hirn mit Glückshormonen überschüttet. Aber es ist, was es ist: kurz. Irgendwann gehen die Lichter in dem Raum aus, Hindernisse tauchen auf, Wände werden schief, die Decke stürzt ein. Mittlerweile ist es kein Ort mehr, an dem du Zeit verbringen möchtest, in welchem du nicht einmal mehr verweilen kannst. Du verlässt den Raum abgeschlagen und hoffst, dass du irgendwann wieder zurückkehren kannst. Dieser Tag wird wahrscheinlich nie kommen.
Was sind nun diese Türen? Sie sind Rezeptoren im Frontallappen deines Hirns. Damit sie arbeiten können, brauchen sie Glückshormone, zum Beispiel Dopamin. Mit ADHS/ADS gibt es entweder nicht genug Dopamin oder die Rezeptoren wissen nicht, was sie damit anfangen sollen.
Daher suchst du Dopamin überall wo eine Möglichkeit dafür besteht.
Schokolade? Auf jeden Fall! Nahrungsmittel, bei denen du weißt, dass sie schlecht für dich sind? Je mehr umso besser! Eine neue, gute Serie? In einer Reihe durchsuchten! Rauchen, Alkohol, Drogen? Direkt in die Vene damit! Wie ein Irrer durch den Straßenverkehr rasen um etwas zu fühlen? Sicher, es kann ja nichts schief gehen!
Alles oder Nichts!
Meistens jedoch, sitzt du in einem Raum aus dem du um jeden Preis verschwinden möchtest. Wieder einmal ist da aber diese verdammte Tür aus Blei, ohne Klinke und sie ist ja auch sowieso abgeschlossen. Es kann sein, dass du gegenüber jemandem erwähnst, wie schwierig es ist, diese Tür zu öffnen und derjenige antwortet: „Ja, das kenne ich, man muss ein klein wenig ziehen!“
Nun, um einem das Leben leichter zu machen, muss man die Menge an Türen möglichst gering halten.
Geschirr in die Spüle stellen und dann in die Spülmaschine = 2 Türen. Geschirr direkt in die Spülmaschine stellen = 1 Tür.
Werde herumstehendes Zeug los. Mach alles zugänglich. Minimiere die Anzahl der Schritte, die benötigt werden um eine Aufgabe zu erfüllen. Platziere Wäschekörbe und Ständer dort, wo Kleidungsberge auftauchen. Wenn es möglich ist, kauf dir einen Saugroboter. Verwende Benachrichtigungen und Apps um deine Aufmerksamkeit zu leiten. Anstatt frisches Gemüse zu kaufen, das Vorbereitungen wie Schneiden benötigt, kauf gefrorenes und vorgeschnittenes, das lange hält und schnell gekocht ist. Die Liste ist unendlich.
Das Leben ohne Medikamente leichter zu machen ist möglich, die Anzahl der Türen zu reduzieren ist erreichbar. Bedenke jedoch, dass es immer Türen geben wird, die schwer zu öffnen sind.
Hier ist es wo Medikamente ansetzen. Sie sind keine magische Lösung, die alles ins Lot bringt, aber ein wichtiges Instrument von vielen. Alles was sie tun ist es, die Türen zu ölen, manchmal aufzubrechen und sie vielleicht sogar vollkommen aus den Angeln zu reißen. Sie sind jedoch kein Mjölnir von Thor, die dir göttliche Kraft verleihen, sondern bringen dich auf den gleichen Stand mit allen anderen, einen Ort an dem dich die Türen nicht mehr weiter zurück halten.
Hier eine Übersetzung des Posts von u/Ukkoloinen da ich die Ausführung sehr treffend fand.
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Link zum Original: https://www.reddit.com/r/ADHD/comments/psh6qy/i\_managed\_to\_explain\_executive\_dysfunction\_to\_a/